Protocol of the Session on September 8, 2010

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Hagenah. - Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin König das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hagenah, ich muss ganz ehrlich sagen: Ein solches Durcheinanderwerfen von Landesstraßen und Autobahnen habe ich bislang noch nicht erlebt. Wie kann man mit Tempolimits von 80 auf Autobahnen argumentieren, wenn wir hier über Landesstraßen reden? - Das verstehe ich nicht. Was Sie hier erzählt haben, ist total daneben.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Tempo 80 auf den Autobahnen mag vielleicht Ihrem Wunschdenken entsprechen, entbehrt aber jeglicher Realität. Wir sind hier mit Landesstraßen befasst, nicht aber mit Autobahnen.

Schon beim letzten Plenum haben Sie über diese Dinge so konfus gesprochen, dass unser Minister Sie darauf hinweisen musste, was passiert, wenn wir Bundesmittel für Landesstraßen ausgeben: Das geht nicht. Das Geld können Sie dann Herrn Schäuble gleich wieder zurücküberweisen. - Von daher weiß ich nicht, was das sollte.

Es trifft natürlich zu, dass wir in Niedersachsen auch marode Straßen haben. Ich wundere mich nur darüber, dass Sie neun Stück herausgepickt haben. Ich glaube, das haben Sie nur getan, um sich vor Ort zu profilieren. Mit dem Zustand der niedersächsischen Straßen im Allgemeinen hat das nichts zu tun.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich haben wir auch schlechte Straßen. Die hatten wir allerdings auch schon bei Regierungsübernahme. Sie haben hier von 90 % gesprochen.

Wir jedoch haben festgestellt, dass sich 56 % unserer Straßen in einem guten, sogar in einem sehr guten Zustand befinden.

(Zustimmung bei der CDU)

Starke Schäden weisen nur 17 % der Straßen auf. Genau bei diesen Straßen sind wir aber dabei, tätig zu werden. Dafür haben wir im letzten Jahr immerhin 73,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Dieser Betrag hat sich noch um ein Vielfaches erhöht, weil wir zusätzliche Mittel für die Beseitigung der Winterschäden eingestellt haben. Diese Schäden werden sich in diesem Jahr wahrscheinlich weiter ausdehnen; denn wer sich ein bisschen mit Straßenbau auskennt, weiß, dass Hitze, wie wir sie etwa im Juli hatten, die Straßen zusätzlich belastet. Diesen Aspekt müssen wir weiter im Fokus behalten. Wir müssen die Straßen also ständig neu bewerten.

(Glocke der Präsidentin)

Wir sollten also warten, bis wir die neue Bewertung, die wir Ende Oktober/Anfang November bekommen, zugrunde legen können.

Selbstverständlich werden wir uns um unsere Straßen kümmern und die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellen. Wie sich das im Haushalt abbildet, müssen wir abwarten. Sicherlich werden wir in den nächsten drei Jahren nicht, wie Herr Hoppenbrock schon gesagt hat, 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen können; denn wir sind angetreten, den Haushalt zu konsolidieren.

(Glocke der Präsidentin)

Aus diesem Grund haben wir auch nicht gleich nach unserer Regierungsübernahme die Straßen vernünftig ausbauen können. Wir mussten zunächst einmal sehen, wie wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt zurechtkommen.

Einen letzten Satz, Frau König! Sie müssen zum Schluss kommen.

Okay. - Witterungsbedingungen, Frost und anderes mehr haben ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir das, was wir umsetzen wollten, nicht so schnell umsetzen konnten. Wir sind aber dran und werden auch dran bleiben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Herr Adler zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau König hat es eben eingeräumt: Sie sprach vom maroden Zustand der Straßen. Herr Hoppenbrock hatte bei der ersten Beratung hier im Plenum wörtlich gesagt: Zahlreiche Landesstraßen befinden sich in einem schlechten Zustand. - Diese Äußerungen sind ein Eingeständnis der Versäumnisse der Landesregierung und der Landtagsmehrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Seit Jahren stagnieren die Ausgaben für die Unterhaltung der Landesstraßen bei 15 Millionen Euro. Dies führt zu Vermögensverzehr, zu einem Substanzverlust von 100 Millionen Euro in fünf Jahren, wie es der Landesrechnungshof vorgerechnet hat. Hinzu kommen noch die Stellenstreichungen bei der Landesbehörde für Straßenbau.

Was hier beschrieben wird, ist aber nur ein Teil eines grundlegenden Problems. Wir haben es in der Haushaltsdebatte bereits gehört. Betrachten wir die öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur, so steht Niedersachsen bei der Investitionsquote auf dem letzten Platz. Der Hochbau wird um ein Drittel gekürzt. Wir haben seit Jahren einen Rückgang der öffentlichen Investitionen in die Infrastruktur zu verzeichnen. Eine vorübergehende Ausnahme ist das Konjunkturpaket II. Das ändert aber nichts an der Gesamttendenz. Und dies korreliert mit der seit Jahren unter den letzten drei Bundesregierungen vollzogenen Steuersenkungspolitik, die nichts anderes war als eine staatlich verordnete Reichtumspflege.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ich sagen will: Der Zustand der Straßen in Niedersachsen ist Teil eines ganz großen Widerspruchs, nämlich des Widerspruchs zwischen öffentlicher Armut und privatem Reichtum in der Hand weniger.

(Beifall bei der LINKEN)

Das private Geldvermögen in Deutschland ist seit dem Jahre 2000 um 1,1 Billionen Euro angewachsen. Das heißt, das private Geldvermögen wächst Jahr für Jahr um durchschnittlich mehr als 100 Millionen Euro. Im gleichen Zeitraum entwickelten sich die öffentlichen Investitionen und Un

terhaltungsmaßnahmen in der Bundesrepublik - und auch in Niedersachsen - rückläufig. Der Anteil der Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur am Bruttoinlandsprodukt sinkt bundesweit und auch in Niedersachsen.

Das ist ein unhaltbarer Zustand, der die öffentliche Daseinsvorsorge ausbluten lässt und die Lebensqualität der großen Mehrheit der Bevölkerung beeinträchtigt.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist die soziale Frage, die die Linke immer wieder auf die Tagesordnung bringen wird.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Bode. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kollege Hoppenbrock hat es schon ziemlich gut auf den Punkt gebracht - insbesondere die Tatsache, dass die Landesstraßen heute nicht in dem Zustand sind, den wir uns alle wünschen würden. Natürlich würden wir uns alle einen besseren Erhaltungszustand wünschen. Es war aber zu Ihrer Regierungszeit und als wir 2003 die Regierung übernommen haben, genauso. Sie haben uns auch löchrige Straßen übergeben. Sie haben uns auch einen löchrigen Haushalt übergeben.

Eines geht ja wohl nicht: dass wir, wenn wir sparen - Herr Kollege Schostok hat gestern sogar gesagt, dass wir uns den Bund der Steuerzahler stärker zum Vorbild nehmen und noch mehr im sozialen Bereich streichen sollten -, heute hier gleichzeitig fordern, die Ausgaben für Landesstraßen zu erhöhen. Das wird niemand verstehen. Mit Investitionen muss man genau so sorgsam umgehen wie mit anderen Bereichen des Haushaltes. Das ist unsere Grundlage, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn wir uns das gegenseitig vorwerfen, bringt das die Landesstraßen natürlich nicht einen Deut nach vorne. Man kann feststellen, dass die Mittel im letzten Landeshaushalt deutlich aufgestockt wurden. Das hat uns nach vorne gebracht. Des

halb haben wir ja auch tatsächlich sehr viele Baustellen im Land, um den Zustand der Straßen zu verbessern. Das ist ein positives Zeichen. Genauso haben wir momentan auch an Autobahnen sehr viele Baustellen, wo wir ausbauen, erweitern und unsere Infrastruktur für die Belastungen in der Zukunft fit machen wollen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb sollten wir in diesem Maße weiter vorgehen, die Mittel verantwortungsvoll einsetzen und die Landesstraßen sukzessive erneuern, damit wir eine vernünftige Infrastruktur haben.

Aber das, was Herr Hagenah hier gesagt hat, geht nicht. Wir können doch jetzt nicht ernsthaft die wichtigen Zukunftsinvestitionen, die wir haben, um die Hafenhinterlandanbindung zu sichern und um bei uns an der Küste eine Wachstumsregion zu schaffen - wie die A 20 mit einer festen Elbquerung -, aufs Spiel setzen. Wir müssen noch mehr powern. Wir müssen beim Bund dafür sorgen, dass die Y-Trasse weiter vorangebracht wird und dass die Hinterlandanbindung kommt.

Da können wir doch nicht selber Geld rausnehmen wollen - zumal es wirklich nur die Planungskosten wären, über die man da tatsächlich reden könnte, weil man die Bundesmittel nicht in Landesstraßen investieren kann -, weil man damit die Zukunftschancen Niedersachsens verspielen würde.

Es gab einmal eine Landesregierung in Niedersachsen, die sich gerühmt hat, kein einziges Straßenbauprojekt beim Bundesverkehrswegeplan angemeldet zu haben. Dafür verantwortlich war damals die grüne Politik. Die hat Niedersachsen sehr geschadet.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zu Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2462 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt. Herzlichen Dank.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 15 auf:

Erste Beratung: Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2772