Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf den Krippengipfel zurück. Angesichts der Tatsache, dass in dem Entwurf des Konzepts der Qualifizierungsinitiative vorgesehen ist, dass Bund und Länder gemeinsam 80 000 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher in einem sogenannten Qualifizierungspakt ausbilden, frage ich die Landesregierung, welchen Anteil Niedersachsen und hier konkret die Landesregierung dazu beizutragen beabsichtigt, diese schätzungsweise 8 000 zusätzlichen Erzieherinnen und Erzieher in Niedersachsen - 10 % der bundesweiten Zahl - konkret auszubilden.
(Astrid Vockert [CDU]: Wir qualifizie- ren die Erzieherinnen und Erzieher doch schon, Frau Heiligenstadt! Neh- men Sie das doch einmal zur Kennt- nis! - Gegenruf von Frauke Heiligen- stadt [SPD]: Es geht um zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher!)
Die von Ihnen eben genannte Anzahl ist nach Auskunft von Herrn Dr. Lange noch nicht ausverhandelt, wird aber angestrebt. In Niedersachsen stellt man sich insofern darauf ein, als die Hochschulen entsprechende Bildungsangebote vorhalten. Wir werden sehen, in welchem Zeitraum sich das tatsächlich entwickeln kann.
Frau Ministerin, wegen der ständigen Unterstellungen und falschen Behauptungen der Opposition bitte ich Sie, noch einmal zu konkretisieren, wie sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler entwickelt hat, die die allgemeinbildenden Schulen ohne Hauptschulabschluss verlassen haben.
Die entsprechende Quote ist von 10,5 % auf mittlerweile 7,5 % zurückgegangen. Ich hatte schon gesagt, dass wir 5 % anstreben.
Diskriminierende Schwangerschaftstests: Toleriert Frauenministerin Ross-Luttmann Druck auf Schwangere? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/528
Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Nach Erfahrungen der Schwangerschaftsberatungsstellen im Landkreis Osnabrück hat der Fleischverarbeiter Kemper aus Nortrup seit mindestens eineinhalb Jahren Bewerberinnen gezielt auf eine mögliche Schwangerschaft angesprochen und sogar die Betriebsärztin Schwangerschaftstests gleich vor Ort auf der Toilette angeboten. Die Firma Kemper ist einer der größten Arbeitgeber in der Region. Mehrere Schwangere fühlten sich durch das Verhalten der Betriebsärztin offenbar unter Druck gesetzt. Mindestens vier Frauen sollen in dieser Situation abgetrieben haben, um den Urintest zu bestehen und damit bei der Firma Kemper eingestellt zu werden.
Das dem Sozial- und Frauenministerium seit der Auflösung der Bezirksregierungen im Jahr 2005 direkt unterstellte Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück hat mit Schreiben vom 10. September 2008 das Vorgehen der Firma Kemper für rechtens erklärt.
Nach Pressemeldungen vom 16. September 2008 schloss sich das Sozial- und Frauenministerium dieser Rechtsauffassung an und appellierte über die Zeitung an die betroffenen Frauen, sich beim Gewerbeaufsichtsamt persönlich zu melden, um den Sachverhalt weiter zu prüfen.
Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind in Bewerbungsverfahren Fragen nach einer möglichen Schwangerschaft verboten.
Obwohl die Vorgänge seit Wochen öffentlich bekannt sind, verzögert sich deren Aufklärung weiter. Es entsteht der Eindruck, dass das Frauenministerium keinen Wert auf die Aufklärung legt
1. Teilt die Landesregierung die Auffassung der Ärztekammer, dass das Verhalten der Betriebsärztin rechtmäßig ist, obwohl in Bewerbungsverfahren gezielte Fragen nach einer möglichen Schwangerschaft verboten sind?
2. Warum schließt sich die Frauenministerin schon vor Ende der Sachverhaltsprüfung und ohne die betroffenen Frauen angehört zu haben der Einschätzung des ihr unterstellten Gewerbeaufsichtsamtes Osnabrück an, wonach die Schwangerschaftstests in der Fleischfabrik nicht zu beanstanden seien?
3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass der Aufruf des Frauenministeriums, die betroffenen Frauen sollten sich zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts am besten persönlich bei jenem Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück melden, ein der sehr besonderen Situation der Frauen angemessener Ratschlag ist?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben bei Punkt 15 a einleitende Bemerkungen zugelassen. Das habe ich aus Gerechtigkeitsgründen weitergeführt. Ich möchte einleitende Bemerkungen bei Punkt 15 b nicht zulassen, sondern nach unserer Geschäftsordnung verfahren, die einleitende Bemerkungen schlicht nicht vorsieht. Ich bitte darum, die nächsten Fragen von Anfang an konkret zu stellen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Grundsätzlich gilt: Niemand darf wegen seines Geschlechts benachteiligt werden. Eine Diskriminierung von Frauen ist nicht hinzunehmen. - Ich möchte betonen: Es ist unzulässig, Frauen bei der Einstellung oder Weiterbeschäftigung gezielt nach dem Bestehen einer Schwangerschaft zu fragen oder gar Schwangerschaftstests anzubieten bzw. zu verlangen. Dies ist völlig unstrittig und hat in Bewerbungsgesprächen nichts zu suchen.
Schwangerschaften sind kein Makel für Arbeitnehmerinnen. Sie sind vielmehr ein Grund zur Freude. Wir alle, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, sollten große Wertschätzung gegenüber dem werdenden Leben und der Familie aufbringen.
Viele Unternehmen handeln auch entsprechend. Sie haben in ihren Betrieben vorbildliche familienfreundliche Strukturen und bieten Serviceleistungen für Familien an. Viele Firmen, gerade auch in Niedersachsen, haben erfolgreich am „audit berufundfamilie“ teilgenommen.
Die Firma Kemper hat nach meinen Informationen deutlich gemacht, dass eventuelle Schwangerschaften bei der Einstellung von Bewerberinnen keine Rolle gespielt haben. Vielmehr sei die Betriebsärztin bei ihren Untersuchungen vor einer Einstellung in der Absicht tätig geworden, medizinisch präventiv zu handeln. Sie habe Arbeitsplätze beschrieben und auf mögliche Gefährdungspotenziale, speziell für Schwangere, bei bestimmten Arbeitsplätzen, etwa bei einer dauerhaften Arbeit in Kältekammern und an Verpackungsscannern mit Röntgenstahlen, hingewiesen. In diesem Zusammenhang habe sie freiwillige Schwangerschaftstests angeboten. Nach Aussagen der Betriebsärztin und der Personalabteilung sei das eventuelle Ergebnis „Schwangerschaft“ nicht an die Personalabteilung weitergeleitet worden. Anderslautende Fakten sind mir bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt. Die Firma Kemper hat nicht nur angekündigt, sondern auch zugesagt und bereits umgesetzt, dass sie zukünftig die umstrittenen Tests weder durchführen noch anbieten wird.
Zu Frage 1: Die Ärztekammer Niedersachsen hat nach meinen Informationen am 29. September ein vertrauliches Gespräch mit der Betriebsärztin geführt. Inhalte dieses Gespräches sind mir wegen der Vertraulichkeit nicht bekannt.
(Zuruf von der SPD: Das stand doch in der Zeitung! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Hat sie nicht gelesen!)
- Selbstverständlich habe ich das in der Zeitung gelesen, aber Sie werden mir sicher nachsehen, dass ich als Ministerin aufgrund von Zeitungsmeldungen keine Bewertung vornehmen kann.
Zu Frage 2: Das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Osnabrück hat bei der Firma Kemper eine Überprüfung der arbeitsschutzrechtlichen Sachverhalte vorgenommen. Im Zuge dieser Überprüfung wurde auch die Einstellungspraxis bei der Firma Kemper angesprochen, und es sind Fragen zum allgemeinen Gleichstellungsgesetz und andere arbeitsrechtliche Fragestellungen behandelt worden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe keine Veranlassung, an den Aussagen des Gewerbeaufsichtsamtes zu zweifeln. Gespräche mit möglicherweise betroffenen Frauen konnte es nicht geben, weil mir bis zum heutigen Tag keine konkreten Angaben zu Personen gemacht worden sind. Ich habe auch keine konkreten Anhaltspunkte, welche Frauen betroffen sind. Es hat sich bisher keine Frau an mich gewandt.
Zu Frage 3: Selbstverständlich bedürfen schwangere Frauen einer besonderen Fürsorge. Frauen befinden sich während einer Schwangerschaft immer in einer besonderen Situation. Fragen des Arbeitsplatzes betreffen ja auch einen sehr privaten Bereich, und es ist selbstverständlich, dass ich als Frauenministerin betroffenen Frauen helfen möchte. Das kann ich aber nur, wenn ich konkrete Informationen habe. Die habe ich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich eines noch sehr deutlich sagen: Einstellungs- und Bewerbungsverfahren, die Frauen, insbesondere schwangere Frauen, unter Druck setzen, dulde ich nicht. Aufgabe aller ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen Schwangerschaft und Berufstätigkeit miteinander vereinbar sind. Deshalb müssen wir alle darauf achten, dass die von uns eingeleiteten Maßnah
men, die in vielen Betrieben praktiziert werden, nicht konterkariert werden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat bei der Landesregierung einen hohen Stellenwert. Ich möchte hier nur den Ausbau der frühkindlichen Bildung, den Ausbau von Betreuungsplätzen und auch den Ausbau der Serviceangebote für Familien als Beispiele nennen. Wir haben in Niedersachsen mehr als 280 Familienservicebüros, an die sich Familien, Väter, Mütter vertrauensvoll wenden können, wenn sie Hilfe benötigen. Ich erinnere auch an die vielen KoStellen in Niedersachsen, die mit weit über 700 Unternehmen vertrauensvoll zusammenarbeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bemühen der Landesregierung ist immer darauf gerichtet, dass Frauen und Männer Arbeitsplätze haben. Deshalb müssen ordnungsgemäße Bewerbungsverfahren in den Betrieben unser aller Anliegen sein.