Protocol of the Session on December 16, 2009

„Es hat noch nie so schlechte Prognosen bei einer so guten Ausgangslage gegeben. Man kann auch sagen: Die Lage ist gut, die Stimmung ist schlecht. In diesem komplexen Spannungsfeld bewegen wir uns derzeit.“

Es war der Finanzminister dieses Landes, der das sagte. Herr Möllring, damals galt noch das Prinzip Hoffnung, im Zweifel gute Stimmung zu verbreiten und den Haushalt über die Runden zu retten, obwohl Sie längst wussten, dass Ihre Wahlversprechen auf keinen Fall eingehalten werden können.

Was haben Sie in der Zwischenzeit getan, um der niedersächsischen Wirtschaft wirksam zu helfen und sie zu unterstützen, weiter zu planen und sich rechtzeitig auf den Aufschwung vorzubereiten? - Wenig! Wir haben allerdings die Umsetzung des Konjunkturpakets II, das kommunale Konjunktur

paket für Niedersachsen, hier unterstützt, damit es schnell wirksam wird und die Konjunktur mit stützt. Die Investitionen - in erster Linie die des Bundes - in den Kommunen, für die energetische Gebäudesanierung, im Bildungsbereich, in die Sportstätten, die Hochschulen und die Kitas, um dort endlich die Schlusslaterne abgeben zu können, waren notwendig, aber sie allein sind nicht ausreichend. Ohne das auf Soforthilfe angelegte Konjunkturprogramm wäre die Investitionsquote weiterhin historisch niedrig. Wegen der zurückhaltenden Investitionsbereitschaft der Privaten ist und bleibt sie aber auch in den nächsten Jahren unverantwortlich niedrig.

Meine Damen und Herren, noch katastrophaler ist die Investitionstätigkeit des Landes selbst. Das Land Niedersachsen ist auch Nachfrager. Es stimuliert die Wirtschaft mit eigenen Aufträgen. Wer aber plant, die Investitionsquote bis 2013 auf sage und schreibe 5,7 % abzusenken und damit einen neuen deutschen Negativrekord aufzustellen, wird seiner Verpflichtung nicht gerecht. Gleichzeitig halten Sie die Kürzung der Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich aufrecht. Sie haben den Kommunen seit 2005 666 Millionen Euro an Mitteln für Investitionen entzogen. Das sind 666 Millionen Euro, Herr Bley, die in den Auftragsbüchern des Handwerks und der Bauunternehmen vor Ort fehlen.

(Zustimmung bei der SPD)

Bereits im Mai haben wir mit unserem Antrag „Mit Europa-Millionen gegen die Krise“ auf ein mögliches Beschleunigungsprogramm für Strukturhilfen bis 2013 gesetzt.

(Zuruf von der SPD: Ein sehr guter Antrag!)

Wir haben eine zügige Abwicklung der Mittel aus der Förderperiode bis 2007 gefordert. Wir wollen ein Beschleunigungsprogramm für den Einsatz der Mittel aus der Förderperiode 2007 bis 2013 nach dem Grundsatz „Mit Europa-Millionen gegen die Krise“. Selbst die Europäische Kommission hat von den EU-Ländern ein 200-Milliarden-Euro-Programm gegen die Krise gefordert.

Meine Damen und Herren, das wichtigste Thema Innovationsförderung findet bei Ihnen im Wesentlichen nur in bundesweiten Zeitungsanzeigen statt. Schon bei den Beratungen zu einem zweiten Konjunkturpaket hat die Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen das Innovationsförderprogramm Handwerk scharf kritisiert. Sie schrieb:

„Die Mittelbereitstellung ist seit 2003 sehr unsicher und unzureichend.“

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Das ist überhaupt nicht wahr!)

Meine Damen und Herren, Herr Hoppenbrock, zum Arbeitsmarkt: Beim gesetzlichen Mindestlohn sagen Sie Nein. Schlecht bezahlte Beschäftigungsverhältnisse tolerieren Sie nach dem Motto „Arbeit um jeden Preis“.

(Björn Thümler [CDU]: So ein Quatsch!)

Eine Weiterentwicklung der Altersteilzeit verweigern Sie trotz der Zusage des Ministerpräsidenten vor der Wahl.

Eine Studie der Universität Göttingen belegt, dass sich schon jeder fünfte Niedersachse in prekären Beschäftigungsverhältnissen befindet und deutlich unter 10 Euro pro Stunde verdient. Von Mindestlöhnen in Höhe von 7,50 Euro würden bundesweit 5 Millionen Beschäftigte profitieren. Dies würde zu Einsparungen im Bereich Hartz IV von 3 Milliarden Euro und zu 7,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen bei den Sozialversicherungen führen. Das wäre der richtige Weg.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Sie haben aber kein Konzept für gute Arbeit bei gutem Lohn. Die Zukunft der Arbeit ist bei Ihnen in denkbar schlechten Händen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das stimmt!)

Sie haben auch immer noch kein Konzept zur Beseitigung des drohenden Facharbeitermangels entwickelt. Wie wollen Sie eigentlich im Ausbildungsmarkt agieren, wenn die Berufsanfängerzahlen weiter sinken? Auch hier nur kurzfristiges Agieren von Jahr zu Jahr.

Meine Damen und Herren, die Ergebniszahlen im Tourismus für Niedersachsen haben sich in einigen Bereichen zwar wieder gebessert, sie stehen zum Teil aber im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise. Das Reiseverhalten hat sich geändert, und die Menschen machen wieder verstärkt Urlaub im Inland. Diese Entwicklung muss jedoch nicht nachhaltig Bestand haben. Jetzt müssen Zukunftskonzepte erstellt werden und verstärkte Investitionen in den Tourismusschwerpunkten Niedersachsens erfolgen, gerade auch in größere Hotelprojekte. Erst nach Überwindung der Wirtschaftskrise wird die Attraktivität niedersächsischer

Urlaubsstandorte wirklich erkennbar sein. Deshalb gilt es jetzt zu handeln.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, zu den Zukunftsaussichten: Die Krise ist noch nicht überwunden; darüber sind wir uns alle einig.

Erstens. Die Bewährungsprobe für den Arbeitsmarkt in Niedersachsen steht uns noch bevor.

Zweitens. Die Finanzierung des Aufschwungs muss mit den Banken und mit den Instrumenten des Landes sichergestellt werden. Das DreiSäulen-Modell im deutschen Kreditgewerbe hat sich gerade in der Krise bewährt und muss beibehalten werden.

Drittens. Innovation muss auch in der Krise verstärkt vorangetrieben werden. Die Mittel zur Innovationsförderung müssen erhöht werden. Verbünde, Cluster und Kompetenzzentren müssen vom Land initiiert und gefördert werden. Dies ist von überragender Bedeutung und gleichzeitig nicht kostenintensiv, sondern mit relativ geringen Mitteln zu erreichen.

Viertens. Gemeinsame Initiativen der norddeutschen Küstenländer für die Häfen, die Reeder und das Hinterland sind wichtiger denn je. Die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt unterscheiden nicht nach Bundesländern. Der Norden muss seine Interessen gemeinsam vertreten und abgestimmt handeln.

Fünftens. Kämpfen Sie endlich gegen Lohndumping und prekäre Beschäftigungsverhältnisse!

(Beifall bei der SPD)

Setzen Sie sich für einen gesetzlichen Mindestlohn ein! Es lohnt sich.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion hat sich nun Frau König zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Will, zunächst muss ich mit einer Sache erst einmal aufräumen: Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen beziehen, aber unser niedersächsisches Handwerksinnovationsprogramm ist das

einzige in ganz Deutschland. Das zeigt, wo wir stehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Im letzten Jahr schon hatten Sie, Herr Will, hier zum Haushalt 2009 Stellung bezogen, indem Sie unterstellten:

„Der Wirtschaftsetat trägt der Dimension und den spürbaren Auswirkungen der Finanzmarktkrise keineswegs Rechnung. Auch die marginalen Veränderungen durch die Regierungsfraktionen erwecken mehr Anschein, als Wirkung zu erzielen. Das rächt sich mit der Zeit und führt für Niedersachsen nicht zu mehr Wachstum und Beschäftigung, sondern zu weiterem Schaden für das Landesvermögen. Sie setzen einseitig auf Konsolidierung, anstatt einen angemessenen Beitrag zur Stabilisierung der niedersächsischen Wirtschaft zu leisten.“

Meine Damen und Herren, was daraus geworden ist, kann man heute sehen: Niedersachsen hat sich gut entwickelt, die Arbeitsmarktzahlen sind im Vergleich zu anderen Ländern gut, teilweise sind sie sogar besser als in anderen Ländern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Letztes Jahr hatten wir die niedrigste Arbeitslosenquote seit 16 Jahren, und in diesem Jahr stehen wir immer noch besser da mit -1,6 % in Niedersachsen gegenüber z. B. -2,1 % im Bund in den ersten acht Monaten. Auch die Auswirkungen der Wirtschaftskrise sind schwächer ausgefallen als erwartet. Das Niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung prognostiziert für Niedersachsen eine Wachstumsrate von 1,8 % gegenüber dem Bundestrend von 1,6 %. Das wird den Investoren gerecht. Es lohnt sich wieder, in Niedersachsen zu investieren. Das merken wir sehr deutlich.

(Beifall bei der FDP)

Unsere Umsetzung der Konjunkturpakete war so erfolgreich, dass sich andere Länder ein Beispiel daran nahmen. Wir haben hier schnell, unbürokratisch und zielgerichtet gearbeitet. Besonders bewährt hat sich, dass wir den Kommunen vertraut haben und ihnen 600 Millionen Euro aus einer pauschalen Zuweisung von Bund und Land inklusive einer eigenen Kofinanzierung haben zukommen lassen, weil man vor Ort am besten weiß, wo das Geld eingesetzt werden kann.

Dieser Vorgehensweise bleiben wir treu. Wir setzen auf Glaubwürdigkeit, auf Vertrauen in die Wirtschaft und insbesondere in den Mittelstand, hier vor allem in die KMUs.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch die Verlässlichkeit unseres Handelns noch einmal besonders herausstellen. Obwohl der Bund in der Vergangenheit nicht in der Lage war, die zugesicherten Förderungen für das niedersächsische Luftfahrtförderprogramm und die Vereinbarung über die noch offenen Planungskosten für die Y-Trasse einzuhalten, haben wir uns auch in diesem Haushalt nicht davon abbringen lassen, diese wichtigen Programme weiterhin mit Verpflichtungsermächtigungen zu untermauern.

Wir haben in diesem Jahr Verpflichtungsermächtigungen für die LuFo in Höhe von 25,85 Millionen Euro und für die Y-Trasse in Höhe von 9 Millionen Euro eingestellt. Das ist Verlässlichkeit, ganz im Gegensatz zu Ihrem früheren Verkehrsminister Tiefensee, der es geschafft hatte, noch kurz vor seinem Abschied aus dem Amt dieses Projekt zu verhindern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genauso verlässlich ist die Investition für Zuschüsse in die NPorts GmbH & Co. KG, die um 6,87 Millionen Euro auf 108,218 Millionen Euro aufgestockt wurden. Wir stehen zur Weiterentwicklung unserer Häfen auch in Krisenzeiten.

(Zustimmung bei der FDP)

In diesem Zusammenhang möchte ich den JadeWeserPort nicht unerwähnt lassen. Er ist das derzeit größte und bedeutendste Infrastrukturprojekt Niedersachsens, gemeinsam mit dem Land Bremen. Die Wirtschaftlichkeit dieses Containertiefwasserhafens kann angesichts der zuversichtlichen Prognosen über die Seeverkehre nicht infrage gestellt werden. Aktuelle Prognosen gehen bereits 2010 von einem Wachstum von 3 % aus. Ab 2011 kann wieder mit durchschnittlich 4,5 % Wachstum gerechnet werden. Mit dem Haushalt 2010 stellen wir 77 Millionen Euro für den Bau bereit, und wir werden die Fertigstellung des Hafens bis 2012 sicherstellen.