Das Gutachten des Pestel-Instituts, das Sie als Argumentationsvorlage nutzen, wurde von der Bauwirtschaft in Auftrag gegeben. Da müssten bei Ihnen eigentlich wirklich die Alarmglocken schrillen. So viel Politikerfahrung sollten Sie haben. Dieses Gutachten ist rein interessengeleitet. Die Steinindustrie will ihre Produkte loswerden und fordert hohe Neubauraten. In diesem Zusammenhang wird dann leicht von einem grundsätzlichen Wohnungsmangel gesprochen.
Doch die geringe Neubautätigkeit in Niedersachsen liegt in erster Linie an einem relativ ausgeglichenen Wohnungsmarkt. Antworten auf die tatsächlich bestehenden regionalen und sektoralen Bedarfe geben Sie in Ihrem Antrag nicht. Sie benennen sie zwar, aber Sie geben keine Antworten.
Ich finde, Sie könnten auch ruhig einmal den ehemaligen Grünen in Ihren Reihen fragen, was er denn zur Versiegelungsproblematik in Deutschland denkt und ob er Neubau oder Umbau bevorzugen würde.
Auch die Behauptung, es gebe keine öffentliche Förderung für kleine Wohnungen, ist formal falsch. Wörtlich heißt es in der von Ihnen zitierten Ratsdrucksache aus Oldenburg ja auch nur, öffentliche
Fördermaßnahmen seien „nicht bekannt“. Das heißt ja nicht, dass es sie nicht gibt. Denn die Objektförderung, die Sie vermissen, wird selbstverständlich weiter praktiziert.
Nun zu der von Ihnen aufgestellten Modellrechnung zur Anhebung der Fördermittel von Bund und Land - Ausgaben, die sich angeblich selbst finanzieren sollen.
Erstens zu den Bundesmitteln: Wir bekommen bis 2013 wesentlich mehr Bundesmittel als bisher, obwohl der Bund die Zuständigkeit für die Wohnraumförderung schon im Zuge der Föderalismusreform 2006 an die Länder abgegeben hat. Ich glaube vor diesem Hintergrund, dass diese Zahlungen nach 2013 hier nicht aufrechterhalten werden. Das ist systematisch auch nachvollziehbar.
Zweitens zur Anhebung der Landesmittel: Es ist richtig, auch das Land sollte Mittel bereitstellen. Das tut es ja im Moment nicht. Aber doch nicht 140 Millionen Euro jährlich! Sie gehen in Ihrer Modellrechnung davon aus, dass das Land bzw. die Kommunen die derzeitigen Kosten der Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern durch zusätzliche Wohnraumförderung generell um 10 %, also um die von Ihnen eingestellten 140 Millionen Euro, senken können. Das ist eine Milchmädchenrechnung, die kaum zu toppen ist. Sie rechnen sich die Realität schön. Das ist Oppositionspolitik für Populisten. So funktioniert der Wohnungsmarkt nicht.
Mein Fazit: Sie setzen einseitig auf Neubau statt auf die Sanierung im Bestand. Sie sitzen der Bauwirtschaft auf dem Schoß und merken es nicht einmal. Dieser Antrag sollte schlicht und einfach zurückgezogen werden.
Zu dem Redebeitrag von Frau Staudte liegt eine Kurzintervention vor. Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben anderthalb Minuten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Mindeste, was man erwarten kann, wenn man die Erwiderung auf den eigenen Antrag
(Norbert Böhlke [CDU]: Eine böse Un- terstellung! - Miriam Staudte [GRÜ- NE]: Den habe ich gelesen!)
Frau Staudte, deswegen lese ich Ihnen das vor - jetzt müssen Sie einmal zuhören; das steht ganz unten auf der ersten Seite -:
„Darüber hinaus besteht ein akuter Nachholbedarf an Modernisierung vorhandener Bausubstanz, vor allem in energetischer Hinsicht.“
Sie haben uns eben unterstellt, dass wir das nicht wollten. Selbstverständlich brauchen wir beides: Wir brauchen Wohnungsneubau, und wir brauchen Modernisierung vorhandener Bauten vor allen Dingen in energetischer Hinsicht. Das steht in unserem Antrag. Nichts anderes haben wir gesagt. Wenn Sie sich mit uns auseinandersetzen, dann bitte in Zukunft qualifizierter!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Adler, das, was ich kritisiert habe, ist, dass Sie keine Antworten geben, dass Sie zwar konstatieren, dass es eine Problematik gibt, aber lediglich eine Aufstockung der Fördermittel fordern und an keiner Stelle sagen, wie Sie die konkreten Problematiken - was regionale Bedarfe, kleinere Wohnungen, Wohnungen für kinderreiche Familien, das energetische Sanieren und das barrierefreie Wohnen angeht - lösen wollen. Da geben Sie keine Antworten. Das ist nicht ausreichend.
Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Satz fiel mir ein -
Schon bei flüchtigem Lesen fällt auf, dass der Antrag Rechtschreibfehler und unvollständige Sätze enthält, schon deswegen also ungenau gearbeitet ist. Wer sich an den Sitzungen des Ausschusses beteiligt hat, der erinnert sich daran, dass der Kollege Humke-Focks für die Linke-Fraktion einen Gesetzentwurf angekündigt hat. Was aber folgt, ist ein lahmer Entschließungsantrag.
Die hier mehrfach erwähnte Pestel-Studie, die auch im Antrag vorkommt, stammt, wenn ich es richtig weiß, aus dem März 2009 und nicht aus dem August 2009. Sie kommt zwar zu der Einschätzung künftigen Wohnungsbedarfs, ist aber in den Annahmen außerordentlich vorsichtig. Es heißt dort:
„Auch innerhalb der so definierten regionalen Wohnungsmärkte gibt es Wohnungsangebote, die in keinerlei Konkurrenz zueinander stehen. Solcherlei Differenzierungen beziehen sich etwa auf unterschiedliche Größen, Ausstattungen, Lagen oder Eigentumsformen. Wer selbst schon einmal eine Wohnung gesucht hat, wird wissen, wie schwierig es ist, die für den eigenen Haushalt passende Wohnung zu finden.“
Unklar bleibt aber aus der Rede, die wir gerade gehört haben, wie die Antragsteller auf einen derart differenzierten Bedarf eine Antwort finden wollen.
Aus einer weiteren, relativ neuen Literaturstelle, nämlich aus dem Baurundblick vom September 2009, erfahren wir, wie es zurzeit um die Wohnungsproduktion bestellt ist. Sie erreichte 1995 mit 540 000 Fertigstellungen im Neubau ihren Höhepunkt in der Nachkriegsgeschichte. Seitdem ist ein konstanter und drastischer Rückgang zu verzeichnen. 2008 sind nur noch 156 000 Wohnungen fertiggestellt worden.
Was sind die Ursachen dafür? - Dazu erfahren wir aus dem Baurundblick, dass diese Entwicklung nicht zuletzt auf die deutliche Verschlechterung der staatlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, u. a. auf den Wegfall der degressiven Abschreibung für Abnutzung, die Erhöhung der Grunderwerbssteuer, die Verlängerung der Spekulationsfrist, die Begrenzung der Verlustverrechnung zwischen den Einkommensarten und den Wegfall der Eigenheimzulage. Vor diesem Hintergrund behauptet die Fraktion DIE LINKE tatsächlich, es gebe keinen regulierten Markt.
Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt eine ganze Reihe von Regulierungen, die unmittelbar in den Wohnungsmarkt eingreifen. Was die Landesmittel angeht, die Sie verausgaben wollen, verehrte Kollegen, warten wir auf Haushaltsanträge und Finanzierungsvorschläge; denn - das hat die Kollegin Frau Staudte lichtvoll ausgeführt - der Finanzierungsvorschlag einer Absenkung der Ausgaben für Kosten von Unterkunft ist völlig unplausibel, wie wir mit Sicherheit auch von Experten aus dem Ministerium im Ausschuss noch hören werden.
Meine Damen und Herren, vier von fünf Menschen zwischen 18 und 34 Jahren wünschen sich laut einer Umfrage der LBS, im eigenen Haus zu leben. Daher ist eine Entlastung der Menschen von Steuern und Abgaben ein Gebot der Stunde, weil ihnen das nämlich die Möglichkeit gibt, diesem Wunsch wieder nachzukommen.
Der Wohnungsmarkt selber wird nicht einmal wesentlich von der Wohnungspolitik gestaltet, sondern er besteht vor allen Dingen aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage, die sich über den Preis regeln. Der Kollege Matthiesen hat ausgeführt, mit welchen zahlreichen Instrumenten wir an dieser Stelle begleiten. Das finden übrigens auch Liberale völlig in Ordnung. Wo es Marktteilnehmer gibt, die das primäre Bedürfnis nach eigenem Wohnraum aus eigenen Mitteln nicht erfüllen können, da haben wir eine Reihe von Instrumenten geschaffen. Die Katastrophe, die Sie uns aufzeigen wollen, gibt es beileibe nicht. Von daher schlage ich zwar nicht vor, den Antrag zurückzuziehen, aber ich schlage vor, den Antrag abzulehnen. Wahrscheinlich werden wir das nach einer Diskussion im Ausschuss tun.
Meine Damen und Herren, wer die DDR zurück haben will, darf sich daran erinnern, dass laut der verdienstvollen Broschüre der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft - - -
- - - die Mieten dort zwar nur 18 % des Westniveaus betrugen, dafür hatten aber auch nur 60 % der Wohnungen eine Toilette.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Welches waren denn Ihre Blockparteien?)
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Riese, Sie reden von Toiletten. Es gibt ja noch andere Dinge, die man mit Wortbeiträgen manchmal machen möchte. Ich wundere mich sehr, dass wir bei der Wohnraumförderung wieder eine rückwärts gewandte Geschichtsdebatte führen.