Protocol of the Session on November 26, 2009

Das galt gestern, und das gilt auch morgen. Gleichwohl kann ich die Kollegen in Berlin natürlich verstehen, dass sie im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtet nun nicht so tun wollten, als gäbe es den Spruch des Bundesverfassungsgerichts nicht, der uns allen im Ergebnis nicht ganz gut gefällt.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Aller?

Ich gestatte, Herr Aller.

Herr Kollege, nachdem Herr Matthiesen und jetzt auch Sie so deutlich dafür plädieren, dass die in Berlin vorherrschende Richtung aufgeweicht werden soll, würden Sie die Ambitionen der Region Hannover unterstützen, den Kreis der 69 Optionskommunen zu vergrößern und noch die eine oder andere Ausnahme hineinzuverhandeln?

Die FDP, verehrter Herr Aller, hat sich immer dafür ausgesprochen, die Zahl der Optionskommunen so

groß wie möglich auszugestalten. Ich wüsste nicht, dass die FDP ihre Position dazu geändert haben sollte. Ich hoffe, dass wir ein Beschreiten dieses Weges miteinander erleben werden.

(David McAllister [CDU]: Herr Aller, Sie waren doch immer gegen die Op- tionskommunen!)

Das habe ich eben, glaube ich, schon sehr deutlich ausgeführt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Riese, es soll eine weitere Zwischenfrage gestellt werden. Erlauben Sie das?

Meine Redezeit ist etwas knapp, aber eine weitere Zwischenfrage gestatte ich gerne.

Das wird ja nicht angerechnet. - Bitte, Frau Helmhold!

Herr Kollege Riese, teilen Sie die Auffassung, dass es verfassungsrechtlich überhaupt nicht möglich sein wird, den Kreis der Optionskommunen, so wie es jetzt vorgesehen ist, zu vergrößern?

Diese Auffassung, Frau Helmhold, teile ich nicht. Es gilt der alte Grundsatz: Wir wollen nicht wissen, warum es nicht geht, wir wollen wissen, wie es geht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie ge- hen Sie denn mit unserem Grundge- setz um? Das ist ja der Hammer!)

Wenn die 69 Optionskommunen, die ihre Aufgaben derzeit redlich und rechtlich sicher ausführen, im rechtlichen Bestand gesichert sind, dann muss die Zahl nicht festgelegt werden. Ich habe mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass gewisse Leute die Zahl 69 in das Grundgesetz hineinschreiben wollten. Das wäre wohl doch eine Ziselierung des Grundgesetzes, der wir keinen Vorschub leisten wollen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Sie das ohnehin nicht ernst nehmen, dann ist das auch egal!)

Die Vorschläge, die die Fraktion der Linken unter diesem Tagesordnungspunkt macht, gehen weit über die Frage hinaus, mit der wir uns derzeit zu beschäftigen haben. Sie müssen daher ebenso wie der Antrag der Grünen im Ausschuss sorgfältig besprochen werden. Deswegen wird die FDP den Antrag auf sofortige Abstimmung nicht unterstützen, sondern für Ausschussüberweisung plädieren. Ich darf aber schon einmal ankündigen, dass die Ausschussberatungen nicht sehr lange dauern werden, weil beide Anträge hoffentlich bald durch einen gemeinsamen ersetzt werden können, der aus niedersächsischer Sicht und im Lichte des in Berlin geschlossenen Koalitionsvertrages darstellt, wie es weitergeht, welche Rechtssicherheit wir herstellen müssen und wie wir erreichen, dass möglichst viele Aufgaben in den Kommunen wahrgenommen werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Riese, ich finde, Sie stellen Ihrer Partei und der Landesregierung ein Armutszeugnis aus,

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Wieso das denn?)

wenn es richtig ist, wie Sie die Rolle der Landesregierung und auch deren Einfluss auf die Bundesregierung beschrieben haben. Über die Aussage, Niedersachsen sei gar nicht mit am Tisch gewesen, kann man eigentlich nur müde lächeln. Das finde ich äußerst traurig.

In einem weiteren Punkt beweisen Sie auch kein Rückgrat. Wenn Sie sagen, es gebe verschiedene Positionen in den Landesverbänden oder Ähnliches, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sie müssen entsprechend Werbung machen, damit Sie zu einer einheitlichen Interpretation des SGB II kommen. Ansonsten sagen Sie, dass Ihre Partei willkürlich aufgestellt sei oder dass Sie - Sie sind ja auch keine Partei, die den Anspruch erhebt, eine sozialpolitische Partei zu sein - solche Themen in Ihrer Partei gar nicht diskutieren. Deswegen kann vielleicht eine solche Verwirrung auf den verschie

denen Ebenen eintreten. Sie beweisen hier jedenfalls kein Rückgrat.

Richtig hanebüchen - das ist meine letzte Bemerkung - ist Ihre offensichtliche Position zum Grundgesetz. Ich muss sagen: Für uns ist die Losung „legal, illegal, scheißegal“ nicht die Leitlinie der Politik.

(David McAllister [CDU]: Das ist un- parlamentarisch! Wir sind hier doch nicht bei den Linken!)

Herr Kollege, ich weiß, das war ein Zitat. Aber Sie wissen, was ich zum Ausdruck bringen will. Danke.

Das ist nicht unser Umgang mit dem Grundgesetz. Strengen Sie sich wieder an, achten Sie das Grundgesetz, und sorgen Sie für eine Verfassungsmäßigkeit Ihrer Position.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Das sollten Sie gerade nicht sagen, Herr Humke-Focks! Da wäre ich sehr vorsichtig!)

Meine Damen und Herren, Herr Riese möchte erwidern. Bitte!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es besteht bei der FDP kaum ein Zweifel daran, dass sich die Linke sehr viel weiter aus der Verfassung unserer Bundesrepublik Deutschland herauslehnt als irgendeine andere Partei dieses Hauses.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von der LINKEN)

Überprüfen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Ihr Verhältnis zum Privateigentum. Lesen Sie noch einmal nach, was Sie in Ihren Programmen dazu niedergeschrieben haben, und erbleichen Sie.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn sich ein Vertreter der Linken hier hinstellt und den Eindruck erweckt, als würden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene von Ländern betrieben, dann zeigt das ein sehr merkwürdiges Verfassungsverständnis. Es kann nicht ausbleiben, dass die Persönlichkeiten, die an den Koalitions

verhandlungen teilnehmen, auch Bundesländern angehören. Das ist ja nun einmal so. In meinem Personalausweis steht als Staatsangehörigkeit deutsch. Darin steht nicht „Staatsangehörigkeit Niedersachsen“. Aber ich gehöre dem Staat Niedersachsen an,

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Dem Land Niedersachsen! Niedersachsen ist kein Staat!)

und ich gehöre dem Staat Bundesrepublik Deutschland an, beiden Staaten übrigens aus Überzeugung.

(Norbert Böhlke [CDU]: Und den Ost- friesen!)

Wenn niedersächsische Bürgerinnen und Bürger an den Koalitionsverhandlungen teilnehmen, dann können sie vor dem Hintergrund der Beschlüsse dieses Landtages dort Gesichtspunkte einbringen. Aber sie bringen dort nur ein Zehntel des Gewichts der Bundesrepublik Deutschland ein.

Herr Riese, Sie können die Theorie bezüglich der Koalitionsverhandlungen nicht fortsetzen; denn Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Angesichts dessen habe ich Verständnis dafür, dass sich die Kollegen in dem einen oder anderen Punkt nicht ganz haben durchsetzen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Watermann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man hat ja das Gefühl, manche Rede, die hier gehalten worden ist, wäre besser nicht vorgetragen worden. Herr Kollege Vorsitzender meines schönen Ausschusses: Ihre gehört mit Sicherheit dazu.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sind ja alle perfekt darin, aus Protokollen zu zitieren und vieles andere zu machen, ein großes Staatsverständnis darzustellen. Ich kann mich noch daran erinnern, wie die Diskussionen hier im Hause ge

laufen sind. Wir haben dieses Thema hier mehrfach diskutiert. Ich kann mich gut daran erinnern, dass der Ministerpräsident, der Fraktionsvorsitzende der FDP und der Fraktionsvorsitzende der CDU mir hier mitgegeben haben, ich solle doch einmal dafür sorgen, dass Herr Scholz das, was wir hier beschlossen haben, auch umsetzt. Wenn Sie das in Zusammenhang mit dem bringen, was Sie hier ausgeführt haben, dann entsteht die Situation, in der Sie sich selbst ein wenig in Frage stellen.

(Zurufe von der CDU)