Dieses Trauerspiel findet heute bei Ihnen seine Fortsetzung. Meine Damen und Herren, handeln Sie endlich selbst, statt Taten anderer zu fordern! Gelegenheiten dazu gibt es hier in Niedersachsen wirklich genug.
Erstens. Niedersachsen ist Schlusslicht in Sachen Kinderkrippen und Kitas. Investieren Sie endlich! Viele junge Talente haben keine Chance, entdeckt zu werden, weil Kinder hierzulande schon mit zehn
Zweitens. Niedersachsen ist Schlusslicht bei der Studierquote. Schaffen Sie endlich die unsozialen Studiengebühren ab!
Für all das, Herr Klare, brauchen Sie den Bund nicht. Das ist allein Ländersache. Doch auch Sie belassen es lieber bei Ankündigungen und Versprechungen. Da haben Sie von Dresden gelernt. Wo bleibt denn die im Wahlkampf versprochene Beitragsfreiheit für Kindergärten? Wo bleiben denn die blühenden Stipendienlandschaften, die den Studenten seit drei Jahren versprochen werden? - Nichts als heiße Luft. Davon haben die Leute wirklich genug. Den Bürgern im Lande ist es egal, wer für die Bildung zuständig ist. Sie wollen, dass endlich etwas passiert. Das wollen auch wir.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war absolut richtig, dass die Bundeskanzlerin nach der Föderalismusreform im Sommer dieses Jahres mit ihrer Bildungsreise durch das Land gezogen ist und den gesamtgesellschaftlichen Blick auf die Bildungspolitik fokussiert hat. Richtig ist auch, dass dann der Bildungsgipfel stattgefunden hat. Es war wichtig - ich habe das hier schon gesagt -, dass die Ministerpräsidenten alle an einem Tisch gesessen haben, damit auch Ministerpräsidenten oder Bürgermeister wie Wowereit und Beck entsprechend von Niedersachsen lernen können.
Denn wir sind weiter als andere, was die Sprachförderung vor der Einschulung oder was die Reduzierung der Schulabbrecherquote angeht. Auch im Bereich der Ganztagsschulen sind wir im Vergleich der Bundesländer vorne. Das gilt insbesondere auch für die Öffnung der Hochschulen.
Man muss das natürlich auch - das ist aus Landessicht absolut richtig - kritisch hinterfragen. Wenn die Kanzlerin eine solche Bildungsreise macht und den gesellschaftlichen Blick auf die Bildungspolitik fokussiert, dann muss das vom
Bund - nichts anderes hat der Kollege Klare gefordert - mit entsprechenden finanziellen Mitteln unterlegt werden.
Notwendig ist auch, dass das nachhaltig geschieht. Wir haben im Bereich der IZBB-Mittel einmal erlebt, dass der Bund - dafür sind wir alle, glaube ich, sehr dankbar gewesen - den Ausbau der Ganztagsschulen finanziell unterstützt hat. Aber nun stehen wir als Land in der Pflicht, das fortzuführen und die entsprechenden Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen. Der Bund lässt uns, nachdem er dieses Programm, das er aufgelegt hatte, hat auslaufen lassen, mehr oder weniger im Regen stehen. Da darf man schon die Forderung nach weiteren finanziellen Unterstützungen erheben.
Bei der Diskussion um die Föderalismusreform ist ganz entscheidend, dass man über die Zuständigkeiten redet. Gerade im Bereich der Bildungspolitik trifft der Grundsatz „wer zahlt, bestimmt“ nicht zu. Das kann nicht funktionieren. Mir persönlich graut es vor einer Bundesbildungsbehörde mit knapp 1 Million Lehrern und mehreren Tausend Schulen in der Verwaltung.
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wer hat denn so etwas gefordert? - Dr. Gab- riele Andretta [SPD]: Das ist Unsinn! Wer hat denn das gefordert?)
Wir in Niedersachsen machen genau das Gegenteil, indem wir nicht die Zuständigkeit nach oben verlagern, sondern die Verantwortung denjenigen in die Hand geben, die sich tagtäglich im Bildungsbereich um die Kinder bemühen.
Mit der eigenverantwortlichen Schule nämlich entscheiden die Schulleiter und die Lehrer in Zusammenarbeit mit den Eltern und Schülern vor Ort, was das Beste ist. Das ist der entscheidende Punkt in der Diskussion um finanzielle Mittel des Bundes und in der Diskussion im Rahmen der
Föderalismusreform. Wir brauchen Entscheidungen über Bildungspolitik in der Schule und keine Entscheidungen im zentralen Politbüro.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich bei diesen Debatten nicht des Eindrucks verwehren
- manchmal auch nicht erwehren; aber dagegen kann man sich wiederum nicht wehren -, dass mancher in diesem Haus überhaupt nicht verstanden hat, worum es sich bei wettbewerbsföderalistischen Strukturen überhaupt handelt.
Liebe Frau Korter, Sie haben uns dafür kritisiert, dass beim Bildungsgipfel viel zu wenig über die Instrumente gesprochen worden sei. Föderalismus bedeutet insbesondere in den Bereichen, über die wir hier reden, nämlich Bildung und Kultur - das sind ja die Kernelemente des deutschen Föderalismus -, dass wir uns über gemeinsame Ziele und Standards verständigen, die wiederum dazu führen, dass wir in Deutschland die nötige Mobilität und Flexibilität beispielsweise im Schulbereich herstellen. Es bedeutet aber eben gerade nicht, dass wir uns auf Bundesebene über Instrumente unterhalten. Die Unterschiedlichkeit der Instrumente ist doch gerade das, was - bei aller Kritik, die ich hier nicht verwischen will - den Reiz und zum Teil auch die Stärken des deutschen Bildungssystems ausmacht.
Wir würden viele Debatten in diesem Haus gar nicht führen, wenn es nicht diese unterschiedlichen Wege und Instrumente gäbe. Sie könnten mancher Kritik uns gegenüber gar nicht loswerden, wenn es diese unterschiedlichen Instrumente nicht gäbe.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, der Meinung sind, wir bräuchten den Wettbewerbsföderalismus an dieser Stelle nicht mehr, dann stellen Sie - das ist, zugegeben, etwas polemisch - bitte gleich den Antrag, die Verfassung zu ändern und den Föderalismus in Deutschland in
Wir haben uns auf dem Bildungsgipfel über wichtige Ziele erneut verständigt. Liebe Frau Korter, ich gebe zu, das sind Ziele, die uns durchaus bekannt sind, die wir hier lange verfolgen und deren Lösung wir mit Nachdruck angegangen sind. Aber das bedeutet doch nicht, dass diese Ziele falsch sind. Im Gegenteil: Das unterstreicht nur, dass insoweit erheblicher Nachholbedarf besteht. Diejenigen, die mich kennen, liebe Frau Dr. Andretta, wissen, dass ich das Vorhandensein mancher Probleme, beispielsweise das Problem der Bildungsmobilität, nie bestritten habe. Aber wir sind im Hinblick auf die Anwendung von Instrumenten zur Verbesserung der Bildungsmobilität unterschiedlicher Auffassung. Das ist allerdings richtig so. Das macht sozusagen die Würze unseres demokratischen Gesellschaftssystems aus.
Tatsache ist: Es hat ein Bildungsgipfel stattgefunden - Karl-Heinz Klare hat darauf hingewiesen -, der in dieser Form historisch einmalig ist, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Bildungsthema erneut als das Megathema dieser Republik unterstrichen worden ist.
Tatsache ist auch - das, finde ich, ist in der Tat ein historisches Moment -, dass man sich darauf verständigt hat, die Bildungsausgaben massiv zu erhöhen. 10 % im Jahre 2015, das ist in der Tat ein sehr sportlicher Ansatz.
Nun kommt die spannende Frage: Wie finanzieren wir das alles? - Als gewähltes Landesparlament haben wir nicht die Aufgabe, sozusagen das Geschäft des Bundes zu betreiben; vielmehr müssen wir insoweit erneut darauf hinweisen, dass es die Föderalismusreform I gibt und dass die Föderalismusreform II kommen wird. Es gibt wichtige Finanzfragen. Es kann nicht sein, dass der Bund im Bewusstsein der finanziellen Probleme der Länder Bildungsgipfel initiiert, dann aber die Kosten für alles das, was wir miteinander vereinbart haben, auf die Länder abwälzen will. So einfach geht das nicht.
Wenn wir über Fragen wie die Umsatzsteuerverteilung diskutieren, dann sind das, glaube ich, faire Angebote. Letztlich hat der Bund mit der hier schon zitierten Formulierung aus dem Papier gesagt, dass das jetzt nicht Thema ist. Das heißt aber inzidenter, dass wir uns dieser Thematik natürlich zuwenden müssen. Es ist unsere Aufgabe,
es ist unser Job als Landesregierung und Landesparlament, dafür zu sorgen, dass wir an dieser Stelle nicht übervorteilt werden und unsere Interessen dabei unter den Tisch fallen. In dem Zusammenhang bedanke ich mich bei unserem Ministerpräsidenten, Christian Wulff, der insoweit in den letzten Wochen einen ganz hervorragenden Job geleistet hat.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt 1 c liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Castortransport 2008: Renaissance des Widerstandes - Der Atomstaat fährt gegen die Wand - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/642
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor über dreißig Jahren wurde die Entscheidung zur Einrichtung eines nuklearen Entsorgungszentrums in Gorleben getroffen, ohne jede geologische Begründung.
Heute zeigt sich: Die Protagonisten des Atomstaats laufen in Gorleben vor die Wand. 16 000 Menschen haben am Wochenende in Gorleben demonstriert.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Waren Sie auch dabei? - Gegenruf von Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sie waren jeden- falls nicht dabei! Schade eigentlich!)