Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dank einer fachlich hochkarätigen Anhörung waren sich die Fraktionen in der Ausschussberatung bei dem für Niedersachsens Wirtschaft wichtigen Thema Elektromobilität als Teilsegment des Themenkomplexes der automobilen Zukunft im vergangenen Jahr sehr nahegekommen, Herr Kollege Miesner. Nach Beiträgen von verschiedenen Seiten lag ein vom gesamten Ausschuss akzeptierter Änderungsantrag unterschriftsreif auf dem Tisch.
Dieser wird heute leider nur noch von den Grünen, der SPD und den Linken eingebracht. CDU und FDP haben wegen des Interesses der Fraktion der Linken, den Antrag mit einzubringen, ohne weitere inhaltliche Begründung ihre Zusage abrupt zurückgezogen und stellen nun doch eine eigene Entschließung hier zur Abstimmung.
- Das ist nicht nur peinlich und nicht nur ein Akt demokratischer Unreife, gepaart mit sehr durchsichtigem machttaktischem Kalkül auf Order von Herrn McAllister und wohl auch von Ministerpräsident Wulff. Das führt auch ganz konkret zu einer schlechteren Politik für unser Land. Ich werde Ihnen gleich anhand der von Ihnen für nötig erachteten Unterschiede, die Sie von FDP und CDU im
Nachhinein zur Abgrenzung in Ihre Entschließung eingebaut haben, deutlich machen, dass für die Menschen im Land und insbesondere für die niedersächsische Automobilindustrie und ihre Beschäftigten die Verabschiedung des mit gemeinsamer Kompetenz erarbeiteten Beschlusstextes der deutlich bessere Weg ist. Das betrifft zwei entscheidende Punkte.
Erstens. Zwar schreiben auch CDU und FDP in ihrer Entschließung von Elektromobilität mit emissionsfreiem Strom, betonen aber im nächsten Satz zugleich ihr Bekenntnis zur Kernenergie.
Damit propagieren sie das Gegenteil von zukunftsgerechtem Technologieaufbau für unser Land. Erst die gemeinsame Weiterentwicklung und intelligent gesteuerte Verknüpfung von Elektromobilität mit regenerativer Energieerzeugung ist eine zukunftsfähige Schlüsseltechnologie, wie uns die Fachleute in der Anhörung überzeugend erklärt haben.
Das würde durch eine Verlängerung der Laufzeit der Kernkraftwerke in Deutschland mit all den damit verbundenen Risiken für uns und deren Konsequenzen für den Strommarkt aber völlig konterkariert. In der ganzen Debatte um Elektromobilität muss immer wieder betont werden, dass sie nur dann wirklich sinnvoll ist, wenn sie nicht nur am Auto emissionsfrei und sicher ist, sondern auch am Ort der Energieerstellung.
Der zweite entscheidende Unterschied sind die von Ihnen erneut in die Entschließung eingebaute Selbstzufriedenheit und die Generalabsolution für die Landesregierung, die aus Ihrer Sicht schon alles richtig macht und auf diesem Weg einfach weitergehen sollte.
Wo es im gemeinsamen Änderungsantrag um eine Intensivierung der Bemühungen im Bereich der regenerativen Energien und um ihren verstärkten Einsatz geht, damit die Kosten der Verkehrsteilnehmer wirklich vom Schadstoffausstoß ihrer Fahrzeuge abhängig werden, schreiben Sie jetzt nur: Alles soll weiterlaufen wie bisher. - Das wäre
aber schlimm für Niedersachsen. VW hinkt heute nach einer Studie von Professor Dudenhöffer von der Universität Duisburg weit hinter der weltweiten Entwicklung bei der Elektromobilität hinterher. Er als anerkannter Fachmann sieht darin - auch letzte Woche in der HAZ - ein großes Risiko für unseren Konzern in Wolfsburg, so den Anschluss bei alternativen Antrieben ganz zu verlieren. Die deutschen Mitbewerber aus dem Süden seien da deutlich weiter, ganz zu schweigen von den Japanern. Toyota will kommendes Jahr bereits über 1 Million Hybridfahrzeuge produzieren. Das VW-Modell mit dem Namen „Up!“ kommt überhaupt dann erst auf den Markt.
Hier bei uns in Niedersachsen müssen deshalb - ganz im Sinne unseres Beschlusstextes - die Prioritäten bei den politischen Schwerpunkten deutlich mehr auf Zukunftstechnologie fokussiert werden. Andernfalls werden wir in diesem Bereich zusammen mit VW noch mehr abgehängt.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Elektromobilität in Niedersachsen weiter fördern“ - nicht nur in den Überschriften sind die von CDU und FDP vorgeschlagene Entschließung und unser Änderungsantrag fast komplett identisch, sondern auch in den Formulierungen und in ihren Inhalten. Diese Inhalte haben wir im Wirtschaftsausschuss schwer erarbeitet. Da muss ich einmal deutlich sagen, dass alle Kolleginnen und Kollegen im Wirtschaftsausschuss, die auch bei der Anhörung dabei waren und die an der Formulierung der Änderungsvorschläge mitgearbeitet haben, eine gute und plausible Arbeit geleistet haben. Herzlichen Glückwunsch allen, die mitgemacht haben!
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN sowie Zu- stimmung von Gabriela König [FDP])
Aber wir haben bei diesem gerade für unser Autoland Niedersachsen wichtigen wirtschaftspolitischen Thema in unseren Ausschusssitzungen nicht nur gute Arbeit geleistet und intensiv an ihm
gearbeitet, sondern wir haben auch zwei sehr differenzierte Anträge auf dem Tisch gehabt. Diese zwei Anträge waren schon sehr widersprüchlich. Aber wir haben diese Widersprüche gemeinsam so bearbeitet, dass wir zu einer Entschließung aus einem Guss gekommen sind, mit der alle beteiligten Fraktionen gut leben konnten.
Was ist dann passiert? - Als wir in der abschließenden Ausschussberatung saßen und die Linken diese Entschließung mit einbringen wollten und wir die Chance gehabt hätten, heute einen einstimmigen Beschluss zu fassen, kollidierte die CDUFraktion mit ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss zu den Linken. Sehr verehrte Damen und Herren von der CDU, Sie machen sich damit wieder einmal zu politischen Geisterfahrern. Nichts anderes ist das!
- Ich höre dort hinten „Ha, ha, ha“. Aber wenn Herr McAllister hier wäre, dann müsste er zur Kenntnis nehmen, dass er als Fraktionsvorsitzender und auch als Landesvorsitzender der CDU nicht etwa auf der Spur ist, auf der ihm einer entgegenkommt, sondern er derjenige ist, der gegen den Verkehr fährt.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Heinz Rol- fes [CDU]: Schönen Gruß an Karl- Heinz Funke! - Zahlreiche weitere Zu- rufe - Unruhe)
Herr Kollege, jetzt machen wir erst einmal eine kurze Pause und fahren den Geräuschpegel wieder herunter. - Bitte schön!
Die SPD-Fraktion appelliert an Sie, Sachpolitik für Niedersachsen zu betreiben. Die Absurdität Ihres Verhaltens wird in diesem Sachantrag überdeutlich.
Ich will es mir ersparen, die inhaltlichen Punkte zu vergleichen. Bis auf Punkt und Komma hatten wir uns im Grunde geeinigt. Wir haben heute immer noch die Chance - überlegen Sie sich das bitte -, unsere gemeinsam erarbeitete Entschließung anzunehmen. Stimmen Sie dem Änderungsantrag der Oppositionsfraktionen zu! Es ist genau der Text, den wir gemeinsam mit Ihnen erarbeitet haben.
(Wilhelm Hogrefe [CDU]: Die waren gut! - Gegenrufe von den GRÜNEN: Nur letztere! - Glocke des Präsiden- ten)
Niedersachsen muss sich an die Spitze des Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität setzen. Ja, das unterstützen wir. Bis 2020 sollen 1 Million Elektrofahrzeuge auf die deutschen Straßen gebracht werden. Das ist ein ehrgeiziges Ziel, das die Große Koalition in Berlin auf den Weg gebracht hat. Aber es ist immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Sehr verehrte Damen und Herren, ich will hier nur einmal die Mathematik verdeutlichen. Die Zahlen machen die Dimensionen des Automobilmarktes deutlich: In Deutschland werden jährlich 3,2 bis 4 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen. Wir haben heute in der Republik einen Bestand von rund 40 Millionen Fahrzeugen, der sich in dem jetzt betrachteten Zeitraum von 2010 bis 2020 rechnerisch noch einmal komplett erneuern wird. Dabei werden fast komplett wieder Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen. Wenn wir unser ehrgeiziges Ziel erreichen, dann wird ein Vierzigstel - d. h. 2,5 % - des heutigen Fahrzeugbestandes auf Elektroantrieb umgestellt. Wir fahren dann also auf deutschen Straßen noch lange nicht emissionsfrei.
Herr Miesner, zu dem Stichwort „emissionsfrei“ möchte ich hier noch ein paar Bemerkungen machen. Sie sagten, mit Elektrofahrzeugen fahre man emissionsfrei. Herr Hagenah hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass man auf die Entstehung der Elektrizität achten muss. Die Elektrizität entsteht heute nicht nur aus Windenergie. Wir sparen bei den Emissionen nur ein - das hat der Kollege Hagenah hier noch einmal ganz deutlich und rich
Sehr verehrte Damen und Herren, ein hochmodernes konventionelles Kraftwerk gilt als super, wenn es einen Wirkungsgrad von 60 % der eingesetzten Energie erreicht. 40 % verpuffen als Wärme. Selbst Biogasanlagen haben keinen höheren Wirkungsgrad. Aber ein heutiger Verbrennungsmotor - ich will nicht dem Verbrennungsmotor das Wort reden, aber ich möchte hier dieses technische Detail ansprechen - hat bei direkter Umsetzung von Kraftstoffenergie in seine Wirkenergie auf die Straße einen Wirkungsgrad von 90 % und mehr.
Das heißt, wir haben hohe Aufgaben. Wir müssen Forschung und Entwicklung massiv vorantreiben und unsere Kräfte bündeln und nicht künstlich politisch spalten wollen, wie Sie es bei diesem Antrag getan haben. In die Anträge sind hohe technische Forderungen einformuliert. Bei der Infrastruktur für die Fahrzeuge und für die Versorgung mit Elektromobilität sind wir im Grunde genommen noch bei null. Das heißt, wir müssen unsere Versorgungsstrukturen für das Ersetzen der Energie in den Fahrzeugen komplett neu einrichten. Diese Infrastrukturaufgabe wird für uns als Politik die größte Herausforderung sein. Den Rest werden die Automobilbauer in den zehn Jahren schon machen. Davon bin ich fest überzeugt.
Nur so, sehr verehrte Damen und Herren, können wir für den Automobilstandort Niedersachsen, der vom Weltmarkt und den großen Volumenmärkten abhängig ist, die nicht mehr in Europa sind, Zukunftsoptionen erarbeiten, uns einen Technologievorsprung sichern, Zukunftsmärkte erschließen und die Umwelt schützen. Deshalb: Nicht spalten, sondern Kräfte bündeln, gemeinsam handeln, E-Mobilität fördern!
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es bereits gehört: Eine der zentralen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wird es sein, die Umsetzung nachhaltiger Mobilitätskonzepte zu entwickeln. Wir alle sind zu einem