Protocol of the Session on August 28, 2009

Ich zitiere zunächst aus einem Schreiben der AOK - Gesundheitsmanagement ambulant, Unternehmensbereich Pflege: „Deswegen unterstützen wir Sie im Rahmen unserer Möglichkeiten gern bei den Aktivitäten zur Stärkung der Attraktivität der Pflegeberufe.“

(Norbert Böhlke [CDU]: Sehr schön!)

Die AWO, Bezirksverband Braunschweig, schreibt: „Nicht nur im Land Niedersachsen muss Grundsätzliches getan werden, um den Pflegeberuf von der Ausbildung her grundlegend neu aufzustellen. Nur so kann den Herausforderungen in der Krankenpflege und in der Altenpflege aufgrund der demografischen Entwicklung, wie sie von Ihnen in der Begründung zu dieser Landesinitiative treffend dargestellt wurde, nachhaltig und effektiv entgegengetreten werden.“

(Norbert Böhlke [CDU]: Das ist ja wohltuend! Sehr gut!)

Der Brief der Landesgeschäftsstelle des Sozialverbandes ist umfangreicher. Ich kann nicht alles vorlesen.

(Zuruf von Uwe Schwarz [SPD])

- Ach, Herr Schwarz. Hören Sie doch auf! Seien Sie doch positiv gestimmt und nicht schon wieder maulig!

(Uwe Schwarz [SPD]: Ich bin immer positiv gestimmt!)

Die Landesgeschäftsstelle des Sozialverbandes schreibt: „Wir stimmen mit Ihnen überein, dass die Ausbildung den veränderten Anforderungen durch die Zunahme Demenzkranker und den vermehrten Bedarf an kultursensibler Pflege für Menschen mit Migrationshintergrund anzupassen ist.“

Zu guter Letzt noch ein Zitat aus dem Schreiben des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe: „Grundsätzlich geht der Berufsverband mit Ihren

Vorstellungen konform. Wir begrüßen und unterstützen die Erstellung eines landesweiten Konzeptes.“

(Uwe Schwarz [SPD]: Das machen wir doch schon seit fünf Jahren!)

Hier wird deutlich, Herr Schwarz, dass es einen Grundkonsens zur Neuregelung der Pflegeausbildung gibt. Deshalb sollte federführend - vielleicht können Sie zumindest in dem Punkt zustimmen - der Sozialausschuss mit dem Thema befasst und der Kultusausschuss mitberatend eingebunden werden.

Auf eines will ich ausdrücklich hinweisen: Das Thema ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig. Deshalb fände ich es traurig, wenn wir jetzt irgendwo in Fundamentalopposition verfallen würden. Das würde dem Thema mit Sicherheit nicht gerecht. Ich lade Sie deshalb ein, sich konstruktiv einzubringen und am Thema zu beteiligen. Das wäre ein gutes Signal für die Pflege,

(Uwe Schwarz [SPD]: Das finde ich auch!)

für die Menschen in Niedersachsen und für unsere politische Kultur insgesamt.

(Uwe Schwarz [SPD]: Können Sie Ih- re Ministerin auch noch einladen?)

In dem Sinne: ein gutes Thema, ein guter Antrag.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Nächste Rednerin ist Frau Groskurt von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal muss ich feststellen, dass gegen Ihren Antrag als solchen grundsätzlich nichts zu sagen ist, Frau Mundlos.

(Norbert Böhlke [CDU]: Das ist ja schon mal gut!)

Alle dort aufgeführten Punkte sind richtig. Nur den „Mut zu neuen Wegen“, den Sie eben erwähnt haben, Frau Mundlos, konnte ich leider in Ihrem Antrag nicht finden.

(Beifall bei der SPD)

Wir planen auch sicherlich keine fundamentale Oppositionspolitik - das würde dem Thema wirklich

nicht gerecht -, sondern wir wollen mit Ihnen zusammen Lösungsvorschläge erarbeiten und hoffen natürlich, dann auch gemeinsam zu guten Lösungen und damit zum Ziel zu kommen.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Viel- leicht kommen von Ihnen ja wirklich Lösungsvorschläge!)

- Darauf komme ich jetzt. - Wenn man Ihren Antrag ganz unbekümmert liest und, wie Sie offensichtlich, von keinerlei Kenntnis der bisherigen niedersächsischen Sozialpolitik belastet ist, könnte man ihm zustimmen. Alles, was dort steht, ist wunderbar - wenn der erste Satz nicht wäre. Es heißt dort: „Die Landesregierung wird gebeten“ - das ist ja noch in Ordnung, aber nicht, was dann kommt -, „bis zum 01.11.2010 ein Konzept zur Weiterentwicklung der Pflegeausbildung vorzulegen.“ Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das gibt es bereits. Wo waren Sie in den letzten Jahren? In einer bequemen Schlafposition,

(Beifall bei der SPD)

wo das parlamentarische Leben leise und unbemerkt an Ihnen vorbeigeplätschert ist?

Ich verstehe ja, dass sich Ihre Arbeit mit vielen neuen Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss etwas schwierig gestaltet. Aber da haben Sie, Frau Mundlos und Herr Böhlke, eigentlich eine Vorbildfunktion. Sie sollten die neuen Kolleginnen und Kollegen entsprechend in die Arbeit einbinden und sie aufklären.

(Zustimmung bei der SPD)

Mit Ihrem Antrag bringen Sie das Ministerium in eine peinliche Lage; denn alles, was Sie wissen wollen und in Ihrem Antrag nachfragen, steht in Ihrem eigenen Landespflegebericht, auf den Herr Riese eben hingewiesen hat. Er hat aber nur den Status quo vorgelesen und nicht die Lösungen erwähnt, die im Landespflegebericht schon aufgeführt sind.

Sie stellen Ihrem eigenen Ministerium ein schlechtes Zeugnis aus. Die Landesregierung braucht keine 15 Monate, um bereits vorhandene Daten zu prüfen und dann ein Konzept vorzulegen. Es kann nun wirklich nicht primäre Aufgabe der Opposition sein, die Landesregierung vor der Regierungskoalition zu schützen, aber wenn diese Landesregierung mit viel Fleiß einen ordentlichen 822 Seiten umfassenden Bericht erstellt hat, können wir sie auch nicht im Regen stehen lassen.

Nun zu Ihren acht Spiegelstrichen mit den netten Bitten. Die durch den demografischen Wandel hervorgerufenen Herausforderungen gehen aus dem bereits erwähnten Landespflegebericht hervor, in dem diese Herausforderungen bis 2020 und teilweise sogar bis 2050 fortgeschrieben werden - Seite 556, falls Sie nachlesen möchten. Außerdem hat eine vom Landtag eingesetzte interfraktionelle Enquetekommission „Demografischer Wandel“ einen Bericht erstellt, aus dem diese Herausforderungen auch eindeutig zu ersehen sind.

(Johanne Modder [SPD]: Genau! Den haben Sie wohl nicht gelesen!)

Zu den Spiegelstrichen zwei, drei und vier: Langfristige Perspektiven sind schnell dargestellt. Eine Anpassung der Pflegevergütung in Niedersachsen auf das Niveau anderer Länder bedeutet, dass die Pflegenden, wie z. B. in Nordrhein-Westfalen, täglich 70 Minuten mehr Zeit für die zu Pflegenden zur Verfügung haben. Die durchschnittlichen Entgelte in Niedersachsen sind im Vergleich zum Bundesmittelwert um bis zu 17 % niedriger.

Im Zusammenhang mit der Einführung eines angemessenen Mindestlohns für Pflegepersonal fordern wir die Ministerin auf - auch wenn Sie eben gesagt haben, Frau Mundlos, sie habe keinen Einfluss -, ihre aufsichtsrechtlichen Rechte und Pflichten gegenüber den Kranken- und Pflegekassen wahrzunehmen, was die Entgeltsituation und die Umsetzung neuer gesetzlicher Möglichkeiten betrifft. Das sind Perspektiven, die den Beruf attraktiv gestalten und zum Einstieg in den Pflegeberuf motivieren.

Die nächsten vier Spiegelstriche kann ich zusammenfassen. Das können Sie auf Seite 653 im Landespflegebericht nachlesen.

Das von Ihnen erwähnte Henriettenstift muss sich veralbert vorkommen. Es hat den Modellversuch MIKA bereits durchgeführt, evaluiert und eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben. Jetzt soll noch einmal bis 2010 an einem Konzept dazu gearbeitet werden. Darin sehe ich überhaupt keinen Sinn.

(Beifall bei der SPD - Heidemarie Mundlos [CDU]: Dann müssen Sie sich die Stellungnahme einmal durch- lesen! Die ist nämlich nicht abschlie- ßend!)

Wenn das Ministerium es sich ganz einfach machen will, was ich empfehle, legt es Ihnen den Landespflegebericht vor mit der höflichen Bitte,

diesen zu lesen. Wenn es besonders nett zu Ihnen sein und Sie nicht auf Ihre Unkenntnis hinweisen will, wird es das von Ihnen erbetene Konzept aus dem Landespflegebericht abschreiben.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die negative Entwicklung in der Pflegeausbildung, die bereits heute mehr als deutlich ist - Sie haben das auch erkannt und aufgeführt -, muss aufgehalten werden, und zwar jetzt. Das ist eine sozialpolitische Herausforderung, die Sie nicht annehmen, der Sie aber offensichtlich auch nicht gewachsen sind; sonst hätten Sie diesen Verzögerungsantrag nicht gestellt.

(Beifall bei der SPD)

Der Antrag ist gefährlich; denn wenn ich mich umschaue, erkenne ich: Viele von Ihnen, die hier sitzen, sollten sich langsam Gedanken darüber machen, wer sie pflegen soll. Die, die hier steht, hat sich Gedanken gemacht, und die haben nicht gerade zu einem beruhigenden Gefühl beigetragen. Ich wohne nämlich in Niedersachsen, eigentlich gerne, bin aber einer CDU/FDP-Regierung ausgeliefert.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist hart!)

Pflegekräfte aus Polen werden eingestellt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wenn du alt bist, bist du nicht mehr CDU/FDP- gefährdet!)

- Diese Überzeugung habe ich auch. Danke schön.