Zweitens. In Niedersachsen sind wir den ersten Schritt gegangen, um leistungsstarke und engagierte Studierende unabhängig von der sozialen Herkunft, Herr Perli, besonders zu fördern, indem wir ein Stipendienprogramm aufgelegt haben. Bei der bundesweiten Diskussion über Konjunkturprogramme halte ich es aber dennoch für geboten, nicht nur in Beton, sondern auch in Köpfe zu investieren. Auch in der wirtschaftlichen Krise müssen wir daran denken, dass der Fachkräftemangel weiterhin akut ist. Mit einem bundesweiten Stipendienprogramm sollten wir gemeinsam beherzt die Gunst der Stunde ergreifen, um verstärkt in Köpfe zu investieren. Der Staat hat hierbei die Aufgabe, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir haben hierfür in Niedersachsen den Grundstein gelegt.
Drittens komme ich zu dem beliebten Thema Studienbeiträge. Ich denke, hierzu sind zunächst einmal alle Argumente ausgetauscht. Uns wird es wahrscheinlich nicht gelingen, uns hierbei von der jeweils anderen Position zu überzeugen. Dennoch will ich für meine Fraktion noch einmal ganz klar und deutlich sagen: An den Studienbeiträgen wird nicht gerüttelt. Darauf können sich die Hochschulen in unserem Land verlassen.
Studienbeiträge sind gut für unser Land und damit auch gut für die Studierenden. Deshalb erwarte ich auch von den Hochschulen, dass sie weiterhin verantwortungsvoll und zielgerichtet das Geld der Studierenden einsetzen. Niemand braucht in unserem Land Angst vor hessischen Verhältnissen zu haben. Als Liberale setzen wir auf die Eigenverantwortung der Hochschule, die aber auch wahr
genommen werden muss. Es gibt viele kreative Ideen, wie die Einnahmen verwendet werden können. Wir sind sicherlich auch gesprächsbereit, wenn die Hochschulen auf uns zukommen und sagen, sie wollten die Mittel flexibler einsetzen. Diesen Gesprächen werden wir uns sicherlich nicht verweigern.
Zusammenfassend möchte ich für meine Fraktion zu dem Grünen-Antrag festhalten: Gut, dass Sie in der Opposition sind, und gut, dass wir in der Regierung sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur einige wenige Sätze, weil das Thema ja hinlänglich diskutiert und bekannt ist.
Gegen die Einführung von Studienbeiträgen ist ja vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt worden. Ich möchte diese Klage noch einmal in Erinnerung rufen, weil das Bundesverfassungsgericht u. a. deshalb entschieden hat, die Einführung der Studienbeiträge sei mit der Verfassung vereinbar, weil allein der Unterschied zwischen den Lebenshaltungskosten beispielsweise in Städten im Süden und manchen Städten im Norden oder in den neuen Bundesländern so erheblich sei, dass bei Studienbeiträgen von 500 Euro je Semester nicht davon ausgegangen werden könne, dass sie eine abschreckende Wirkung hätten.
Ich will nochmals auf eine Sozialerhebung verweisen, bei der beispielsweise auch Niedersachsen und Hamburg verglichen worden sind. Nach dieser Sozialerhebung, meine Damen und Herren, liegen die Kosten, die ein Student in Hamburg hat, im Vergleich zu Niedersachsen um 91,50 Euro je Monat höher, im Vergleich zu einer einzelnen Universität wie der im Göttingen sogar um 111 Euro je Monat höher. Bei 500 Euro Studienbeiträgen reden wir von einer monatlichen Belastung in Höhe von 84 Euro. Das heißt, dass die monatliche Belastung, die durch die Studienbeiträge auf die Studenten zukommt, geringer ist als der Unterschied in den Lebenshaltungskosten allein zwischen Nie
Meine Damen und Herren, allein daran wird doch deutlich, dass Ihre Argumentation, die Studienbeiträge hätten eine massiv abschreckende Wirkung, wirklich nicht aufrechterhalten werden kann.
Hier wurde auf die Zunahme der Zahl der Studienanfänger hingewiesen: 2,5 % insgesamt, 15 % bei den Fachhochschulen.
Nein, momentan nicht. - In diesem Zusammenhang verweise ich darauf - auch das haben wir in der letzten Sitzung miteinander debattiert -, dass sich diese Daten auf die Zahlen des Vorjahres beziehen. Da lagen wir mit fast 10 % an der Spitze in Deutschland. Also auch insoweit wird deutlich: Abschreckende Effekte sind nicht erkennbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, ich habe hier schon wiederholt die Frage an Sie gerichtet, womit es zusammenhängt, dass es Deutschland trotz der Abschaffung der Studienbeiträge durch die Ministerpräsidentenkonferenz Anfang der 70er-Jahre bei der Bildungsmobilität nicht geschafft hat, weit nach vorne zu kommen. Vielmehr hat sich die Frage nach der Bildungsmobilität in Deutschland eher noch zugespitzt! Wir stehen auch heute, nachdem wir im Grunde 30 bis 35 Jahre beitragsfreies Studieren hatten, bei der Bildungsmobilität schlechter da als Länder mit Beiträgen.
Nun werden von der SPD ausgerechnet Spanien und die Niederlande als Musterländle für eine hohe Durchlässigkeit im Bereich der Bildung angeführt. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass in Spanien und in den Niederlanden schon lange vor uns Studienbeiträge eingeführt worden sind.
Letzter Punkt, auch von mir hier wiederholt vorgetragen: Wir haben in Deutschland ein Problem mit bildungsfernen Schichten. Dieses Problem kann aber nicht monokausal über Studienbeiträge - Abschaffung, Einführung, was auch immer - gelöst werden, sondern das Problem erfordert viel differenziertere Herangehensweisen. Da sind wir beim Thema BAföG, da sind wir beim Thema Transferleistungen sonstiger Art, da sind wir bei den The
men Kindergartenversorgung, Schule und dergleichen mehr. Lassen Sie uns doch bitte zumindest die Anstrengung unternehmen, dieses Thema so differenziert miteinander zu diskutieren, wie es das verdient hat!
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ha- ben wir bei Ihnen noch nicht gese- hen!)
- Der Minister hat um nur 30 Sekunden überzogen. Dafür gibt es keine zusätzliche Redezeit. Tut mir leid.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/606 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe. - Enthaltungen? - Das ist mehrheitlich so beschlossen.
Ich rufe dann die Tagesordnungspunkte 8 und 9 auf, die vereinbarungsgemäß zusammen beraten werden sollen:
Einzige (abschließende) Beratung: Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht streichen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/438 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/818
Einzige (abschließende) Beratung: Doppelte Staatsbürgerschaft erleichtern, Optionszwang abschaffen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/592 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/819
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grüne setzen sich beim Staatsangehörigkeitsrecht schon seit Langem dafür ein, dass für Menschen, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, keine unzumutbaren Hürden beim Einbürgerungsverfahren aufgebaut werden; denn wir haben schon lange zu wenige Einbürgerungen, nicht zu viele, auch in Niedersachsen. Aus integrationspolitischer Sicht ist nicht hinnehmbar, dass ein großer Teil der Gesellschaft von der aktiven Partizipation durch Wahlen und Abstimmungen ausgeschlossen ist.
Die grundlegende Reform des Staatsangehörigkeitsrechts durch die rot-grüne Koalition im Jahr 2000 war dabei ein entscheidender gesellschaftspolitischer Fortschritt für Deutschland. Das bisher geltende Abstammungsprinzip oder Recht des Blutes noch aus Zeiten des Deutschen Reiches wurde endlich um das Geburtsortsprinzip ergänzt, und zwar unter Hinnahme der doppelten Staatsbürgerschaft in bestimmten Fällen. Damit haben wir nicht nur den Umdenkungsprozess hin zu einer Einwanderungsgesellschaft eingeleitet, sondern das Staatsangehörigkeitsrecht auf ein modernes europäisches Niveau gebracht, das dem aufgeklärten Staats- und Verfassungsverständnis dieses Jahrhunderts entspricht, meine Damen und Herren.
Allerdings haben wir aufgrund der damaligen schwarzen Bundesratsmehrheit nicht das moderne Staatsangehörigkeitsrecht bekommen, das wir Grüne für erforderlich halten. Deshalb hat unsere Bundestagsfraktion bereits 2006 eine Änderung zum Staatsangehörigkeitsgesetz eingebracht. Der Gesetzentwurf enthält neben den Vorschlägen zur vermehrten Hinnahme von Mehrstaatigkeit vor allem die Streichung der sogenannten Optionslösung in § 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes.
Das sind die Ziele, zu deren Realisierung 1999 die Kraft der rot-grünen Koalition im Bundestag nicht ausgereicht hat. Bekanntlich mussten im damaligen Verfahren zur umfassenden Reform des Staatsangehörigkeitsrechts erhebliche Zugeständnisse an die unionsregierten Länder im Bundesrat
gemacht werden - nicht zuletzt, meine Damen und Herren, wegen Herrn Koch, der die Landtagswahl in Hessen zur Volksabstimmung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft erklärte.
Wir wollen mit unserem Antrag die Bundesratsinitiativen der Bundesländer Bremen und Berlin auf Abschaffung des sogenannten Optionsmodells unterstützen. Denn die davon Betroffenen werden gezwungen, sich mit Erreichen der Volljährigkeit für eine Staatsangehörigkeit zu entscheiden.
Meine Damen und Herren, hier geborene und aufgewachsene Menschen sollten nicht eine Entscheidung treffen müssen, die ihre Zugehörigkeit zu diesem Staat infrage stellt. Es kann nicht sein, dass in den kommenden Jahren Zigtausende junge Menschen ausgebürgert werden. Allein in den nächsten zehn Jahren müssen sich 50 000 junge Menschen entscheiden, ob sie Deutsche bleiben und ihre zweite Staatsangehörigkeit aufgeben wollen. Wir wollen Einwandererkindern dauerhaft eine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichen, zumal wir heute ohnehin schon mit der Mehrstaatigkeit leben. Denn die Bundrepublik akzeptiert bereits, dass EU-Bürger und ihre Kinder mehr als einen Pass haben. Auch für Kinder aus binationalen Ehen ist die doppelte Staatsbürgerschaft längst der Normalfall.
Die Anhörung zu unserem Gesetzentwurf auf Bundesebene zeigte, dass die Experten den Optionszwang im Staatsangehörigkeitsrecht mehrheitlich ablehnen. Sie plädieren für die Streichung der Optionspflicht und eine weitergehende Akzeptanz der Mehrstaatigkeit.
Denn es darf bei der Staatsbürgerschaft keine Zweiklassengesellschaft geben, meine Damen und Herren.
Die CDU sollte in dieser Frage - ja, auch Sie, Frau Lorberg - endlich ihre ideologische Blockadehaltung aufgeben. Der Optionszwang muss abgeschafft werden!
Meine Damen und Herren, außer warmen Worten und einer reichlich schlichten Werbekampagne fällt der Großen Koalition anscheinend gar nichts ein,
wie sie den negativen Trend der zurückgehenden Einbürgerungszahlen umkehren könnte. Entsorgen Sie lieber das Optionsmodell auf dem Müllhaufen der Rechtsgeschichte, wo es dringend hingehört!