Protocol of the Session on October 29, 2009

Das hat überhaupt nichts - das haben Sie völlig durcheinandergebracht; Jens Nacke hat darauf hingewiesen - mit der Schaffung von Lehrerstellen zu tun. Das ist ein völlig anderes Thema. Die Kollegin Heister-Neumann und die Regierungsfraktionen haben hinsichtlich dieses Themas in den letzten Monaten die richtigen Entscheidungen getroffen.

Ganz abgesehen davon: Frau Heinen-Kljajić, natürlich wissen wir, welche zahlenmäßigen Anforderungen auf uns zukommen. Ich habe mir die Zahlen sehr genau angeschaut und hier dazu auch schon Ausführungen gemacht. Im Gegensatz zur Vorgängerregierung haben wir ein systematisches Prüfungsverfahren entwickelt, das darauf angelegt ist, die frei werdenden Stellen auch wieder besetzen zu können, weil die Lehrer dafür vorhanden sind. Bei den MINT-Fächern müssen wir gewisse Ausnahmen machen, weil ich natürlich keinen dazu zwingen kann, Physik oder Chemie zu studieren. Aber auch darum geht es hier. Es geht darum - das ist eine der Kernbotschaften -, dass wir eine Lehrerausbildung schaffen, bei der Lehrer

herauskommen, die in der Lage sind, bei den Schülern Begeisterung und Neugierde für MINTFächer zu erwecken, damit diese Schüler später nicht sagen: Um Gottes willen, alles, bloß nicht Mathematik oder Physik studieren! - Vielmehr sollten sie sagen können: Jawohl, ich habe einen tollen Lehrer gehabt. Er hat mich für Mathematik und Physik begeistert. Deshalb studiere ich jetzt diese Fächer. Deshalb wähle ich ganz bewusst ein schwieriges Fach, nämlich eines der MINT-Fächer. - Darum geht es.

Es geht darum, dass wir die Lehrer früher mit praktischen Erfahrungen konfrontieren, dass wir sie nicht viel zu lange mit theoretischen Erkenntnissen konfrontieren, sondern schon frühzeitig sagen: Ihr müsst auch einmal in die Praxis hinein, um euch auf diesem Wege selber testen und die Frage beantworten zu können: Kann ich diesen Job überhaupt ausüben? Halte ich das überhaupt aus, was in diesem Job auf mich zukommt?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist die Kernbotschaft dieses Antrages. Das ist es, was wir auch den Eltern sagen müssen. Wir können es nur dann schaffen, starke junge Persönlichkeiten herauszubilden, wenn wir dafür eine Lehrerschaft haben, die sich nicht nur für ihren Beruf begeistert und ihren Beruf wirklich als Berufung empfindet, sondern darüber hinaus auch die Fähigkeit besitzt, ihre Begeisterung auf die Schüler zu übertragen, damit die Schüler nach Hause gehen und sagen können: Es macht auch Spaß, zur Schule zu gehen. Es macht auch Spaß, vermeintlich schwierige Fächer zu bewältigen. - Das ist die Herausforderung, der wir uns stellen wollen. Ich bin, was diese Frage angeht, sehr selbstbewusst und habe ein gutes Gefühl. Wenn Sie die Situation bei uns mit der in anderen Ländern vergleichen, stellen Sie fest, dass wir sehr viel weiter als alle anderen Länder sind - erst recht sehr viel weiter als die SPD-geführten Länder.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Letztere kommen nämlich aus ihrer strukturkonservativen Denkweise in dieser Frage überhaupt nicht heraus. Sie sind mutlos und haben darüber hinaus - ich nenne hier Berlin als Musterbeispiel, das von der SPD und der Linken geführt wird - Haushaltsprobleme, die mit unseren überhaupt nicht vergleichbar sind. Diese Länder haben immer massive Einschnitte in ihren Bildungshaushalten vorgenommen. Davon kann Herr Staatssekretär Lange, der einmal in Berlin als Staatsrat tätig war, ein Lied singen.

(Beifall bei der CDU)

Hören Sie also bitte auf, uns gerade von dieser Seite her irgendwelche Geschichten erzählen zu wollen. Wir können Ihnen nachweisen, dass es anders ist.

Eine letzte Bemerkung. Wir haben in der letzten Sitzung der Kultusministerkonferenz heftig über Studienseminare diskutiert. Es gab Vergleichslisten. Wissen Sie, wo Niedersachsen da lag? - Im oberen Drittel aller 16 Länder. Wir haben die Zahl der Studienseminarplätze von 4 400 auf 5 900 erhöht und außerdem fünf Außenstellen eingerichtet. Auch das ist hier gefordert worden. Wir befassen uns damit nicht weiter, lieber Kollege Wolfgang Wulf, weil wir diese Aufgabe längst erledigt und abgearbeitet haben. Wir sind viel weiter, als die linke Seite dieses Hauses denkt.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erteile ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine zusätzliche Redezeit von anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Minister Stratmann,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: „Lieber“ war schon gut!)

ich habe jetzt nicht ganz verstanden, warum Sie sich an dieser Stelle so echauffiert haben, nachdem ich erwähnt habe, dass Sie mit der Einrichtung der zehnsemestrigen Bachelor/Master-Lehramtsstudiengänge für alle Lehramtsbereiche nur einen KMK-Beschluss nachvollzogen haben. Das hat nichts damit zu tun, ob ich gut oder schlecht informiert bin, sondern es ist faktisch so - das haben Sie gerade wieder bestätigt -, dass es einen KMK-Beschluss gibt,

(Minister Lutz Stratmann: Nein, den gibt es nicht!)

der die entsprechenden Leistungsvorgaben macht. Die sind bisher einfach nur dadurch umgangen worden - auch von Niedersachsen -, dass man Teile des Vorbereitungsdienstes mit darauf angerechnet hat. Wenn Sie das jetzt umsetzen, sind wir die Letzten, die das kritisieren. Wir begrüßen das. Wir haben das zehnsemestrige Lehramtsstudium

für alle Schulformen schon gefordert, als Bachelor und Master gerade erst eingeführt worden sind. An dieser Stelle müssen Sie uns nicht belehren. Und wie gesagt: Das hat mit mangelnder Kenntnis nichts zu tun.

Jetzt möchte ich noch etwas zum Flaschenhals bei den Studienseminaren sagen. Natürlich haben Sie die Zahl der Seminarplätze von 4 500 auf 5 900 aufgestockt. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang aber: Reicht diese Aufstockung? - Wir importieren schon heute mehr Lehrerinnen und Lehrer nach Niedersachsen, als wir selbst produzieren. Das heißt, wir erreichen schon heute nicht die Versorgungsquote, die wir eigentlich bräuchten. Wir haben in den Studienseminaren enorm hohe Abbrecherquoten, angesichts deren man sich auch einmal fragen muss, unter welchen Bedingungen die Aufstockung der Seminarplätze stattgefunden hat. Jedenfalls auch an dieser Stelle gilt: Da haben Sie Ihre Hausaufgaben noch längst nicht gemacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt auch der SPD-Fraktion nach § 71 Abs. 3 eine zusätzliche Redezeit von anderthalb Minuten. Frau Dr. Andretta, bitte!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Jetzt kommt die richtige Fachfrau! Wulf wurde doch nur vorgeschoben! - Heiner Bart- ling [SPD]: Der Klare ist doch so dumm!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stratmann, was die Außenstellen angeht, muss man doch der Redlichkeit halber hinzufügen: Sie sind geschaffen worden, aber auch hier wieder nach dem bewährten Fielmann-Prinzip. Man hat sie geschaffen, aber nicht ausgestattet.

(Zustimmung bei der SPD)

Von daher ist auch das eine Qualitätseinbuße.

Ich möchte jetzt aber auch zu einem anderen Punkt noch etwas sagen. Mir geht es hier nicht darum, Fortschritte, die in der Tat auch in Niedersachsen in den letzten Jahren bei der Lehrerbildung erreicht worden sind, klein zu reden. Sie sind wirklich da - das ist anerkennenswert -, auch in der Forschung. Nichtsdestotrotz hinkt der Stellenwert der Lehrerbildung an unseren Hochschulen hinter

der großen Bedeutung der Lehrerbildung für die Gesellschaft her.

Auch heute noch lässt sich die Einschätzung der Lehrerausbildung an den Universitäten oft genug mit einem Zitat von George Bernard Shaw beschreiben: Who can, does. Who cannot, teaches. - Das heißt, dass die Lehrerausbildung ein Stiefkind an unseren Hochschulen ist, und zwar insbesondere dann, wenn es um den Stellenwert der Fachdidaktik sowie der Berufs- und Bildungswissenschaften geht. In den Fachwissenschaften laufen die Lehramtsstudenten oft nur nebenher. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Hier besteht Handlungsbedarf. Dass es anders geht, hat uns die TU München vorgemacht. Diese Exzellenzuniversität hat vor Kurzem eine School of Education eingerichtet - eine eigene Fakultät - und damit der Lehrerbildung zu neuem Glanz verholfen. Die Lehrerbildung steht nicht mehr am Rande der Universität, sondern im Zentrum. Ein solches Modell würden wir uns auch für Niedersachsen wünschen. Das steht in unserem Antrag. Dies könnte z. B. auch ein wunderbares Projekt für die NTH sein, damit sie endlich auch einmal Konturen bekommt.

Frau Kollegin, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist.

Darüber hätten wir gerne weiter diskutiert. CDU und FDP haben uns dazu aber nicht die Chance gegeben. Vielleicht sind Sie hier offener. Daran möchte ich appellieren. Wir müssen auch in der Lehrerbildung neue Wege gehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile jetzt nach § 71 Abs. 3 in Verbindung mit einer Restredezeit von 28 Sekunden Herrn Perli von der Fraktion DIE LINKE das Wort für anderthalb Minuten. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine beiden Vorrednerinnen haben schon viel von dem gesagt, was ich sagen wollte. Deshalb möchte ich jetzt noch auf einen anderen Punkt eingehen, wie dies Herr Stratmann und sein Staatssekretär auch im Wissenschaftsausschuss immer wieder machen. Wenn sie aufgrund der tollen Haushaltsvor

schläge der Linken keine Argumente mehr haben, kommen sie mit Berlin. Dabei wird immer vergessen, dass genau der Staatssekretär, der jetzt hier sitzt, in Berlin zu derjenigen Senatsregierung gehört hat, die diese Stadt in ein milliardenschweres Loch gestürzt hat.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Hallo wach! - Weitere Zuru- fe von der CDU)

Es war die Landowsky-Bande, deren Mitglieder inzwischen verurteilt worden sind, weil sie die Landesbank ins Verderben gestürzt haben. Dann ist Rot-Rot an die Regierung gekommen und hatte die Aufgabe, die Scherben aufzukehren, die Herr Dr. Lange in Berlin mit verursacht hat. Wenn das nicht so passiert wäre, dann würde den Ärmsten der Armen in Berlin die ganze soziale Kälte ins Gesicht schlagen. Insofern sollten Sie an dieser Stelle ganz ruhig sein.

Ich sage Ihnen noch eines: Ich bin ja von Ihnen vertrieben worden. Ich habe ja hier angefangen zu studieren, musste dann aber nach Potsdam gehen, weil ich mir Ihre Studiengebühren nicht mehr leisten konnte.

(Unruhe)

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Die Wahrheit kann die CDU nicht hören! Das ist doch oft so!)

Sie können sich jetzt etwas Zeit nehmen. Sie sollten Ihre Ausführungen unterbrechen, bis im Plenarsaal wieder Ruhe eingekehrt ist. - Bitte schön!

Als in Berlin der Prozess begonnen hatte, die von Ihnen verursachte soziale Kälte zu bereinigen, haben Sie mich mit Ihrer Studiengebührenpolitik aus Niedersachsen vertrieben. Ich konnte mir das Studium hier nicht mehr leisten und musste nach Potsdam gehen. Das ist ja bei Berlin, falls Sie es noch nicht wissen, und wird inzwischen auch von Rot-Rot regiert. Ich habe mir dort sehr gut erklären lassen, welchen Ruf der hiesige Staatssekretär dort an den Hochschulen hatte.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Erzählen Sie mal!)

Insofern kann ich nur sagen: Er ist dort weggejagt worden, und er wird auch hier bald weggejagt,

genauso wie der Minister, weil wir hier nämlich zusammengekommen sind, um die Studiengebühren wieder abzuschaffen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Nacke möchte jetzt eine Kurzintervention machen. Das ist Verfahren ist bekannt. Sie haben anderthalb Minuten.

(Unruhe)