Das führt dazu, dass unsere Einnahmebasis weiter sinken wird mit dem Ergebnis, dass wir noch größere Zuschläge erheben müssten. Aber genau das wollen Sie ja nicht. Sie wollen ja den Wettbewerb um die niedrigsten Steuersätze. Dann müssen Sie uns einmal erklären, was das auf der Ausgabeseite bedeutet. Wir haben gerade im vorhergehenden Tagesordnungspunkt über das Thema Bildung und die Notwendigkeit und Priorität von Bildungsinvestitionen gesprochen.
Wir haben heute Morgen über das wichtige Zukunftsprojekt JadeWeserPort gesprochen. Wir haben Ihnen schon in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich gemacht, dass eine solche Investition bei einem unbedingten Neuverschuldungsverbot in Zukunft nie mehr zu finanzieren sein wird.
Sie haben aber eine noch weiter gehende Idee. Sie wollen genau diese Gestaltungsmöglichkeiten auch auf der Ebene der Kommunen. Meine Damen und Herren, sind denn die unterschiedlichen Kreisumlagen in Holzminden und im Ammerland Ergebnis autonomen politischen Handelns, oder hat das nicht durchaus mit Strukturschwäche zu tun? - Ich glaube, dazu können Ihnen auch Ihre eigenen Minister etwas sagen.
(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Im Ammerland hat das auch mit dem zu tun, was der Landkreis mit den Gemeinden vereinbart hat! Da muss man schon genauer hinschauen!)
Meine Damen und Herren von der FDP, wenn Sie Ihre Vorschläge, die Sie heute sehr zurückhaltend angesprochen haben, tatsächlich umsetzen, werden wir eines erreichen, nämlich dass wir den grundgesetzlichen Anspruch der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse nicht einmal mehr in Nieder
sachsen gewährleisten können. Ich habe auch erhebliche Zweifel, ob gerade das Klientel, dem Sie sich so nahe fühlen, Niedersachsen dann weiterhin für ein attraktives Bundesland halten wird.
Wenn wir auf der Bundesebene noch einen Handlungsbedarf haben, dann doch gerade in der Richtung, dass wir endlich dafür sorgen müssen, dass der Staat die Einnahmen zur Verfügung hat, die er braucht, um alle seine Aufgaben zu erfüllen. Vor dem Hintergrund würde ich mir wünschen, dass von Ihnen auch einmal Vorschläge zum Thema Vereinheitlichung des Steuervollzugs auf Bundesebene kommen. Ich glaube, damit wäre uns viel mehr geholfen als mit den Themen, die Sie heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, bei denen Sie bemerkenswert unkonkret bleiben, wozu aber Ihre Papiere und Ihre Kollegen aus der Bundestagsfraktion schon etwas ganz anderes sagen. Dabei wird Niedersachsen zu den Verlierern und nicht zu den Gewinnern gehören.
- Herr Will, ich würde eher sagen: „Frau Geuter hat eben recht“ als „Herr Will hat recht“. Sie hat ja in vielen Dingen sauber vorgetragen, was ihre Position ist. Wenn ich etwa an unseren Antrag zum Verschuldungsverbot denke, dann erinnere ich mich daran, dass sich Ihre Argumentation dagegen damals in etwa so anhörte wie Ihr Vortragen von Bedenken heute. Es ist nun einmal das Problem, dass Sie nicht immer völlig unrecht haben, dass Ihre Position aber noch lange kein Weg ist, wie man nach vorne gehen kann; denn dafür braucht man immer konstruktive Vorschläge. Daran hat es natürlich gefehlt.
Aufgabengerechte Finanzausstattung. Ich möchte einmal wissen, wer hier eigentlich gegen eine aufgabengerechte Finanzausstattung ist. Aber selbstverständlich ist es so, dass darüber zwischen den
einzelnen Ebenen und aus der Sicht des Einzelnen heraus, was er denn gestalten will, immer Streit bestehen wird. Von daher wird uns diese Diskussion erhalten bleiben.
Wir müssen eines sagen, das sage ich auch meinem Freund Jörg Bode: Bevor man den dritten Schritt unternimmt, muss man versuchen, aus den ersten beiden Schritten etwas zu gestalten und zu machen.
Wir haben die Föderalismusreform I gemacht. Sie wurde mit sehr viel Skepsis begleitet. Frau HeisterNeumann war dabei. Kaum jemand hat geglaubt, dass es zu der Fülle von Grundgesetzänderungen und Veränderungen von Zuständigkeiten kommen würde. Natürlich wird man immer Kompromisse schließen, wenn es um Grundgesetzänderungen geht. Das ist passiert. Wir haben die ersten Schlussfolgerungen daraus zu ziehen und die Möglichkeiten, die wir haben, zu nutzen, um zu gestalten.
Bis vor 14 Tagen - Frau Geuter hat ja immer eine kritische Position dazu gehabt - wusste man noch nicht, wer denn im Bundestag und im Bundesrat insbesondere dem Verschuldungsverbot zustimmen würde.
Föderalismusreform II. Noch am Morgen des Tags der Abstimmung im Bundesrat wusste man nicht: Gibt es dafür eine Mehrheit, oder gibt es keine? - Es gab dafür eine eindeutige Mehrheit, weil sich die Vernunft durchgesetzt hat. Frau Geuter, in diesem Punkt müssen Sie damit leben, dass für uns gilt, was im Privathaushalt eigentlich selbstverständlich ist, dass man nämlich nur mit dem Geld, das man zur Verfügung hat, gestalten kann und damit auskommen muss.
Ich finde aber, reflexartig Nein zu einer Föderalismusreform III zu sagen, die beispielsweise Überlegungen zur Einnahmesituation betrifft, ist falsch. Wir werden dabei sehr sorgfältig überlegen müssen, ob wir zu eigenen Einnahmerechten - Steuerheberechten des Landes - unter Wahrung eines relativ komplizierten Ausgleichsmechanismus kommen können; denn im Grundgesetz steht, dass wir einheitliche Lebensbedingungen zwischen den Bundesländern anstreben müssen. Zweimal steht das dort.
Die Frage, wie man zu dieser Balance kommt, ist nicht so sehr eine Frage für Niedersachsen; denn wir haben beim Wettbewerbsföderalismus Erfolge gehabt. Ich denke an die Arbeitslosenstatistik: von Platz 9 auf Platz 5. Kein Land kann mit uns mithalten, wenn es um die Reduzierung der Neuverschuldung geht: sieben Jahre lang 350Millionen Euro. Das sind Erfolge. Hier stellen wir uns dem Wettbewerb.
Aber wir müssen auch an die neuen Bundesländer denken. Man kann das mit den Bundesstaaten in den USA vergleichen. Dort unterscheiden sich die Lebensbedingungen deutlich. Dort gibt es eine deutlich andere Spreizung. Dort gibt es kein so ausgeklügeltes Finanzausgleichssystem.
Dies hier vernünftig miteinander zu verbinden, wird eine Aufgabe für die Zukunft sein. Ich denke, dass man sich dieser Aufgaben stellen sollte.
Ich möchte noch etwas persönlich zu der Frage der leistungsstarken Bundesländer sagen. Ich glaube, niemand wird es erreichen, Bundesländer zu fusionieren, wenn man das nur unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und der Leistungsstärke macht. Niedersachsen ist zusammengewachsen, weil man die unterschiedlichen kulturellen Identitäten und Traditionen sowie die landsmannschaftliche Geschlossenheit insgesamt bei der Entwicklung des Landes berücksichtigt hat. Deswegen muss man, wenn man die Menschen mitnehmen will, nicht nur auf der untersten Ebene, wenn es um Gemeindefusionen geht, auf freiwilliger Basis unter Wahrung der Interessen und der Identitäten vorgehen. Wenn man den Bürgerinnen und Bürgern deutlich macht, dass die kulturellen Identitäten, dass ihre Identität insgesamt in einem vergrößerten Bundesland erhalten bleiben, dann werden wir auch die Möglichkeit haben, zu leistungsstärkeren Bundesländern zu kommen.
Die Effizienz und die wirtschaftliche Situation sind bei der Bildung von neuen Einheiten nicht in den
Vordergrund zu stellen. Wenn man das hätte tun wollen, hätte man nach dem Zerfall der DDR die damaligen Verwaltungsbezirke nach Effizienzgesichtspunkten ausbauen können. Man hat sehr wohl - und nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Anschlusses an die Bundesrepublik - wieder die Länder ins Leben gerufen. Man hat diese Länder natürlich so ausgebaut, wie sie heute dastehen und wie wir sie dann, wenn es eine Föderalismusreform III mit eigenen Hebesätzen, mit eigener Steuerhoheit gibt, mit einem ausgeklügelten Ausgleichssystem in den Stand versetzen müssen, dass sie sich weiterentwickeln können. Von daher gibt es da eine ganze Menge an Aufgaben.
- Ich bin mit meiner Zeit am Ende. - Am 27. September findet die Bundestagswahl statt. Wenn wir das Ziel erreichen, dass wir gemeinsam eine Mehrheit haben, dann gibt es auch in dieser Frage sehr spannende Koalitionsverhandlungen. Ich freue mich auf die konstruktive Diskussion dieser Frage.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt 2, die Aktuelle Stunde, insgesamt abgeschlossen.
14. Übersicht über Beschlussempfehlungen der ständigen Ausschüsse zu Eingaben - Drs. 16/1340 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1374 - Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1376 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1377
Im Ältestenrat haben die Fraktionen vereinbart, die Eingaben, zu denen Änderungsantrage vorliegen, erst am Donnerstag, dem 18. Juni 2009, zu beraten. Ich halte das Haus damit einverstanden, dass wir heute nur über die Eingaben beraten, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.
Ich rufe zunächst die Eingaben aus der 14. Eingabenübersicht in der Drs.16/1374 auf, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen.
Ich lasse über die Beschlussempfehlungen der Ausschüsse abstimmen, zu denen keine Änderungsanträge vorliegen. Wer ihnen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist einstimmig so beschlossen worden.
Vor Eintritt in die Mittagspause möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr jetzt, unmittelbar anschließend, im Raum 1105 zu seiner Sitzung zusammenkommt.
Damit sind wir am Ende der Tagesordnung für den Vormittag. Wir beginnen wieder um 15 Uhr. Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist drei Sekunden nach 15 Uhr. Wir setzen unsere Tagesordnung fort.