Aber die CDU in Niedersachsen schlingert ja ohnehin regelmäßig beim Thema Bahn. Musste hier in Niedersachsen nicht erst eine Volksinitiative starten, bevor sich die CDU bequemt hat, zumindest 25 % der Bundeskürzungen bei den Regionalisierungsmitteln für die Bahn mit einem kleinen Teil der Mittel aus dem Koppelgeschäft mit der Mehrwertsteuererhöhung im Wahljahr auszugleichen?
Ich kann mich angesichts dieser Fakten bei dieser Aktuellen Stunde nicht des Eindrucks der Scheinheiligkeit bei Ihnen nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ erwehren, Herr McAllister.
Ich prüfe das einmal an drei wichtigen Bahnprivatisierungsproblemen: Erstens. Zustimmungs- und Abstimmungspflicht mit den Ländern durchsetzen. - Ich glaube, dass Sie das wollen.
Zweitens. Finanzverantwortung des Bundes auch nach der Teilprivatisierung sichern. - Auch dazu habe ich klare Worte gehört. Da müssen Sie auf der Bundesebene aber noch einiges tun.
Das Dritte ist das Wichtigste: Eigentumsrechtliche Trennung von Netz und Betrieb, um durch Wettbewerb in wirtschaftlich attraktiven Lagen ein gutes Angebot zu günstigen Konditionen zu sichern und um zugleich auch betriebswirtschaftlich nicht rentable Netzteile zu erhalten, um dort mit öffentlicher Förderung ein Mobilitätsgrundangebot zu vertretbaren Kosten zu sichern. Da fehlt Ihnen eine Position, Herr McAllister. Das war auch schon in Ihrem Antrag und Beschluss vom Oktober letzten Jahres nicht enthalten. Da haben Sie eine Fehlstelle.
Der Kompromiss der Großen Koalition im Bund zur Bahnprivatisierung enthält eben all diese drei Probleme und löst keines von ihnen. Nach dem Ergebnis eines Gutachtens der Unternehmensberatung KCW hätte diese Teilprivatisierung bereits verheerende Folgen für die Bahnkunden, insbesondere wegen des letzten Punktes,
weil damit ein Wegfall wesentlicher Teile der Flächenerschließung durch die Bahn droht. Die Studie von KCW zeigt auch für Niedersachsen erhebliche Angebotsverschlechterungen durch die Gewinnerwartung der privaten Miteigentümer; denn wenn die Netzgesellschaft den gleichen Chef wie der Betrieb hat, ist klar, wie dort entschieden wird. Es würden laut KCW nicht nur bundesweit 15 Mittelzentren kurzfristig vom Intercity abgehängt werden, sondern auch kleinere IC-Halte wie Northeim oder Kreiensen in Niedersachsen sind unmittelbar bedroht. Außerdem besteht durch die Beibehaltung der Einheit von Netz und Betrieb in teilprivatisierten Unternehmen laut KCW aufgrund des damit maßgeblichen Gewinnstrebens im Gesamtkonzern ein massiver Druck in Richtung auf Streckenstilllegungen gerade in den dünner besiedelten Teilen von Flächenländern - so wie Niedersachsen.
Jetzt sagen Sie nicht, Sie würden diese drohende Entwicklung gerne aufhalten, aber der böse Minister Tiefensee lasse Sie im Bundesrat nicht mitstimmen und verwehre Ihnen den Einfluss. - Das ist fadenscheinig; denn - das weiß auch klein Fritzchen - wenn eine Bundesregierung von Parteien gebildet wird, die auch in den Länderparlamenten durch die Bank wesentlich mitbestimmen,
(David McAllister [CDU]: Bei uns erst das Land, dann die Partei! - Gegenruf von Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist neu!)
dann muss man noch an den Weihnachtsmann glauben, um anzunehmen, dass das im Bund tatsächlich ohne ihre Zustimmung durchgedrückt wird. Eine Regierung im Bund kann die Mehrheit der Landesregierungen eben nicht einfach im Regen stehen lassen, wenn sie das wirklich wollen, und kann sie nicht übertölpeln; es sei denn, Herr McAllister, Sie ließen das bewusst zu. Daran werden wir Sie messen.
Wir sind gespannt, wie Sie sich in den nächsten Wochen in dieser Frage positionieren und ob Sie noch nachbessern, vor allem im dritten Punkt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben eben gehört, der erste Teil der Bahnreform von 1994 sei ein guter Einstieg gewesen und habe viele Vorteile gebracht.
Wenn Sie viele Vorteile und einen Erfolg darin sehen, dass bundesweit von 1994 bis 2006 15 % des Streckennetzes, 17,7 % der Gleislänge und 44,4 % aller Weichen und Kreuzungen sowie 65,7 % aller Privatanschlüsse abgebaut wurden, dann dürfen Sie klatschen. Ansonsten ist es ein Misserfolg gewesen.
Wir befürchten, dass es bei dem zweiten Teil der Bahnreform und der Gründung dieser Holding sowie dieser Teilprivatisierung damit weitergeht, dass Netze abgebaut werden, dass Gleise abgebaut werden und dass gerade in der Fläche die Mobilität der Menschen eingeschränkt wird.
Ihre Partei hat dem Holding-Modell und somit auch der Teilprivatisierung zugestimmt, wohl wissend - obwohl Sie es bestreiten; die Zahlen belegen es -, dass es sich dabei um den Einstieg in eine ganz gigantische Enteignung von Werten handelt, die im Laufe von 170 Jahren von der Bevölkerung geschaffen wurden. Wenn das der Einstieg ist, dann wissen wir, wohin das führt.
Die Bahn hat einen Auftrag zur Daseinsvorsorge, zur Sicherung von Mobilität für alle Menschen. Das ist im Grundgesetz verankert. Das wissen Sie, Herr McAllister. Mit diesem Einstieg in die Privatisierung wird das verletzt; das zeigen die Zahlen schon jetzt. Es wird sich weiter zeigen, dass dieser grundgesetzlich verankerte Auftrag nicht mehr erfüllt werden kann. Von daher ist es scheinheilig, wenn Sie die Forderung an den Bund stellen, Ihre Partei aber gleichzeitig dazu beiträgt, dass die Weichen für eine weitere Verschlechterung gestellt werden.
Wir fordern einen Ausbau der Bahn. Der Ausbau der Bahn wäre ein notwendiger Beitrag zum Umweltschutz, von dem Sie auch immer nur reden. Stattdessen ist im Zuge einer weiteren Privatisierung ein weiterer Streckenabbau zu befürchten.
sage es einmal vorsichtig - schulpolitisch versagt hat. Ich sage aber: Sie hat auch verkehrspolitisch versagt.
- Sie haben auch verkehrspolitisch versagt. Sie haben sich 2006 im Bundesrat der Stimme enthalten, als es darum ging, die Regionalisierungsmittel nicht zu kürzen, beklagen jetzt aber die Folgen, die daraus entstanden sind.
Auch als die Gegenleistung an die Länder - die Mehrwertsteuererhöhung - durchgesetzt worden ist, haben Sie dieses Geld nur zu einem ganz kleinen Teil weitergegeben. Andere Bundesländer haben es ganz anders gemacht. Auch da hätten Sie Möglichkeiten gehabt, unser Schienennetz weiter auszubauen und nicht die katastrophalen Folgen für die Menschen, die jetzt da sind, hinzunehmen.
Wenn Sie weiterhin sagen - ich habe es vorhin aus den Fraktionen der CDU und der FDP gehört -, dass der Elternwille und die Mehrheit der Menschen für ihre Entscheidungen so wichtig seien, dass Sie aufgrund des Elternwillens Ihre Schulpolitik ein bisschen umgestellt hätten, dann frage ich mich, warum der Wille der Bevölkerung bei der Frage der Bahnprivatisierung für Sie überhaupt keine Rolle spielt. Denn 70 % aller Menschen in der Bundesrepublik sind gegen eine Bahnprivatisierung,
weil sie die Folgen spüren und weil sie wissen, dass bei einer Bahnprivatisierung die privaten Investoren kein Interesse daran haben, dass das Grundgesetz eingehalten wird und dass die Mobilität der Menschen gewährleistet wird. Private Investoren haben nur ein Interesse, nämlich ihr Kapital zu erhöhen.
Von daher lehnen wir das ab. Wir fordern Sie auf, sich daran zu beteiligen, um - mit den Worten, wie Sie es eben gesagt haben - die Ansprüche, die Sie stellen und die richtig sind, durchsetzen zu können. Denn die Menschen werden merken, dass bei Ihnen Anspruch und Wirklichkeit zwei Sachen sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich verspreche, nur zur Bahn und nicht zur Schulpolitik zu sprechen. Schon vor fünf Jahren haben alle Fachleute die Trennung von Netz und Betrieb gefordert. Einzig die Sozialdemokraten dachten, sie könnten schlauer sein. Sie haben jahrelang blockiert, verhindert und geblendet. Zu allem Überfluss haben sie sich auch noch untereinander gestritten wie die Kesselflicker. Allen voran war Ihre halblinke Spitzenfrau Nahles mit dabei. Die Linken in der SPD sind aber - genau wie Herr Jüttner hier in Niedersachsen - einmal mehr grandios gescheitert.
Die Privatisierungsquote von 24,9 % bedeutet nicht mehr als den schlechten Versuch, Ihre Parteibasis zu beruhigen. Mit Ihrem Bundesparteitagsbeschluss betreffend eine Volksaktie haben die momentanen Entwicklungen auf Bundesebene definitiv nichts mehr zu tun. Das rettet Herrn Beck nicht den Kopf. Denn Glaubwürdigkeit sieht anders aus, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Dass die drei linken Oppositionsfraktionen nichts von Privatisierung verstehen, überrascht uns überhaupt nicht. Dass der Staat und staatliche Beteiligungen keine Garantie für richtige unternehmerische Entscheidungen geben können, sehen wir aktuell z. B. an der Bankenkrise. Wenn eine Bank, die sich auch noch Mittelstandsbank nennt, Milliarden verzockt, dann ist das doch nicht trotz, sondern gerade wegen zu vieler Politik in den Aufsichtsgremien und Vorständen passiert.
Dass Privatisierung im Interesse der Bürger, im Interesse der Kunden liegt, zeigen die hervorragenden Erfahrungen mit der Privatisierung im Bereich von Post, Telefonmarkt und Lufthansa. Niemand hier im Hause - ausgenommen vielleicht die Linken - käme auf die Idee, die Lufthansa wieder zu verstaatlichen. Aus der Sicht der Kunden ist nicht die Eigentumsfrage allein entscheidend. Viel wichtiger ist die Schaffung eines funktionierenden Marktes, die Gewährleistung von fairem Wettbewerb. Deswegen sind wir gegen jegliche Form von Monopolen, egal ob es staatliche Monopole oder
privatwirtschaftliche Monopole sind. Fehlt der Wettbewerb, dann scheitert auch eine eigentumsrechtliche Privatisierung. Dafür ist Neuseeland ein Beispiel, was den Bahnbereich betrifft. Gibt es aber Wettbewerb, so zeigt sich die Leistungsfähigkeit von Privatisierung. Das beste Beispiel dafür ist die große Anzahl von Strecken im Nahverkehrsbereich in Niedersachsen, die heute schon erfolgreich privatisiert worden sind. Die stetig steigenden Zahlen im Bereich der Fahrgäste, aber auch im Bereich der Arbeitsplätze beweisen, dass Niedersachsen schon heute Vorreiter bei der Privatisierung der Schiene vor allem im Interesse der Kunden ist.
Man darf diese Erfolge für unser Land nicht durch eine vermurkste Bahnprivatisierung kaputt machen. Die viel zu hohen Erlöserwartungen von Herrn Tiefensee werden nur dazu führen, dass Gelder, die heute eigentlich noch für den Nahverkehr eingeplant sind, am Ende dazu missbraucht werden, um den Fernverkehr gleichsam als Braut ein bisschen anzuhübschen. Das würde natürlich zulasten der Flächenanbindung in Niedersachsen gehen. Das dürfen wir nicht akzeptieren.