Protocol of the Session on December 11, 2008

wagen.“ - Da spendieren Sie frenetischen Beifall. Das ist der Widerspruch.

(Björn Thümler [CDU]: Waren Sie da- bei? - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Haben Sie daneben gesessen?)

Den Marktradikalismus nach dem Leipziger Programm beschließen und anschließend vorgeben, die Folgen der eigenen Politik zu bekämpfen - das lassen wir Ihnen nicht durchgehen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Nehmen wir einmal das VW-Gesetz. Frau Merkel geht zur Betriebsversammlung in Wolfsburg und verspricht, das VW-Gesetz zu retten. Herr Wulff, ich empfehle Ihnen: Gehen Sie einmal mit Frau Merkel zu Herrn Barroso.

(Ulf Thiele [CDU]: Gehen Sie mal zu Herrn Verheugen!)

- Genau, darauf habe ich gewartet. Der Chef der EU-Kommission ist nicht Herr Verheugen, sondern Herr Barroso.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind ja geradezu ein Weltpolitiker! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Sie sprechen doch auch so gern von Ihrer Bundeskanzlerin, die so vieles macht.

Herr Wulff, gehen Sie einmal mit Frau Merkel zu Herrn Barroso. Lassen Sie das Thema einmal auf die Tagesordnung setzen, und sichern Sie einmal eine Mehrheit der EU-Kommission und der europäischen Regierungschefs für die Beibehaltung der 20-Prozent-Klausel bei VW. Dann hätten Sie etwas erreicht.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wann hatten Sie denn das letzte Ge- spräch mit Herrn Barroso?)

Lassen Sie mich zu fünf konkreten Änderungsanträgen unserer Fraktion zu Ihrem Haushalt kommen:

Zur Entwicklungspolitik will ich Ihnen zuerst sagen, dass Niedersachsen natürlich nicht im großen Stil Entwicklungspolitik leisten kann. Aber angesichts der wachsenden Bedeutung der Armutsbekämpfung und des Klimawandels, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der UN-Milleniumsziele, halten wir es für richtig, den Ansatz um 100 000 Euro auf 222 000 Euro zu steigern.

Zur Medienpolitik: Wir fordern mehr Engagement bei der Stärkung des Bürgerrundfunks. Die nicht kommerziellen lokalen Inforadios und die offenen Fernsehkanäle in Niedersachsen sind eine publizistische Bereicherung des lokalen Medienangebots und damit unverzichtbar.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen die Bürgermedien nutzen, um die wichtige Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln und auszubilden. Medienkompetenz ist heute eine Schlüsselqualifikation für Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und beruflichen Erfolg. Deswegen beantragen wir zusätzliche Mittel in Höhe von 2 Millionen Euro für die Stärkung der Medienkompetenz insbesondere von Schülerinnen und Schülern. Hier wollen wir die bewährten Projekte der Bürgermedien nutzen und ausbauen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Zu einem Symbol Ihrer Europapolitik, das deutlich macht, welche Geringschätzung Sie europäischen Fragen gegenüber aufbringen, zum EIZ: Man muss sich einmal vor Augen führen, dass Sie im Wahljahr 2009 den Ansatz um 25 000 Euro auf 45 000 Euro verstärken wollen. Das Ist 2007 lag aber schon bei 48 000 Euro. Aus den Ausschussberatungen wissen wir, dass ein Teil dieser Steigerung von 25 000 Euro auf die Ausrichtung eines bundesweiten Kongresses des Bundespresseamtes entfällt.

Ich will Ihnen einmal den Vorschlag in Erinnerung rufen, den Sie am 9. Mai hier eingebracht und beschlossen haben. In Ihrem Antrag hieß es, dass für das EIZ zusätzliche Haushaltsmittel bereitzustellen sind. „Die Multiplikatorenwirkung der maßgeblichen Gruppen der Zivilgesellschaft und ihrer Repräsentanten soll dabei besondere Berücksichtigung finden,“ hieß es. Herr Hogrefe, es wird Ihnen wahrscheinlich auch heute nicht gelingen, uns und den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären, wie Sie diesem Anspruch gerecht werden wollen, weil Sie Ihren eigenen Antrag aus dem Mai konterkarieren durch viel zu geringe Ansätze beim EIZ. Deswegen wollen wir die Mittel verdoppeln um 90 000 Euro auf 180 000 Euro.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Wilhelm Hogrefe [CDU]: Und woher nehmen Sie das Geld, Herr Tanke?)

- Dazu komme ich gleich. Sie sind heute so ungeduldig, Herr Hogrefe. Ich sage es Ihnen gleich

beim nächsten Punkt. Sie haben heute ja auch noch die Chance, diese Schwerpunkte zu setzen und Ihrem damaligen Antrag gerecht zu werden. Dann nehme ich meine Behauptungen auch gern zurück. Wir wollen mal sehen, was Sie machen.

Sie gönnen sich die Mittel nämlich lieber bei der Öffentlichkeitsarbeit.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Sie haben doch null Ahnung! So ein Quatsch!)

Die Verfügungsmittel des Ministerpräsidenten würden wir gern reduzieren auf das Ist des Jahres 2005; das wären 10 000 Euro. Wir würden die Mittel für die Information über die Tätigkeit der Landesregierung gern reduzieren auf das Ist des Jahres 2006; das wären 5 000 Euro. Die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit würden wir gern kürzen um 88 000 Euro auf 266 000 Euro; das wäre dann das Ist des Jahres 2007. Und schon haben Sie Ihre Summe zusammen, Herr Hogrefe.

Sie gönnen sich für Ihre Darstellung nach außen Geld, aber für Werbung für die Beteiligung an der Europawahl stellen Sie zu wenig zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - David McAllister [CDU]: Sie sind ja ein Komiker!)

Kommen wir zu den Personalansätzen. Da können Sie auch sparen. Im Haushalt ist eine Stelle aufgeführt für einen Mitarbeiter, der im Rahmen der Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten landesweit bedeutende Projekte begleiten soll, beispielsweise die Demografie. Ich habe Ihnen den Bericht der Enquetekommission „Demographischer Wandel“ mitgebracht. Da steht schon alles drin. Sie brauchen dafür keinen zusätzlichen Mann. Vielmehr müssten die Aufträge, die in dem Bericht beschrieben sind, in den Ministerien endlich einmal bearbeitet werden. Deshalb können Sie auf diese Person verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident, Widerspruch zwischen Wort und Tat kommt in der Politik immer schlecht an, und deswegen will ich Ihnen gegenüber Folgendes noch einmal deutlich sagen: Sie hatten bis vor kurzer Zeit einen Mitarbeiter, nämlich den Leiter der politischen Grundsatzabteilung in der Staatskanzlei. Der war einer Ihrer engsten Vertrauten. Für ihn gibt es ein Rückkehrrecht in den Landesdienst: mit B 6.

(Ministerpräsident Christian Wulff: Für Ihren Fraktionsgeschäftsführer auch!)

- Warten Sie erst einmal! - Das ist an sich ein normaler Vorgang, Herr Ministerpräsident. Jetzt zu den Details. Es handelt sich um Dr. Volker Schmidt, der als Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall die Nachfolge von Herrn Kröncke antritt.

(Heinz Rolfes [CDU]: Langsam ist es aber gut!)

Sonst sagen Sie landauf, landab im Chor mit Unternehmerverbänden, Sie wollen mehr Selbstverantwortung und mehr Risikobereitschaft. Ich will einmal zitieren, Herr Ministerpräsident, aus der Celleschen Zeitung vom 5. November.

(Björn Thümler [CDU]: Sollen wir mal alle Genossen aufzählen?)

Da sagen Sie: „Die Kultur der Eigenverantwortung und des Zupackens im niedersächsischen Handwerk ist zu loben.“ Ich denke, wenn Sie so etwas sagen, dann gilt das insbesondere für solche Stellen, wie ich sie eben genannt habe. Ich spreche das hier an, weil Sie, wenn es um enge Mitarbeiter geht, das Gegenteil von dem tun, was Sie sonst von den Menschen einfordern. Diesen Widerspruch lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Zustimmung bei der SPD - David McAllister [CDU]: Jetzt klatscht nur noch die Hälfte Ihrer Fraktion! - Karl- Heinrich Langspecht [CDU]: Schlicht- weg widerlich!)

Ich darf Ihnen, meine Damen und Herren, zum Abschluss sagen, dass aus unserer Sicht der Haushalt für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien ideenlos ist und keine Schwerpunkte setzt. Er ist eine europapolitische Bankrotterklärung, und deswegen lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Das war die schlechteste Re- de, die ich seit langem gehört habe! - David McAllister [CDU]: Das ist die Zukunft der Niedersachsen-SPD!)

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Redner zu diesem Punkt aufrufe, möchte ich Sie darüber informieren, dass die Fraktionen übereingekommen sind, die Punkte 22 und 23, die heute Abend nach der Haushaltsdebatte hätten abgehandelt werden sollen, auf morgen zu verschieben,

und zwar auf die Zeit nach der Beschlussfassung über den Haushalt.

Als nächste Rednerin rufe ich Frau Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf.

(David McAllister [CDU]: Das kann sich jetzt eigentlich nur noch steigern! Es kann nur besser werden!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede über den Europaetat sprechen. Im weiteren Verlauf komme ich dann zu den Themen Internationales und Entwicklungszusammenarbeit.

Auch wir haben natürlich festgestellt - nicht nur heute hier, sondern auch schon in den Haushaltsberatungen -, dass der Haushalt 2009 im Bereich europäische Politik für das Jahr 2009 wenig landespolitische Akzente setzt, obwohl - Herr Tanke hat es gesagt - ein so wichtiges Jahr mit der Wahl des Europäischen Parlaments vor uns liegt. Minimale Veränderungen schlägt die Landesregierung für den Haushalt 2009 vor. Das ist fatal, Herr Ministerpräsident; denn wir brauchen gerade für das Jahr 2009 einen Haushalt, der vom europäischen Gedanken getragen wird.

Wir haben, gerade nachdem der Prozess der Ratifizierung des Vertrages von Lissabon in Irland fehlgeschlagen ist, die Aufgabe, insbesondere jungen Menschen das große Friedensprojekt Europa näherzubringen. Herr Ministerpräsident Wulff, gestatten Sie mir an dieser Stelle bitte die Bemerkung: Ersparen Sie uns am Wahlabend am 6. Juni bitte den Kommentar, dass die Wahlbeteiligung insbesondere bei den jungen Menschen wieder zu niedrig war. Ein solcher Kommentar wäre scheinheilig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Grünen werden weiterhin für die Stärkung des Europäischen Informations-Zentrums kämpfen. Das EIZ leistet sehr gute Arbeit. Auch wir halten die Aufstockung auf 75 000 Euro für völlig unzureichend. Wir setzen dafür in diesem Haushalt zusätzliche 200 000 Euro ein. Wir wollen, dass mit diesem Geld vor allem die Informationsdefizite und die existierenden Mythen über die Arbeit der Europäischen Union abgebaut werden, insbesondere auch bei den Regierungsfraktionen.

Europa soll noch mehr und nicht nur an einem oder an zwei Tagen im Jahr in den Klassenzim

mern stattfinden. Die Idee des rollenden Klassenzimmers Europa bzw. die Idee eines Europakoffers für die Schulen - auch ein Vorschlag des Europäischen Informations-Zentrums - werden wir deshalb weiterhin bewerben, auch mit unseren Änderungsanträgen zum Haushalt 2009.

Meine Damen und Herren, wir wissen, dass viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des EIZ intensiv in den Vorbereitungen für die zahlreichen Projekte und Veranstaltungen im kommenden Haushaltsjahr stecken. An dieser Stelle möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese wertvolle Arbeit bereits jetzt bedanken. Ich denke, das ist auch im Interesse der Regierungsfraktionen. Vielen Dank!