3. Welche Städte oder Gemeinden verfügen bereits über Wahlcomputer welchen Typs und in welcher Anzahl und zu welchem Preis und wollen Wahlen zukünftig elektronisch durchführen?
Am 28. Oktober 2008 verhandelte das Bundesverfassungsgericht über eine Beschwerde von zwei Bürgern, die die Bundestagswahl 2005 angefochten haben, weil diese Wahl nach Auffassung der Beschwerdeführer durch den Einsatz von Wahlcomputern manipulationsanfällig gewesen sei. Bei der Bundestagswahl 2005 wurden elektronische Wahlgeräte in den Ländern Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt eingesetzt.
Die Möglichkeit nach § 35 des Bundeswahlgesetzes, auch in Verbindung mit § 4 des Europawahlgesetzes, bei Bundestags- und Europawahlen statt Stimmzetteln und Wahlurnen Wahlgeräte einzusetzen, wurde mit der Änderung des § 26 des Niedersächsischen Landeswahlgesetzes (NLWG) im Jahr 2002 auch für die Landtagswahlen in Niedersachsen eingeführt. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verwendung von Wahlgeräten zu den Kommunalwahlen wurden zu Beginn des Jahres 2006 mit der Einfügung des § 30 b des Niedersächsischen Kommunalwahlgesetzes geschaffen. Nach den wahlrechtlichen Bestimmungen können Wahlgeräte zu den Landtags- und den Kommunalwahlen in Niedersachsen verwendet werden, wenn gewährleistet ist, dass diese das Wahlergebnis nicht verfälschen können und das Wahlgeheimnis gewahrt ist. Zuvor muss die Bauart von Wahlgeräten für die Verwendung bei Wahlen amtlich zugelassen sein; außerdem bedarf die Verwendung eines zugelassenen Wahlgerätes der Genehmigung des für das Wahlrecht zuständigen Ministeriums (Fachministerium).
Zu den Kommunalwahlen am 10. September 2006 erfolgte eine Zulassung bestimmter Wahlgeräte weder generell noch für ein Pilotprojekt. Für die Landtagswahl 2008 war eine gemäß § 26 Abs. 6 NLWG erforderliche Genehmigung zur Verwendung von Wahlgeräten nicht beantragt worden. Ein Einsatz von Wahlgeräten erfolgte daher auch bei dieser Wahl nicht.
Zu 1: Nein. Das Fachministerium entscheidet über die Zulassung der Bauart von Wahlgeräten bei Landtags- und Kommunalwahlen sowie über die Verwendungsgenehmigung zu diesen Wahlen. Die Entscheidung über den Einsatz von Wahlgeräten liegt bei den Städten und Gemeinden. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.
Zu 3: In Niedersachsen besteht keine Meldepflicht über die Anschaffung von Wahlgeräten. Weder dem Fachministerium noch dem Niedersächsischen Landeswahlleiter liegen daher Erkenntnisse darüber vor, ob einzelne Städte oder Gemeinden in Niedersachsen bereits über Wahlgeräte verfügen. Konkrete Wünsche von Kommunen, Wahlen in Niedersachsen künftig elektronisch durchführen zu wollen, sind dem Fachministerium bisher nicht vorgetragen worden.
des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit auf die Frage 17 der Abg. Elke Twesten (GRÜNE)
Die Änderungen des § 5 a der Niedersächsischen Gemeindeordnung, des § 4 a der Niedersächsische Landkreisordnung und des § 17 des Gesetzes über die Region Hannover haben zu neuen Regelungen bei der Förderung der Gleichberechtigung und der Gleichstellungsbeauftragten geführt. Unter anderem können seither Gleichstellungsbeauftragte mit einfacher Mehrheit in der Regionsversammlung, dem Kreistag oder dem Rat abgewählt werden. Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern sind nicht länger verpflichtet, Gleichstellungsbeauftragte hauptamtlich zu beschäftigen. Und die Gleichstellungsbeauftragten haben zusammen mit dem Regionspräsidenten, dem Landrat oder dem Bürgermeister alle drei Jahre der Regionsversammlung, dem Kreistag oder dem Rat einen Bericht vorzulegen. Der Bericht der Landesregierung (Drs. 16/475) vom vergangenen September stellt nun fest, dass seit der Gesetzänderung 45 Gemeinden keine hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte mehr beschäftigen und dass in 16 Gemeinden Gleichstellungsbeauftragte mit einfacher Mehrheit abgewählt worden sind. Zudem haben nur 39 % der 463 befragten bzw. der 440 der Kommunen. die an der Umfrage teilgenommen haben, den gesetzlich geforderten Bericht vorgelegt - damit fast zwei Jahre nach Ende des Berichtszeitraums. Aktuell beklagt Frauenministerin Mechthild Ross-Luttmann (Pressemitteilung vom 10. November 2008), dass die Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen „gravierend“ seien.
1. Wie viele Kommunen beschäftigten 2004 bzw. 2008 hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte in Vollzeit bzw. in Teilzeit?
2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, weswegen in mehr als 60 % der Kommunen nicht der gesetzlich geforderte Bericht vorliegt, welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus den Ergebnissen, bzw. was gedenkt die Landesregierung gegen die Pflichtverletzung zu tun?
3. Wenn die Landesregierung durch ihre Gesetzesänderungen 2005 zum Abbau der Gleichstellungsbeauftragten beigetragen hat und die Regierungsfraktionen CDU/FDP planen, mit der Novelle des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes die Frauenförderung in Behörden abzubauen, mit welchen Mitteln und Maßnahmen will die Landesregierung dann die von Ministerin Ross-Luttmann beklagten „gravierenden Ungerechtigkeiten“ gegenüber Frauen beseitigen?
Gemäß § 5 a Abs. 1 Satz 2 der Niedersächsischen Gemeindeordnung, § 4 a Abs. 1 der Niedersächsischen Landkreisordnung und § 17 Abs. 1 des Gesetzes über die Region Hannover haben kreisfreie Städte, große selbstständige Städte, die Landeshauptstadt Hannover, die Stadt Göttingen, die Landkreise sowie die Region Hannover eine hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen; mithin sind 55 hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.
Tatsächlich gab es zum Stichtag 1. März 2008 nach Erkenntnissen der Landesregierung insgesamt 120 hauptberufliche Gleichstellungsbeauftragte in Niedersachsen, zum Stichtag 30. April 2005 waren es 165.
Nach § 5 a Abs. 9 der Niedersächsischen Gemeindeordnung, nach § 4 a Abs. 8 der Niedersächsischen Landkreisordnung und nach § 17 Abs. 8 des Gesetzes über die Region Hannover berichtet der Hauptverwaltungsbeamte dem Rat bzw. dem Kreistag/der Regionsversammlung gemeinsam mit der Gleichstellungsbeauftragten alle drei Jahre über die Maßnahmen, die die Kommune zur Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern gemäß Artikel 3 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung durchgeführt hat, und über deren Auswirkungen. Der Bericht ist erstmals für die Jahre 2004 bis 2006 zur Beratung vorzulegen.
Zu 1: Der Gesetzgeber ging bereits mit Einführung der verpflichtenden Bestellung von kommunalen Frauenbeauftragten im Jahr 1993 davon aus, dass die Hauptberuflichkeit bei einer Beschäftigung mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit gegeben ist. Die Ausgestaltung
der hierüber hinausgehenden Beschäftigung liegt im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung. Im Übrigen wird auf den Bericht der Landesregierung gemäß Artikel 7 des Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts (Drs. 16/475) verwiesen.
Zu 2: Hinsichtlich des nicht zufriedenstellenden Ergebnisses zur internen Berichtspflicht in den kommunalen Gebietskörperschaften gemäß § 5 a Abs. 9 NGO bzw. § 4 a Abs. 8 NLO hat die Landesregierung die kommunalen Spitzenverbände gebeten, sich dafür einzusetzen, dass die kommunalen Gebietskörperschaften künftig ihren Berichtspflichten fristgemäß nachkommen. Ich gehe davon aus, dass die Spitzenverbände dieses positiv begleiten werden.
Zu 3: Die Novelle des NGG dient aus Sicht der Landesregierung der Stärkung der Gleichstellungsförderung in den Dienststellen des Landes. Das Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird gestärkt, das Instrument des Gleichstellungsplans verbessert. Gleichzeitig wird das Gesetz verschlankt und damit die Akzeptanz erhöht.
Viele Benachteiligungen von Frauen stehen in Zusammenhang mit einer familienbedingten Erwerbsunterbrechung. Um Chancengleichheit zu erreichen, fördert das Land 19 Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft, die Frauen in Niedersachsen beim beruflichen Wiedereinstieg gezielt unterstützen. Mit ihren Verbindungen zu kleinen und mittleren Unternehmen halten die Kostellen ein breit gefächertes Angebot für Frauen vor. Dieses reicht von der Beratung, der Initiierung von Orientierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und der Unterstützung bei der Kinderbetreuung während der Qualifizierungsmaßnahmen über die Vermittlung von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen in Verbundbetrieben bis hin zur Erarbeitung innovativer Weiterbildungsmodelle und berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Dafür stellt das Land in 2008 rund 0,7 Millionen Euro an Landesmitteln und rund 1,7 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bereit.
Durch das Förderprogramm zur Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt - kurz FIFA - werden arbeitsuchende und beschäftigte Frauen gleichermaßen beraten und qualifiziert. Dafür werden bis 2013 pro Jahr rund 1,5 Millionen Euro an Landesmitteln und 4,5 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) eingesetzt.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, Frauen bei der Erlangung eines Existenz sichernden Einkommens zu unterstützen und ihnen berufliche Aufstiegsmöglichkeiten zu eröffnen, sind wichtige Ziele der geförderten Maßnahmen.
des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 18 der Abg. Helge Limburg, Ralf Briese und Enno Hagenah (GRÜNE)
Ist die niedersächsische Wirtschaft von der internationalen Piraterie betroffen, und welche Konzepte vertritt die Landesregierung gegen diese Bedrohung?
Gegenwärtig wird das Phänomen der Piraterie auf unterschiedlichen politischen Ebenen kontrovers diskutiert. Vor allen Dingen am Horn von Afrika häufen sich Überfälle auf Containerschiffe und Mehrzweckfrachter. Niedersachsen hat mit seinen Seehäfen und großen Reedereien ein hohes Interesse an einem ordnungsgemäßen und reibungslosen Verlauf der Seeverkehre. Die Containerverkehre verteuern sich durch die steigenden Versicherungsprämien dramatisch.
Durch die Kaperung eines Superöltankers haben die Überfälle auf See eine gänzlich neue Qualität bekommen. Die internationale Gemeinschaft diskutiert u. a. die Entsendung von Marineschiffen unter spezifischen Mandaten, um die Piraten abzuschrecken und den Handelsschiffen Begleitschutz zu geben. Rechtlich ungeklärt und umstritten sind in Deutschland nach geltendem Recht die Befugnis zur Festnahme der Piraten und der mögliche Gerichtsstandort. Die Besetzung von Marineschiffen mit Polizisten wird daher diskutiert. Fraglich ist indessen, aus welchen Ländern und mit welcher Ausbildung die Polizisten kommen sollen, die diese gefährlichen Missionen begleiten sollen.
1. Sind niedersächsische Reedereien von der internationalen Piraterie betroffen und, wenn ja, in welchem Ausmaß (gekaperte Schiffe, Han- delsvolumen, Lösegeld)?
2. Welche Konzepte vertritt die Landesregierung zur Sicherung der niedersächsischen Handelsflotte sowohl in gesetzgeberischer Hinsicht als auch unter dem Gesichtspunkt der konkreten Gefahrenabwehr?
3. Gibt es Überlegungen, niedersächsische Polizisten auf deutschen Marinebooten einzusetzen und, wenn ja, in welcher Anzahl, mit welcher Ausbildung und mit welchem Dienstgrad?
Zunahme des internationalen Seehandels und dem globalen Aufschwung der maritimen Branchen profitiert. Im Nordwesten Niedersachsens (Leer) ist mittlerweile der zweitgrößte deutsche Reedereistandort nach der Hansestadt Hamburg beheimatet. Da Schiffe niedersächsischer Reedereien weltweit im Einsatz sind, können auch sie von der internationalen Piraterie betroffen sein.
Piraterie ist eine der größten Gefahren für die internationale Handelsschifffahrt. Sie ist allerdings kein Problem der deutschen Küstengewässer, sondern konzentriert sich u. a. auf Seegebiete von Dritte-Welt-Staaten. Insbesondere im Raum West- und Ostafrika, speziell im Bereich des Golfs von Aden vor der somalischen Küste, aber auch im Raum Südostasien ist Piraterie ausgeprägt. Die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union (EU) nehmen diese Bedrohung der zivilen Schifffahrt durch Piraterie sehr ernst.
Die Pflege der Beziehung zu auswärtigen Staaten wie auch die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an internationalen Friedensmissionen liegt ausschließlich in der Zuständigkeit des Bundes.
Am 10. November 2008 hat der Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen der EU beschlossen, eine EU-Anti-Piraterie-Mission vor der Küste Somalias durchzuführen. Diese erste maritime Mission der EU heißt EU NAVFOR Somalia/Operation ATALANTA. Die EU plant für den Einsatz einen Verband mit mehreren Fregatten, Unterstützungsschiffen und Seeaufklärungsflugzeugen.
Die Bundesrepublik Deutschland wird sich, vorbehaltlich der am 19. Dezember 2008 beabsichtigten Mandatierung durch den Deutschen Bundestag, nach derzeitigen Planungen für ein Jahr mit einer Fregatte beteiligen; die deutsche Beteiligung erfolgt „im Rahmen und nach den Regeln“ von Artikel 24 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG).
Das EU-Mandat ist „robust“ gefasst und berechtigt die beteiligten Streitkräfte zu allen erforderlichen Maßnahmen gegen die Piraterie. Der Einsatz von Gewalt zur Abschreckung, Verhütung und Beendigung von seeräuberischen Handlungen ist als „Ultima Ratio“ ausdrücklich erlaubt. Auch zur Ingewahrsamnahme von verdächtigen Personen sowie zur Beschlagnahme von deren Schiffen wird ermächtigt.
Zurzeit existieren mehrere nationale und multinationale Initiativen parallel zu der der EU. Unter an
derem werden im Operationsgebiet der US-geführten Operation ENDURING FREEDOM Schiffe einzelner Nationen aus dem Verband herausgelöst und mit Anti-Piraterie-Maßnahmen betraut. Einheiten des ständigen NATO-Eingreifverbandes wurden abgestellt, um im Zuge der Operation ALLIED PROVIDER bei Bedarf Schiffe des Welternährungsprogramms gegen Piraterie zu schützen. Diese Operation wird am 15. Dezember 2008 enden. Zu diesem Zeitpunkt soll ATALANTA beginnen.
Zu 1: Nach Mitteilung des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) wurden bisher insgesamt sieben Schiffe von vier niedersächsischen Schifffahrtsunternehmen von Piraten angegriffen (Stand Anfang Oktober 2008). Ein weiteres Schiff einer niedersächsischen Reederei wurde Ende Mai 2008 entführt und nach Zahlung von Lösegeld wieder freigelassen. Genauere Einzelheiten sind dem VDR nicht bekannt, auch nicht das Handelsvolumen. Es handelte sich um kleinere Containerschiffe, Stückgutfrachter und Chemikalientanker.
Zu 2: Seit Juli 2004 sind für Schiffe und Hafenanlagen weltweit umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen in Kraft getreten, die von der Seeschifffahrtsorganisation Internationale Maritime Organisation (IMO) nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf Initiative der USA erarbeitet wurden. Der sogenannte International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code) verpflichtet die Reedereien, auf ihren Schiffen Eigensicherungsmaßnahmen zur Terror- und Piratenabwehr vorzunehmen. So müssen beispielsweise an Bord der Seeschiffe Gefahrenabwehrpläne vorhanden sein, die die notwendigen bordseitigen Sicherheitsvorkehrungen bei äußeren Gefahren, wie z. B. bei Terror-/Pirateriegefahr, beschreiben. Zusätzlich ist auf jedem Seeschiff über 500 Bruttoregistertonnen in der internationalen Fahrt ein sogenannter stiller Alarm vorgeschrieben. Der Flaggenstaat, d. h. der Staat, in dessen Schiffsregister das Schiff eingetragen ist, wird mit Hilfe des stillen Alarms im Gefahrenfall alarmiert.
Aufgrund fehlender Zuständigkeit des Landes Niedersachsen für die Gefahrenabwehr auf internationalen Seewegen und in Anbetracht nationaler und internationaler Bemühungen, der Piraterie entgegenzuwirken, erfolgen gesonderte niedersächsische Initiativen zur Sicherung internationaler Seewege nicht.