Protocol of the Session on February 19, 2009

(Heinz Rolfes [CDU]: Der kann es nicht!)

Ich erteile Herrn Minister Schünemann das Wort.

Die Fragestellung der Dringlichen Anfrage bezieht sich auf die Auswirkungen des Konjunkturpakets auf die kommunale Ebene. Zumindest ist mir das schriftlich dargestellt worden, und nur dazu haben wir hier bisher gesprochen. Dazu habe ich die Zahlen auf kommunaler Ebene dargestellt. Die bestätige ich noch einmal. Die sind richtig.

Wenn Sie jetzt nach den Landeszahlen fragen, will ich auch die für die Jahre 2009 und 2010 nennen. Die Auswirkungen insgesamt - Paket I und Paket II - auf Landesebene betragen 269 Millionen Euro in 2009 und 402 Millionen Euro in 2010.

Wenn Sie jetzt die Frage nach einem zweiten Nachtragshaushalt stellen, kann ich nur sagen: Wir müssen die Entwicklung abwarten. Im Mai wird es eine Steuerschätzung geben, und danach wird man sicherlich darüber nachdenken müssen, ob ein zweiter Nachtragshaushalt notwendig ist oder nicht. Das ist doch die ganz normale Regelung auf Landesebene. Wenn die Konjunkturpakete I und II tatsächlich Wirkung zeigen, können bis dahin die jetzt dargestellten Mindereinnahmen zumindest zum Teil kompensiert werden. Das ist auf jeden Fall die Intention eines solchen Konjunkturprogramms; das ist doch völlig klar.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer weiteren Zusatzfrage erteile ich dem Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als eine große Unsicherheit - ich möchte fast sagen: als ein Risiko - für die Kommunen bei der Inanspruchnahme des Konjunkturpakets hat sich die Diskussion um die Frage der sogenannten Zusätzlichkeit herausgestellt, insbesondere nachdem der Haushaltsausschuss des Bundestages in einer Art und Weise nachgebessert hat,

(Reinhold Coenen [CDU]: Das ist doch schon geklärt!)

die es offensichtlich schwer macht, Vorhaben überhaupt zu kalkulieren. Welche Position vertritt

die Landesregierung in dieser Frage, und wann ist mit einer Klärung der Frage zu rechnen?

(Reinhold Coenen [CDU]: Das ist doch alles längst geklärt!)

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich haben wir diese Frage geklärt. Es ist völlig klar, dass die Maßnahmen, die im Haushalt 2009 bereits verabschiedet worden sind, nicht aus diesem Konjunkturpaket II und auch nicht aus den pauschalen Zuweisungen finanziert werden können. Mir ist natürlich auch bekannt, dass eine Reihe von Kommunen ihre Haushalte 2009 noch nicht verabschiedet hat. Deshalb ist mein Vorschlag für die Kommunen, jetzt einen Haushalt ohne Konjunkturpaket und anschließend einen Nachtragshaushalt zu verabschieden, damit völlig klar ersichtlich ist, was mit dem Konjunkturpaket zu tun ist und was nicht. Macht man das in einem Schritt, werden wir ganz klare Vorgaben machen, um sicherzustellen, dass aus dem Haushalt ersichtlich wird, welche Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket finanziert werden. Außerdem ist klar, was bisher im Rahmen unseres Investitionsprogramms für 2009 und 2010 geplant ist. Ich kann jede Kommune im Lande nur davor warnen, irgendwo zu tricksen; denn es geht jetzt darum, die Konjunktur anzukurbeln und deshalb wirklich zusätzlich etwas umzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Keine Kommune sollte sich der Gefahr aussetzen, nach drei Jahren die Mittel wieder zurückzahlen zu müssen. Es wäre erstens nicht nur peinlich, es wäre zweitens gesamtwirtschaftlich schädlich, und drittens ist völlig klar, dass wir uns über den kommunalen Finanzausgleich die Mittel wieder zurückholen und dann dem Bund überweisen würden. Das muss allen Kommunen klar sein. Das haben wir auch den kommunalen Spitzenverbänden gesagt, und die unterstützen diese Position zu 100 %.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile dem Herrn Ministerpräsidenten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Auf die Frage von Herrn Klein möchte ich ausdrücklich sagen, dass das der entscheidende Punkt ist bei diesem Konjunkturpaket. Die Bundesregierung, die Kanzlerin und der neue Bundeswirtschaftsminister wünschen, dass am Freitag, also morgen, im Bundesrat klargestellt wird, dass Grundlage der Prüfungen des Bundesrechnungshofes ausschließlich die Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern sein wird. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages - Sie haben es richtigerweise angesprochen - hat die Formulierung zur Zusätzlichkeit mit eingebracht, weil eine Vielzahl von Bundestagsabgeordneten, im Übrigen aller Fraktionen, berichtete, dass in den kommunalen Gremien, in Verwaltungsausschüssen und Kreisausschüssen ausführlich darüber diskutiert wurde, ob man nicht bisher vorgesehene Maßnahmen nunmehr aus dem Konjunkturpaket finanzieren könne.

Die Bundesrepublik hat natürlich das Interesse, dass jetzt keine Komplementärfinanzierung erfolgt, dass nicht Dinge, die sowieso gemacht worden wären, nunmehr aus Bundesmitteln gemacht werden und es damit keinen zusätzlichen konjunkturellen Effekt gibt. Wir als Ministerpräsidenten der Länder legen Wert darauf, dass die Verwaltungsvereinbarung gilt und dass das die Grundlage der Prüfungen des Rechnungshofes ist.

Auf der anderen Seite stellt sich als eine große Hürde dar, dass die kommunalen Investitionen der letzten Jahre bewertet werden und dann geguckt wird, ob man darüber hinausgeht. Gerade wenn bestimmte gewerbesteuerstarke Kommunen nach guten Jahren mit zum Teil horrenden Steuereinnahmen jetzt extreme Ausfälle von Industriefirmen zu verzeichnen haben, dann besteht natürlich das Risiko, dass sie dieses Kriterium nur schwer erfüllen können. Das beschäftigt uns nachhaltig, zumal das Land in einigen Jahren für die gesamten Mittel von 920 Millionen Euro gegenüber dem Bund haftet.

Der Mechanismus ist halt so: Jetzt steht das Geld relativ unbürokratisch zur Verfügung. Aber später wird präzise geprüft. Ich möchte nicht, dass es in einigen Jahren zu riesigen Auseinandersetzungen kommt, wenn einzelne Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die Mittel vermeintlich rechtswidrig eingesetzt haben, weil sie beispielsweise das Kriterium der Zusätzlichkeit nicht erfüllen.

Deswegen ist meine Bitte an Sie alle, die Sie ja auch in kommunalen Gremien sind, dass wir hier in Niedersachsen mit den kommunalen Spitzenverbänden diesem Thema größte Aufmerksamkeit zuwenden, damit wir in diese Situation gar nicht erst kommen. Ich kann Sie alle nur bitten, trickreiche Versuche zu unterlassen, Dinge, die sowieso gemacht worden wären, jetzt mit anderen Mitteln, nämlich mit Bundesmitteln, zu machen.

Manches kann man gesetzlich nicht regeln. Das hat auch mit Moral und Ethik zu tun. Insofern ist der Appell von Herrn Innenminister Schünemann nur zu unterstreichen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Möhrmann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe eine Frage zur Praxis der Haushaltsgenehmigung. Herr Minister, Sie haben hier dargestellt, dass die Landesregierung da großzügig vorgehen würde. Wie verträgt sich das mit den Hinweisen, die wir haben, dass bisher geplante Investitionen von Kommunen nicht genehmigt werden, die in konjunktureller Hinsicht das Gleiche bewirken wie das, was Sie mit dem Konjunkturprogramm vorhaben? Könnten Sie das dem Hause einmal erläutern?

Herr Minister Schünemann!

Herr Präsident! Das kann ich nicht, weil ich die Frage nicht verstanden habe. Geben Sie ein Beispiel!

Herr Kollege Möhrmann, bitte!

Ich werde versuchen, das zu erläutern. Herr Minister, stellen Sie sich vor, eine Kommune hat einen Haushalt eingereicht und dort Investitionen im Volumen von 1 Million Euro vorgesehen. Weil es sich um eine finanzschwache Gemeinde handelt, genehmigt die Kommunalaufsicht - das wird der Landkreis sein - das nicht. Eine Woche später

kommt der Nachtragshaushalt, ebenfalls mit Investitionen von 1 Million Euro. Der wird dann genehmigt, weil es sich da um das Konjunkturprogramm handelt. Aber beide Investitionen liegen doch im Interesse der Landesregierung, die Konjunktur zu stützen. Warum wird das eine genehmigt und das andere nicht?

Herr Minister!

Es kommt bei den Investitionen natürlich immer darauf an, worin investiert wird. Insofern muss die Kommunalaufsicht immer schauen, ob es sich um Investitionen handelt, die in Zukunft zu Folgekosten führen. Das wird schwierig. Ich gebe zu, im Bereich der Kindergärten ist es etwas anderes. Hier haben wir Nachholbedarf. Zwar führt auch der Bau eines Kindergartens zu Folgekosten. Aber das ist eine Investition in die Zukunft und auf jeden Fall genehmigungsfähig, wenn der Bedarf nachgewiesen ist; das muss natürlich geprüft werden.

Wenn es sich aber um Investitionen wie z. B. Energieeinsparungsmaßnahmen handelt, die aus dem Konjunkturpaket finanziert werden sollen, dann ist das meiner Ansicht nach absolut richtig. Sie müssen sehen, dass finanzschwache Kommunen bei Investitionen, die aus dem Konjunkturprogramm gefördert werden, nur 5 % gegenfinanzieren müssen. Diese Förderung hat die Kommune bei den ursprünglich geplanten Investitionen nicht. Beim Konjunkturprogramm steht einer Investition in Höhe von 1 Million Euro ein Eigenanteil von nur 50 000 Euro gegenüber. Eine solche Investition zu genehmigen, ist für die Kommunalaufsicht natürlich erheblich einfacher, als wenn die Kommune die Investition zu 100 % selber finanzieren muss. Das ist meines Erachtens völlig logisch. Man kann allen erklären, dass die Kommunalaufsicht dann anders entscheidet, als wenn das Konjunkturpaket nicht greift.

(Zustimmung bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen zu Zusatzfragen liegen mir zu dieser Dringlichen Anfrage nicht vor.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 b auf:

Härtefall Innenminister - Warum musste der Ministerpräsident eingreifen? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/936

Dazu erteile ich der Kollegin Leuschner von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Wulff greift bei Härtefall ein

Nach Kritik aus Kirchen und Verbänden befasst sich Ministerpräsident mit Flüchtlingsschicksalen“,

berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung in ihrer Ausgabe vom 30. Januar 2009.

„Der interne Frust war so groß, dass die Kirchen schon mit dem Braunschweiger Friedrich Weber einen Bischof in die Staatskanzlei schickten und, kurz vor Weihnachten, schließlich auch Ministerpräsident Wulff hellhörig wurde“,

heißt es dort. Der Ministerpräsident lässt sich mit folgenden Worten zitieren:

„Ich bin der Kritik selbst nachgegangen, habe mit Bischof Weber gesprochen und meine, wir sind jetzt auf dem Weg in die richtige Richtung.“

Die Kritiker der gegenwärtigen Härtefallpraxis in Niedersachsen erwarten jedoch, dass die achtköpfige zu einer neunköpfigen Kommission erweitert wird, um schneller zu Zweidrittelmehrheiten zu kommen. Auch eine Beteiligung der Betroffenen über die Einbeziehung des niedersächsischen Flüchtlingsrates in das Härtefallgremium wird gefordert.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

1. Warum war ein Eingreifen des Ministerpräsidenten erforderlich, welche Kritik ist von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden vorgebracht worden, und was ist nach dem Machtwort des Ministerpräsidenten im Ministerium für Inneres, Sport und Integration konkret veranlasst worden?

2. Beabsichtigt die Landesregierung vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen, das interne Vorprüfungsverfahren in Härtefallangelegenheiten künftig transparenter zu gestalten oder auf dieses Verfahren künftig gänzlich zu verzichten?