Sie haben eben die Behauptung aufgestellt, ich klittere hier herum. Gerade in Bezug auf die Behälter sage ich Ihnen: Was die Lagerung der Glaskokillen angeht, die ein Drittel des Abfalls ausmachen
werden, haben wir bis jetzt noch keine endgültige Entscheidung. Auch auf der Tagesordnung dieses Ausschusses steht das nicht.
Außerdem sprechen Sie immer von behälterloser Lagerung. Es werden doch Edelstahlbehälter eingesetzt, die den Vorteil haben, dass sie weniger Eisen in den Grund einbringen. In einer Sicherheitsanalyse, die noch nicht einmal begonnen hat, haben wir zu untersuchen - das wird noch kommen -, ob diese Behälter den dickwandigeren Behältern unterlegen oder überlegen sind. Dieses Ergebnis haben auch Sie noch nicht - so sehr Sie sich auch bemühen, mich hier madig zu machen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bertholdes-Sandrock, Sie irren natürlich, wenn Sie behaupten, dass Herr Trittin die HAWVersuche abgebrochen habe. Es waren Minister Töpfer und Minister Riesenhuber, die solche Versuche damals eingestellt haben.
Sie irren auch in Bezug auf die anlagenbezogene Forschung, die Gorleben-relevant war und die in der Asse stattfand. Der Bundesrechnungshof hat eindeutig festgestellt, dass das so war. Die entsprechenden Akten stelle ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ich habe in Ihrem Beitrag eine Antwort auf den Kern unseres Antrages vermisst. Von daher frage ich Sie jetzt noch einmal: Sind Sie mit mir der Auffassung, dass solche Sicherheitsanforderungen mit einer solch großen Relevanz für so viele nachkommende Generationen von einem Parlament beschlossen werden sollten, und zwar, da Bundes- und Landesinteressen betroffen sind, sowohl von unserem Parlament als auch vom Bundestag oder auch von den anderen Landesparlamenten, die natürlich ebenfalls damit befasst werden müssten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bertholdes, vorweggenommen: Mit solchen Reden werden Sie nie atompolitische Sprecherin der CDU.
(Beifall bei der LINKEN - Karin Bert- holdes-Sandrock [CDU]: Was sollen denn diese persönlichen Angriffe?)
Folgendes möchte ich zurückweisen: Die Protestaktionen im Wendland sind keine Clownerien mit Gewalteinschüben, sondern im Wendland gibt es bis hin zum Kreistag eine ganz klare Ablehnung der Anlagen und der Atomenergie insgesamt. Ich lese deshalb noch einmal aus dem Beschluss des Kreistags vom 15. April 2010 Folgendes vor:
„Die … Hoffnung des Kreistages, dass nach den katastrophalen Erfahrungen mit der Einlagerung schwach und mittelradioaktiver Abfälle in der Asse ein grundsätzliches Umdenken in den verantwortlichen Ministerien und Institutionen einsetzt, hat sich bedauerlicherweise nicht bewahrheitet. Vielmehr konnte der Kreistag mitverfolgen, wie die Sicherheitsanforderungen sukzessive an einen bereits im Voraus politisch festgelegten Standort angepasst wurden. Der Kreistag ist in Sorge, dass es im Rahmen der Beratungen in der Bund-Länder-Kommission nochmals zu unverantwortbaren Aufweichungen der Sicherheitsanforderungen kommt.“
Das hat sich nun eindeutig und genau bestätigt, Frau Bertholdes, auch wenn Sie hier offensichtlich dafür antreten, diese Dinge gesundzubeten und schönzureden. Wer die Lagerung in einem Behälter, also sozusagen in einer Blechdose, als langzeitsicher darstellt und sich damit hier sachkundig darstellen will, wird in der Tat nie atompolitische Sprecherin der CDU.
Lassen mich etwas zur Beteiligung des Landtages sagen. In allen Landtagen und im Bundestag, in allen Parlamenten, jedenfalls in einer parlamentarischen Demokratie - ich weiß nicht, wie viel Sie davon verstehen -,
drücken sich in erster Linie aktuelle und auch sich verändernde politische Mehrheiten - darauf hoffen auch Sie - aus. Wir alle - Sie vielleicht ausgenommen; ich gehöre jedenfalls nicht dazu - sind keine moralischen und fachlichen Oberinstanzen. Sehr wohl hat das Parlament eine außerordentliche Kontrollfunktion. Ich wünsche mir, dass in Zukunft alle gesellschaftlichen Kräfte - das kann man nicht mit aktuellen politischen Mehrheiten beschließen - an dieser Diskussion in gesellschaftlich größerem Konsens teilnehmen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Dazu gehört es nicht, zu spalten, sondern dazu gehört es, sachliche Ergebnisse zusammenzuführen und auszuwerten.
Warten Sie doch erst einmal die Vorlagen ab! Die kennen Sie genauso wenig wie ich, weil es sie noch nicht gibt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den vergangenen Jahren hat es im Kernkraftwerk Krümmel mehrere Vorfälle gegeben, die durch den Betreiber zwar den rechtlichen Vorgaben entsprechend, aber für die Politik und die Menschen in der Region nur unbefriedigend, d. h. verspätet, also erst nach einiger Zeit, vollständig kommuniziert worden sind. Einerseits zeugt eine solche Kommunikationspolitik von wenig entwickeltem Fingerspitzengefühl für die Ängste und Befürchtungen der Menschen in der Region, andererseits resultiert die mangelhafte Kommunikation des
Betreibers mit skandinavischen Wurzeln auch aus einem gelasseneren Umgang mit dem Thema „Kernenergie“ in anderen Ländern Europas.
Von jedem Konzern, der in Deutschland ein Kraftwerk betreibt, erwarten wir, dass er nicht nur die gesetzlichen Auflagen hinsichtlich der alltäglichen Sicherheit und der Meldepflichten erfüllt, sondern auch die Befindlichkeiten und die Befürchtungen der Menschen respektiert und etwaige Vorfälle proaktiv und nicht erst mit einigen Tagen Verzögerung an die Behörden auch jenseits der Landesgrenzen meldet.
Wenn diese Erwartungshaltung an die über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Informationspolitik wiederholt nicht erfüllt wird, ist es unserer Meinung nach nur konsequent, prüfen zu lassen, inwiefern die gegenwärtige Betreibergesellschaft tatsächlich einen verantwortungsbewussten und nachhaltigen Betrieb gewährleisten kann. Dies zu prüfen, fordern wir die schleswigholsteinische Landesregierung auf, nicht mehr und nicht weniger.
Neben dem Umstand, dass wir mit dieser Forderung unseres Änderungsantrages die Prüfung dem zuständigen Ministerium der schleswigholsteinischen Landesregierung überlassen, war es uns ein Anliegen, sprachliche Fehler, die aus Unwissenheit oder aber absichtlich in dem ursprünglichen Antrag der Grünen enthalten waren, zu korrigieren.
Nach der International Nuclear Event Scale, INES, die meldepflichtige Ereignisse kategorisiert, gab es, anders als in Ihrem Antrag behauptet, Herr Wenzel, in Krümmel zu keinem Zeitpunkt einen Störfall. Dieses ganz bewusste Spielen mit Unwahrheiten ist nicht nur fahrlässig, sondern auch unzulässig, weil es der Bedeutung des Themas nicht angemessen ist, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wollen Sie damit sagen, dass sich die Menschen vor Ort geirrt haben?)
Meine Damen und Herren, wir spielen nicht mit Worten. Wir wollen, dass der Betreiber von Krümmel überprüft wird und dass das Ergebnis mit allen seinen Konsequenzen umgesetzt wird. Ich hoffe, dass Sie sich unseres Änderungsantrages nicht verweigern, meine Damen und Herren.
Hinsichtlich Ihres Antrages zu den Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung darf ich Ihnen sagen, dass Ihr Versuch, den ehemaligen Bundesumweltminister Gabriel im Nachhinein ins rechte Licht zu rücken, scheitert. Gerade Herr Gabriels Ministerium hat sich noch im Juni 2009, kurz vor seiner Abwahl, in seinen Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle gegen eine Rückholung ausgesprochen. Ich zitiere von Seite 3: Eine Rückholung der radioaktiven Abfälle ist im Endlagerkonzept nicht vorgesehen. - Anders als offensichtlich Herr Gabriel haben wir aus den Erfahrungen mit der Asse gelernt, und deshalb sehen wir die Möglichkeit der Rückholbarkeit als eine Option für einen aufzustellenden Notfallplan.
Im Übrigen tragen die geplanten Festlegungen für die Endlagerung Wärme entwickelnder radioaktiver Abfälle bereits jetzt in ihrem Entwurfsstand des federführenden BMU dem größtmöglichen Sicherheitsniveau Rechnung. So muss z. B. bis zum Verschluss des Endlagers als Möglichkeit, Fehler wieder zu korrigieren, die Bergung von Abfällen möglich sein, ein Mehrbarrieresystem muss realisiert werden,
und schließlich muss ein Kontroll- und Beweissicherungsprogramm auch nach Stilllegung des Endlagers durchgeführt werden. Auf dieser Grundlage, meine Damen und Herren, werden wir dieses Thema im Ausschuss begleiten. Auf die Diskussionen mit Ihnen freue ich mich.
Es liegen mir Wünsche für Kurzinterventionen vor. Als Erstem erteile ich dazu dem Kollegen Wenzel das Wort.
etwas von dem Fall mitbekommen haben, bei dem wegen eines Brandes im Transformator u. a. der Reaktorfahrer seine Gasmaske aufsetzen musste. Nennt man das jetzt „Störfall“? Nennt man das „meldepflichtiges Ereignis“? Nennt man das „Unfall“ oder „Vorfall“, oder nennt man das „Brand“? - Auf jeden Fall musste die Feuerwehr kommen. Die Definition überlasse ich Ihnen.
Aber Sie mögen bitte zugestehen, dass die Menschen, die dort in der Umgebung wohnen und solche Dinge mitbekommen, aufs Höchste beunruhigt sind, wenn sie zudem noch feststellen müssen, dass ihr Landrat und ihr Bürgermeister nicht auf direktem Wege und sofort informiert werden, sondern dass erst ein Wachmann, der draußen vor dem Gelände steht, bei der Atomaufsicht anrufen muss, weil der zuständige Betreiber der Anlage das nicht für nötig hält.