Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von Beginn der Diskussion über die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses an habe ich mir als Bewohner des Landkreises Wolfenbüttel und als Mitglied der Asse-II-Begleitgruppe die Frage gestellt, worum es den Beteiligten beim Untersuchungsausschuss eigentlich geht: Geht es um politischen Klamauk, um das Zufeldeziehen einiger gegen die Atomwirtschaft
oder darum, Verantwortlichkeiten zu klären, um den Sachverhalt aufzuklären, der zu den Folgen in der Asse geführt hat, und darum, daraus auch die richtigen Schlussfolgerungen - durchaus auch für die Suche nach neuen Endlagern - zu ziehen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Laufe der Zeit habe ich feststellen müssen, dass es gerade der Opposition scheinbar eher um den politischen Klamauk geht. Das konnte man in der Tat am vorvergangenen Donnerstag sehr gut feststellen. Die Abläufe an jenem Tag haben deutlich gezeigt, dass es insbesondere Herrn Tanke nur um politischen Klamauk geht.
Da wurde der Versuch gestartet, sich selbst politisch zu erhöhen, indem man andere erniedrigt. Das ist ein schlechter, im politischen Geschäft aber mitunter üblicher Brauch. Es ist auch kein Problem, wenn sich Politiker gegenseitig so behandeln. Wenn sie meinen, sie müssten das so machen, dann sollen sie das so tun. Was aber nicht geht, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass man Landesbedienstete mit hineinzieht, indem man auch ihnen vorwirft - strafrechtlich relevant im Übrigen -, Akten manipuliert zu haben. Das ist die unterste Schublade.
Herr Tanke, leider haben Sie die Chance verpasst, sich heute bei den Bediensteten des niedersächsischen Umweltministeriums dafür zu entschuldigen.
Am Abend des 3. Dezember war dann die Luft aus den aufgeblähten Tanke-Vorwürfen raus. Im Raum standen dann nur noch zwei Fragen, nämlich zum einen die Frage, ob die Vermerke zu nicht zum Untersuchungsauftrag gehörenden entnommenen Aktenbestandteilen ausreichend sind oder nicht. Das ist eine spannende juristische Frage. Ich glaube - ich selbst kann dies auch nur glauben, weil ich kein Jurist bin -, dass diese Vermerke ausreichend sind.
Die andere Frage, die sich dann noch stellt, ist, ob das niedersächsische Umweltministerium die Aktenherausgabe schuldhaft verzögert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, bisher haben wir 19 Tranchen von Akten der Landesregierung erhalten.
Mehr als 1 400 Akten mit mehr als 260 000 Seiten liegen für die Mitglieder des Untersuchungsausschusses bereit. Dazu kommen noch die Akten des Bundesumweltministeriums und des Bundesamtes für Strahlenschutz, das auch die alten GSF- und Helmholtz-Akten geliefert hat. Trotzdem kommt immer wieder der Ruf der Opposition nach mehr Akten.
Herr Tanke, aber gerade Sie haben am vorvergangenen Donnerstag sehr eindrucksvoll bewiesen, dass Sie auch mit den derzeit schon vorliegenden Akten maßlos überfordert sind.
Vielleicht muss man das niedersächsische Umweltministerium an dieser Stelle auch einmal bitten, ein halbes Jahr lang keine Akten zu liefern, damit Sie, Herr Tanke, sich zunächst einmal in die bereits vorliegenden Akten anständig einlesen und dann im Untersuchungsausschuss auch sachlich mitarbeiten können.
Meine Damen und Herren, zu Tagesordnungspunkt 1 c liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.
Reformieren, bis kein Arzt mehr kommt - Steigt Gesundheitsminister Rösler sein Amt pauschal zu Kopf? - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1996
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schritte weg von der paritätischen Finanzierung wurden bereits vollzogen. Minister Rösler legt jetzt auch noch mächtig nach. Die Arbeitgeber sollen überhaupt nicht mehr an den steigenden Kosten des Gesundheitssystems beteiligt werden. Stattdessen soll allein den Versicherten diese Last aufgebürdet werden.
Herr Rösler, der bei der Bundeswehr ausgebildete und unheimlich erfahrene Arzt, salbadert von einer neuen Gerechtigkeit. Ein Hartz-IV-Empfänger soll künftig den gleichen Anteil am sozialen Sicherungssystem zahlen wie Menschen mit einem guten oder sehr guten Einkommen wie wir hier in diesem Hause. Das Verlassen der Solidargemeinschaft ist das eigentliche Problem.
Die Umverteilung von unten nach oben ist falsch und antisozial. Die Linke wird diese Umverteilung selbstverständlich nicht unwidersprochen hinnehmen. Diese Umverteilung hat nichts, aber auch rein gar nichts mit einer Form von Gerechtigkeit zu tun.
Herr Rösler verzichtet mit seinen Vorschlägen auf Einnahmen in Höhe von 35 Milliarden Euro. Das ist die Wahrheit. Ich habe Ihnen ja gesagt, wer diese Lasten künftig zu tragen hat.
Der Gesundheitsminister meint gleichzeitig, dass ein Ausgleich zwischen Arm und Reich über Steuern und nicht über das seit mehr als 100 Jahren weiterentwickelte Solidarprinzip erfolgen sollte. Jeder von Ihnen weiß, welcher Unsinn das ist, wenn man sich die steuerpolitischen Vorschläge der FDP vor Augen führt. Dabei geht es nämlich nur darum, die Besserverdienenden wie uns hier im Landtag - ich habe es ja schon gesagt - weiter zu entlasten.
Laut seiner Antwort auf eine Frage in der Berliner Zeitung vom Donnerstag letzter Woche versteht er unter Solidarität nicht etwa einen Lastenausgleich zwischen Arm und Reich, sondern er will sich in eine andere Richtung beschränken als auf die der Sicherung der sozialen Sicherungssysteme. Er spricht hier explizit von einer gelebten Solidarität in der Familie und vom Ehrenamt.
Es ist ein sinnverdrehtes Verständnis von Solidarität, die Reichen und die Vermögenden immer weiter zu entlasten, die Gesundheitsversorgung weiter ausbluten zu lassen, indem man freiwillig auf die 35 Milliarden Euro Einnahmen verzichtet, und in der Folge dafür zu sorgen, dass die Gesundheit nach den Gesetzen der Betriebswirtschaft weiter zu einer Ware verkommt und damit eine menschenwürdige Versorgung des ärmsten Teils der Bevölkerung nicht mehr zugelassen wird. Das ist Manchester-Kapitalismus pur in der Gesundheits
versorgung und reiht sich nahtlos in die Politik des sozialen Abbaus der Regierenden in diesem Land ein.
Sie greifen die Gedanken und Ideen der Agenda 2010 weiter auf und pervertieren diese schamlos weiter. Das ist bitter gerade für das untere Drittel dieser Gesellschaft, auf das Sie die Lasten abwälzen. Das ist nichts anderes als eine billige Klientelpolitik für Ihre Wählerschaft.
Wir Linken stehen zu den Grundsätzen der Weltgesundheitsorganisation, die unter Gesundheit das vollkommene körperliche, seelische und soziale Wohlsein versteht. Ihre Politik steht dazu in krassem Widerspruch.
Kehren Sie endlich zu einer Politik der Solidarität in der Gesundheitsversorgung zurück, indem man unabhängig vom Geldbeutel die beste Versorgung bekommt! Schaffen Sie endlich eine solidarische Bürgerversicherung, die die Trennung von privater und gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung aufhebt und sich über die gesamte Bevölkerung erstreckt!
Wir Linken sagen: Schluss mit dem marktradikalen Mechanismus eines Herrn Rösler und seiner Regierung! Solidarität und Parität sind unsere Leitgedanken für die sozialen Sicherungssysteme.
Herr Rösler, wenn einem wie Ihnen sein Amt pauschal zu Kopfe steigt, dann kann es nur heißen: Rücktritt, und in Ihrem Falle: Ab in die Praxis - im wahrsten Sinne des Wortes - in die bevölkerungsarmen Gebiete Niedersachsens, damit auch Sie endlich Bodenhaftung bekommen!
Meine Damen und Herren, für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich jetzt Frau Helmhold zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über den schwarz-gelben Koalitionsvertrag jubelten ja Ärzte, Apotheker, die Versicherungswirtschaft und die Pharmaindustrie, sichert er ihnen doch ordentlich neue Einkünfte.
Die Rechnung dafür zahlen andere. Bezahlt wird u. a. mit der Aufkündigung der Solidarität im Gesundheitswesen. Denn die Rechnung für Ihre Wahlgeschenke geht vor allem an die gesetzlich Versicherten. Die Arbeitgeber sind zukünftig nach dem Willen des Gesundheitsministers von allem ausgeschlossen.
Und: Sie wollen die Kopfprämie. Im Klartext heißt das, dass die alleinerziehende Sekretärin genauso viel für ihre Krankenversicherung bezahlt wie ihr Chef, der Bankdirektor.