Protocol of the Session on September 24, 2009

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Humke-Focks von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Groskurt, nach Ihrer Logik, wenn man das wirklich überspitzt darstellt, wäre es tatsächlich so, dass die komplette Opposition ihre Arbeit einstellen müsste; denn Sie haben ja unterstellt, dass die die Regierung tragenden Fraktionen automatisch jeden Antrag ablehnen. Dies ist aber mitnichten so. Wir haben erst heute ein Beispiel dafür gehabt. Insofern können wir durchaus die Hoffnung haben, dass wir in einer Fachdebatte im Ausschuss vielleicht zu anderen Ergebnissen kommen. Wir wollen also unsere Arbeit nicht einstellen, sondern wir machen weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Akteure, die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und andere - ich habe sie vorhin in meinem Redebeitrag aufgezählt -, bitten in vielen Gesprächen immer wieder darum: Politik, mach doch mal Druck, damit etwas passiert! Warum schiebt ihr nicht noch einmal einen Antrag nach? Macht einmal eine Initiative! - Dieser Bitte kommen wir jetzt nach. Deswegen hat es eine Logik, dass wir diesen Antrag jetzt hier einbringen.

(Jens Nacke [CDU]: Ihr braucht die Arbeit nicht einzustellen! Aber besser könntet ihr werden!)

Sie haben uns auf der einen Seite vorgeworfen, wir hätten in vielen Punkten noch ausführlicher sein müssen.

(Glocke des Präsidenten)

Auf der anderen Seite haben Sie jedoch gesagt, dass der Antrag zu umfangreich sei. Ich verstehe einen Antrag - damit komme ich zum Schluss; letzter Satz -, den wir stellen, den die Opposition stellt oder den die anderen Fraktionen stellen, so, dass das die Überlegungen sind, die man in die Debatte bringt. Im Fachausschuss wird anschließend darüber diskutiert. Wenn sich dann Umformulierungen und Ergänzungen ergeben, dann ist es gut so, und man kann darüber diskutieren. Hier haben wir eine vernünftige Diskussionsgrundlage.

Jetzt muss aber wirklich der letzte Satz kommen!

Das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN - Hans- Henning Adler [LINKE]: Wir machen Druck!)

Meine Damen und Herren, Frau Groskurt möchte erwidern. Bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident. - Herr Humke-Focks, der erste Teil Ihrer Ausführungen betraf genau das, worauf ich Herrn Adler schon eine Antwort gegeben habe. Zum zweiten Teil: Es widersprach sich nicht. Ich habe gesagt, Sie hätten Unkonkretes mit Konkretem vermischt. Deswegen kann man diesem Antrag so nicht zustimmen. Es wäre besser, man macht einzelne, konkrete Punkte und liefert den Fraktionen der CDU und der FDP nicht gleich die Ablehnungsgründe mit. Das war mein Ansinnen an Sie.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Rednerliste fort. Jetzt hat Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Pflege in Niedersachsen ist ja in einer ausgesprochen schwierigen Situation. Immer mehr Einrichtungen geraten in Finanznöte, insbesondere die, die ihre Mitarbeiterinnen vernünftig bezahlen. Die Spitze des Eisbergs haben wir hier in Hannover mit der Insolvenz von fünf Pflegeheimen der Caritas erlebt.

Auch in den Krankenhäusern führt der dramatische Stellenabbau zu unzumutbaren Arbeitssituationen. Immer mehr Pflegekräfte denken darüber nach, aus dem Beruf auszusteigen. Die Krankenstände steigen. Die Überlastungsanzeigen häufen sich. Dabei fehlen auf der anderen Seite Fachkräfte. Allein im Bezirk Hannover gibt es rund 400 offene Stellen für Pflegekräfte. Ob an dieser Situation der Antrag der Fraktion DIE LINKE allerdings etwas ändert, daran habe ich meine Zweifel.

Es ist richtig: Die Pflegesätze liegen in Niedersachsen im Durchschnitt 20 % niedriger als im westdeutschen Bundesdurchschnitt. Darüber haben wir hier schon einige Male gesprochen. Ich habe bereits damals gesagt, dass ich es fahrlässig finde, wenn die Sozialministerin sagt, dies sei eigentlich ganz prima; denn in Niedersachsen würden die Menschen besonders billig gepflegt. - Da hat sie ihre Aufgabe nicht richtig verstanden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bestreite die Behauptung der Antragsteller, es gebe z. B. zunehmende Probleme in der Betreuung von Familien mit Angehörigen, die an Demenz erkrankt sind. Hier sind gerade durch das Pflegeerweiterungsgesetz die Mittel über das Doppelte hinaus aufgestockt worden. Sehr viele Menschen nehmen jetzt die zusätzlichen Angebote in Anspruch, die ihnen diese gesetzliche Möglichkeit eröffnet.

Sie fordern eine Reihe von Maßnahmen. Auch ich glaube, wie Frau Groskurt, dass es nicht nötig ist, noch einmal extra in den Kommunen irgendetwas abzufragen. Besser wäre es, den Pflegebericht konkret auszuwerten und ihn fortzuschreiben; denn er ist ja schon ein paar Jahre alt.

Von einem neuen runden Tisch, wie Sie ihn fordern, halte ich überhaupt nichts. Es gibt bereits den Landespflegeausschuss, die Personalinitiative Pflege und einen runden Tisch auf Bundesebene. In Niedersachsen gibt es das Pflegeforum, um nur einige zu nennen. Die Ministerin hat für jedes Problem, das es gibt, erst einmal einen runden

Tisch eingerichtet, von Harninkontinenz bis zu Problemen von Kindern. Im Grunde genommen ist sie die Königin der runden Tische. Ich glaube, mehr brauchen wir in Niedersachsen nicht. Das löst die Probleme nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie kennen sie schon länger als wir!)

In Punkt 3 irren Sie. Das Land hat überhaupt keine Verpflichtung, Investitionen im Bereich der Altenhilfe bei der Pflege zu tätigen. Mit dem Niedersächsischen Pflegegesetz hat sich das Land da völlig herauskatapultiert und hat keine Steuerungsmöglichkeiten mehr, weil es für stationäre Einrichtungen überhaupt nichts mehr gibt.

Ich halte es auch für schwierig, wenn Sie fordern, dass man finanziell angeschlagenen nicht privaten Pflegeträgern z. B. zinslose Darlehen zur Verfügung stellt. Dies würde wirklich einen erheblichen Eingriff in den Pflegemarkt bedeuten und unter Umständen erhebliche Fehlsteuerungen beinhalten. Mein Eindruck ist, dass für manche Gegenden im Land eher der Gedanke an Abwrackprämien für Überkapazitäten infrage käme, meine Damen und Herren.

(Glocke des Präsidenten)

Bei der Nr. 5 müssen Sie sich schon entscheiden: Wollen Sie ein steuerfinanziertes Modell, oder wollen Sie eine Bürgerversicherung?

(Glocke des Präsidenten)

Wir wollen die Bürgerversicherung. Wir wollen, dass mehr Geld ins System kommt. Gute Pflege ist zu Dumpingpreisen nicht zu haben.

Was wir mit Ihnen teilen, ist die Auffassung, dass die Ministerin zumindest dieses Thema zu ihrem Herzensthema machen sollte. Sie muss sich einmal hineinhängen und sagen, dass sich in Niedersachsen etwas ändern muss.

Der Gerechtigkeit halber muss man aber auch sagen: So, wie Sie das hier fordern, geht es nicht.

Frau Kollegin, letzter Satz!

Wir sind in einem sehr komplizierten Ursachenzusammenhang, wo auch sehr viel von der Bundesebene entschieden wird. Mit Ihrem Antrag wird sich

nicht viel ändern. Wir werden ihn in den Beratungen noch schwer verbessern müssen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich jetzt Herrn Böhlke von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns in diesem Hause über die Zukunft der Pflege unterhalten. Zuletzt war dies im vergangenen Monat, im August, so, als wir den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP zur Weiterentwicklung der Pflegeausbildung eingebracht haben.

Auch wenn wir an vielen Stellen und Punkten mit Sicherheit anderer Meinung sind, so sind wir uns zumindest in einer Sache einig - die Debatten haben ganz klar und deutlich aufgezeigt -: Wir alle - egal, ob Fraktionen im Landtag oder die Landesregierung - sind uns darüber einig, dass dieses Thema besonders wichtig ist. Deshalb möchte ich an dieser Stelle - auch aufgrund der, wie ich finde, zum Teil unqualifizierten Kritik, die von meinen Vorrednern zum Ausdruck gebracht worden ist - ausdrücklich all denjenigen danken, die sich im Bereich der Pflege engagieren und die dort wirklich gute Arbeit leisten. Diese Anerkennung ist an dieser Stelle notwendig.

(Beifall bei der CDU)

Auch die unqualifizierten Angriffe gegenüber der Ministerin halte ich für völlig unangemessen.

Herr Kollege Böhlke, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich erlaube sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht, weil ich doch einige Dinge klarstellen möchte. - Wir haben ein Pflegepaket mit einem Volumen von 10 Millionen Euro verabschiedet, das zur Diskussion steht. Von daher - das will ich noch einmal deutlich machen - ist das, was Sie hier an unsachlichen Beiträgen geleistet haben, schon einmal ad absurdum zu führen.

Es ist richtig, meine Damen und Herren: Der demografische Wandel stellt uns vor neue Heraus

forderungen. Aber ich möchte auch deutlich betonen, dass wir uns diesem stellen wollen. Wir wollen dies allerdings als Chance verstehen. Wir wollen daraus Möglichkeiten ableiten. Wir wollen gestaltend tätig werden und eingreifen.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir wollen, dass die Arbeit in der Pflege auch in Zukunft attraktiv bleibt. Wir wollen eine qualitativ hochwertige Pflege für diejenigen, die sie benötigen. Wir wollen für diejenigen, die bereits dort arbeiten, und diejenigen, die diesen Beruf ergreifen wollen, dieses Berufsbild langfristig attraktiv gestalten. Dazu gehört natürlich auch das Thema Fort- und Ausbildungen, wie wir es unlängst in unserem Antrag in den Mittelpunkt gestellt haben.

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal deutlich unterstreichen, meine Damen und Herren - wir alle, die wir in den Fachdiskussionen dabei sind, wissen es doch auch besser -: Das Land entscheidet nicht über die Höhe der Pflegesätze. Das Land setzt sie auch nicht fest. Verhandlungspartner sind die Kassen, die Kommunen und die Betreiber der Einrichtungen. Das sollte doch unumstritten und eindeutig sein und nicht immer wieder mit diesen Legendenbildungen über die Zuständigkeit und Verantwortung der Landesregierung zugeschoben werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch von der LINKEN)

In den bisherigen Wortbeiträgen wurde deutlich, meine Damen und Herren, dass die drei Fraktionen der Opposition durchaus unterschiedlicher Auffassung sind, was diesen Antrag angeht. Das sehen auch wir natürlich zum Teil so. Auch wir sind mit dem Antrag überhaupt nicht einverstanden. Sie fordern z. B., dass angeschlagene nicht private Träger mit finanziellen Problemen zinslose Darlehen des Landes erhalten sollen. Sagen Sie einmal, meine Damen und Herren der Linken: Was haben Sie eigentlich gegen private Träger?