Protocol of the Session on October 29, 2009

(Beifall bei der SPD)

Der Antrag der SPD-Fraktion wäre nach Auswertung der Antworten also entscheidungsreif.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP, nun kommen Sie mit einem neuen Antrag, der zwar ähnliche Intentionen hat, die aber sehr viel weniger konkret benannt sind, und der dafür sorgt, dass die Beratungen bei null beginnen. Leider musste ich schon häufig die Antragspraxis der CDU und der FDP beanstanden. Sie ist eines Parlaments nicht würdig.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU)

Die Anträge sind immer wieder ein Entschuldigungsgrund für die Landesregierung, Entscheidungen und Hilfen für die Menschen zu verzögern und nochmals zu verzögern.

Zu Ihrer Erinnerung: Sie haben bereits in der 15. Wahlperiode am 25. April 2006 einen Antrag „Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen“ eingebracht, der sich in Ihrem Antrag vom 19. Oktober dieses Jahres wiederfindet, über den wir jetzt beraten und der ebenfalls mit „Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung“ überschrieben ist. Die Wiederholung beschränkt sich aber nicht auf die Überschrift. Dass Sie Ihren Antrag noch einmal einbringen, kann ich nachvollziehen. Sie sagen im ersten Absatz Ihres Antrags:

„Die Niedersächsische Landesregierung wird gebeten, sich im Bereich der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen weiter zu engagieren …“

Offensichtlich haben Sie doch tatsächlich bemerkt, dass sich seit Ihrem Antrag vom 25. April 2006, also seit dreieinhalb Jahren, niemand in der Landesregierung engagiert hat.

(Beifall bei der SPD - Heidemarie Mundlos [CDU]: Das Budget für Ar- beit? Sie können doch nicht alles ne- gieren!)

Engagiert hat sich die Opposition, indem sie immer wieder Anträge mit dem Tenor eingebracht hat, für Menschen mit Behinderungen die notwendigen Bedingungen für die Teilhabe am Leben zu schaffen. Das Engagement der Opposition ist meiner Meinung nach auch der Grund dafür, dass Sie Ihre Bitten aus Ihrem alten Antrag wiederholen. Ich greife hier nur die ersten beiden Punkte heraus:

„1. dem … steigenden Bedarf an zusätzlichen Werkstattplätzen und diffe

renzierten Wohnangeboten,

2. der Weiterentwicklung von Ausbildungs-, Förder-, Beschäftigungs- und Wohnangeboten für Menschen mit hohem und sehr hohem Hilfebedarf …“ (Rechnung zu tragen.)

Ein weiterer Punkt in Ihrem Antrag lautet:

„Der Landtag begrüßt, dass in Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen … in Kraft getreten ist.“

Sehr geehrte Damen und Herren, das ist eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem bitten Sie die Landesregierung, sich weiterhin an dem Projekt der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen aktiv zu beteiligen. Auch das ist eine Selbstverständlichkeit. Es wäre Aufgabe der Landesregierung, hier selbstständig tätig zu werden.

(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Ja, genau!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, ich habe mir die Rede von Herrn Dr. Matthiesen vom Mai 2006 noch einmal durchgelesen, und ich glaube ihm sogar, wenn er sagt, die Fraktionen der CDU und der FDP beabsichtigten, dieses Thema gründlich zu behandeln. Zu diesem Zweck sollte das Ministerium zu einer Reihe von Fragen Stellung nehmen und dann möglichst breit die Lösungen vorantreiben, die notwendig seien, damit die Eingliederungshilfe weiterhin leistungsfähig bleibe. Das war im Mai 2006. Nichts ist behandelt worden, nichts ist vorangetrieben worden!

Die SPD-Fraktion hat am 6. Januar 2009, weil sich nichts bewegte, den Antrag „Daheim statt Heim - Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen modernisieren“ eingebracht. Können Sie mir einen einzigen überzeugenden Grund nennen, warum Sie unseren Antrag nicht weiterberaten, sondern auf Eis legen?

(Roland Riese [FDP]: Ja!)

Ich sage es noch einmal: Wir haben das Ministerium befragt, wir haben beraten, wir haben die Verbände um eine schriftliche Anhörung gebeten und ihre Stellungnahmen erhalten. Ist es Ihnen nicht peinlich, die Verbände zu bitten, sich auch noch zu

Ihrem Antrag zu äußern? - Sie müssen doch glauben, wir seien entweder des Lesens nicht mächtig oder uns sei langweilig und wir brauchten eine Beschäftigungstherapie, um für uns eine Daseinsberechtigung zu definieren.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, machen Sie bitte aus Ihrem Antrag einen Änderungsantrag zu dem genannten SPD-Antrag, und lassen Sie uns auf der Grundlage der bisherigen Informationen weiterberaten! Das wäre eine zielführende Arbeit im Interesse der Menschen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Groskurt. - Zu einer Kurzintervention hat Herr Kollege Böhlke von der CDU-Fraktion für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So schlicht, so einfach kann es sein, indem man sich inhaltlich nicht auseinandersetzt, sondern darüber streitet, wer denn nun die Ursprungsanträge gestellt hat. Dabei haben Sie es doch selbst beantwortet, Frau Kollegin Groskurt. Die CDU/FDP hat bereits im Jahre 2006 entsprechende Anträge hier formuliert, die beraten und in den Ausschuss eingebracht worden sind.

(Beifall bei der CDU)

Selbstverständlich ist beispielsweise die Fragestellung des persönlichen Budgets und anderes parallel dazu sehr wohl behandelt worden und hat uns auch inhaltlich beschäftigt. Dass wir, nachdem der Antrag der SPD-Fraktion eingegangen ist, von dieser Stelle aus, aber auch im Ausschuss sehr deutlich gemacht haben, dass wir hier einen eigenen inhaltlichen Antrag einbringen werden, ist kein Grund, heute nicht zur Sache, sondern im Wesentlichen lediglich zur Form etwas zu sagen. Das hilft den Betroffenen mit Sicherheit nicht. Wir wollen sachorientiert weitermachen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Groskurt möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten Zeit. Bitte schön!

Lieber Herr Böhlke, wir müssen uns nicht darüber streiten, wer welchen Antrag zuerst eingebracht hat, sondern über welchen Antrag entschieden wurde. Über den von Ihnen und auch von mir erwähnten Antrag vom Mai 2006 wurde nicht entschieden. Auch er ist auf Eis gelegt worden; nichts ist passiert. Das habe ich angeprangert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die wol- len wohl nichts machen!)

Hier und da einen Einzelpunkt entschieden zu haben, hat doch mit dem Ganzen, worauf die Menschen warten, nichts zu tun. Von daher halte ich meine Meinung aufrecht: Wir müssen endlich etwas tun und uns wirklich dahinterklemmen. Wir werden die Landesregierung nicht aus ihrer Verantwortung entlassen und uns weiterhin ernsthaft und mit Nachdruck für die Interessen der Menschen mit Behinderungen einsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Damen und Herren! Im Jahr 2006 gab es Ihren Antrag. Seinerzeit hat auch meine Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Alternativen zum Heim schaffen - ambulante Wohnformen ausbauen“ vorgelegt. Diesen Antrag haben Sie - das kann ich ja bei einem guten Oppositionsantrag noch verstehen - der Diskontinuität anheimfallen lassen. Aber dass Sie Ihren eigenen Antrag von 2006 bis 2008 nicht beraten und beschließen konnten, damit hier im Land etwas passiert, ist nun, ehrlich gesagt, wirklich ein bisschen schwer zu verstehen. Insofern teile ich die Kritik von Frau Groskurt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich glaube, wir sind uns beim Befund einig. Es gibt zu viele stationäre Unterbringungen und zu wenige Anreize für eine Ambulantisierung, auch einen zu geringen finanziellen Anreiz. Die Systeme sind in sich noch zu getrennt. Insgesamt gibt es zu wenig Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen. Insoweit sind wir uns sicherlich einig. Auch der Beschluss der Arbeits- und Sozi

alministerkonferenz stellt eine gute Basis dar, auf der man weiterarbeiten kann.

Was die Weiterentwicklung angeht, brauchen wir tatsächlich viel mehr ambulante Angebote. Dies bedeutet aber auch, dass man die Finanzierung ändern und Anreizsysteme schaffen muss, damit es sich beispielsweise für Träger lohnt, Menschen aus stationärer Unterbringung in ambulante Formen zu entlassen. Man muss auch sehr klar sagen: Das ist kein Sparmodell. Eine ambulante Betreuung ist nicht unbedingt günstiger als eine stationäre. Wer unter dieser Prämisse an das Thema herangeht, macht einen Fehler. Eine Sparbüchse ist das nicht.

Der SPD-Antrag, in dem Teile unserer Forderung übernommen wurden, ist eine gute Grundlage, um weiterzuarbeiten. Meinetwegen können wir auch zu Ihrem Antrag eine Anhörung machen. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten vielleicht gemeinsam mit uns die Antwort auf unsere Große Anfrage abgewartet. Wir haben sie im Sommer dieses Jahres gestellt. Wir wollten eine solide Datenbasis haben, auf der wir uns dann gemeinsam miteinander positionieren können. Ich werde jedenfalls für meine Fraktion diese Antwort auf die Große Anfrage abwarten und dann auf dieser von der Landesregierung sicherlich akribisch zusammengetragenen guten Datengrundlage eine Position bestimmen, die im Jahr 2009 richtig ist, und gegebenenfalls einen Änderungsantrag zu Ihren Anträgen einbringen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Helmhold. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Kollege Humke-Focks das Wort. Bitte schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den drei Minuten Redezeit, die mir zur Verfügung stehen,