Protocol of the Session on August 26, 2009

Das Handwerk missbraucht diese Klagen aber nicht, um sich seiner Ausbildungspflicht zu entziehen, sondern - ganz im Gegenteil - trotz dieser mancherorten angesprochenen Schwierigkeiten bildet das Handwerk aus. Dies ist nicht nur eine

wirtschaftspolitische Leistung, weil man für den eigenen Nachwuchs sorgt, sondern, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Handwerk hat hier auch eine gesellschaftliche Verantwortung, der es in besonderer Weise nachkommt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dies finde ich bemerkenswert, gerade in der heutigen Zeit, in der man der Wirtschaft oft unterstellt, so etwas wie eine gesellschaftliche Verantwortung gebe es dort nicht. Das Handwerk, kleine Mittelständler belegen in eindrucksvoller Weise das Gegenteil, und das, meine Damen und Herren - dies wurde ebenfalls schon gesagt -, ganz ohne Ausbildungsplatzabgabe. Dies zeigt, wie überflüssig solche Zwangsmaßnahmen sind, wenn man mehr Ausbildung erhalten möchte.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU] - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das stimmt nicht!)

Die Landesregierung geht seit 2004 einen anderen Weg. Es gibt den Niedersächsischen Pakt für Ausbildung, Ausbildungsakquisiteure, Verbundausbildungen und überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen. Es gibt einiges, womit wir jungen Menschen helfen, den Weg in den Beruf zu finden. Dies zeigt, dass es besser ist, sich mit den Partnern zusammenzusetzen, als von oben herab Zwangsmaßnahmen anzuordnen, die im Ergebnis nur dazu führen würden, dass sich Unternehmen freikaufen, anstatt weiter auszubilden.

All die Maßnahmen, die wir angestoßen haben, haben im Übrigen nur ein einziges Ziel, Herr Hagenah, nämlich nicht Alternativen zu schaffen, sondern die duale Ausbildung in Deutschland und Niedersachsen zu stärken. Das ist das erklärte Ziel dieser Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wer dies tun möchte, der muss vor allem die Unternehmen stärken, die diese Ausbildungsplätze schaffen, in dieser Frage das Handwerk. Wer Ausbildungsplätze auch in Zukunft haben möchte, der muss Handwerksunternehmen stärken, um so deren Leistungsfähigkeit zu erhöhen, damit diese die Möglichkeit haben, auch in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten auszubilden. Das ist das Ziel dieser Landesregierung.

Wir danken dem Handwerk, verzichten auf Zwangsmaßnahmen wie die Ausbildungsplatzabgabe und unterstützen durch den Pakt für Ausbildung die Unternehmen in der Hoffnung, dass es

bei den Ausbildungsplatzzahlen auch weiterhin aufwärts gehen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt e der Aktuellen Stunde liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 1 b und d sowie zu dem zusätzlichen Tagesordnungspunkt, die ich vereinbarungsgemäß zusammen aufrufe:

Immer mehr Brand(t)herde in der niedersächsischen Schulpolitik - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1526

Betreibt die Landesregierung durch ein Abstrafen von Kritikern und Unwahrheiten gegenüber dem Parlament Schindluder mit der politischen Kultur in unserem Land? - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1537

Entlassung von Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1550

Meine Damen und Herren, die Fraktionen sind übereingekommen, dass die Fünfminutenregelung jetzt nicht gilt, sondern dass am Stück zehn Minuten für jede Fraktion geredet werden kann.

Ich möchte an dieser Stelle, insbesondere für die Öffentlichkeit, darauf hinweisen, dass alle Rednerinnen und Redner vor dem Problem stehen, dass die Themen im Kultusausschuss in vertraulicher Sitzung behandelt worden sind und dass sie die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen zu berücksichtigen haben.

(David McAllister [CDU]: Aha!)

Als erste Rednerin hat sich Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Korter!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Brand(t)herde dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen in der Schulpolitik des Landes Niedersachsen werden immer mehr, und sie werden immer größer.

(Björn Thümler [CDU]: Herr Brandt ist doch hier!)

Aber statt zu löschen, gießt die Regierung hier auch noch Öl ins Feuer. Statt Fehler einzugestehen und zu korrigieren, versuchen Sie, die Flucht nach vorn anzutreten. Kritiker werden diffamiert. Mit üblen Tricks versucht die Landesregierung, sie mundtot zu machen, am Schlimmsten zuletzt in der Rufmordkampagne gegen den GEW-Vorsitzenden Eberhard Brandt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ernst- August Hoppenbrock [CDU]: Das hat er doch selber gemacht!)

Verantwortlich für dieses Vorgehen ist allein die Kultusministerin.

Frau Heister-Neumann, Sie haben die Entscheidung über einen Antrag des GEW-Vorsitzenden Brandt auf Stundenzuweisung seit November 2008 monatelang verschleppt, obwohl mehrfach auf die Dringlichkeit einer Entscheidung hingewiesen wurde.

(Ralf Borngräber [SPD]: Unerhört!)

In der ganzen Zeit ist nicht einmal das Gespräch mit dem Betroffenen gesucht worden, sodass er davon ausgehen musste, es sei alles in Ordnung. Damit haben Sie dem GEW-Vorsitzenden eine Falle gestellt!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Genau so war es!)

Dann hat Ihre Behörde diesen selbst geschaffenen Anlass genutzt, um ein Disziplinarverfahren gegen den GEW-Vorsitzenden einzuleiten, das nicht nur in der Sache völlig unverhältnismäßig war, sondern das sich inzwischen auch als gegenstandslos herausgestellt hat. Damit war dieses Verfahren eindeutig politisch motiviert. Daran gibt es keinen Zweifel!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Aus dem Ministerium oder der Schulbehörde heraus sind der Presse vertrauliche Akten über dieses Disziplinarverfahren zugespielt worden; denn von wem sonst hätte die Presse diese Akten erhalten können?

Frau Ministerin, Sie haben mehrfach behauptet, Sie seien für die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen Herrn Brandt nicht verantwortlich, Sie hätten keine Weisung gegeben. Der Spiegel vom 24. August berichtet dazu - ich zitiere wörtlich -:

„In einer nun aufgetauchten vertraulichen dienstlichen Erklärung schildert eine Dezernentin der Landesschulbehörde, ihr Vorgesetzter, Behördenleiter Ulrich Dempwolf, habe sie am 27. März angewiesen, bis spätestens 16 Uhr desselben Tages Vorermittlungen gegen Brandt einzuleiten trotz ihrer Bedenken und mit dem Hinweis auf die ‚Vorgaben der Hausspitze des Kultusministeriums’ und der ‚politischen Bedeutung’ des Vorgangs. Weiter heißt es, ihr Chef habe gesagt, ‚von der Ministerin sei bereits angekündigt worden, dass gegen Herrn Brandt disziplinarisch vorgegangen werde.’“

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aha!)

„Auch am 21. April hat die Ministerin demnach Einfluss auf das Verfahren genommen. Per Mail habe ihr“

- der Dezernentin der Landesschulbehörde -

„Dempwolf an dem Tag mitgeteilt, ‚er sei nach erneuter Klärung mit der Spitze des Niedersächsischen Kultusministeriums heute angewiesen worden’, die im Entwurf vorliegende Disziplinarverfügung unverzüglich abzuschicken.“

(Filiz Polat [GRÜNE]: Unglaublich!)

So weit der Spiegel. Hierin kommt ausdrücklich zweimal das Wort „angewiesen“ vor und wird sich auf die Vorgabe der Hausspitze des Ministeriums bezogen.

(Björn Thümler [CDU]: Und weil der Spiegel das schreibt, glauben wir das!)

Frau Ministerin, mir ist nicht bekannt, dass Sie diese Darstellung des Spiegels bzw. die Existenz

oder den Inhalt der darin beschriebenen dienstlichen Erklärung dementiert hätten. Wenn die Darstellung nicht der Wahrheit entspricht, dann haben Sie heute Gelegenheit, das Parlament darüber aufzuklären, wer gelogen hat: die Dezernentin, der Präsident der Landesschulbehörde oder Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Filiz Polat [GRÜNE]: Richtig!)

Bisher klammern Sie sich an das Mittel der Geheimhaltung der Akten, um die Aufklärung zu verhindern. Sie haben uns noch immer nicht alle Akten zur Einsicht überlassen!

(Filiz Polat [GRÜNE]: Unglaublich!)

Frau Heister-Neumann, wenn Sie nicht genau wüssten, dass die Akten Dinge enthalten, die die Rolle der Hausspitze ganz anders darstellen, als Ihnen lieb ist, würden Sie die Vertraulichkeit doch aufheben.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Sie wollen mit der Geheimhaltung keinen Mitarbeiter und auch nicht Herrn Brandt schützen. Sie wollen vertuschen, wie Ihr Haus in der Sache Brandt vorgegangen ist.