„Wir streben eine verfassungsfeste Lösung ohne Änderung des Grundgesetzes und ohne Änderung der Finanzbeziehungen an … Dabei gilt es, die Kompetenz … der Länder und der Kommunen vor Ort sowie der Bundesagentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung für die Betreuung und Vermittlung der Langzeitarbeitslosen zu nutzen. Die bestehenden Optionskommunen sollen diese Aufgabe unbefristet wahrnehmen können... Die Bundesagentur für Arbeit erhält die Aufgabe, den Kommunen attraktive Angebote … zu unterbreiten.“
Die Aussagen zur künftigen Struktur von Arbeitsvermittlung und Arbeitsverwaltung bleiben nebulös. Man möchte sich in jeder Richtung alle Wege offenhalten. Ein Abrücken von dem zu unterstützenden Teil der Hartz-Gesetzgebung, nämlich von der Gewährung der Leistungen aus einer Hand, ist angesichts der zitierten Aussagen zu befürchten. Von einer Erhöhung der Regelsätze oder von einer Sicherung der Beschäftigungsverhältnisse der Beschäftigten in den Jobcentern und der Arbeitsverwaltung ist auch nicht andeutungsweise die Rede.
Wir müssen daher feststellen, dass die Teile der Landesregierung, die den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt haben, versagt haben. Das ist eine traurige Bilanz gerade für die Herren Wulff und Rösler, die jetzt auch dem letzten Zweifler gezeigt haben, dass eine verantwortungsvolle und soziale Politik im Widerspruch zu diesen beiden Herren steht.
Der Niedersächsische Landtag trägt allerdings auch Verantwortung für die Betroffenen dieser Politik, zum einen für die SGB-II-Leistungsempfänger, aber auch für die Beschäftigten der Arbeitsverwaltung und der Jobcenter. Natürlich eignet sich aus unserer Sicht unser Antrag dafür, diesem Anspruch gerecht zu werden. Wir hoffen deshalb, dass wir ihn konstruktiv weiterentwickeln können. Darauf komme ich später noch zu sprechen. Wir Linke wollen gemeinsam mit Ihnen einerseits eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, die dazu beitragen soll, dass die Leistungsgewährung aus einer Hand endlich dauerhaft abgesichert wird und die Regelsätze endlich auf ein Maß angehoben werden, das den Betroffenen und insbesondere den Kindern, die in erheblicher Weise von Armut betroffen sind, ein Leben in Würde und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht.
Andererseits wollen wir für die Leistungsempfänger endlich Rechtssicherheit bei der Auslegung des SGB II erreichen. Weiterhin möchten wir, dass die Beschäftigten in den Jobcentern endlich eine Beschäftigungsgarantie auch über den 31. Dezember 2010 hinaus bekommen, damit auch sie dauerhaft motiviert sind und sich nicht tagtäglich Gedanken über das mögliche eigene Abrutschen in Hartz IV machen müssen.
Des Weiteren müssen wir hier im Hause dazu beitragen, dass alle beschlossenen Maßnahmen zur Strukturreform der Arbeits- und Erwerbslosenverwaltung endlich verfassungssicher, also grundgesetzsicher ausgestaltet werden. Das ist bisher leider nicht der Fall und verhindert zuweilen auch eine zielgerichtete Politik hin zu einer wirklichen Reform und zu einer Evaluierung der bisherigen Umsetzung des SGB II, bei der auch wir gehalten sind, die Kommunen und deren Spitzenverbände mit ins Boot zu nehmen.
scheiden und sprechen eine Sprache für sich. Ich habe hier einen aktuellen Bescheid meiner Stadt Göttingen mitgebracht, bei dem jemand, der sich auch nur ansatzweise mit dem SGB II auseinandersetzt, sofort erkennt, wo der Fehler liegt.
Ich möchte den Kollegen von der Stadtverwaltung aber keinen Vorwurf machen. Solche Bescheide sind eben die Resultate Ihrer Politik und des Umgangs mit den Beschäftigten, die sich unter ständigem Druck befinden. Die Leidtragenden sind dann eventuell diejenigen, die sich nicht von unabhängigen Stellen oder von ihrem Abgeordneten, der ebenfalls Hinweise geben könnte, beraten lassen. Ein Fehler wie in dem mir hier vorliegenden Bescheid ist vermeidbar.
Wir brauchen Transparenz, und zwar auch bei den Entscheidungen. Die Bescheide müssen für jeden Mann und für jede Frau nachvollziehbar sein. Die Förderung der Erwerbslosen muss wieder absolut in den Vordergrund gestellt werden.
Herr Kollege, ich möchte Sie fragen, wie Sie es finden, dass die Ministerin offensichtlich keine Zeit hat, Ihren Ausführungen zuzuhören.
Ich finde es grundsätzlich bedauerlich, dass so wenige Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierung anwesend sind.
Nun zum Umgang mit den beiden Anträgen: Wir hätten es für günstiger gehalten, wenn im Ausschuss über beide Anträge diskutiert worden wäre. Damit hätte man zum einen den Beschluss berücksichtigen können, den wir hier im Mai gefasst haben, zum anderen aber auch die neuen Entwicklungen auf Bundesebene, nämlich die Koalitionsvereinbarung der neuen Bundesregierung, die wir in unserem Antrag aufgegriffen haben. Möglicherweise wäre es ja auch gelungen, zu einer von allen Fraktionen getragenen Beschlussempfehlung zu kommen. Schließlich gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass es bei Positionen, bei denen es keine großen Widersprüche gibt, irgendwann doch einmal gelingen wird, eine gemeinsame Initiative hinzukriegen.
Wir werden uns bei der Abstimmung über den Antrag der Grünen auf sofortige Abstimmung enthalten. Wie gesagt, wir hielten es für besser, dass beide Anträge gemeinsam beraten würden. Unser Antrag greift die aktuelle Debatte aus unserer Sicht besser auf und geht auch, wie ich eben schon sagte, auf den Koalitionsvertrag ein.
Wir wollen eine schnelle Lösung im Interesse der Betroffenen - also der Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II -, aber auch der Beschäftigten. Das ist unser Ziel. Darauf müssen wir in gemeinsamen Verantwortung hinwirken.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Humke-Focks, weil mir eben die Zeit fehlte, will ich jetzt kurz erläutern, warum ich es für ratsam halte, über unseren Antrag sofort abzustimmen. Unser Antrag bedarf ja keiner Beratung mehr; denn er enthält exakt den Wortlaut der Entschließung, die wir hier im Mai einstimmig gefasst haben. Insofern fände ich es müßig, mit diesem Antrag noch einmal in die Beratungen zu gehen. Ich habe in unserem Antrag auch auf eine schriftliche
Begründung verzichtet, weil er sich sozusagen selbst erschließt. Im November kann ja nicht falsch sein, was im Mai noch richtig war. Damit der Ministerpräsident seinen ganzen Einfluss wirklich geltend machen kann, möchten wir ihm einfach den Rücken stärken und sagen: Was im Mai gegolten hat, soll auch jetzt noch gelten. - Deshalb wollen wir schon heute abstimmen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Helmhold, auf der einen Seite haben Sie recht. Auf der anderen Seite habe ich aber die Befürchtung, dass wesentliche Aspekte unserer Forderungen vonseiten der Regierung so interpretiert werden könnten, dass man unseren Antrag im Ausschuss gar nicht mehr ernsthaft behandelt. Unser Antrag ist sachlich formuliert und steht im Prinzip nicht im Widerspruch zu gemeinsamen Positionen. Wir wollen die Hoffnung ja nicht aufgeben. Deshalb unsere Position. Wir werden uns bei der Abstimmung enthalten.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Der neue Berliner Koalitionsvertrag hebt die einvernehmlichen Beschlüsse des Niedersächsischen Landtages zur Neuordnung der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht auf. Sie haben weiterhin Bestand. Deswegen ist der erneute Antrag der Grünen völlig überflüssig. Dies gilt insbesondere für die Einführung der Wahlfreiheit für die Trägerschaft der Grundsicherung für Arbeitsuchende, also zwischen Option und Arbeitsgemeinschaft. Dem folgt der Berliner Koalitionsvertrag nun leider nicht. Er spricht sich für die getrennte Aufgabenwahrnehmung aus und verzichtet auf eine Verfassungsänderung.
Grund ist sicher, dass bis heute im Bund und in den 16 Bundesländern eine sehr vielfältige Gemengelage an Interessen besteht; auch innerhalb der kommunalen Spitzenverbände. Unsere eigene Niedersächsische Landesregierung hat sich mit
sehr großem Einsatz für die niedersächsische Position eingesetzt. Erst gestern noch hat unsere Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann bis spät in die Nacht verhandelt und wieder einiges erreicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt ist die Bundesregierung am Zug. Sie ist nun gefordert, den Koalitionsvertrag mit der dort verankerten getrennten Aufgabenwahrnehmung umzusetzen. Dieser Koalitionsvertrag schreibt der Bundesagentur für Arbeit die Aufgabe zu, den Kommunen attraktive Angebote der freiwilligen Zusammenarbeit zu unterbreiten. Dazu soll das Bundesarbeitsministerium einen Mustervertrag ausarbeiten, der die Zusammenarbeit regelt und die kommunale Selbstverwaltung achtet.
Das BMAS hat gestern Eckpunkte mit der ASMK besprochen. Die kommunalen Spitzenverbände sollen folgen, und am 18. Dezember, also nächsten Monat, will das BMAS abgestimmte Eckpunkte für die Ausarbeitung des Mustervertrages vorlegen.
Erstens. Eine der größten Herausforderungen der getrennten Aufgabenwahrnehmung ist die rechtssichere und verwaltungsökonomische Erbringung der Geldleistungen durch die beiden Träger Bundesagentur und Kommune. Das ist von existenzieller Bedeutung für die Menschen, die darauf angewiesen sind. Allein im Bereich der heutigen Jobcenter wird sich die Zahl der jährlichen Leistungsbescheide von zurzeit ca. 17 Millionen auf 34 Millionen verdoppeln; denn BA und Kommunen müssen getrennt über ALG II und die Kosten der Unterkunft entscheiden, obwohl beides über die Leistungsvoraussetzungen eng miteinander verzahnt ist.
Das BMAS will hier mit Tatbestandswirkungen für die Kommunen die Leistungsvoraussetzungen bis hin zur Einkommens- und Vermögensprüfung feststellen lassen. Dies könnte wegen der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung und der Verantwortungsklarheit aber verfassungsrechtlich problematisch sein. Diese Dinge müssen noch sehr sorgfältig erarbeitet und beschlossen werden.
Zweitens. Doppelarbeit muss minimiert werden. Mit diesem Ziel soll der Mustervertrag Module entwickeln, die beispielsweise die Antragsformulare, die Antragsausgabe und -annahme, die Informations
technik mit Nutzung der BA-Software durch die Kommunen, die Versendung von Bescheiden und die Überweisungen von Leistungen und auch eine gemeinsame Anlaufstelle betreffen.
Drittens. Die Personalfragen - Sie haben sie ja angesprochen - müssen zufriedenstellend und zügig gelöst werden. Das betrifft insbesondere die rund 22 000 kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Argen; davon 4 000 befristet Beschäftigte. Die BA räumt ein, dass sie zumindest für eine Übergangszeit auf kommunales Personal angewiesen ist. Sie will einen eigenen Personalkörper auch durch Übernahme der kommunalen Beschäftigten aufbauen, die zur BA wechseln wollen und geeignet sind. Dies sollte vertraglich und nicht gesetzlich geregelt werden.
Viertens. Zentrales Ziel ist es, die künftige kommunale Mitgestaltung der aktiven Arbeitsmarktpolitik zu sichern. Das muss weiterhin ermöglicht werden; denn die Kommunen haben den besten Draht zur örtlichen Wirtschaft und zum örtlichen Bildungssystem.