Herr Präsident, gestatten Sie mir noch einen abschließenden Satz. Herr Wenzel - Herr Jüttner war heute ja ganz ruhig; das hängt vielleicht mit den Entscheidungen nach der Wahl in der SPDFraktion zusammen -, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich biete Ihnen an, dass wir nach der Bundestagswahl gemeinsam versuchen, zur Sachlichkeit in der Diskussion zurückzukommen und eine Lösung im Sinne unserer Kinder und Enkelkinder zu finden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nutzung der Atomenergie war ein schwerwiegender technologischer Fehler, der nur begangen
Daraus erwächst für uns die Pflicht zum schnellstmöglichen Ausstieg. Deshalb der Atomkonsens. Es bleibt aber die politische Verantwortung, für ein sicheres Endlager einzutreten. Was nicht geht, ist, dass bei diesem brisanten Thema Fragen der Kosten, die bereits angefallen sind - vielleicht sogar unter dubiosen Umständen -, die Entscheidungsfindung für ein Endlager einengen. Das ist der Vorwurf, den wir erheben.
Ob es nun Merkel, Kauder oder wer auch immer sagt: Die 1,5 Milliarden, die in Gorleben verbaut wurden, wurden als Grund dafür angeführt, dass dieser Standort jetzt durchgesetzt werden muss. Damit sind wir nicht einverstanden.
Meine zweite Anmerkung in diesem Zusammenhang richtet sich an die CDU in der Großen Koalition in Berlin. Warum ist denn nicht umgesetzt worden, was in der Koalitionsvereinbarung verabredet worden ist und was Herr Gabriel auf den Weg bringen wollte, nämlich dass ergebnisoffen gesucht wird? Ihre Freunde in Bayern und BadenWürttemberg haben alles unternommen, um diese ergebnisoffene Erkundung zu unterbinden. Das akzeptieren wir nicht.
Schließlich will ich noch einen Blick nach vorn werfen. Sie erzählen immer, Atomstrom sei kostengünstig. Ich verweise hier auf die Untersuchung von Greenpeace, die erst wenige Wochen alt ist. Danach sind 150 Milliarden oder mehr an Subventionen in die Entwicklung und Durchsetzung der Atomenergie geflossen. Die Atomenergie ist subventionsfrei überhaupt nicht profitabel und nicht wettbewerbsfähig. Das ist die tatsächliche Situation.
Abschließend will ich noch das Argument anführen, das meines Erachtens das zentrale Argument für Niedersachsen ist: Wie kann ein Ministerpräsident dieses Bundeslandes den Großkonzernen der Energiewirtschaft die Hand reichen und ihre Interessen sichern zulasten der Investitionstätigkeit der großen Unternehmen, die im Bereich der regenerativen Energien in Niedersachsen vorankommen wollen?
Ihre sogenannte Brückentechnologie verhindert den Umstieg in regenerative Energien. Sie ist ein Schlag gegen den Klimaschutz und gegen die dynamische Entwicklung von Beschäftigung in Niedersachsen. Das ist unser Vorwurf.
(Starker Beifall bei der SPD und Bei- fall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Detlef Tanke [SPD]: Endlich mal ein Sachbeitrag! - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Da muss er selber lachen!)
Meine Damen und Herren, wollen Sie sich austauschen? - Dann kann ich die Sitzung für einen Moment unterbrechen.
Meine Damen und Herren, zu diesen beiden Anträgen zur Aktuellen Stunde liegen mir weitere Wortmeldungen nicht mehr vor.
Ich möchte aber noch auf etwas aufmerksam machen, meine Damen und Herren. Eine Fraktion hier im Haus hat Karten mit der Aufschrift „Alles Lüge“ auf den Tischen liegen. Das steht im Titel eines Antrags zur heutigen Aktuellen Stunde, weil es aus der Zeit zitiert worden ist. Wenn Sie dieses Schild allerdings nach der Rede eines Ministers oder eines Kollegen hochhalten, dann werde ich Ihnen dafür einen Ordnungsruf erteilen. Ich wollte Sie einmal darauf hinweisen, dass das die Folge wäre.
Ein Jahr nach der Lehman-Brothers-Pleite: Was hat die Landesregierung daraus gelernt? - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1656
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beginne mit der Erlaubnis des Präsidenten mit einem Zitat, das ich dann auch vorlese. Es lautet: Wir haben eine lange Tradition, zusammenzustehen, wenn die Zeiten rauer werden. Wir sind auf der richtigen Spur. - Die Frage ist nun: Ist dieses Zitat von Angela Merkel oder vielleicht von Christian Wulff? - Beides falsch. Dieses Zitat stammt vom 10. September 2008 vom damaligen Chef von Lehman Brothers. Fünf Tage später, morgens halb eins, war die Bank pleite. Mag sein, dass die eine oder andere Analogie zu Angela Merkel und Christian Wulff - betrachtet mit Ihren Aussagen zur gegenwärtigen Wirtschaftskrise - durchaus naheliegt.
Nun weiß mindestens Herr Stratmann als zuständiger Minister für Hochschulen, dass man bei der Analyse komplexer Zusammenhänge sehr sorgfältig zwischen Ursachen und Symptomen unterscheiden muss. Wenn man dies tut, wird klar, glaube ich, dass die Pleite von Lehman Brothers vor allem Symptom für die weltweite Wirtschaftskrise und nicht etwa die Ursache war.
Die eigentliche Ursache war nämlich das gravierende Ungleichgewicht der Weltwirtschaft. Sie wissen, dass nach der Pleite von Lehman Brothers die unmittelbaren Auswirkungen auf Deutschland zum Glück begrenzt waren. Betroffen waren ungefähr 30 000 Kunden, 3 000 davon in Niedersachsen. An dieser Stelle ist, glaube ich, ein deutliches Lob für die Sparkasse Hannover angebracht, die - Sie haben es der Presse entnommen - ihren Tausend betroffenen Kunden jetzt angeboten hat, einen 75-%- bzw. 50-%-Schnitt zu machen. Das ist ein auch im Vergleich zu den Privatbanken, die sich in dieser Frage knauserig und kleinkariert gezeigt haben, sehr hervorragender Schritt.
Das beweist übrigens einmal mehr, dass die öffentlichen Banken - vor allem die Sparkassen - ein ruhender Pol in diesen unruhigen finanzpolitischen Zeiten sind.
Was hat nun die Landesregierung aus alledem gelernt? - Wir erkennen an: Sie hat ihr Bekenntnis zu den öffentlichen Banken bekräftigt. Sie hat auch
Erstens hat sie nach wie vor - ich hatte es schon erwähnt - nicht begriffen, dass die Hauptursache dieser Krise in der ungleichen Verteilung liegt. Wer die Mehrheit der Bevölkerung nicht proportional am Produktivitätsfortschritt beteiligt, der verschärft mit der Zeit die Ungleichgewichte, und diese Ungleichgewichte lösen sich in einer Volkswirtschaft dann periodisch in Krisen. Weil die Massenkaufkraft in Deutschland außergewöhnlich lange und außergewöhnlich tief gegenüber dem Produktivitätsfortschritt zurückgeblieben ist, haben wir vor uns eine große Krise. Ich sage Ihnen: Wir sind nach wie vor am Beginn dieser großen Wirtschaftskrise.
Das Mittel dagegen wäre Mindestlohn. Das Mittel dagegen - das sage ich Richtung SPD - wäre auch, mit dem Lohndrücker Hartz IV endlich Schluss zu machen.
Der zweite Punkt, aus dem die Landesregierung leider nichts gelernt hat, betrifft die Banken selbst. Sie haben die Banken ohne Bedingungen mit Geld überschwemmt, und zwar so sehr überschwemmt, dass Sie gleichzeitig die Demokratie unterhöhlt haben. Der Finanzminister schüttelt den Kopf; dabei kennt er den § 10 a Abs. 3 des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, nach dem das SoFFinGremium, das über diese Mengen an Geld verfügt, geheim tagt - wörtlich heißt es dort: „Das Gremium tagt geheim.“ -, also völlig am Deutschen Bundestag, am Parlament vorbei. Das ist demokratiefeindlich, Herr Möllring.
Wohin führt diese Geldschwemme, die Sie jetzt, auch mit Zustimmung der Niedersächsischen Landesregierung im Bundesrat, über die Banken ausgegossen haben? - Ich zitiere jetzt aus keinem linken Organ, sondern aus der Wirtschaftswoche vom 14. September. Dort wird der Hedgefondsmanager Henning von Issendorff gefragt:
„Die Gefahr ist groß. Deshalb investieren die meisten vor allem dort, wo sie bei Problemen schnell wieder verkaufen können, also am Aktienmarkt.“
„Die Zentralbanken fluten die Märkte mit billigem Geld, es gibt eine Liquiditätsschwemme. Die kann aber nicht ewig weitergehen, sondern wird irgendwann enden. Das ist schon wieder ein heißer Tanz auf dem Vulkan. Es ist schwer, nicht mitzutanzen.“
Zum dritten Feld, auf dem Sie wenig tun, kommen wir heute Nachmittag, nämlich zum Haushalt. Sie machen Schulden, statt sich an die Umverteilung heranzuwagen. Das Ergebnis ist auf jeden Fall: Die Ungleichheit als Krisenursache bleibt. Die nächste Blase wächst schon wieder, und die nächste Krise, Herr Möllring, wird auf noch verschuldetere Haushalte treffen. Zwei junge Leute haben vor langer Zeit einmal gesagt, was die eigentliche Ursache aller Krisen ist und wie der Kapitalismus sie löst. Das waren, als sie in den Zwanziger waren, Karl Marx und Friedrich Engels im Kommunistischen Manifest.