- Herr Wenzel, ich spreche für die SPD. Für uns ist der Ausstieg aus der Kernenergie nicht verhandelbar. Das ist unser oberstes Ziel.
Für uns ist das keine - wie es in Ihrem neuen Klimaschutzpapier steht - moderne, sogenannte Brückentechnologie, meine Damen und Herren von CDU und FDP. Es ist und bleibt eine hoch gefährliche, im Zweifel eine lebensbedrohliche Technologie. Mit uns wird es auch keine Laufzeitverlängerung für alte Kernkraftwerke geben,
- Nein. Herr Dürr, die Probleme in der Asse zeigen doch auch Ihnen täglich, wie unbeherrschbar die atomare Endlagerung ist. Ein sicheres Bundesendlager ist nirgendwo in Sicht. Wir haben vor allem auch Zweifel an der Sicherheit des Lagers Gorleben. Auch wenn Sie von CDU und FDP immer noch an der Nutzung der Kernkraft festhalten, müssen Sie doch feststellen, dass die schöngerechneten Zahlen, die Sie uns regelmäßig weismachen wollen, reine Augenwischerei sind.
Allein die Kosten für die Sanierung der Asse werden bereits heute auf über 2 Milliarden Euro geschätzt, die der Steuerzahler tragen muss.
Werte Kolleginnen und Kollegen, die SPD möchte auf Dauer sichere und bezahlbare Energie für die Bürger und die Industrie in Niedersachsen erreichen, und das unter Berücksichtigung aller Klimaschutzziele. Dafür brauchen wir einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema Energieerzeugung und Energieverbrauch. Leider wird es nicht möglich sein, in ganz kurzer Zeit allein mit erneuerbaren Energien vollständig auszukommen. Selbst wenn man bis 2020 z. B. 50 % der Energie aus Wasser, Sonne, Wind oder Geothermie darstellen könnte, so fehlte immer noch ein erheblicher Teil. Wie wir es auch drehen und wenden: Für einen absehbaren Zeitraum werden wir um konventionelle Energieerzeugung nicht herumkommen. Man darf den Menschen auch nichts vormachen. Das aber werfe ich den Grünen vor. Grundlastfähige bezahlbare Energie und Versorgungssicherheit - das alles geht nicht, wenn man sich gegen alles wendet.
Wir wollen keine Kernkraft. Da Niedersachsen aber zurzeit noch einen hohen Anteil seines Primärverbrauchs aus der Nutzung der Kernenergie bezieht, müssen wir schnell und vor allem richtig umsteuern. Dazu brauchen wir den Einsatz neuer Technologien und einen weit greifenden Energiestrukturwandel. Wir wollen die Effizienz der Energieerzeugung und die Effizienz der Nutzung und eine erhebliche Verringerung klimaschädigender Gase sowie der Schadstoffe. Herr Wenzel, auf all
Ihr Antrag gegen die Kohlekraftwerke stammt noch aus einer Zeit, als Sie den Hamburger BündnisGrünen wegen des Kraftwerks Moorburg unter die Arme greifen wollten. Er ist sozusagen nicht mehr als ein grüner PR-Gag.
Aber das Thema Moorburg ist ja weitestgehend erledigt. Wie wir sehen, geht Grün in Hamburg auch mit Kohlekraftwerken.
Um mitzuregieren, springen Grüne schon einmal über den einen oder anderen Schatten oder die eine oder andere Kohlehalde.
Das nennen wir Pragmatismus der ganz besonderen Art. Andere würden vielleicht sogar Heuchelei dazu sagen.
Aber nun ganz im Ernst, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Auch die SPD-Landtagsfraktion macht sich dieses Thema nicht leicht. Auch bei uns gibt es Zweifel, ob Kohlekraftwerke wirklich die richtige Antwort sind. Aber einen so populistischen Antrag wie den hier vorliegenden können wir beim besten Willen nicht mittragen.
Der Antrag verwechselt Wirkungsgrade - im Zweifel könnte man davon ausgehen, dass der Autor nicht genau weiß, was das ist - und unterschlägt den CO2-begrenzenden Emissionshandel komplett.
Dass damit auch die Kohlekraft eingegrenzt wird, wird vollkommen unterschlagen. Was aber noch viel schlimmer ist: Er sagt nichts dazu, wie die notwendigen Energiemengen erzeugt werden sollen, die u. a. dafür benötigt würden, um den Stahl für die Windräder oder die Glasschmelze für die Solarzellen zu erzeugen.
Daher gilt es für uns, den Kraftwerkspark in Niedersachsen zeitnah zu erneuern; denn alte Kohlekraftwerke sind die wahren Klimaschädlinge. Würde man diese ersetzen, hätte man nicht nur bessere Wirkungsgrade, sondern man hätte auch sehr viel für den Klimaschutz erreicht.
Meine Damen und Herren, die Stromversorgung der Zukunft wird auch von einigen zentralen, aber hocheffizienten Gas- und Kohlekraftwerken geprägt sein. Für uns ist aber nur Alt gegen Neu vorstellbar. Alt gegen Neu heißt zwingend das Abschalten der alten Kohlekraftwerke. Zudem fordern wir deren Neuzulassung nur mit Kraft-WärmeKopplung und nur an den Standorten, an denen es strom- und wärmeseitig Abnehmer gibt.
Das heißt, auch die anderen Bundesländer müssen in die Pflicht genommen werden. Wenn sich, wie es sich abzeichnet, tatsächlich zehn Großkraftwerke in der Republik als notwendig erweisen, gibt es keinen Grund, warum die meisten davon hier bei uns stehen sollten. Daher unterstützen wir die Pläne der Landesregierung nicht, die gesamte Küste mit Kohlekraftwerken zuzubauen.
Wir teilen auch nicht ihre Auffassung, dass der Weitertransport von Kohle, die bereits den weiten Weg von Australien hinter sich hat, nach NRW oder Bayern zu teuer wäre.
Meine Damen und Herren, wir sind für das schnelle Repowering der Windkraftanlagen, eine Vielzahl kleiner Anlagen der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung. Sie alle erfordern aber eine andere Ausrichtung des gesamten Systems. Ja, sie erfordern geradezu eine Revolution des Energiesystems. Wir brauchen neue Lastmanagements. Hier liegt ein besonders großes Potenzial. Aber wir brauchen auch ein ganz neues Netz. Da haben wir die Probleme, die wir regelmäßig besprechen müssen. Wir brauchen auch ein hohes Maß an Forschungsanstrengungen, die in Niedersachsen noch immer viel zu wenig beachtet werden. Die einzigen Projekte der Energiespeicherung werden derzeit vom Bund finanziert.
Meine Damen und Herren, wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen, dann müssen wir jetzt beginnen - intelligent, ausgewogen und vor allem
gerecht über die Republik verteilt. Mit dem Antrag der Grünen kommen wir dabei nicht ein bisschen weiter. Daher lehnen wir ihn ab.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der ersten Beratung dieses Antrages in der Plenarsitzung am 10. April 2008 habe ich gesagt:
„Wer am Atomausstieg festhält, wer die Nahrungsmittelversorgung in Niedersachsen nicht gefährden will, wer sich nicht in die Abhängigkeit von russischem Erdgas begeben will, wer die Umwelt in Südamerika oder Asien nicht gefährden will und wer einen Puffer für Leistungsschwankungen bei Windkraft und Sonnenenergie behalten will, der kommt am Bau neuer konventioneller Kohlekraftwerke nicht vorbei.“
Damals haben hier in diesem Hause einige von Ihnen noch gelächelt. Nur acht Monate später ist dieses Lächeln eiskalt erstarrt.
Denn die Erklärung Russlands, kein Gas mehr nach Europa zu schicken, hat in sehr kurzer Zeit deutlich gemacht, wie sehr wir von russischem Erdgas abhängig sind.
Ich hätte nicht erleben wollen, was uns die Bürgerinnen und Bürger hier in Niedersachsen in dem Moment gesagt hätten, wenn in diesem sehr kalten Winter das Gas ausgeblieben, die Wohnungen kalt geworden und der Strom ausgefallen wäre.
Ich fand schon sehr bemerkenswert, wie sich in den Tagen um den Jahreswechsel herum die Alternative Erdgas aus Norwegen in kurzer Zeit erledigt hatte, weil die Norweger im Winter immer schon am Limit fördern, und dass die Reserven in den Erdgasspeichern Deutschlands gar nicht so groß waren, wie man das vorher angenommen hatte.