Protocol of the Session on May 13, 2009

(Beifall bei der CDU)

Wir glauben an jeden Einzelnen. Niemand wird als unvermittelbar abgeschrieben. Wir bieten Qualifizierung und wollen immer wieder den Weg in den Arbeitsmarkt öffnen. Wir wollen jeden fördern und auch fordern. Ihr Antrag ist oberflächlich, populistisch und auf keinen Fall ein Beitrag zur Lösung des Problems. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir Ihren Antrag ablehnen, wie dies auch die SPDFraktion tut.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention auf diesen Beitrag hat sich Frau Flauger gemeldet. Bitte schön, Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sie von Störungen im ersten Arbeitsmarkt sprechen, dann möchte ich Sie an dieser Stelle fragen, ob Sie eigentlich auch Ein-Euro-Jobs nicht als Störung im ersten Arbeitsmarkt sehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Was die angesprochene Auswahl von 5 000 oder 7 000 Leuten angeht, ist doch klar: Es muss um die am schwersten Vermittelbaren gehen. - Sie haben es selbst schon gesagt. Natürlich bedarf es differenzierter Lösungen. Was denken Sie denn,

wie wir das machen wollen? - Natürlich mit differenzierter Auswahl! Das ist doch klar.

Ferner haben Sie gefragt: Wem wollen Sie denn diesen Stempel „schwer vermittelbar“ aufdrücken? - Ich glaube, Sie wissen überhaupt nicht, wie die Realität aussieht. Schon jetzt werden die Leute in A-, B- und C-Kunden eingeteilt. Wenn die solch einen Stempel weghaben, ist das doch auch nichts anderes. Das aber finden Sie völlig in Ordnung. Wenn wir aber gucken wollen, wer die am schwersten Vermittelbaren sind, dann finden Sie, dass wir denen einen Stempel aufdrücken wollen. Das müssen Sie einmal erklären.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie sagen, dass Umschichtung nicht reiche, und fragen, wer das bezahlen solle, da wir ja kein Geld dafür hätten, dann ist das doch wohl nicht Ihr Ernst. Sie wollen doch nicht erzählen, dass es hier nicht genug Geld gibt. Ihr Problem ist einzig und allein, dass Sie das Geld nicht da holen wollen, wo es ist. Wir hatten aber schon einmal Spitzensteuersätze von 53 % und mehr. Davon ist niemand untergegangen. Das war nicht zu Zeiten einer linken Regierung, sondern das war zu Kohls Zeiten. Das möchte ich einmal sagen. Sie wollen das Geld nicht da holen, wo es ist. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Darauf kommt es auch an.

(Beifall bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Sie wollen die Marktwirt- schaft kaputt machen! Darum geht es Ihnen und um nichts anderes!)

Die nächste Wortmeldung ist von Herrn Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin ein bisschen bestürzt, welche Wendung diese Debatte genommen hat. Zugegebenermaßen kritisieren auch wir den Antrag der Linken, weil er nicht durchdacht ist und sich auf Beispiele bezieht, die allzu teuer und vor Ort nicht wirklich gut integriert sind. Aber angesichts der Argumentationen von Herrn Hillmer, Frau König und Herrn Schminke schaudert es mich ein wenig. Ich habe unsere soziale Marktwirtschaft immer ein bisschen anders verstanden. Ich empfehle den dreien - vielleicht gehe ich auch mit -, sich einmal

die Ausstellung direkt vor den Türen des Plenarsaals anzusehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dort wird unter der Überschrift „Mensch, wo bist du? Ich bin in einer Maßnahme“ von einem Theologen engagiert die Arbeit in einem Projekt in Uelzen dargestellt. Herr Hillmer, Sie haben sogar an der Eröffnung dieser Ausstellung teilgenommen. Für mich ist dies ein Beispiel dafür, warum wir so etwas brauchen. Das ist nämlich genau der dritte Arbeitsmarkt. In der Vorstellung wurde sehr deutlich, dass das für diejenigen, die dort wieder Fuß gefasst haben, das ideale Sprungbrett war, weil man sich dort nämlich um sie gekümmert hat mit dem Ziel, sie wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Mehrere Beispiele wurden dort gezeigt. Wenn das dort jemand nicht schafft und trotz längerer Förderung dort bleibt, dann ist das auch in Ordnung. Dort wurde auch gezeigt, dass das sowohl für die ganz Jungen, die gar nicht erst den Einstieg geschafft haben, als auch für Migranten Mitte 50, die eine gute Ausbildung haben, aber trotzdem nicht in unseren Arbeitsmarkt einsteigen können, ein Weg ist. Mit einem solchen Projekt, das nur eines von vielen ist - - -

(Jörg Hillmer [CDU]: Das hat doch damit gar nichts zu tun!)

- Doch, doch! Ich sage ja, der Antrag hat seine Schwächen. Aber Sie haben das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sie haben in Ihrer Darstellung quasi geleugnet, dass wir eine Fürsorgepflicht und vor allem auch eine politische Pflicht haben, uns um diejenigen auf dem Arbeitsmarkt zu kümmern, die seit Jahren - manche sogar seit Jahrzehnten - nicht den Wiedereinstieg gefunden haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Da sind so viele dabei - das zeigt insbesondere das Beispiel unserer Ausstellung -, die über eine entsprechende Förderung wieder auf den Arbeitsmarkt kommen können. Das ist nicht ein Fass ohne Boden, in dem Millionen verbrannt werden, sondern mit den vorhandenen Fördermaßnahmen - die werden ja auch dann finanziert, wenn sie nicht arbeiten - kann man die Leute sehr gut und sehr gezielt wieder auf den Weg bringen, sodass sie sich auch wieder voll in den ersten Arbeits

markt integrieren können. Daran sollten wir meiner Meinung nach gemeinsam arbeiten. Diskutieren Sie das inhaltlich und nicht so ideologisch, wie Sie es gerade getan haben!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zunächst Frau König von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Herr Hagenah, ich habe schon beim letzten Mal hier im Plenum aufzuzählen versucht, wie viele Maßnahmen es allein in Niedersachsen und in ganz Deutschland gibt. Ich glaube, in Deutschland werden inzwischen mehr als 70 unterschiedliche Angebote vorgehalten. Da findet kaum noch einer durch. Selbst das Arbeitsamt ist mittlerweile nicht mehr in der Lage, alle diese mehr als 70 Maßnahmen aufzuführen.

Ich habe auch in der Aktuellen Stunde darauf hingewiesen, was wir alles schon in Niedersachsen machen und was wir nach wie vor nachdrücklich finanzieren und nachhaltig unterstützen. Das sind Maßnahmen für Jugendliche und Schulabgänger, das Paket „50 plus“ usw. Es ist für jeden eine Maßnahme vorhanden. Das ist, wie Herr Hillmer gesagt hat, auf die Leute zugeschnitten, die sich in einer Fort- oder Weiterbildung befinden oder in eine Maßnahme hineingehören. Dabei handelt es sich auch um die Leute, deren Situation Sie in der Ausstellung sehen können. Das ist eine vernünftige Situation, hat aber nichts mit dem öffentlichen Beschäftigungssektor zu tun, den die Linken hier fordern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Kurzintervention kommt von Herrn Hillmer von der CDU-Fraktion.

Herr Hagenah, wir brauchen uns gar nicht unsere Bestürzung gegenseitig vorzuwerfen. Das hilft nämlich nicht weiter. Wollen wir sachlich sein?

(Lachen bei der LINKEN)

Ich kenne das Projekt in Uelzen, das Sie angeführt haben, sehr genau. Ich habe es mir sehr häufig

angesehen und auch mit den Betroffenen gesprochen. Der entscheidende Unterschied zu dem, was die Linken und zum Teil auch Sie fordern - Sie machen sich da ein bisschen zu Genossen -, besteht darin, dass das Projekt in Uelzen einzig und allein auf die Qualifikation zur Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dort werden mit sehr viel Engagement, mit viel Geld und viel Unterstützung aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung und aus Steuermitteln einzelne problembeladene junge und ältere Menschen durch Handwerksgesellen und Meister individuell betreut und qualifiziert, die dabei helfen, sie wieder in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Das gelingt sehr erfolgreich. Das ist wirklich ein Musterbeispiel. Das ist mitnichten ein Hinweis darauf, dass das, was die Linken wollen, uns weiterbringen würde. Das, was die Linken wollen, würde ein Projekt wie dasjenige in Uelzen kaputt machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt wird es aber absurd!)

Herr Hagenah möchte antworten. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön, Herr Hagenah!

Herr Hillmer, für mich ist das Beispiel draußen genau der öffentliche Arbeitsmarkt, wie wir ihn uns vorstellen. An dieser Stelle lasse ich mich überhaupt nicht in irgendwelche Pauschalgeschichten hineinstecken. Genau für dieses Projekt gilt Ihr immer wieder vorgetragenes Argument, dass man in einer solchen Maßnahme eigentlich weniger Geld bekommt, als wenn man nur auf der Grundlage von Hartz IV arbeitet. Ein Familienvater bekommt anscheinend weniger heraus. Trotzdem sind die Leute motiviert. Woran liegt das? - Erstens. Die Chance, über diese Arbeit wieder Anschluss zu kriegen und sich zu qualifizieren, ist das Entscheidende. Zweitens haben wir dort das Aufstockungsprinzip, das wir dann, wenn es die Privatwirtschaft macht, beklagen, aber das ich bei einer solchen Maßnahme in Bezug auf den dritten Arbeitsmarkt für richtig halte. Das Aufstockungsprinzip bedeutet, dass sich niemand, der so etwas annimmt, schlechter stellt, weil wir das Gehalt über Hartz IV aufstocken. Sie stellen die Situation immer so dar, dass Leute abgeschreckt werden und deshalb nur so wenige Leute mitmachen. Diese

Situation gibt es aber gar nicht. Suchen wir viele solche Beispiele, suchen wir viele solche engagierten Gruppen für einen öffentlichen Sektor! Das, was dort durchgeführt wird, ist ja eine öffentliche Maßnahme. Es braucht immer einen konkreten Anlass, damit Maßnahmen im ersten Arbeitsmarkt - in der Pflege, in der Grünpflege oder auf anderen Gebieten, die zu den öffentlichen Aufgaben gehören - nichts wegnehmen. Wir müssen etwas Zusätzliches finden. An dieser Stelle sind wir völlig einer Meinung. Aber dann lassen Sie uns an den Instrumenten arbeiten und die Träger suchen, um in Niedersachsen so etwas in größerem Umfang zu machen. Fälle und Menschen, die das brauchen, gibt es mehr als genug. Ich bitte dabei um Ihre Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die letzte Wortmeldung kommt von Herrn Minister Dr. Rösler. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag ist ein klassisches Beispiel für linke Politik.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst wird Panik geschürt und werden Ängste erzeugt, und dann wird als einzige mögliche Lösung nach dem Staat gerufen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Halten wir zunächst einmal fest, dass wir uns hier im Bereich der Langzeitarbeitslosen bewegen. Hierzu ist festzustellen, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen im Vergleich zu dem Stand vor einem Jahr allein in Niedersachsen um 16 000 Menschen gesunken ist. Diese Information sollten Sie zunächst einmal zur Kenntnis nehmen.

Gleichwohl wissen wir, dass die Lage schwieriger wird und man sich auch die Frage stellen muss, wie wir Langzeitarbeitslose dauerhaft in das Berufsleben zurückbringen können. Wir sagen: Die Mehrzahl der Arbeitsplätze entsteht nicht im öffentlichen Beschäftigungssektor, sondern in der privaten Wirtschaft. Deswegen gilt für uns: Erster Arbeitsmarkt zuerst!