Protocol of the Session on February 18, 2010

Damit kommen wir jetzt zunächst zur Ausschussüberweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unter Tagesordnungspunkt 30.

Für die federführende Beratung ist der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit vorgesehen, mitberatend tätig werden soll der Aus

schuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Wir kommen jetzt zur Ausschussüberweisung des Antrags der Fraktion der SPD unter Tagesordnungspunkt 31.

Dieser Antrag soll vom Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit beraten werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch das ist einstimmig so beschlossen worden.

Jetzt kommen wir zu den Abstimmungen über die Anträge unter Tagesordnungspunkt 32.

Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/1399 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Es ist so beschlossen.

Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/1631 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Entsprechend ist beschlossen.

Ich danke Ihnen. Damit sind wir am Ende der Tagesordnung für den Vormittag angelangt. Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr fort.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.26 Uhr bis 15.00 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf die Sekunde genau um 15.00 Uhr fahren wir in der Tagesordnung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Mündliche Anfragen - Drs. 16/2160

Die für die Fragestunde geltenden Regeln unserer Geschäftsordnung setze ich als bekannt voraus.

Ich möchte Sie ganz herzlich darum bitten, Ihre Wortmeldungen schriftlich hier abzugeben, damit wir einen besseren Überblick haben.

Ich stelle fest: Es ist 15 Uhr und 32 Sekunden.

Ich rufe nun die Frage 1 auf:

Zu den Beschlüssen der Kabinettsklausur Haushalt 2011: Wohin treibt das „Streichkonzert“ der Regierung das Land Niedersachsen?

Die Frage wird von den Abgeordneten Frau Flauger und Herrn Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gestellt. Frau Flauger, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu den Beschlüssen der Kabinettsklausur Haushalt 2011: Wohin treibt das „Streichkonzert“ der Regierung das Land Niedersachsen?

Die Niedersächsische Landesregierung hat auf ihrer Klausur am 27. und 28. Januar 2010 versucht, die wachsenden Herausforderungen Niedersachsens zu bewältigen. Gleichzeitig wollte sie Auswege aus dem Weg in den Schuldenstaat finden. Herausgekommen sind auf der Kabinettsklausur jedoch Kürzungsvorschläge, mit denen sich die Landesregierung aus der kritischen Lage der Landesfinanzen herausziehen will.

So will die Regierung Wulff/Bode bis zum Jahr 2014 jährlich 2 % der Ausgaben in allen Ressorts - mit Ausnahme des Einzelplans 13 „Allgemeine Finanzverwaltung“ mit Zinsen und dem kommunalen Finanzausgleich - und auf diese Weise pro Jahr 345 Millionen Euro einsparen. Bei einer voraussichtlichen Inflationsrate von rund 2 % und einer angenommenen Tarifsteigerung für die Landesbeamtinnen und -beamten von etwa 1 % würden die jährlichen Kürzungen real aber rund 5 % betragen.

Betroffen von den Kürzungen werden, wie die Landesregierung auf der Landespressekonferenz am 28. Januar 2010 erkennen ließ, in besonderem Maß freiwillige Leistungen im sozialen sowie im soziokulturellen Bereich sein, die insgesamt in einem Umfang von rund 600 Millionen Euro im Haushalt 2010 verankert sind.

Im Rahmen der anzustrebenden Ausgabenkürzungen soll auch das Pensionsalter für Landesbeamtinnen und -beamte schrittweise auf 67 Jahre angehoben werden. Die Heraufsetzung des Pensionsalters ist faktisch eine Pensionskürzung, da das durchschnittliche Pensionseintrittsalter derzeit bei etwa 63 Jahren liegt, also schon jetzt unterhalb

des noch geltenden gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 Jahren. Dabei wurden die Landesbeamtinnen und -beamten erst vor Kurzem belastet: Ihnen wurde das Weihnachts- und Urlaubsgeld genommen.

Die Ankündigung auf der Kabinettsklausur, Lehrerstellen ab 2011 zu streichen, bedeutet einen Bruch des Koalitionsvertrages zwischen CDU und FDP. Im Koalitionsvertrag steht wortwörtlich, dass sämtliche Lehrerressourcen im Bildungssystem belassen werden. Die Landesregierung gibt nach Auffassung von Beobachtern damit zu, dass sie ihre bildungspolitischen Ziele nicht erreichen wird. Ihr Scheitern in der Schulpolitik sei offensichtlich.

In der Landesverwaltung sollen im Zeitraum 2011 bis 2015 1 500 Stellen abgebaut werden.

Im Vergleich zu den Sparmaßnahmen bei den Ausgaben hat sich die Landesregierung auf der Kabinettsklausur nicht zu Maßnahmen für eine nach Ansicht von Fachleuten dringend gebotene nachhaltige Stärkung der Einnahmebasis des Landeshaushaltes durch steuerpolitische Maßnahmen und eine konsequente Stärkung des Steuervollzugs verständigt.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie will sie die sich aus dem jährlichen Kürzungsvolumen von nominal rund 345 Millionen Euro sowie real rund 900 Millionen Euro ergebenden Auswirkungen auf die soziale, soziokulturelle, wirtschaftliche und infrastrukturelle Entwicklung in Niedersachsen bewältigen?

2. Wie rechtfertigt sie die mit der von ihr angestrebten schrittweisen Anhebung des Pensionseintrittsalters für Landesbeamtinnen und -beamte auf 67 Jahre einhergehenden faktischen Pensionskürzungen angesichts der erst vor Kurzem wirksam gewordenen Abschaffung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld?

3. Wie wichtig ist ihr die Einhaltung des Koalitionsvertrags?

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Flauger. - Für die Landesregierung antwortet der Finanzminister. Herr Möllring, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise

hat natürlich auch die Bundesrepublik Deutschland und damit auch das Land Niedersachsen nicht verschont. Auch wenn Niedersachsen die Folgen dieser dramatischen Entwicklungen besser als viele andere Länder und Regionen bewältigt, ergeben sich angesichts der Dimensionen der Krise erhebliche negative Auswirkungen, die sehr nachhaltig auf den Haushalt einwirken und die Möglichkeiten der weiteren Haushaltskonsolidierung einengen. Trotzdem kann man sagen, dass wir für 2009 und 2010 jeweils beschlossene Haushalte mit einer Nettokreditaufnahme von 2,3 Milliarden Euro haben. Das ist immer noch deutlich weniger als in den beiden Jahren 2002 und 2003.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Trickser!)

- Das hat nichts mit Trickserei zu tun, Herr Jüttner. Sie haben damals am 15. Dezember 2002 einen Nachtragshaushalt 2002 beschlossen, in dem Sie eine Nettokreditaufnahme von 2,95 Milliarden Euro vorgesehen hatten. In Wahrheit haben Sie 3,7 Milliarden Euro neue Schulden in dem Jahr gemacht; denn eine Woche später war ja Kassenschluss. Das nenne ich Trickserei, aber nicht das, was wir hier ganz offen sagen, dass wir in den Jahren 2009 und 2010 jeweils 2,3 Milliarden Euro neue Schulden machen. Die Summe, die ich eben genannt habe, liegt immer noch deutlich über dem, was wir im Moment zu verkraften haben.

(Beifall bei der CDU)

Oberstes Ziel der Landesregierung bleibt es weiterhin, Niedersachsen gestärkt aus dieser schwierigen Phase herauszuführen.

Niedersachsen profitiert von einer besonders zügigen und erfolgreichen Umsetzung der Konjunkturprogramme und setzt dabei auf eine stabilisierende, die Nachfrage stützende Haushaltspolitik. Ich habe schon gestern darauf hingewiesen, dass die Gemeinden ausgesprochen schnell sind, weil wir die Mittel pauschal zugewiesen und nicht auf Einzelanträge gesetzt haben, sodass die Gemeinden in eigener Kompetenz entscheiden konnten, was sie umsetzen wollten, und nicht erst umständlich Anträge stellen mussten wie in 13 anderen Ländern.

Die ermutigende wirtschaftliche Entwicklung insbesondere des vierten Quartals 2009 bestätigt das gemeinsamen Vorgehen von Bund, Ländern und Kommunen. Sie darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch erhebliche Risiken verbleiben und die konjunkturelle Erholung keineswegs gefestigt ist. Alle staatlichen Ebenen sind daher weiter

hin gefordert, den beschrittenen Weg fortzusetzen und alle Maßnahmen des Konjunkturpakets II vollständig umzusetzen.

Diesem Ziel ist auch das Zukunftsinvestitionsgesetz des Bundes verpflichtet. Danach würde eine Absenkung der Investitionstätigkeit gegenüber dem definierten Referenzzeitraum nach derzeitiger Rechtslage unweigerlich Rückforderungsansprüche des Bundes nach sich ziehen. Diesen Notwendigkeiten muss auch die dringend gebotene Haushaltskonsolidierung in 2011 Rechnung tragen.

Die Erreichung einer Netto-Null-Verschuldung bleibt selbstverständlich oberstes finanzpolitisches Ziel der Landesregierung. Folgerichtig hat sich das Kabinett bereits in der Haushaltsklausur vom 22. und 23. Juni 2009 darauf verständigt, das Jahr 2011 zu nutzen, um die erforderlichen Weichenstellungen für die zukünftig notwendigen Haushaltsentlastungen einzuleiten. Ich glaube - ich bin seit 1990 im Landtag -, es ist einmalig, dass sich eine Landesregierung bereits im Januar zu einer entsprechenden Zukunftsklausur zusammengesetzt hat, um die Haushaltsplanberatungen, die innerhalb der Landesregierung und danach im Landtag stattfinden müssen, vorzubereiten. Deshalb wird auch im Juni/Juli dieses Jahres eine entsprechende Haushaltsklausur stattfinden. Danach werden wir dem Landtag einen gedruckten Haushaltsplanentwurf zur Beratung nach der Sommerpause zusenden. Wir haben immer gesagt, dass die Kabinettsklausur im Januar eine Zukunftsklausur ist. Wir haben nie gesagt, dass schon im Januar alles für den Haushaltsplan 2011 fertig ist. Ich habe es in den letzten 20 Jahren jedenfalls nicht erlebt, dass jemals eine Landesregierung so früh begonnen hat, sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dies war u. a. notwendig, damit das Ziel gesichert wird, das ab 2020 geltende verfassungsrechtliche Verschuldensverbot bereits ab 2017 einhalten zu können.

Die Landesregierung hat durch die erheblichen haushaltspolitischen Erfolge ab 2003 den Beweis erbracht, dass sie eine entsprechende konsequente Haushaltskonsolidierung gewährleisten kann. Und wenn ich hier von der Landesregierung spreche, dann muss ich natürlich die sie tragenden Fraktionen von FDP und CDU einbeziehen.

Angesichts der geschilderten, außergewöhnlich schwierigen Rahmenbedingungen stellt die künftige Haushaltskonsolidierung eine besonders anspruchsvolle, in dieser Ausprägung noch nie zuvor da gewesene Aufgabe dar, der die Landesregierung in dem dafür vorgesehenen Verfahren mit Sorgfalt nachgehen wird.

Lassen Sie mich nun zu der vorgesehenen schrittweisen Anhebung des Pensionsalters einiges sagen. Im Zuge der Föderalisierung des Dienstrechts haben die Länder weitreichenden Gestaltungsspielraum auch für die Ausgestaltung der beamtenrechtlichen Altersgrenze erhalten. Die Landesregierung hat daher im Januar beschlossen, dass die Regelaltersgrenze im Rahmen einer stufenweisen Übergangsregelung - beginnend mit dem Jahr 2012 - bis 2029 schrittweise auf das 67. Lebensjahr heraufgesetzt werden soll. Das heißt zu Deutsch, dass die Regelaltersgrenze im Jahre 2029 bei 67 Jahren liegen soll. Die zuständigen Ressorts - d. h. das Innenministerium und das Finanzministerium - haben den Auftrag erhalten, einen entsprechenden Gesetzentwurf zu erarbeiten. Mit dem geplanten Gesetzentwurf soll neben der Neuregelung der beamtenrechtlichen Altersgrenze aber auch eine Flexibilisierung des Eintritts in den Ruhestand geschaffen werden.

Ziel ist es, unter den Bedingungen des demografischen Wandels die vorhandenen personellen Ressourcen besser auszuschöpfen und gerade auch das Potenzial und die Erfahrung lebensälterer Beamtinnen und Beamter effektiver zu nutzen. Neben dem stetigen Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung ist dabei auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die zukünftige Finanzierungsbasis der Beamtenversorgung auch durch die abnehmende Zahl der Steuerzahler sinkt.