Protocol of the Session on June 9, 2010

Das ist einer der Vorteile, die sich in den Zahlen niederschlagen. Davon profitieren wir im Moment an der Küste und im Harz sowie in der Heide und im Emsland. Ihre Politik der sozialen Ausplünderung aber führt in der Tendenz dazu, dass dieser Sturzflug weitergeht und der Tourismus dann ganz unterbleibt, weil viele Leute - wie z. B. die, über die wir heute Morgen geredet haben - überhaupt kein Geld mehr haben werden, um auch nur in den Harz oder an die Küste zu fahren. Das ist doch die Gefahr, die Sie mit einem tourismuspolitischen Konzept bekämpfen müssten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur sozialen Frage gehört auch der Mindestlohn. Dann prägen Sie aber auch einmal - im Hinblick auf die Prozentreduzierung der Mehrwertsteuer für das Gaststättengewerbe waren wir, Herr Grascha, ja ausnahmslos einmal einer Meinung - die andere Seite der Medaille, und führen Sie in diesem Gewerbe einen Mindestlohn ein, der dazu führen würde, dass die Leute, die in diesem Gewerbe arbeiten, endlich anständig bezahlt werden! Das werden sie in großen Teilen bisher nämlich leider nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweiter Punkt eines solchen tourismuspolitischen Konzepts müsste die Verkehrsanbindung sein. Sie aber machen die Harzer Schmalspurbahnen zurzeit noch ein bisschen schmaler und kaputt und kürzen dafür das Geld. Sie denken auch nicht einmal ansatzweise an Projekte wie etwa die Igelbusse im Bayerischen Wald, die ständig herumfahren und alle Punkte im Bayerischen Wald abfahren. Im Harz ist beim öffentlichen Nahverkehr, wie mir jemand aus dem Harz sagte, immer irgendwo sofort Schluss, weil es nur Stückwerk ist und es kein verkehrspolitisches Integrationskonzept gibt. Sie tun auch nichts für eine vernünftige verkehrs- und insbesondere schienenmäßige Anbindung der verschiedenen Touristikbereiche.

Der dritte Punkt eines solchen tourismuspolitischen Konzeptes, das diesen Namen auch wirklich verdient, müsste die Bildung sein. Herr Dr. Althusmann ist ja hier. Sie sind doch dafür verantwortlich. Ich nehme am kommenden Samstag an der Hauptversammlung des Deutschen Jugendherbergswerks teil. Das Deutsche Jugendherbergswerk klagt darüber, dass die Klassenfahrten, die früher eine sichere Einkommensquelle der Jugendherbergen waren, immer mehr zurückgehen, weil diese Landesregierung und dieser Kultusminister bzw. seine Vorgängerin den Hahn für Klas

senfahrten immer mehr zudrehen. Auch das ist eine tourismuspolitische Frage, Frau König.

Das heißt: Für die Entwicklung von Bildungskonzepten mit dem Ziel, dass vor allem Jugendliche mindestens einmal im Jahr den Harz, das Emsland, die Heide oder auch, wenn sie vom Land kommen, Braunschweig, Hannover oder andere Großstädte kennenlernen können, tun Sie aber nichts.

Vierter und letzter Punkt eines solchen tourismuspolitischen Konzepts müsste die ökologische, die naturnahe Tourismuserschließung sein. Sie führen aber nur Leuchtturmprojekte - insbesondere im Harz - durch und befördern Schneekanonen und anderen Unsinn. Diese Leuchtturmprojekte jedoch tragen sich nicht auf Dauer. Stattdessen brauchen wir ein Konzept für einen sanften Tourismus, für Erlebnisparks, für Bildungsparks vor allem für Jugendliche und diejenigen Schichten, die sich bisher aus sozialen Gründen überhaupt keinen Urlaub leisten können. Ein solches Konzept haben Sie bislang aber nicht. Deshalb vertrauen Sie in erbärmlicher Weise immer nur auf Sonne und Schnee zum richtigen Zeitpunkt.

Schönen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich nun Frau Tippelt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant, dass sich nun zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen der Tourismus auf der Tagesordnung als Gegenstand der Aktuellen Stunde wiederfindet. Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP, was soll uns der Titel „Sonnige Aussichten für Niedersachsen - Das Tourismusbarometer steigt“ sagen? - Ich sehe eher noch zahlreiche Wolken vor der Sonne. Wenn ich mir anschaue, was Sie dem Tourismusantrag meiner Fraktion bisher entgegenstellen konnten, sieht es doch eher düster aus.

(Zustimmung bei der SPD)

Darüber hinaus geben Sie zu, dass es noch Handlungsbedarf gibt. Einen Handlungsbedarf zu erkennen ist das eine; tatsächlich zu handeln aber ist das andere. Wo sind denn Ihre Vorschläge für eine Lösung der strukturellen Probleme im Bereich des

Tourismus? Was antworten Sie den einschlägigen Verbänden, wenn diese seit Jahren die Intransparenz der Mittelzuweisungen im Rahmen von Förderprogrammen bemängeln? Wo sind Ihre Konzepte für den Tourismus im ländlichen Raum? - Sicherlich war das Jahr 2009 in weiten Teilen ein gutes Jahr für den Tourismus in Niedersachsen, wie das Sparkassen-Tourismusbarometer 2010 aufgezeigt hat. Ich gebe jedoch zu bedenken, dass die Übernachtungszahlen 2009 nicht mit denen der Vorjahre verglichen werden können. Dieses Mal sind nämlich erstmals Campingplätze mit in die Statistik eingeflossen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Aha! Ganz schlau! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Al- ter Trickser!)

Da sich Camping bei den Übernachtungszahlen außerordentlich gut entwickelt, konnten negative Entwicklungen bei anderen Betriebstypen ausgeglichen werden. Insofern, Frau König, sind die guten Übernachtungszahlen für das Jahr 2009 mit Vorsicht zu genießen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das hat die FDP wahrscheinlich nicht erkannt!)

Seien Sie ehrlich, und benennen Sie auch die Problemfelder im Bereich Tourismus!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Zu viel Sonne abgekriegt!)

Im Gastgewerbe ist ein realer Umsatzrückgang von sage und schreibe 5,1 % zu verzeichnen. Ich frage Sie: Was wollen Sie tun, um den sich verstetigenden Umsatzrückgang im Gastgewerbe aufzuhalten?

Was wollen Sie darüber hinaus tun, um die sich schlechter entwickelnden Regionen wieder zu stärken? Wie wollen Sie die interkommunale Zusammenarbeit im Tourismus verbessern? Was wollen Sie z. B. im Westharz tun, damit dieser sich endlich besser als der Ostharz entwickelt? Wo finden sich Ihre Konzepte und Ideen für die zukünftige Tourismuspolitik, die auch den aktuellen Trends Rechnung trägt?

Ich möchte es einmal ganz konkret sagen: Die positive Entwicklung des Tourismus in Niedersachsen ist das alleinige Ergebnis der Anstrengungen unserer Tourismusbetriebe, nicht aber Ergebnis Ihrer Anstrengungen, meine sehr geehrten Damen und Herren von FDP und CDU.

(Beifall bei der SPD)

Niedersachsen darf seine Position als Tourismusland nicht nur behaupten, sondern es muss seine Qualitäten nachhaltig verbessern. Das hat die Anhörung zum Thema Radverkehr in Niedersachsen im Ausschuss deutlich gezeigt. Niedersachsen ist nicht mehr Fahrradland Nummer eins. Die Regierungskommission „Klimaschutz“ hat diese Erkenntnisse noch einmal bestätigt und Handlungsforderungen formuliert. Erst jetzt hat die Regierung das Potenzial des Radverkehrs anerkannt. Für uns viel zu spät, liebe Fraktionen von FDP und CDU.

(Beifall bei der SPD)

Schon längst brauchen wir einen runden Tisch „Fahrradland Niedersachsen“ und einen Beauftragten für Radverkehr bei der Landesregierung.

(Zuruf von der CDU: Das war doch unsere Idee!)

- Dann werden Sie endlich tätig! - Ebenso verhält es sich mit dem Weltnaturerbe Wattenmeer. Am 26. Juni ist es ein Jahr her, dass die UNESCO das Wattenmeer zum Weltnaturerbe erklärt hat. Erst jetzt fällt Ihnen plötzlich auf, dass das Land Niedersachsen diese Tatsache für den Tourismus positiv nutzen kann.

(Ronald Schminke [SPD]: Hört, hört!)

Das ist mehr als peinlich und gerade für den Tourismus gefährlich.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte CDU/FDP-Koalition, hören Sie endlich damit auf, die Sonne immer nur dann sehen zu wollen, wenn diese durch die Wolken hindurch blitzt. Sorgen Sie endlich gemeinsam mit uns dafür, dass die bestehenden Probleme angegangen werden und Niedersachsen wieder Tourismusland Nummer eins in Deutschland wird.

(Beifall bei der SPD)

Sonst folgt auf den Sonnenschein ein böses Gewitter. Werden Sie endlich tätig!

(Lebhaften Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt werden wir von Herrn Hillmer von der CDU-Fraktion hören, wer für das Wetter zuständig ist. Bitte schön!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Kachelmann!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wollte eigentlich gar nicht darauf eingehen, wer für das Wetter zuständig ist. Ich möchte mich aber zunächst einmal bei der FDP dafür bedanken, dass sie das wichtige Thema „Tourismus“ erneut auf die Tagesordnung geholt hat.

(Beifall bei der CDU)

Der Tourismus ist ein Stabilitätsanker in der Krise. Im Jahr 2009 hatten wir in der Tat nur ein Wachstum von 1,9 %. Richtig. Aber immerhin Wachstum im Gegensatz zu vielen anderen Branchen in Niedersachsen.

Tourismus ist ein Stabilitätsanker. Tourismus bietet 300 000 Menschen in Hotels und Gaststätten, auf Campingplätzen, in Freizeitparks, Tourismusorganisationen etc. eine Beschäftigung und erzeugt einen Umsatz und somit einen Beitrag zum niedersächsischen Bruttosozialprodukt in Höhe von 14 Milliarden Euro.

Die Jahresstatistik 2009 weist mit 1,9 % Wachstum ein gutes Ergebnis aus, gerade dann, wenn man berücksichtigt, dass die Zahlen deutschlandweit gesunken sind.

Niedersachsen konnte absolut und bei den Marktanteilen insbesondere von den süddeutschen Ländern gewinnen. Wir erkennen für die meisten und insbesondere für die großen Urlaubsregionen seit vier bis fünf Jahren eine stabile Aufwärtsentwicklung. Diese setzt sich auch 2010 erfreulich fort, wie an den aktuellen Zahlen deutlich wird. Im Vergleich zum ersten Quartal 2009 hatten wir im ersten Quartal 2010 5 % mehr Übernachtungen deutscher Gäste und 3 % mehr Übernachtungen ausländischer Gäste.

Herr Hagenah, beim Campingtourismus verzeichnen wir im Vergleich des ersten Quartals 2010 mit dem ersten Quartal 2009 einen Zuwachs von 19,2 %. Damit erübrigt sich Ihr Vorhalt, im Wechsel zu 2009 sei dort angeblich etwas hineingeheimnist worden; denn insgesamt beträgt die Steigerung von 2009 nach 2010, wie ich Ihnen gerade vorgetragen habe, 5 %.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

Damit komme ich zur Bewertung dieser Erfolge für uns als CDU. Es ist nicht alles schlecht. Herr Hagenah, Sie sollten auch nicht alles schlechtreden, was objektiv gut ist.

Ich stehe nicht hier, um alles hochzujubeln und zu behaupten, alle guten Dinge seien von der Lan

desregierung gemacht. Das wäre unseriös. Zu sagen, das sei völlig unabhängig von der Landesregierung, wie Frau Tippelt das hier eben getan hat, ist aber genauso unseriös.

(Zuruf von der SPD: Na, na, na! Jetzt ist es aber gut!)