Protocol of the Session on June 8, 2010

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist für die FDP-Fraktion der Kollege Oetjen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Zukunftsvertrag, den wir auf den Weg gebracht haben, und mit den Rahmenbedingungen für den Entschuldungsfonds, die wir heute festmachen, kommt eine gemeinsame Initiative der kommunalen Spitzenverbände und der Niedersächsischen Landesregierung zum Tragen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass das heute

eine gute Entscheidung und ein guter Tag für die Kommunen in Niedersachsen ist.

Herr Kollege Hausmann hat hier ausgeführt, dass der Zukunftsvertrag nicht die grundlegenden finanziellen Probleme der Kommunen löst. Damit hat er natürlich völlig recht. Das hat aber auch niemand behauptet, Herr Kollege Hausmann. Schon die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat dies in der Vorlage 2 ganz klar deutlich gemacht. Das ist natürlich auch Teil der gemeinsamen Position, die hier von den kommunalen Spitzenverbänden und von der Landesregierung vorgetragen wird, dass das eben nicht eine generelle Lösung für die kommunale Finanzsituation ist. Das ist eine Frage - das werden wir ja auch am Freitag noch einmal auf der Tagesordnung haben -, die derzeit ja auch auf Bundesebene diskutiert wird.

Das, was wir mit dem Zukunftsfonds auf den Weg bringen, ist eine gezielte Entschuldungshilfe für Kommunen, die in eine dramatische, schwierige finanzielle Lage gekommen sind. Eine Lösung für diese Situation bringen wir hier heute auf den Weg.

Der Kollege Hiebing hatte richtig dargestellt, dass 75 % der Kassenkredite insbesondere bei Fusionen oder Umwandlungen aufgefangen werden. Da ist es natürlich notwendig, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass auch von diesen Kommunen eigene Anstrengungen unternommen werden. Das ist hier deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Aber es muss doch klar sein: Eine Kommune, die sich auf den Weg macht, ihre Finanzprobleme in den Griff zu bekommen, die harte Einschnitte in ihrem kommunalen Haushalt vornimmt und sich dann auch noch auf den Weg macht, sich möglicherweise von einer Samtgemeinde in eine Einheitsgemeinde umzuwandeln oder mit der Nachbargemeinde zu fusionieren, hat auch die Solidarität des Landes und die Solidarität anderer Kommunen verdient. Solchen Kommunen, die sich auf diesen Weg machen, wollen wir helfen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Deswegen ist es richtig, dass wir hier eine hälftige Finanzierung aus der Landesebene und aus der kommunalen Ebene einführen.

Mal ganz ehrlich, Frau Kollegin Zimmermann: Wenn wir hier 35 Millionen Euro von der kommunalen Ebene aus einem riesigen Topf einbeziehen,

dann ist das, auf alle Kommunen heruntergebrochen, eine so minimale Auswirkung auf die einzelnen Kommunen, dass Sie da nicht wirklich davon sprechen können, dass sich dadurch eine finanzielle Verschlechterung ergibt.

Das, was wir aber auf der anderen Seite mit der Möglichkeit gewinnen, finanziell in Not geratenen Kommunen zu helfen, ist ein richtig guter und großer Schritt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Zukunftsvertrag und der damit verbundene Entschuldungsfonds sind ein Musterstück guter Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und dieser Landesregierung. Deswegen werden wir dem mit Freude zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es hat sich Herr Innenminister Schünemann zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Zukunftsvertrag und auch mit dem Entschuldungsfonds betreten wir Neuland. Keine Frage! Aber ich glaube, es ist ein besonderer Ausdruck von Gemeinsamkeit, dass dieser Zukunftsvertrag gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden auf den Weg gebracht und auch die Ausgestaltung des Entschuldungsfonds mit den kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam besprochen worden ist.

Ich kann ja verstehen, dass Sie damit Probleme haben, dass dies der richtige Weg ist. Er ist anspruchsvoll - überhaupt keine Frage -, aber ich glaube, er ist wirklich auch alternativlos.

Ich will nur einige Dinge aufgreifen, die hier von der Opposition angemerkt worden sind. Es ist keine Frage, die Kassenkredite sind in den letzten Jahren bis 2008 zwar Gott sei Dank etwas zurückgegangen, aber sie sind jetzt in der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder enorm angestiegen. Wir haben allerdings keinen Höchststand von 6,4 Milliarden Euro, aber doch von 4,75 Milliarden Euro.

Dass wir die Kassenkredite gemeinsam abbauen müssen, hat der Staatsgerichtshof in einem Urteil festgelegt. Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Kommunen und auch des Landes.

Wenn wir jetzt einen Entschuldungsfonds auflegen, bei dem jährlich 35 Millionen Euro vom Land und 35 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung gestellt werden und mit dem genau denjenigen geholfen wird, die in eine besondere Schieflage gekommen sind, dann setzen wir 1 : 1 das um, was der Staatsgerichtshof gesagt hat.

Das hat aber auch etwas mit Solidarität zu tun. Der kommunale Finanzausgleich ist dafür da, dass man denjenigen hilft, die auch tatsächlich in Not gekommen sind. Das Land, meine Damen und Herren, hat zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt frage ich Sie: Ja, können wir denn dem Innenminister trauen, dass das Geld tatsächlich so vernünftig verteilt wird, wie wir uns das vorstellen? - Ich kann ja verstehen, dass die Opposition da zumindest Fragen stellt, obwohl ich mit Blick auf die Vergangenheit gar nicht verstehe, warum Sie da Misstrauen haben. Wir haben von Anfang an dargelegt, dass wir jeden Antrag gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden beraten, wir haben auch ein klares Schema angelegt. Die Entscheidung muss die Landesregierung treffen, keine Frage. Aber ein so transparentes Verfahren ist sicherlich genau der richtige Weg.

„Ist dies ein Flop?“, wird gefragt. - Erst einmal: Was ist denn daran tatsächlich so schlecht, wenn man den Kommunen die Möglichkeit gibt, selber zu entscheiden? - Das ist doch der richtige Weg. Kommunale Selbstverwaltung!

(Zustimmung von Elisabeth Heister- Neumann [CDU])

Jedes Mal wird das hier dargelegt. Wir praktizieren kommunale Selbstverwaltung, und jetzt wird das kritisiert und gesagt: Land, setz dich an die Spitze der Bewegung, entscheide einfach, und die Kommunen sollen anschließend folgen. Irgendwann müssen Sie sich mal entscheiden, was Sie wollen: kommunale Selbstverwaltung oder Diktat.

(Zustimmung bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Ich finde es ja ganz interessant, dass in diesem Zusammenhang immer mein Landkreis genannt wird. Es ist wahr, dass hier durchaus Bewegung in Richtung Northeim ist, aber auch in Richtung Hameln. Herr Briese, da ist es ja ganz interessant, wie sich die Grünen vor Ort verhalten. In Holzmin

den sagen die Grünen: Es muss alles so bleiben wie bisher; demografische Entwicklung interessiert uns überhaupt nicht.

(Widerspruch von Ralf Briese [GRÜNE])

- Ja, es gibt dazu Anträge: Es muss alles so bleiben wie bisher.

In Hameln, in der Koalition mit CDU und FDP, sagen Sie: Es ist genau der richtige Weg, wir müssen mit Holzminden fusionieren.

Im Bereich Göttingen kommt etwas ganz anderes: Nein, wir müssen natürlich die ganz große Lösung haben, wir müssen die Region Südniedersachsen haben.

Also, die Vielfalt ist auch in den Parteien da - das ist überhaupt keine Frage -, und deshalb muss man sich dann, wenn man kommunale Selbstverwaltung ernst nimmt, mit diesen Argumenten auch insgesamt auseinandersetzen.

Jetzt, meine Damen und Herren, muss ich zum Abschluss noch einmal eines darlegen: Aus meiner Sicht ist es zum einen wichtig und notwendig, dass wir diesen Weg beschreiten, aber zum anderen haben Sie recht, dass noch nicht alle Probleme bei den Kommunen mit dem Zukunftsvertrag und dem Entschuldungsfonds beseitigt werden können. Da sind wir uns einig.

Aus dem kommunalen Finanzausgleich haben wir unter dem Strich zugegebenermaßen 75 Millionen Euro herausgenommen, wir haben aber über die Gewerbesteuerumlage insgesamt 300 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Das war bei der SPD nicht der Fall.

Aber es ist doch entscheidend, dass jetzt mit der Gemeindefinanzreform in Berlin eine gute Möglichkeit gegeben wird, den Gemeinden grundsätzlich eine Verstetigung der Einnahmen zu gewährleisten.

Wenn Sie sich das zu Walkenried/Bad Sachsa anschauen, was Sie, Herr Hausmann, hier kritisiert haben, dann sehen Sie, dass das von dieser Landesregierung auf den Weg gebracht worden ist: Freiwillig Strukturen verändern, aber moderiert von der Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden; Bürokratieabbau auf der Landesebene, aber auch durch die Gemeindefinanzreformkommission in Berlin, und Verstetigung der Einnahmen, zugesagt von Bundesfinanzminister Schäuble und auch von der Bundeskanzlerin. Meine Damen und Herren, das bedeutet, Verantwortung für die Kommunen zu übernehmen. Glau

ben Sie nicht, dass das hier in richtigen Händen ist? - In Hannover, genauso aber auch in Berlin ist es notwendig, den Kommunen Handlungsfähigkeit wiederzugeben; denn sonst wird es in unserem Land zugegebenermaßen schwierig.

Wenn Sie das noch einmal hochhalten, weil ich das vergessen habe. Es ist richtig, dass ich gesagt habe: In diesem Zusammenhang ist es ausreichend, diese Größe zu haben. - Ich habe in diesem Zusammenhang nämlich immer gesagt: Es reicht nicht nur ein Zusammenschluss, sondern der Zusammenschluss muss mittelfristig auch dazu führen, dass ausgeglichene Haushalte vorgelegt werden können. - In diesem Zusammenhang konnte man auch Zweifel haben. Wenn die jeweiligen Gemeinden nachweisen, dass sie es mit Strukturfördermitteln und anderem mehr, was wir da angelegt haben, schaffen, strukturell einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, dann begrüßen wir jede Fusion und jede interkommunale Zusammenarbeit. Jetzt aber nur zu sagen: „Wir gehen zusammen, und alles andere interessiert uns nicht“, können wir nicht mit dem Entschuldungsfonds hinterlegen; denn dann hätten wir anschließend genau die gleichen Probleme, wie wir sie vorher zu der Zeit hatten, als Sie noch Regierungsverantwortung getragen haben. Das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Unser Weg ist anspruchsvoll. Ich setze an dieser Stelle aber auf die kommunale Selbstverwaltung. Wir haben bereits mit 60 Kommunen Gespräche geführt. Wenn der Entschuldungsfonds jetzt vom Parlament verabschiedet wird, werden wir sicher auch zu diesen Zusammenschlüssen kommen und damit denen, die in Not geraten sind, helfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Kollege Adler nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit beantragt. Herr Adler, Sie haben 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich ärgere mich über diesen Begriff „Entschuldungsfonds“. In Wirklichkeit ist das, was Sie hier einführen, ja gar kein Entschul

dungsfonds, sondern ein Verschuldungsfonds. Das ist das, was wir in den Kommunen erleben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

In Oldenburg haben wir die Situation, dass wir bis heute keinen genehmigten Haushalt haben, weil wir u. a. auch aufgrund solcher Maßnahmen gar nicht in die Lage versetzt werden, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Anderen niedersächsischen Großstädten geht es genauso. In dieser Situation den Großstädten und auch anderen jetzt zusätzliche Lasten aufzubürden mit der Folge, dass sie sich noch höher verschulden - das ist die Wirklichkeit dieses sogenannten Entschuldungsfonds -, ist einfach eine Zumutung und wird der momentanen Situation überhaupt nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Das ist doch Humbug! Da kennt sich einer nicht aus!)