Schönen Dank, Frau Präsidentin, schönen Dank, Frau König. - Frau König, ich habe zwei Fragen an Sie. Sie haben von einer „linken“ Interpretation der Arbeitslosenzahlen gesprochen. Ich frage Sie, wie man Zahlen, die feststehen, als „links“ interpretieren kann? - Zahlen sind Fakten, die feststehen. Ich wüsste gerne, wie Sie diese Aussage meinen.
Zum anderen haben Sie gesagt, dass Weiterbildungsmaßnahmen eine Chance für Jugendliche sind, um einen Ausbildungsplatz zu erhalten, und dass diese Maßnahmen von großem Erfolg gekrönt seien. Vielleicht können Sie die Ihnen dazu vorliegenden Zahlen und Quellen dem Protokoll beifügen oder mir zustellen, damit ich das nachvollziehen kann. Diese Aussage kann ich ansonsten so nicht glauben, weil mir andere Zahlen vorliegen. Ich hätte von Ihnen gerne gewusst, woher Sie diese Zahlen und Berichte haben und wie Sie darauf kommen, dass diese Maßnahmen sehr wirkungsvoll sind. Mich würde interessieren, wie viele Jugendliche sich in der Warteschleife befinden und bei wie vielen die Maßnahmen erfolgreich waren.
Frau Weisser-Roelle, wenn Sie sich etwas mehr mit diesem Teil der Qualifizierung auseinandersetzen würden, dann wüssten Sie das. Fahren Sie doch einmal zu einer Ausbildungsstätte, meinetwegen zur DEULA in Meppen. Herr Will wird sie
kennen. Die DEULA hat alleine im ersten Halbjahr 2010 schon 105 Jugendliche, die keine Arbeit gefunden haben und aus - ich sage das vorsichtig - Hartz IV kommen, in Arbeit bzw. in den Ausbildungsmarkt vermittelt. Sie sind zum Teil in das zweite Lehrjahr eingestiegen. Ich könnte Ihnen auch einige andere Beispiele aufzeigen, aber alle Zahlen liegen mir jetzt nicht vor. Aber Sie können sie gerne bekommen.
In Hannover beispielsweise - das müssten Sie auch einmal selber recherchieren - gibt es eine Einrichtung, die gerade junge Leute mit Migrationshintergrund, die sich in einer besonderen Situation befinden, fördert und fordert. Das hat einen sehr guten Ausschlag gegeben, um diese Menschen in Arbeit zu bringen.
Wenn wir uns einmal anschauen, was in den letzten Jahren trotz Wirtschaftskrise und trotz des Abbaus von einigen Ausbildungsplätzen, die einfach nicht mehr zur Verfügung stehen, passiert ist, dann stellen wir fest, dass wir verdammt gut dastehen. Ich glaube, darauf können wir alle hier stolz sein.
Ganz herzlichen Dank, Frau König. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Hagenah. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da war sie wieder, die Legende von CDU und FDP: Hier in Niedersachsen ist alles okay auf dem Lehrstellenmarkt. Diejenigen, die keine Lehrstelle finden, sind selbst schuld,
weil sie nicht ausreichend qualifiziert oder möglicherweise sogar arbeitsunwillig sind. Das Problem der Warteschleifen besteht nicht.
Sie haben einige tatsächlich sehr gute Einrichtungen genannt, die sozusagen für das Ganze stehen sollen. Liebe Frau König, so sieht die Welt aber leider nicht aus!
Sie verschließen die Augen davor, dass jedes Jahr, seitdem Sie regieren, viele Tausend Jugendliche unnötig in Warteschleifen gezwungen werden, weil einfach nicht genügend Lehrstellen da sind.
Ich will Ihnen das gerne belegen. Sowohl der Berufsbildungsbericht als auch die Ausbildungszahlen der Bundesagentur für Arbeit oder eine aktuelle UN-Studie belegen unsere Interpretation der Zahlen und der Lage in Niedersachsen. Jeder sechste Jugendliche zwischen 20 und 29 Jahren hat keinen Berufsabschluss in diesem Land, Tendenz steigend. Das liegt oft nicht an schlechten Zensuren, Frau König. Unter den Ungelernten haben 38 % einen besseren Notendurchschnitt als 3,0, und das bei einem absehbaren Fachkräftemangel in unserem Land. Da läuft doch etwas schief, und zwar verdammt schief!
Inzwischen landet jeder zweite Hauptschüler in Niedersachsen trotz Abschluss in der Warteschleife. Jeder dritte Hauptschüler findet auch 15 Monate nach dem Abschluss der Hauptschule keine Lehrstelle. Wie wird das erst im nächsten Jahr mit dem doppelten Abiturjahrgang, wenn die Abiturienten in den Ausbildungsmarkt drängen und die Hauptschüler nach unten verdrängt werden? - Darauf haben Sie keine Antwort; Sie lassen alle alleine.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Das stimmt gar nicht!)
Sie ignorieren auch die Position der Fachwelt, die das Bundesinstitut für Berufsausbildung so kommentiert: Die Situation - ich habe sie gerade beschrieben - hat weniger etwas mit den schwachen Leistungen der SchulabgängerInnen zu tun als vielmehr mit den nicht ausreichenden Lehrstellen. - Das sagt das Bundesinstitut. Das Geld für die Maßnahmen in den Warteschleifen müsste besser eingesetzt werden, und zwar in eine zusätzliche berufliche Vollausbildung. - Das ist die Position der Fachwelt.
Seit Jahren vertrauen CDU und FDP dagegen auf ihren Ausbildungspakt und streuen damit der Öffentlichkeit Sand in die Augen. Sie verschweigen
die realen Zahlen und die wahren Verhältnisse und individualisieren das Problem in Niedersachsen. Das ist die Lage. Weit unter Bundesdurchschnitt - bundesweit beträgt der aktuelle Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit 16 % - ging im konjunkturellen Aufschwung des vergangenen Jahres die Zahl der jungen Arbeitslosen in Niedersachsen um nur 9 % zurück. Das sollte Ihnen zu denken geben.
Unser Berufsbildungssystem, so wie Sie es vertreten, hat versagt, wenn trotz zunehmenden Fachkräftebedarfs ein großer Teil der Jugendlichen auf der Straße oder in Warteschleifen festhängt und am Ende möglicherweise ganz den Mut verliert, sich noch eine Ausbildung zuzutrauen.
Das haben die Linken in ihrem Antrag richtig beschrieben. Allerdings finden die Maßnahmen, die sie vorschlagen, das bunte Potpourri nicht unsere Zustimmung. Da hakt es an einigen Stellen. Dazu hat der Kollege Will schon einiges gesagt. Auch wir sind der Meinung, dass die Erfahrungen in Berlin und Brandenburg
- Ich komme zum Schluss. - Frau König, wer den Fachkräftemangel beklagt, was auch Sie tun, muss jungen Menschen einen Ausbildungsplatz und nach der Ausbildung einen guten Berufseinstieg anbieten - und nicht endlose Warteschleifen, Praktika und Arbeitslosigkeit.
Herzlichen Dank, Herr Hagenah. - Für die CDUFraktion hat sich Herr Bley zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Überschrift des Antrags gelesen habe, habe ich Gutes vermutet. Aber beim Lesen des Antrages habe ich mit dem Kopf geschüttelt. Herr Will hat zu Recht gesagt, dass nach dem Lesen von zwei Seiten die Zielsetzung nicht mehr klar war. Ich habe vier Seiten gelesen, und ich kann sagen: Für mich ist die Zielsetzung klar. Aber Niedersachsen und Deutschland nur schlechtzureden und
Herr Hagenah, wir verschließen die Augen nicht. Dass wir alle und insbesondere die Landesregierung keine Jugendarbeitslosigkeit und keinen Lehrstellenmangel möchten, ist doch klar. Nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise im letzten Jahr, die Sie ausblenden, sind doch auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland und in Niedersachsen gute Entwicklungen zu verzeichnen. Das müssen doch auch Sie erkennen! Aber diese positiven Zuwächse blenden Sie einfach aus und reden alles schlecht.
Richtig ist, dass wir weiterhin der immer noch zu hohen Arbeitslosigkeit begegnen müssen und wollen. In Ihrem Antrag kritisieren Sie, dass Jugendliche oftmals nach der Ausbildung nicht übernommen werden. Danken sollten wir den Betrieben, die überdurchschnittlich ausbilden,
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Haben Sie nicht zugehört? Das wollen wir doch auch!)
obwohl viele Betriebe nicht genügend Arbeit haben, um einen zusätzlichen Auszubildenden zu übernehmen.
Weiterhin kritisiert DIE LINKE, dass etwa 900 000 junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren Hartz IV zusätzlich zum Lohn zum Leben beantragen müssen, weil sie oder ihre Eltern nicht genügend Geld verdienen. Sollten wir hier nicht unser Sozialwesen loben? Sie dagegen reden von einem gesellschaftlichen Skandal.
Meine Damen und Herren, im Antrag vom 9. August wird ausgeführt, dass es Ende Juli 2010 gegenüber Ende Juni 2010 3,6 % mehr Arbeitslose gab. Dass dies saisonüblich ist, brauchen wir hier nicht zu vertiefen. Vielmehr sollten wir froh sein, dass die Arbeitslosigkeit im Juli 2010 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,3 % gesunken ist.
Natürlich sind diese Zahlen auch auf zunehmend genutzte flexible Instrumente wie die Leiharbeit zurückzuführen. Die Partei DIE LINKE verurteilt
das, die SPD auch. Ich sage: Durch diese Leiharbeit sind viele Menschen erst wieder in Arbeit gekommen.
Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen in Niedersachsen ist mit 37 000 ohne Zweifel noch zu hoch. Dennoch sollten wir uns über den Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,9 % freuen. Im Ländervergleich der Arbeitslosenquoten für junge Menschen zwischen 15 und 25 Jahren liegt Niedersachsen mit 8,4 % an siebter Stelle aller 16 Bundesländer.