Mich interessiert in diesem Zusammenhang, mit welchen Maßnahmen Sie sicherstellen wollen, dass künftig in Niedersachsen keine Frau mehr durch solche scheinbar freiwilligen Schwangerschaftstests diskriminiert bzw. unter Druck gesetzt wird.
Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kollegin, „sicherstellen“ ist ein großes Wort. Das kann ich sicherlich nicht leisten. Aber neben der in die Vergangenheit gerichteten Aufklärung können wir alle einen Beitrag leisten, indem wir entsprechende Maßnahmen begleiten und Rahmenbedingungen schaffen, um gemeinsam zu vermitteln: Schwangere sind uns in unserer Gesellschaft willkommen. Wir wollen Familien, wir wollen Frauen mit Kindern. - Das setzt voraus, dass es Maßnahmen gibt, die dazu beitragen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Ein ganz wesentlicher Baustein ist dabei die Verbesserung der Betreuungssituation, auch für die unter Dreijährigen. Ein wichtiger Bau
stein ist der Ausbau der Tagesbetreuung. Ein weiterer wichtiger Baustein ist, dass gerade unsere KoStellen - wir haben in Niedersachsen 19 Koordinierungsstellen, die mit über 700 Unternehmen vertrauensvoll zusammenarbeiten - mit den Unternehmen gemeinsam immer wieder darüber nachdenken, wie man gute Arbeitsplätze für Frauen schafft.
Fazit: Es geht um das Schaffen von Rahmenbedingungen. Das audit berufundfamilie war ein wesentlicher Meilenstein, mit dem es uns gelungen ist, in den Betrieben familienfreundliche Strukturen herzustellen. Dieses Bemühen um familienfreundliche Strukturen müssen wir alle unterstützen.
Herr Präsident! Frau Ministerin, wie kann es angesichts der Tatsache, dass Sie hier wiederholt erklärt haben, Sie wollten nichts bewerten und müssten erst den Sachverhalt aufklären, sein, dass bereits am 16. September durch Ihr Ministerium und durch Sie in der Presse öffentlich festgestellt wurde, dass alles korrekt gelaufen und geprüft sei? Können Sie mir diesen Widerspruch bitte einmal erklären!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gerade von Ihnen zitierte Mitteilung gibt eine Erklärung des Gewerbeaufsichtsamtes wieder. Das Gewerbeaufsichtsamt ist gebeten worden, mit der Firma Kemper Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, was dort vorgefallen ist. Das Gewerbeaufsichtsamt kann in erster Linie im Bereich Arbeitsrecht im Interesse von Mutterschutz tätig werden und sich mit der Frage auseinandersetzen, ob eine beschäftigte Schwangere unter Druck gesetzt worden ist. Dass so etwas geschehen ist, ist in
dem Gespräch verneint worden. Das Gewerbeaufsichtsamt hat dies eingehend geprüft. Ich habe eben schon deutlich gemacht, dass ich keinerlei Veranlassung sehe, an den Aussagen des Gewerbeaufsichtsamtes zu zweifeln.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin Ross-Luttmann, vor dem Hintergrund der Sachaufklärung, die in diesem Falle sehr wichtig ist und neutral erfolgen sollte, frage ich Sie: Sie haben nicht nur über Erkenntnisse der Firma Kemper und des Gewerbeaufsichtsamtes gesprochen, sondern auch berichtet, dass es Gespräche des Ministeriums mit pro familia und der Gleichstellungsbeauftragten gab. Können Sie sagen, ob Sie aus diesen Gesprächen andere Erkenntnisse als aus den Aussagen des Gewerbeaufsichtsamtes haben, die auf einen Verstoß gegen das AGG hinweisen, und, wenn ja, welche konkreten Konsequenzen Sie daraus ziehen würden? Oder sehen Sie hier in keinerlei Hinsicht eine weitere Sachaufklärung neben den Gesprächen des Gewerbeaufsichtsamtes?
(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist gerade schon gefragt worden! - Rein- hold Coenen [CDU]: Das hat sie doch schon gesagt!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Aber ich habe das Gewerbeaufsichtsamt auch gebeten, noch einmal mit den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen Kontakt aufzunehmen. Dies ist geschehen. Je nachdem, wie die Rückmeldung über die konkreten Angaben der Beratungsstellen sein werden, wird sich daraus eine Handlungsoption herleiten.
- Ich habe gestern etwa anderthalb Stunden lang mit der Gleichstellungsbeauftragten des Landkreises Osnabrück geredet. In diesem Gespräch ging es in erster Linie um das Thema Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Sie hat mir auch schriftlich bestätigt, dass es am 17. September ein sehr gutes Gespräch des Landkreises mit der Firma Kemper gegeben hat, an dem sie auch teilgenommen hat. Anschließend ist in einer gemeinsamen Presseerklärung festgestellt worden, dass jetzt absolut alles in Ordnung sei. In dem Gespräch mit der Gleichstellungsbeauftragten ist für mich auch nicht deutlich geworden, dass die Anhaltspunkte so konkret sind, dass man von einer Verletzung sprechen kann. Ich glaube daher, dass es sehr schwierig sein wird, das Geschehen in der Vergangenheit aufzuklären.
Die Rückmeldungen, die ich von der Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle bekomme, haben zu Recht immer wieder zum Inhalt, dass das, was sie von den Personen erfahren, vertraulich sei und sie dieses Wissen nicht weitergeben dürften, weil ansonsten ein Akzeptanzverlust zu befürchten sei. Dies kann ich durchaus nachvollziehen. Nur müssen Sie auch mich verstehen: Zu einem klaren Handeln gehört es, dass man, wenn auch in anonymer Form, klare, belegbare Hinweise hat. Diese habe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie die Frage des Kollegen Limburg, weshalb in dem Fragebogen die Frage nach der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht enthalten war, nicht beantwortet haben, frage ich Sie noch einmal ganz präzise: Kann man wirklich von Freiwilligkeit ausgehen, wenn auf der einen Seite eine solche Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht und auf der anderen Seite in einer Einstellungssituation ein Schwangerschaftstest gefordert wird? Ist die Freiwilligkeit da nicht vielmehr eine Schutzbehauptung?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die betriebsärztliche Untersuchung ist im Hinblick auf die Einverständniserklärung inzwischen geändert worden. Das, was vorher in dem Fragebogen stand, ist nie so gemeint gewesen.
- Wissen Sie was? Ich finde es schon interessant, wie Sie hier mit Unterstellungen, die Sie selber nicht belegen können, versuchen, eine Firma an den Pranger zu stellen. Das ist nicht korrekt. Nennen Sie mir Ross und Reiter, nennen Sie mir ganz konkret einen Sachverhalt, aus dem ersichtlich ist, dass eine Schwangere genötigt wurde, und nennen Sie mir einen Fall, in dem ein Kreuz bei der Formulierung „Eine Schwangerschaft ist festgestellt“ bei einem Einstellungsverfahren zu dem Ergebnis geführt hat, dass diese Frau nicht eingestellt worden ist.
- Ach, das ist ja interessant! Sie sagen mir hier, ich wisse genau, dass man das nicht beweisen könne, verlangen aber von mir, dass ich aufgrund von Unterstellungen tätig werde. Das kann doch wohl wirklich nicht in Ihrem Interesse sein.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Dass Sie dem nachgehen! - Gegenruf von Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Mit der Stasi wird das alles besser!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ross-Luttmann, ich habe eine Nachfrage zu Ihrem Begriff des Fürsorgekatalogs: Welche rechtlichen Handlungsspielräume sehen Sie vor dem Hintergrund des geltenden Rechts für die Verhandlungen, die Sie mit den Arbeitgeberverbänden angekündigt haben, um einen entsprechenden Fürsorgekatalog aufzusetzen, und was soll deren Inhalt sein?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe sehr deutlich gemacht, dass wir Diskriminierungen nicht dulden können und dass Fragen zu Schwangerschaften bei Einstellungen unzulässig sind. Von daher ist es mein Anliegen, in Gesprächen mit den Unternehmerverbänden noch einmal sehr deutlich auf die Rechtslage hinzuweisen. Es ist mir auch ein gesellschaftliches Anliegen, mit den Unternehmerverbänden gemeinsam einen Fairnesskatalog zu erarbeiten, der auch diese Punkte enthält.
Meine Damen und Herren, eines muss uns doch völlig klar sein: Wir brauchen als Gesellschaft jeden, der arbeiten möchte. Wir können doch glücklich über jede Frau und jeden Mann sein, der arbeitet. Ich als Frauen- und Familienministerin bin froh über jede schwangere Frau.
Frau Ministerin, Sie haben wiederholt - auch eben wieder - zu Recht darauf hingewiesen, dass Fragen nach Schwangerschaft und Schwangerschaftstests rechtlich unzulässig sind. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass das Gewerbeaufsichtsamt und auch die Ärztekammer dieses nicht beanstandet haben. Können Sie mir bitte sagen, wer in diesem Lande die Aufsicht sowohl über die Ärztekammer als auch über das Gewerbeaufsichtsamt hat?
Sehr geehrter Herr Schwarz, als sozialpolitischer Sprecher, der Sie seit vielen Jahren sind, wissen Sie selber sehr genau, wer die Aufsicht hat. Die Aufsicht hat das MS.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das sind ja Sie! - Heiterkeit bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)
Frau Ministerin, ich frage Sie, ob von Ihnen außer nach den Schwangerschaftstests, die das Ausfallrisiko bei den Frauen beinhalten, auch danach gefragt wurde, ob eine Selektierung in der Gestalt stattfindet, dass die Frauen nach einem Schwangerschaftswunsch gefragt werden und bei den Einstellungsfragen darauf geschaut wird, ob die Frauen im gebärfähigen Alter sind. Das sind für uns weitergehende Fragen. Es geht um den Schutz von Frauen und darum, dass sie Arbeitsplätze finden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die von Ihnen aufgeworfenen Fragestellungen haben überhaupt nicht zur Debatte gestanden.
Herr Präsident! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass noch erheblicher Klärungsbedarf besteht, frage ich Sie noch einmal ganz konkret - teilweise haben Sie diese Fragen schon beantwortet -, seit wann, in welchem Umfang und in welcher Form Ihr Ministerium mit den Schwangerschaftsberatungsstellen im Landkreis Osnabrück zusammenarbeitet oder in Verbindung steht.