FDP und CDU haben dann im Jahr 2003 diese Sorgen und Nöte der Eltern und der Schüler ernst genommen und die notwendige Verkürzung der Schulzeit eingeleitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Korter, Sie können sich sicher sein, dass wir auch in Zukunft die Sorgen und Nöte von Schülern, Eltern und Lehrern bei unserer Bildungspolitik berücksichtigen werden. Nicht zuletzt deshalb hatte die Frau Kultusministerin zu einem runden Tisch eingeladen. Dieses Vorgehen begrüße ich ausdrücklich.
Eine Realisierung dieser Forderungen würde zu einem großen Durcheinander in der Gymnasiallandschaft führen. Was gab es in den vergangenen Jahren immer wieder für öffentliche Kritik daran, dass der Schulwechsel zwischen den Bundesländern mit erheblichen Umstellungen für die Schüler verbunden ist. Und nun kommen Sie und wollen
auch noch unterschiedliche Regelungen zwischen den Gymnasien in Niedersachsen. Damit tun Sie den Schülern in Niedersachsen keinen Gefallen.
Auch würden wir in der Diskussion wieder zehn Jahre zurückgeworfen werden. Ich verweise auf meine Ausführungen zu Beginn meiner Rede.
Wir müssen daher einen anderen Weg gehen, der auch schon eingeschlagen worden ist. Rahmenrichtlinien und Kerncurricula werden überarbeitet, und das nicht nur kurzsichtig, sondern gründlich und sorgfältig. Es ist doch selbstverständlich, dass die Lehrinhalte überarbeitet werden müssen. Dabei darf es aber nicht, wie von Ihnen unter Nr. 4 gefordert, zu einer Absenkung der Bildungsstandards kommen. Damit würden wir der Generation der jetzigen Abiturienten nachhaltig Schaden zufügen.
Wir müssen daher Maßnahmen ergreifen, die allen Schülern helfen, das angestrebte Ziel zu erreichen. Eine Maßnahme wurde bereits ergriffen. Den Schulen wurde zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt, um Fördermaßnahmen anzubieten. Jetzt sagen einige Kritiker, dass diese Maßnahme durch die zusätzlichen Förderstunden zu einer zusätzlichen Belastung der Schüler führen würde. Ich frage Sie aber: Auf der einen Seite sagen Sie, dass die Schüler aus Familien, die die finanziellen Ressourcen für Nachhilfeunterricht haben, bessergestellt werden, weil ihre Kinder nachmittags noch Nachhilfe nehmen können, auf der anderen Seite aber kritisieren Sie unsere Fördermaßnahmen, die gerade diese sozialen Spannungen entschärfen, weil wir allen Schülern die Chance bieten, davon zu profitieren. Das bietet Chancengerechtigkeit. Das ist soziale Gerechtigkeit.
Gleichwohl muss man aber auch die zusätzliche Belastung durch die Hausaufgaben im Auge haben. Ich setze hier auf die Lehrer, denen ich vollends vertraue, dass sie noch genauer hinsehen, ob Belastungen durch Hausaufgaben entstehen und wie sie gegebenenfalls vermieden werden können. Auch die Organisation des Unterrichts kann man, wie ich denke, vertrauensvoll in die Hände der Schulen geben. Dort können dann Schüler, Eltern, Lehrer und Schulleitungen selbst das beste Modell für ihre Schule entwickeln.
Abschließend möchte ich noch aus einer Pressemitteilung des Verbandes Deutscher Realschullehrer in Niedersachsen vom 13. Februar 2008 zitieren:
„,Kinder mit einer Realschulempfehlung oder schwachen Gymnasialempfehlung sollten an der Realschule angemeldet werden. In sechs Jahren können sie in der Realschule den Erweiterten Sekundarabschluss I erwerben. Dann haben sie einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in die Sekundarstufe II eines Gymnasiums und können nach drei Jahren das Abitur ablegen,’ so Manfred Busch, VDRLandesvorsitzender.
Dieser Weg dauert zwar 13 Jahre, er bietet aber allen denen, die etwas mehr Zeit brauchen, Erfolgserlebnisse und mehr Zeit für alles, was neben der Schule für die persönliche Entwicklung von 11- bis 16-Jährigen nötig und wichtig ist.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das begabungsgerechte differenzierte Schulsystem bietet bereits die Möglichkeiten, die die Grünen mit ihrem Antrag eröffnen möchten. Wieder einmal zeigt sich, dass das niedersächsische Regelschulsystem eine Chance für die Kinder in unserem Land darstellt.
Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Heister-Neumann das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle wünschen, dass unsere Kinder mit frohem Herzen und gern zur Schule gehen. Ich glaube, wir alle sollten so ehrlich sein und einräumen - wir sind ja alle zur Schule gegangen -, dass man das zu 100 % kaum darstellen kann. Das muss man vielleicht einfach auch mal zugeben.
Schule darf aber auf keinen Fall, Frau Korter, krank machen. Schule in Niedersachsen macht auch nicht krank. Schule in Niedersachsen hat sich vor allem in den letzten Jahren enorm entwickelt. Wir haben viele gute Reformen wie z. B. das Brü
ckenjahr, die zentralen Abschlussprüfungen und die Eigenverantwortliche Schule auf den Weg gebracht, die sich an den Schulen positiv auswirken werden.
Eine wichtige Entscheidung war die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur von 13 auf 12 Jahre. Diese Entscheidung war wichtig. Sie war vor allen Dingen auch richtig. So haben mittlerweile fast alle Bundesländer die Schulzeit verkürzt und damit die Möglichkeit eröffnet, am Gymnasium das Abitur in acht statt bisher neun Jahren zu erlangen. Damit haben die jungen Menschen die gleichen Chancen wie ihre Freunde in den Nachbarländern der Bundesrepublik Deutschland.
Mit Blick in Richtung Thüringen und Sachsen können wir auch sehen, dass man es mit diesem Schritt im PISA-Bundesvergleich auch wirklich auf die vorderen Plätze schafft. Die Erfahrungen mit dem Abitur nach zwölf Jahren sind vielfach gut. Daran möchten wir anknüpfen. Wir möchten dafür sorgen, dass unsere Schulabsolventen nicht nur gut, sondern auch jünger ins Berufsleben einsteigen können als bisher.
Meine Damen und Herren, Veränderungen verursachen oft Unsicherheiten. Die Landesregierung nimmt die Sorgen der Eltern, der Lehrer und vor allem natürlich der Schüler sehr ernst. Dabei machen wir auch keine Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Interessengruppen. Deshalb habe ich als neue Kultusministerin alle Beteiligten gleich nach meinem Amtsantritt zu einem runden Tisch eingeladen. Der erste Termin hat bereits am vergangenen Montag stattgefunden.
Meine Damen und Herren, bei allen unterschiedlichen Einschätzungen zu Unterstützungsmaßnahmen im Rahmen der G8-Reform eint alle - Lehrer, Eltern, Schüler und das Land - der Wunsch nach einem reibungslosen Verlauf und guten Ergebnissen beim Abitur 2011. Dann nämlich werden der jetzige neunte und zehnte Jahrgang gemeinsam die Abiturprüfung ablegen. Mir ist das Gelingen des achtjährigen Gymnasiums ein ganz besonderes Anliegen. Deshalb werde ich gemeinsam mit allen Beteiligten den Dialog fortsetzen, und wir werden uns am 2. Juni zu einer zweiten Gesprächsrunde treffen, um die in der Umsetzung der Reform immer wieder auftretenden Fragen zeitnah zu erörtern und vor allem eine Lösung hierzu zu erreichen.
Seit Beginn der Umsetzungsphase der sogenannten G8-Reform achtet diese Landesregierung darauf, dass die Schülerinnen und Schüler des aktuellen neunten Schuljahrgangs inhaltlich den Anschluss an die Schülerinnen und Schüler des jetzigen zehnten Schuljahrgangs finden. Deshalb hat die Landesregierung zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Damit sollen die Schulen den Schülerinnen und Schülern des neunten Schuljahrgangs besonderen Förderunterricht, z. B. in den Kernfächern Deutsch, Fremdsprachen und Mathematik, anbieten. Es ist nicht so, dass deshalb zusätzliche Stunden anfallen, sondern man kann es sehr wohl auch so machen, dass diese Stunden aufgeteilt werden, sodass nicht noch zusätzliche Stunden für die Schülerinnen und Schüler angeboten werden müssen.
Ich bin auch der Überzeugung, das ist ein wertvoller Baustein zum Gelingen der G8-Reform in Niedersachsen.
Meine Damen und Herren von den Grünen, liebe Frau Korter, die in Ihrem Entschließungsantrag enthaltenen Hinweise halte ich zum Teil nicht für zutreffend. Ich halte sie auch nicht für zielführend. Im Einzelnen: Ein Abitur der zwei Geschwindigkeiten an einer Schule ist vor allem deshalb problematisch, weil durch ein paralleles Angebot von G8 und G9 kaum noch homogene Lerngruppen vorgehalten werden können.
Eine individuelle Beschleunigung oder Verlangsamung ist auch an diesem Gymnasium selbstverständlich möglich. Entgegen Ihrem Vorwurf wurde die Entscheidung für das Abitur nach zwölf Jahren in Niedersachsen nicht am grünen Tisch getroffen, sondern nach einer umfassenden Beteiligung der Schüler-, Eltern- und auch der Lehrerverbände. Gemeinsam wollen wir auch in Zukunft am Gelingen des Abiturs nach zwölf Jahren arbeiten.
Die Landesregierung versteht die Sorgen der Schüler, der Eltern und der Lehrkräfte insbesondere im Hinblick auf die Unterrichtsdichte. Deshalb habe ich mich Anfang März 2008 auf der Kultusministerkonferenz dafür eingesetzt, dass die Flexibilität für die Schulen im Rahmen der bis zum Abitur von den Schülern zu absolvierenden Stunden erhöht wird. Hier ist eine spürbare Entlastung innerhalb der 260 fachlich zugeordneten Stunden möglich.
Künftig dürfen Übungen und Projekte flexibler als bisher auf die Stundentafel angerechnet werden. Das entlastet die Schülerinnen und Schüler nicht nur im Unterricht, sondern auch bei den Hausaufgaben.
Die ebenfalls von der KMK beschlossene Umstellung der Lehrpläne wird in Niedersachsen bereits seit Jahren umgesetzt. Wir wollen, dass nicht alles denkbare, sondern das notwendige Wissen vermittelt wird. Wir werden deshalb aber nochmals die Kerncurricula genau darauf überprüfen.
Im Übrigen besteht entgegen Ihrer Annahme bereits jetzt die Möglichkeit zur Rhythmisierung der Stunden. Die Schulen haben im Rahmen ihrer Eigenverantwortung durchaus die Möglichkeit, über die Stundenverteilung und den Stundenplan selbst zu entscheiden. Sie können z. B. Einzelstunden, Doppelstunden oder auch Pausenzeiten nach den Bedürfnissen vor Ort festlegen.
Ein Wort noch zu Ihrer Forderung nach mehr Ganztagsschulen. Diese Landesregierung hat - das müssen Sie doch wirklich zugeben - mehr Ganztagsschulen genehmigt, als jede Regierung vor ihr das jemals getan hat.