Protocol of the Session on November 12, 2008

Ich werde die Sitzung jetzt für einige Minuten unterbrechen, um unseren Gästen die Gelegenheit zu geben, den Plenarsaal zu verlassen. Ich werde die Sitzung in wenigen Minuten wieder eröffnen.

(Unterbrechung der Sitzung von 10.53 Uhr bis 10.58 Uhr)

Wir setzen unsere Sitzung fort.

Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

Mit großer Bestürzung haben wir in der letzten Woche von dem schweren Busunglück erfahren, das sich am Abend des 4. November 2008 auf der Autobahn zwischen Garbsen und Herrenhausen ereignet hat. 32 Fahrgäste und ihr Busfahrer, die sich auf der Rückreise von einem Tagesausflug befanden, waren binnen Sekunden einem Feuer ausgeliefert, das 20 der Reisenden das Leben nahm und vielen weiteren schwere und schwerste Verletzungen an Leib und Seele zufügte.

Wir betrauern die Menschen, die auf diese tragische Weise aus dem Leben gerissen wurden, und wünschen denjenigen, die unter den Folgen des schrecklichen Ereignisses leiden, jede mögliche Heilung und Hilfe. Unser tiefes Mitgefühl gilt jenen, die als Angehörige oder Freunde mit dem Verlust eines geliebten Menschen leben und umgehen müssen.

Nicht vergessen möchte ich an dieser Stelle diejenigen, die als Rettungskräfte im Einsatz waren, die die Überlebenden versorgt und betreut haben und dies bis heute tun, die sich um die Angehörigen kümmern oder über das Erforschen der Unglücksursache dazu beitragen, dass sich ein solches Ereignis nicht wiederholt. Ihnen allen gilt unser Dank für ihren anspruchsvollen Einsatz.

Ich bitte Sie jetzt um einen Moment des Gedenkens. - Ich danke Ihnen, dass Sie sich von Ihren Plätzen erhoben haben.

Wir kommen jetzt zu den Regularien für den Tagungsabschnitt:

Ich stelle die Beschlussfähigkeit fest.

Geburtstag hat heute der Abgeordnete Jörg Bode. Herzlichen Glückwunsch im Namen des ganzen Hauses!

(Beifall)

Die Einladung und die Tagesordnung für diesen Tagungsabschnitt liegen Ihnen gedruckt vor.

Für die Aktuelle Stunde sind fünf Beratungsgegenstände benannt worden. Es liegen im Übrigen vier Dringliche Anfragen vor, die morgen früh ab etwa 9.15 Uhr beantwortet werden.

Auf der Basis der im Ältestenrat für die Beratung einzelner Punkte gemäß § 71 unserer Geschäftsordnung vereinbarten Redezeiten und des gleichfalls im Ältestenrat vereinbarten Verteilerschlüssels haben die Fraktionen die ihnen jeweils zustehenden Zeitkontingente so verteilt, wie Sie es aus der Ihnen vorgelegten Übersicht ersehen können. - Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit diesen Redezeiten fest.

Die heutige Sitzung soll gegen 19.10 Uhr enden.

Ich weise Sie noch auf drei Veranstaltungen hin: In der Wandelhalle ist die vom Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung e. V. konzipierte Ausstellung „Pilotprojekt Schulkooperation“ zu sehen. In der Portikushalle zeigt das Archiv des Niedersächsischen Landtages die von ihm konzipierte Ausstellung „Frauen im Niedersächsischen Landtag - 90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“. Die Bibliothek des Landtages präsentiert in ihrem Bereich eine Literaturausstellung zum Thema „90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland - Frauen in Politik und Parlament“. Ich empfehle die genannten Ausstellungen Ihrer Aufmerksamkeit.

Im Rahmen der Initiative „Schulen in Niedersachsen online“ werden in den kommenden drei Tagen Schülerinnen und Schüler der Haupt- und Realschule Badenhausen wiederum mit einer OnlineRedaktion live aus dem Landtag berichten. Als Patin wird die Abgeordnete Angelika Jahns erste Ansprechpartnerin der Nachwuchsjournalisten sein.

Des Weiteren werden im Rahmen des von der Multi-Media Berufsbildende Schule initiierten Modellprojekts Landtagsfernsehen wieder Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten der Humboldt-Schule Seelze Sendungen erstellen. Die einzelnen Sendungen stehen unmittelbar nach ihrer Produktion im Internet auf der Homepage der Multi-Media Berufsbildenden Schule (www.mmbbs.de) zum Abruf bereit. Sie sollen

auch über den Regionalsender h1 gesendet werden.

An die rechtzeitige Rückgabe der Reden an den Stenografischen Dienst bis spätestens morgen Mittag, 12 Uhr, wird erinnert.

Es folgen geschäftliche Mitteilungen durch den Schriftführer.

Es haben sich entschuldigt von der Fraktion der SPD Herr Siebels und von der Fraktion DIE LINKE Herr Perli.

Vielen Dank. - Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 1:

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde liegen fünf Beratungsgegenstände vor: a) Berechtigung von Schülerdemonstrationen vor dem Hintergrund der eskalierenden Bildungsmisere - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/631 -, b) Konjunkturprogramm des Bundes greift zu kurz - Weichen für Wachstum jetzt stellen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/634 -, c) Chancen des Bildungsgipfels für Niedersachsen nutzen - Bund muss Worten auch Taten folgen lassen! - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 16/641 -, d) Castortransport 2008: Renaissance des Widerstandes - Der Atomstaat fährt gegen die Wand - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/642 - und e) Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise - Zeit für eine aktuelle Denkstunde, auch für den niedersächsischen Ministerpräsidenten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/644.

Die in unserer Geschäftsordnung für den Ablauf der Aktuellen Stunde festgelegten Bestimmungen setze ich als bekannt voraus. Es stehen insgesamt 125 Minuten zur Verfügung, die gleichmäßig auf die fünf Fraktionen aufzuteilen sind. Das heißt, jede Fraktion kann über höchstens 25 Minuten verfügen. Wenn, wie heute, mehrere Themen zur Aktuellen Stunde vorliegen, bleibt es jeder Fraktion natürlich unbenommen, wie sie ihre 25 Minuten für die einzelnen Themen verwendet. Die einzelnen Redebeiträge dürfen gemäß § 49 Abs. 4 Satz 2 unserer Geschäftsordnung grundsätzlich höchstens fünf Minuten dauern.

Für die Mitglieder der Landesregierung möchte ich den folgenden Hinweis geben: Nach Artikel 23 Abs. 2 Satz 2 der Niedersächsischen Verfassung müssen die Mitglieder der Landesregierung in den Sitzungen des Landtages zwar jederzeit angehört werden. Die Mitglieder der Landesregierung haben sich jedoch stets verpflichtet gefühlt, sich ebenfalls an den zeitlichen Rahmen zu halten. Ansonsten weise ich in diesem Zusammenhang auf die Möglichkeit hin, den § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung anzuwenden, also die Möglichkeit, zusätzliche Redezeit für die Fraktionen für eine Erwiderung auf die Landesregierung zu gewähren. Nach vier Minuten Redezeit werde ich durch ein Klingelzeichen darauf hinweisen, dass die letzte Minute der Redezeit läuft.

Ich mache im Übrigen darauf aufmerksam, dass Erklärungen und Reden nach § 49 Abs. 4 Satz 3 der Geschäftsordnung nicht verlesen werden dürfen.

Wir kommen damit zu Tagesordnungspunkt 1 a:

Berechtigung von Schülerdemonstrationen vor dem Hintergrund der eskalierenden Bildungsmisere - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/631

Ich erteile der Abgeordneten Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute rufen Schülerinnen und Schüler landesweit zu Demonstrationen in mindestens zehn niedersächsischen Städten auf. In Braunschweig, Göttingen, Oldenburg, Hannover, Lüneburg, Gifhorn, Papenburg, Melle, Northeim und Wolfsburg gehen Zehntausende Jugendlicher unter dem gemeinsamen Motto „Bildungsblockaden einreißen“ auf die Straße.

Bis zuletzt gab es Einschüchterungsversuche gegenüber den Schülerinnen und Schülern mit dem Ziel, sie von den Demonstrationen fernzuhalten. Wir verurteilen diese Drohgebärden aufs Schärfste.

(Beifall bei der LINKEN)

Unsere Fraktion solidarisiert sich mit den Demonstrierenden und wird sich im Falle von Sanktionen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler einsetzen. Es geht hier nicht um Schulschwänzen,

sondern um die gelebte und aktive Teilhabe an unserer demokratischen Gesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

In diesem Sinne unterstützen die Demonstrationen, die Diskussionen vorher und hinterher und hoffentlich auch Verbesserungen, die aus diesem Prozess resultieren, den Bildungsauftrag der Schule voll und ganz.

Niedersachen soll ein Land mündiger und selbstbewusster Bürgerinnen und Bürger sein. Das bedeutet, dass sie auch die Chance haben müssen, ihre Meinung zu äußern und sich zu den Zeiten und an den Orten zu versammeln, an denen ihre Forderungen hörbar und sichtbar werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Landesregierung hat stattdessen versucht, den Schülerinnen und Schülern mit Drohungen einen Maulkorb zu verpassen. Ich empfinde es als bezeichnend für die aktuelle Bildungsmisere, dass heute trotz dieser Einschüchterungsversuche weit über zehntausend Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen und dabei ganz bewusst die Drohung ignorieren und eine mögliche Grenzüberschreitung akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN)

In Hannover beginnt die Demonstration um 12 Uhr vor dem Opernhaus und führt eng am Landtag vorbei. Ich freue mich, dass zwei Vertreter des Landesschülerrates vor der Demonstration noch die Zeit gefunden haben, in den Landtag zu kommen, um uns in dieser Aktuellen Stunde zuzuhören. - Herzlich willkommen!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Die Fraktion DIE LINKE hat diese Aktuelle Stunde beantragt, damit der Protest der Schülerinnen und Schüler den Weg in das Parlament findet. Ich möchte daher an dieser Stelle den Demonstrierenden das Wort geben, indem ich aus den Protestaufrufen zitiere. In Northeim heißt es:

„Wir haben keinen Bock mehr auf den alltäglichen Schulfrust! … Wir haben uns entschlossen, für eine Schule einzutreten, bei der es nicht ums Gewinnen und Verlieren geht. Eine Schule, in der sich alle wohl fühlen und frei entfalten können!“

(Beifall bei der LINKEN)

Allen Aufrufen ist gemein, dass sie kostenlose Bildung für alle fordern. Monatlich über 130 Euro für Bücher, Essen und Fahrtgeld kann sich nicht jeder leisten. Diese Forderung unterstützen wir deshalb voll und ganz. Wir stehen für die Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit, für kostenlose Schülerbeförderung und den Ausbau des subventionierten Schulmittagessens. Ein schmaler Geldbeutel soll nicht mehr über die Zukunft der jungen Generation entscheiden.

(Beifall bei der LINKEN)

In dem Hannoveraner Aufruf heißt es: