Protocol of the Session on February 17, 2010

(Christian Dürr [FDP]: Was für Statis- tiken lesen Sie denn?)

Man muss natürlich auch einmal darüber nachdenken, wie dort der gesellschaftliche Reichtum umverteilt wird. Es ist doch kein Zufall, dass es dort mehr soziale Gerechtigkeit und eine höhere Besteuerung der Reichen gibt. Darüber sollten Sie einmal nachdenken!

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kollege Jüttner hat die Lage in seinem Beitrag völlig zutreffend beschrieben.

(Johanne Modder [SPD]: Genau!)

Er hat gesagt: Das, was wir jetzt an finanziellem Dilemma haben, vor allen Dingen für das Land und die Kommunen, ist mit den normalen Mitteln nicht mehr zu schaffen. - Damit hat er recht. Aber man muss auch einmal die Fragen stellen: Was ist jetzt umzusteuern? Brauchen wir nicht eine grundlegende Änderung der Finanzausstattung der öffentlichen Hände? - Dazu haben wir schon Stichworte genannt. Eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, die im Grunde genommen den Ländern zusteht, würde hier schon einiges bewirken können.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben dazu auch andere Alternativen benannt, die natürlich nur auf Bundesebene durchzusetzen sind: eine Börsenumsatzsteuer oder Tobin-Steuer. Man muss sich einmal Folgendes überlegen: Man könnte das ganze Treiben auf den Finanzmärkten ein bisschen eindämmen, indem man jedes Finanzgeschäft mit einer nur ganz kleinen Steuer belegen und damit diesen ganzen Effekt dämpfen würde. Aber diese ganz kleine Steuer hätte einen Rieseneffekt für die öffentlichen Haushalte; das ist vorgerechnet worden.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Herr Grascha, Ihre Ausführungen haben mich schon ein bisschen überrascht. Ich hatte das Gefühl - Karneval ist ja nun vorbei -, als ob sich hier jemand als Zauberer verkleiden wollte. Sie haben gesagt: Wir werden sparen und die Klassen in den Schulen kleiner machen. - Das wollen Sie gleichzeitig hinbekommen.

(Christian Grascha [FDP] und Profes- sor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Ja!)

Dann haben Sie auch noch gemeint, die Gewerbesteuer sei für die Finanzierung der Kommunen nicht ausreichend, und stattdessen sollte irgendetwas anderes kommen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Der er- findet noch das Perpetuum Mobile!)

Sie haben jedenfalls gesagt, die Kommunen müssten verlässlich und solide finanziert werden. Herr Grascha, dann hätten Sie aber auch sagen müssen, was Sie an die Stelle der Gewerbesteuer setzen wollen, die wir gegenwärtig haben. Sie hätten beispielsweise sagen können: Vielleicht kann man die Gewerbesteuer auf alle Selbstständigen ausdehnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das wäre ein interessanter Gedanke gewesen, vor allen Dingen wenn er von Ihnen gekommen wäre. Aber Sie machen immer nur allgemeine Ankündigungen.

(Beifall bei der LINKEN - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Momentan ist das Dilemma der Kommunen, dass sie nur zwei Stellschrauben haben, um auf der Einnahmeseite überhaupt noch etwas zu ändern. Die eine Stellschraube ist die Gewerbesteuer, bei der sie die Hebesätze anheben können, und die andere Stellschraube ist die Grundsteuer. Alles andere, wie die Hundesteuer oder dergleichen, können wir vernachlässigen. Das sind die einzigen Punkte, bei denen die Kommunen überhaupt noch etwas drehen können. Aber auch das ist nur sehr begrenzt möglich; das ist uns klar.

(Unruhe)

Herr Kollege, ich möchte Sie jetzt bitten, keine weiteren Ausführungen zu machen, bis etwas mehr Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. Die Gespräche müssen nicht sein. Wer ein dringendes Informationsbedürfnis hat oder sich mit anderen Kollegen austauschen möchte, der kann das auch außerhalb des Plenarsaals machen. Auf jeden Fall ist es nicht akzeptabel, dass dadurch der Ablauf der Sitzung gestört wird.

Bitte schön!

Danke schön. - Wenn Sie schon derartige Ankündigungen machen, Herr Grascha, dann müssen Sie Ross und Reiter nennen. Dann müssen Sie auch sagen, wie es in Zukunft besser werden soll; denn in einem sind wir uns einig: Die kommunale Finanzausstattung ist momentan katastrophal. Es ist kein Zufall, wenn sich schon CDU-Bürgermeister an unsere Fraktionsvorsitzende wenden und sich über diesen Zustand beschweren.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt Herrn Minister Möllring das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über den Titel dieser Aktuellen Stunde habe ich mich schon etwas gewundert. Wenn man den Titel einmal genau liest, Herr Jüttner, dann heißt die Legende ja, dass wir ratlos, dass wir machtlos und dass wir skrupellos sind. Sie haben diese Legende jetzt beendet, wenn man es genau liest. Beim nächsten Mal sollten Sie vielleicht ein bisschen besser hingucken.

Ich bin aber auch deshalb überrascht, weil wir seit sieben Jahren hier gemeinsam über Haushaltspolitik diskutieren und weil wir Ihnen bewiesen haben, wie man es macht, durch Einnahmesteigerungen und Ausgabereduzierungen einen Haushalt zu konsolidieren. Ihre Fraktion, die gesamte Opposition, hat ja immer gegen jeden einzelnen Punkt angekämpft.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das machen sie noch immer!)

Das verstehe ich gar nicht. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie einmal sagen: Diese oder jene Kritik an Streichungen und Ausgabenreduzierungen nehmen wir hiermit zurück und fordern die Regierung auf, mehr zu machen. - Es ist aber nichts passiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heinz Rolfes [CDU]: Jeden Tag neue Ausgaben! - Kreszentia Flauger [LIN- KE]: Sie können ja einfach einmal un- sere guten Ideen aufgreifen!)

Machtlos in Berlin. - Darüber habe ich mich wirklich gewundert. Man kann natürlich darüber diskutieren: Wie viele Personen haben wir in der Bundesregierung? - Drei Minister, fünf Staatssekretäre, das kann man diskutieren. Aber machtlos in Berlin?

Im letzten Jahr ist in der Bundesrepublik Deutschland etwas geschehen, was man sich vorher nicht hat vorstellen können: Dieser Ministerpräsident hat es hinbekommen, dass das VW-Gesetz Bestand hat und dass VW in Niedersachsen gestärkt und stabilisiert worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dagegen ist gekämpft worden. Von der EU ist dagegen gekämpft worden. Auch andere Länder, die nicht Standort von VW sind, haben dagegen gekämpft. Statt sich hier hinzustellen und zu sagen: „Das war eine Meisterleistung unseres Minis

terpräsidenten“, versuchen Sie, hier leichte Kritik zu bringen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Mir kommen gleich die Tränen, Herr Kollege!)

Das ist nun einmal unbestritten. Da müssten Ihnen als machtloser und farbloser Opposition in der Tat die Tränen kommen. Es ist doch grausig, was sich hier in der Opposition abspielt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu den Kommunen: Es ist kaum jemals einer Landesregierung gelungen, von allen Bürgermeistern und allen Landräten gelobt zu werden. Bei der Umsetzung des Konjunkturprogramms II haben wir gesagt: Die Hälfte des Konjunkturprogramms, 600 Millionen Euro, geht pauschal an die Kommunen. Am 20. Februar letzten Jahres, als wir das Gesetz in diesem Landtag parallel zum Bundesrat beschlossen haben - das war ein Freitag -, konnte bereits am Nachmittag jeder Bürgermeister und jeder Landrat ins Internet gehen und auf den Euro genau feststellen, wie viel er für seine Kommune bekommt, und sich dann am Montagmorgen mit seinen Gremien zusammensetzen. Das haben nur noch zwei andere Länder geschafft, nämlich Nordrhein-Westfalen und Brandenburg. Anstatt dass Sie einmal Dankeschön sagen, versuchen Sie, hier Kritik zu üben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die Konnexität in die Verfassung gebracht. Dazu hatten Sie nie die Kraft und nie den Mut.

(Heiner Bartling [SPD]: Das haben Sie alleine gemacht, nicht wahr?)

Wir haben den Zukunftsvertrag auf den Weg gebracht, dass verschuldete Kommunen demnächst entschuldet werden können. Ich bin schon darauf gespannt, wie sie mitmachen. Wenn wir das Verschuldungsverbot in die Niedersächsische Verfassung schreiben - Sie beklagen sich ja immer darüber, dass das Land zu hoch verschuldet ist, was unstreitig ist -, dann kommt es zum Schwur, ob Sie zustimmen oder nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, wenn Sie hier schon so eine Überschrift machen, dann hätte ich mir zumindest gewünscht, dass Sie wenigstens einen einzigen Ansatzpunkt bringen, was die SPD, wenn sie es denn könnte, anders gemacht hätte.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Jüttner, ich habe gestern gelesen, dass Sie Sorgen haben, wenn Sie über Personal diskutieren, dass Sie als „lame duck“ bezeichnet werden. Da habe ich mich gefragt: Hat der Mensch keinen Freund? Hat er keinen Freund, der ihn einmal zur Seite nimmt und sagt: „Wolle, darüber redet doch schon das ganze Land. Darüber schreiben alle. Darüber brauche ich doch keine Personaldiskussion anzufangen.“?

(Lachen und starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 15 a liegen mir nicht vor.

Wir kommen jetzt, wie abgesprochen, zur gemeinsamen Beratung der Punkte 15 b und d.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Davon weiß ich nichts! - Weitere Zurufe - Un- ruhe)