Protocol of the Session on September 8, 2010

(Beifall bei der LINKEN)

Nun tauchte kürzlich auch noch eine interne Mail aus dem Innenministerium auf, die ein nicht gerade vorteilhaftes Licht auf die Glaubwürdigkeit gegenüber dem Parlament wirft. Eine Mitarbeiterin des Ministeriums schrieb an Kollegen - ich zitiere aus einem Zeitungsartikel vom 25. August 2010 -:

„Herr Schünemann hatte sich zu dem Fall klar positioniert. Können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch etwas tun, um die Entscheidung in eine bestimmte Richtung zu stoßen? Wenn Frau Hamilton eingebürgert ist, ist es zu spät!“

(Zuruf von der LINKEN: Furchtbar! - Kreszentia Flauger [LINKE] - zu Minis- ter Uwe Schünemann -: Keine Wei- sung erteilt, Herr Schünemann?)

Lassen Sie mich feststellen, dass diese Aussage der Mail unmissverständlich ist und nur zweierlei Schluss zulässt: Entweder tanzen die Mäuse auf dem Tisch des Ministeriums, wenn der Chef ausgeflogen ist, oder aber - und davon ist im Angesicht der vielfältigen Erkenntnisse leider auszugehen - Herr Schünemann hat das Parlament in diesem Fall schlichtweg angelogen.

(Beifall bei der LINKEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Beweise!)

Dieses, meine Damen und Herren, wäre ein für einen Minister nicht hinzunehmender Zustand, der jeglichen Respekt vor dem Amt - das gilt im Übrigen auch für die hier vertretenen Kolleginnen und Kollegen - vermissen ließe. In beiden Fällen allerdings läge die Verantwortung hierfür bei Ihnen, Herr Schünemann.

Meine Damen und Herren, es ist ja keine neue Erkenntnis, dass Herr Schünemann hier im Land einen persönlichen kalten Krieg gegen alles und jeden initiiert, der sich links seiner eigenen Position befindet.

(Zurufe von der CDU: Hey!)

Als Privatperson kann man sich so verhalten, als Amtsträger keinesfalls - vor allem nicht, wenn hierfür Ämter missbraucht,

(Ingrid Klopp [CDU]: Das ist ja die Höhe!)

rechtsstaatliche Regeln gebrochen und Behörden parteipolitisch instrumentalisiert werden sollten.

(Lothar Koch [CDU]: Was? Ämter missbraucht? Was ist das denn jetzt?)

Sollte ein Minister für seinen persönlichen Feldzug dann auch noch das Parlament belügen - und so sieht es hier ja aus -,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Seien Sie einmal ganz vorsichtig! - Reinhold Coenen [CDU]: Was ist das denn für eine Wortwahl?)

wäre das ein Skandal und würde dem Fass den Boden ausschlagen und wäre zugleich eine politische Bankrotterklärung.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn, meine Damen und Herren, wie sagt ein altes Sprichwort so treffend? - Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er mal die Wahrheit spricht.

Meine Damen und Herren, dem Minister sei ans Herz gelegt, dem Parlament und dem gesamten Land Niedersachsen endlich reinen Wein einzuschenken

(Lothar Koch [CDU]: Ihre Rede ist ei- ne Diffamierung; von vorne bis hin- ten!)

und nicht, wie ein Hase Haken schlagend, vor der Wahrheit davonzuflitzen und die Verantwortung für das eigene Handeln in alle Himmelsrichtungen zu zerstreuen. Denn hiermit schaden Sie nicht nur sich selber. Sie schaden dem Parlament, Sie schaden unserer Demokratie, und Sie schaden letzten Endes der gesamten Politik in unserem Land.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist der Kollege Biallas für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal möchte ich für die CDUFraktion feststellen, dass die Aktualität dieser von der Linken beantragten Aktuellen Stunde für uns bei genauerem Hinsehen nicht nachvollziehbar ist; denn Frau Menger-Hamilton ist bereits seit nunmehr drei Monaten eingebürgert. Insofern verwundert es schon, dass wir heute noch einmal alten Kaffee aufwärmen müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Es gibt neue Erkenntnisse! Haben Sie das gesehen?)

- Es gibt auch keine neuen Erkenntnisse. - Vor diesem Hintergrund kann ich in Bezug auf die hier gestellte Frage für die CDU erklären, dass wir nach reiflichem Nachdenken und genauer Prüfung sagen: Nein, der Minister hat das Parlament nicht belogen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vor dem Hintergrund, dass Sie sich eben hier schon wieder derart echauffiert haben, möchte ich Ihnen zunächst einmal die Rechtslage klarmachen. Der Minister und das Ministerium sind für die Einbürgerung überhaupt nicht zuständig.

(Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Zuständig ist in diesem Fall die Region Hannover. Die Region Hannover entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen.

(Beifall bei der CDU)

Dazu gehört auch, dass der Verfassungsschutz angehört wird. Das ist passiert.

Im Übrigen ist darüber auch im Innenausschuss durch den damaligen Verfassungsschutzpräsidenten und den zuständigen Abteilungsleiter ausführlich unterrichtet worden.

(Reinhold Coenen [CDU]: So ist es!)

Da war von Lügen des Ministers oder des Ministeriums zu keinem Zeitpunkt die Rede. Das will ich hier einmal ganz klar festhalten.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie verstehen gar nicht, worum es geht!)

- Ich verstehe das sehr genau.

Ich will noch eines sagen: Inzwischen ist auch geklärt, ob es rechtlich einwandfrei ist, dass der Verfassungsschutz die Linken beobachtet. Dazu gibt es zwei OLG-Urteile. Und ich füge hinzu: Nachdem, was wir hier so hören, ist es auch notwendig, dass wir dabei bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Insofern muss ich Ihnen ehrlich sagen: Ich verstehe wirklich nicht die Aufregung, auch nicht die des Kollegen Bachmann, der heute bedauerlicherweise erkrankt ist. Er hat gleich, nachdem angeblich neue Erkenntnisse vorlagen, wonach der Minister hier gelogen haben soll, zum Ausdruck gebracht, er sei darüber sehr bestürzt, und er habe das Vertrauen in den Minister verloren.

(Zurufe von der SPD: Ja!)

Da muss man natürlich sagen: Jedes Mal, wenn hier irgendetwas ist, ist der Minister aus der Sicht von Herrn Bachmann persönlich verantwortlich. Wenn sich jemand tragischerweise in der Haftanstalt erhängt, heißt es gleich: Der Minister ist verantwortlich! - Wenn hier etwas ungeklärt bleibt, heißt es gleich: Der Minister ist verantwortlich!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn er Weisungen erteilt, dann ist er verant- wortlich!)

Ich will Ihnen deutlich sagen: Achten Sie darauf, dass Sie das Pulver der Empörung nicht zu früh

verschießen. Nachher haben Sie nämlich keines mehr, wenn es darauf ankommt!

(Beifall bei der CDU)

Natürlich - das zum Schluss - haben auch wir uns gefragt, warum im Fall der Frau Menger-Hamilton das ganze Prozedere so lange gedauert hat. Mir ist aufgefallen, dass das wirklich recht lange war. Deshalb habe ich einmal geschaut, wer diese Frau Menger-Hamilton eigentlich ist. Ich kannte sie ja gar nicht. Da habe ich Folgendes herausgefunden: Die Regierung Hannover war zuständig, deren Präsident Jagau lange gezögert hat, die Einbürgerung zu vollziehen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Weil immer neue Stellungnahmen kamen!)

- Das wollen Sie jetzt zwar nicht hören. Aber das erzähle ich Ihnen. - Frau Menger-Hamilton war nämlich lange Zeit SPD-Mitglied, Frau MengerHamilton gehörte dem Landesvorstand der SPD an,

(Zurufe von der CDU: Oh! Nein!)