Protocol of the Session on August 17, 2010

Herr Kollege, darf ich noch einmal unterbrechen? - Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Adler?

Vielen Dank. Die beiden müssen sich schon einigen, wer gleich die Kurzintervention macht.

Ich möchte Ihnen abschließend sagen: Wenn Ihnen die Sache so wichtig ist, dann betrachten Sie die Inhalte! Dann gucken Sie, wo Freude beispielsweise für Kinder wirklich stattfindet! Der Weltkindertag ist gut, weil er zum Nachdenken anregt. Aber für Kinder ist eben nicht Feiertag, wenn das die Linkspartei vorschlägt. Freude für Kinder, Feiertage sehen ganz anders aus: Wenn der erste Zahn wackelt, wenn die Schularbeit gut ausfällt, wenn der Siegtreffer der Fußballmannschaft fällt, wenn sie Bauklötze aufeinander stapeln - das sind die Tage, über die sich Kinder freuen.

Was Sie hier machen, ist reine Symbolpolitik, leider auf dem Rücken derjenigen, die Sie glauben vereinnahmen zu können für Ihre durchsichtigen Interessen. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Adler das Wort. Das Verfahren ist bekannt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wiese, wenn Sie mir in Ihrem Debattenbeitrag eine Frage stellen, dann denke ich, dass das keine rhetorische Frage von Ihnen ist, sondern dass Sie sie ernst meinen; das unterstelle ich einmal. Dann sollten Sie auch, wenn ich mich melde, um Ihre Frage zu beantworten, das als Zwischenfrage zulassen. Sonst weiß ich nicht, welche Frage Sie eigentlich stellen wollten.

(Zurufe von der CDU)

Das finde ich nicht ganz korrekt. Seien Sie doch so flexibel, und lassen Sie so etwas zu! Dann hätte ich jetzt keine Kurzintervention machen müssen.

(Jens Nacke [CDU]: Kann man eine Frage mit einer Zwischenfrage beant- worten, Herr Adler? Das geht doch gar nicht! Das geht rhetorisch schon gar nicht! - Unruhe - Glocke des Prä- sidenten)

Das war also nicht sehr souverän.

(Oh! bei der CDU)

Aber jetzt zu Ihrer Frage selbst, Herr Wiese. Es gibt zahlreiche Länder auf der Erde - ich habe sie nicht noch einmal alle aufgezählt; u. a. gehört Eritrea dazu -, in denen das ein gesetzlicher Feiertag ist. Aber ich bitte Sie: Wenn ich diese Länder der Reihe nach aufzähle, dann bedeutet das doch nicht, dass ich die politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Verhältnisse in diesen Ländern im Übrigen gut finde oder überhaupt beurteilen will. Ich habe sie nur aufgezählt; der Vollständigkeit halber gehören sie dazu. Das ist alles.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Wiese, möchten Sie für die CDUFraktion Stellung nehmen? - Bitte!

Herr Kollege Adler, gerade das haben Sie dankenswerterweise nicht getan, dass Sie alle 140 oder 150 Länder aufgeführt hätten, sondern Sie haben Eritrea als Beispiel herausgegriffen. Wenn Sie in Ihrem Antrag dieses Land als Vorbild formu

lieren, dann müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass wir darauf eingehen.

Wenn Sie Fragen stellen und Fragen beantwortet haben wollen, Herr Adler: Sie sind Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Es hat eine Beratung im Innenausschuss und eine Mitberatung im Wirtschaftsausschuss gegeben. Der Einzige, der nicht da war und dort seine Fragen gestellt hat, ist der Kollege Adler. Das ist sehr schade.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. Auch ich kann es in dieser Debatte tatsächlich kurz und knapp machen. Es ist dargestellt worden: Es gab in den Beratungen über diesen Antrag null Komma null Unterstützung. Außer der Linksfraktion hat diesen Antrag keine andere Fraktion unterstützt. In meinen Augen hätte es die Linksfraktion zum Nachdenken bringen müssen, dass es auch aus der außerparlamentarischen Bewegung keinerlei Unterstützung für diesen Antrag gegeben hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Mit de- nen dürfen wir ja nicht zusammenar- beiten! Sonst schimpft Herr Schüne- mann!)

Also auch die vitale Zivilgesellschaft, das echte Leben, als dessen Sprachrohr Sie sich hier gerne darstellen, hat sich entweder gar nicht zu Wort gemeldet, Frau Flauger, oder hat diesen Antrag abschlägig beschieden. Bei den Wirtschaftsverbänden - ob sie zur Zivilgesellschaft zählen, ja oder nein - hat das nicht wirklich überrascht - da gebe ich Ihnen recht -, aber bei allen anderen hätten Sie doch hellhörig werden müssen. Der Kinderschutzbund hat sich in dieser Frage gar nicht zu Wort gemeldet, weil er momentan wirklich andere Probleme hat. Er ist daran interessiert, wie sich die Betreuungslandschaft in Niedersachsen entwickelt, was wir politisch gegen die Kinderarmut auf den Weg bringen und wie wir Bildungschancen verbessern können. Das treibt diese Gruppen momentan um.

Die Frauenverbände haben definitiv gesagt: Nein, das brauchen wir momentan nicht. Viel interessanter und spannender ist für uns die Frage, wie wir Aufstiegschancen von Frauen in Unternehmen

verbessern können. - Dazu werden wir gleich eine Debatte führen. Das sind die entscheidenden politischen Fragen.

Also: Ich finde schon, dass man auch einmal kritisch reflektieren sollte. Wenn sich keine andere gesellschaftlich relevante Gruppe - mir ist momentan in Niedersachsen keine einzige bekannt - für diese Sache stark macht, dann sollte man wirklich sagen: Okay, damit haben wir momentan wirklich falsch gelegen.

Ich finde, der Antrag ist ein bisschen sozialpaternalistischer Schmonz. Sie haben im Vorfeld gar nicht mit den entsprechenden Gruppen darüber geredet, ob sie es sinnvoll finden, sondern haben das einfach auf den Weg gebracht.

Ich komme zum letzten Punkt, den ich ansprechen will. Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Sie hier angeblich sprechen, sind die ökonomischen Auswirkungen wichtig. Ja, es stimmt, wir haben in dieser Debatte keine harten wissenschaftlichen oder ökonomischen empirischen Daten. Es gibt nur Annahmen und Vermutungen. Alle diese gehen allerdings in die Richtung, dass mehr Feiertage wahrscheinlich zumindest die Produktivität und damit auch staatliche Einnahmen schmälern werden. Sie schmälern mit diesem Antrag vielleicht sogar soziale Sicherungssysteme.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir er- höhen den Stundenlohn! Der Stun- denlohn steigt!)

Das kann wirklich nicht im Sinne der Linkspartei sein. Das finde ich sonderbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Abschließend: Sie haben hier keinen Antrag gestellt, der den Frauen irgendwie zugute kommt. Sie haben keinen Antrag gestellt, der den Kindern irgendwie zugute kommt. Sie haben keinen Antrag gestellt, der uns irgendwie weiterbringt. Deswegen müssen wir ihn sehr deutlich ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Ich erteile dem Kollegen Krogmann von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass ich mit dem Kollegen Briese einer Meinung bin, kommt ja häufiger vor. Aber dass ein

Antrag dazu führt, dass ich dem Redebeitrag des Kollegen Wiese vollumfänglich zustimmen muss, ist leider einer der besonders schlimmen Erfolge dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall bei der SPD und Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Aber, meine Damen und Herren, aus Respekt vor dem Parlament und aus Fairness gegenüber seinen Mitgliedern - auch ich bestehe immer darauf, dass wir alle Anträge, insbesondere die von der Linkspartei, hier ernsthaft und sachlich beraten - sollte man auch diesen Antrag ernst nehmen und sachlich beraten. Ich muss aber zugeben, dass das schwerfällt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Sie haben es in der Beratung nicht geschafft und es ist Ihnen auch im Rahmen der Anhörung nicht gelungen, irgendjemand für dieses Gesetzesvorhaben zu interessieren. Herr Adler hat sich zwar vorhin noch einmal bemüht und hat erst in der Wirtschaftsförderung eine Begründung gesucht. Dann hat er gemerkt, dass das nicht so ganz klappt, und ist er bei der Kapitalismuskritik gelandet. Im Ganzen ist das etwas unübersichtlich geblieben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das Thema ist auch komplex!)

Das hat sich auch in der Anhörung gezeigt. Sofern überhaupt jemand bereit war, sich zu äußern - Herr Briese hat das vorhin alles sehr schön aufgeführt -, wurde der Gesetzentwurf mit einem gewissen Desinteresse belegt. Man kann zusammenfassen: Ein solches Gesetz ist in Niedersachsen schlicht überflüssig.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gesetzliche Feiertage sind in der Regel konfessionell und historisch begründet. So lässt sich natürlich auch begründen, dass es in Norddeutschland und Süddeutschland unterschiedliche Regelungen gibt. Wir als Nordlichter schneiden da schlechter ab; das ist bekannt. Damit müssen wir eben leben. Das ist so.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Nein, wieso?)

- Man könnte auch sagen: Dafür haben wir nicht den Akzent.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der FDP)

Aktuelle politische Herausforderungen, wie Sie es hier versuchen, oder Themen durch regelmäßige gesetzliche Feiertage zu bekräftigen, hat es mit Ausnahme der Verschiebung des Tags der Deutschen Einheit vom 17. Juni auf den 3. Oktober nicht gegeben.

Für uns als SPD ist auch klar: Der Weltfrauentag wie auch der Weltkindertag sind uns sehr wichtig. Ich glaube, wir alle hier im Hause haben das Ziel, die Lage von Frauen und von Kindern nicht nur hier bei uns, sondern auch in den benachteiligten Regionen dieser Erde zu fördern. Die Frage ist aber: Wie erreichen wir das? Durch einen gesetzlichen Feiertag? - Wir finden: Nein. Das führt nur zu einer reinen Symbolpolitik. Die ist aber letztlich nur ein Alibi anstelle eines realen politischen Handelns. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme des Landesfrauenrates, der Ihnen ganz klar ins Stammbuch geschrieben hat, dass er keine Symbolpolitik, sondern wirkliche, reale politische Maßnahmen will.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Aber, meine Damen und Herren, warum sollte man ausgerechnet diese beiden Tage nehmen, wenn man sich auf dieses Verfahren einlassen würde? Es gibt noch eine Vielzahl anderer Anlässe. Wir hatten den 27. Januar, den Auschwitz-Gedenktag, in der Beratung, wir hatten den Tag der Umwelt als Beispiel. Warum hier nicht? Müsste es nicht auch einen Tag des Klimaschutzes, einen Tag gegen die Armut oder einen Tag des Friedens geben? - Ich meine, das sind eine ganze Reihe von wichtigen Zielen. Fakt ist aber, dass das Jahr nur 365 Tage hat. Wer will denn darüber entscheiden? Das heißt, wir kämen in die Situation, Gutes gegen Gutes abzuwägen. Wir meinen, das führt zu nichts.