Protocol of the Session on August 28, 2009

Die Herkunftsstandorte der die St.-Ursula-Schule in Duderstadt besuchenden Schülerinnen und Schüler werden durch das Land zwar nicht statistisch erhoben, der kirchliche Schulträger hat aber im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit dort vorhandene Daten zur Verfügung gestellt. Aus diesen Daten lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass durch die Aufnahme auswärtiger Schülerinnen und Schüler an der St.-Ursula-Schule in Duderstadt öffentliche Hauptschulen hinsichtlich ihrer Größe maßgeblich beeinträchtigt werden.

Der Landesregierung ist nicht bekannt, dass die Verwaltung des Landkreises Göttingen Gespräche mit dem kirchlichen Schulträger über die Zahl der auswärtigen Schülerinnen und Schüler an der St.-Ursula-Schule in Duderstadt geführt hat. Den Schulbehörden ist bisher über solche Gespräche weder berichtet worden, noch sind Gesprächswünsche unmittelbar an sie herangetragen worden. Die Schulbehörden des Landes würden einem Gesprächswunsch natürlich entsprechen.

Dies vorangeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1 und 2: Nach den vom kirchlichen Schulträger übermittelten Daten besuchten im Schuljahr 2008/2009 Schülerinnen und Schüler die St.-Ursula-Schule in Duderstadt wie folgt (in Klam- mern der prozentuale Anteil an der Gesamtschü- lerschaft der Schule):

Wohnort Wohnorte auswärtiger Schülerinnen und Schüler

Zweig der St.UrsulaSchule

Duderstadt Giebolde- hausen

Radolfs- hausen

Thüringen

andere

Hauptschule

163 (63,67) 46 (17,97) 34 (13,28) 2 (0,78) 11 4,30)

Realschule

94 (52,81) 48 (26,97) 30 (16,85) 1 (0,56) 5 (2,81)

Aus den vorstehenden Daten lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass an einem der Herkunftsstandorte durch den Besuch der St.-Ursula-Schule der auswärtigen Schülerinnen und Schüler eine öffentliche Hauptschule oder Realschule beeinträchtigt wird. Die öffentliche Hauptschule Gieboldehausen war im Schuljahr 2008/2009 mit Ausnahme der Jahrgänge 8 und 9 einzügig. Diese Einzügigkeit hätte aber auch dann bestanden, wenn die Schülerinnen und Schüler mit Wohnort in Gieboldehausen, die die St.-Ursula-Schule in Duderstadt besuchen, die öffentliche Hauptschule an ihrem Wohnort besucht hätten. Die öffentliche Realschule in Gieboldehausen war im Schuljahr 2008/2009 mit Ausnahme des Jahrgangs 5 dreizügig, mithin überhaupt nicht beeinträchtigt.

Die Samtgemeinde Radolfshausen ist nicht Standort einer öffentlichen Hauptschule oder Realschule. Schülerinnen und Schüler mit Wohnort in einer der Mitgliedsgemeinden dieser Samtgemeinde haben bei Besuch einer öffentlichen Hauptschule oder Realschule je nach Wohnort die entsprechende Schule in Duderstadt, in Göttingen oder mit Wahlrecht zwischen Göttingen und Giebolde

hausen bzw. zwischen Göttingen und Duderstadt zu besuchen.

Zu 3: Nein. Da keine Beeinträchtigung der öffentlichen Hauptschulen vorliegt, die ihre Ursache in einer Aufnahme von auswärtigen Schülerinnen und Schülern an der St.-Ursula-Schule hat, sind Verhandlungen nach § 157 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes nicht erforderlich.

Anlage 23

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 25 der Abg. Filiz Polat, Dr. Gabriele Heinen-Kljajić und Helge Limburg (GRÜNE)

Verdachtsunabhängige Kontrolle von Moscheebesuchern in Braunschweig

Am 29. Mai 2009, einem Freitag, hat die Polizei vor der Moschee Reichsstraße in Braunschweig zum wiederholten Mal eine sogenannte verdachtsunabhängige Kontrolle mit Identitätsfeststellung bei den Moscheebesuchern durchgeführt. Bereits vor dem Freitagsgebet waren zu diesem Anlass zahlreiche Polizisten vor Ort, sodass nach Angaben des Moscheevorstands viele Gläubige von ihrem geplanten Besuch der Moschee Abstand nahmen. Die erst nach dem Freitagsgebet stattgefundene Kontrolle hat dann zu einer regelrechten Staubildung geführt. Das Moscheetor wurde teilweise geschlossen, was den Eindruck eines Käfigs vermittelte, und annähernd jede aus der Moschee tretende Person wurde kontrolliert.

Für die Besucher der Moscheen ist dies nicht verständlich, eine Belastung und ein Ärgernis, weil die Akzeptanz von Moscheen in den Stadtteilen vermindert wird und die Gläubigen ihren nachbarschaftlichen Ruf gefährdet sehen. Der Gemeindevorstand der Moschee befürchtet, dass derartige Kontrollen den betroffenen Muslimen, die sich zum Teil jahrelang maßgeblich an der Integrationsarbeit in der Kommune beteiligt haben, ein Gefühl der Diskriminierung vermitteln und insbesondere bei den vielen jungen Gemeindemitgliedern in Braunschweig dazu führen können, dass diese ihren Glauben an den Nutzen ihrer Integrationsbemühungen und an eine diskriminierungsfreie Zukunft verlieren.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Steht nach Auffassung der Landesregierung der Nutzen solcher Kontrollen in einem angemessenen Verhältnis zu den Befürchtungen des Gemeindevorstands, dass sie kontraproduktiv auf Integrationsbemühungen wirken, eine diskriminierungsfreie Zukunft erschweren und eine Radikalisierung insbesondere junger Muslime fördern?

2. Nach der Antwort zu der Anfrage „Diskriminierung der Besucher von Moscheen durch

verdachtsunabhängige Kontrollen?“ aus dem Juni 2008 „sind solche Kontrollen nur, wenn von ihnen aufgrund eines polizeilichen Lagebildes Beiträge zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität erwartet werden können und sie unter Berücksichtigung aller Umstände verhältnismäßig sind“, zulässig. Welche konkreten Ergebnisse (Verhaftungen etc.) im Sinne dieser Vorgabe konnten durch die in den vergangenen Jahren durchgeführten Kontrollen erzielt werden?

3. Inwieweit sieht die Landesregierung die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Religionsausübung beeinträchtigt, wenn eine massive und frühzeitige Polizeipräsenz die Gläubigen aufgrund der diskriminierenden Wirkung und des deutlich gesteigerten Zeitaufwands für den Moscheebesuch vom Gebet abhält?

Die Landesregierung nimmt die Sorgen der muslimischen Bevölkerung in Bezug auf die Kontrollmaßnahmen sehr ernst. Aus diesem Grund wurden und werden regelmäßig Gespräche mit Moscheevereinen und Verbänden geführt. Aktuell wird beispielsweise der Präsident des Landespräsidiums für Polizei, Brand- und Katastrophenschutz unter Beteiligung der Polizeipräsidenten und der Integrationsabteilung des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration die Vorsitzenden von muslimischen Verbänden zeitnah zu einem Gespräch in das Innenministerium einladen, um auch die aktuellen polizeilichen Maßnahmen im Kontext mit der Sicherheitslage zu erörtern. Darüber hinaus soll der Austausch über die weitere mögliche Zusammenarbeit das gegenseitige Vertrauen im Umgang miteinander weiterentwickeln.

Der Generalsekretär von DITIB und gleichzeitige Vorsitzende des neu gegründeten DITIB-Landesverbandes Niedersachsen-Bremen hat sich in der Hürriyet mit dem Hinweis auf die grundsätzliche Notwendigkeit sehr differenziert zu den verdachtsunabhängigen Kontrollen vor Moscheen in Niedersachsen geäußert. Ich zitiere:

„Ünlü sagte gegenüber der Hürriyet, dass die andauernden Personenkontrollen für die Sicherheit notwendig seien und zur Abwehr gegen den Extremismus und Terror dienten.“

Zwischen der Landesregierung und den muslimischen Verbänden in Niedersachsen besteht Einigkeit darin, dass im Zusammenhang mit den Kontrollen jedoch nicht der Eindruck eines Generalverdachts gegenüber dem Islam und seinen Glaubensangehörigen entstehen darf. Unsererseits besteht die Zusicherung, dass dies bei der Planung und Durchführung der Kontrollmaßnahmen

durch die Polizei berücksichtigt wird. Gerade im Hinblick auf die ungestörte Ausübung der Religion werden die Kontrollen so gestaltet, dass die Belastungen für die Betroffenen so gering wie möglich gehalten werden.

Die einzelnen Moscheen oder Gebetsräume sind nur an wenigen Tagen im Jahr von Kontrollen betroffen. Im Zusammenhang mit dem Freitagsgebet werden die Maßnahmen so durchgeführt, dass der freie Zugang gewährleistet bleibt und es nicht zu unzumutbaren zeitlichen Verzögerungen kommt.

Die seit dem 24. Januar 2003 von der niedersächsischen Polizei durchgeführten Kontrollen im öffentlichen Verkehrsraum zur Bekämpfung der internationalen Kriminalität gemäß § 12 Abs. 6 Nds. SOG gehören insbesondere durch ihre hohe präventive Wirkung sowie in ihrer Funktion als Erkenntnis- und Verdachtsgewinnungsinstrument zum Kernbereich der polizeilichen Maßnahmen.

Nach Berichterstattung der Polizeidirektion Braunschweig hat am 29. Mai 2009 vor dem Gelände der Moschee des „Deutschsprachigen Muslimkreises Braunschweig (DMK) e. V.“, Reichsstraße 5, 38100 Braunschweig, eine Kontrollmaßnahme im öffentlichen Verkehrsraum stattgefunden.

Beim Eintreffen der Einsatzkräfte stand eine Hälfte des in der Hofeinfahrt befindlichen Gittertores offen. Unaufgefordert öffneten Besucher der Moschee zu Beginn der Kontrollen auch den zweiten Torflügel. Das Tor ist während der Durchführung der Maßnahme von den Einsatzkräften unberührt geblieben. Aufgrund der polizeilichen Kontrollen und der örtlichen Gegebenheiten entstand beim Verlassen des Grundstücks eine unvermeidbare zeitliche Verzögerung, von der auch jene Besucher betroffen waren, die nicht kontrolliert wurden. Im Verlauf der Kontrollmaßnahme wurden 77 Personen überprüft, was in etwa der Hälfte der anwesenden Moscheebesucher entsprach.

In Rahmen eines am 25. Juni 2009 mit dem Vorsitzenden des o. g. Muslimkreises geführten Kooperationsgespräches lobte dieser das höfliche und korrekte Auftreten der an der Kontrolle vom 29. Mai 2009 beteiligten Polizeibeamten.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Mündliche Anfrage auf Grundlage der Zulieferungen des Landeskriminalamtes Niedersachsen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Im Zuge der seit dem Jahr 2003 durchgeführten Kontrollmaßnahmen gemäß § 12

Abs. 6 Nds. SOG sind u. a. die folgenden Ergebnisse erzielt worden:

- 65 Festnahmen basierend auf Delikten der allgemeinen oder organisierten Kriminalität,

- 129 Treffer aufgrund von behördlichen Aufenthaltsersuchen bzw. Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung,

- 114 Strafanzeigen aufgrund von Delikten der allgemeinen und organisierten Kriminalität,

- 519 Ordnungswidrigkeitenanzeigen beispielsweise infolge von Verstößen gegen das Verkehrsrecht, das Waffengesetz und das Aufenthaltsgesetz.

Die Einleitung strafprozessualer Ermittlungsvorgänge ist dabei nicht das primäre Ziel derartiger Kontrollen. Vielmehr steht hierbei die Verdachts- und Erkenntnisgewinnung im Zusammenhang mit dem Umfeld des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials im Fokus. Die Kontrollmaßnahmen haben sich als Instrument zur Erkenntnisgewinnung im Bereich des islamistischen Extremismus/Terrorismus bewährt.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Zu 3: Die Kontrollen werden gerade auch im Hinblick auf die Religionsfreiheit der Betroffenen so schonend wie möglich konzipiert.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Anlage 24