Protocol of the Session on September 18, 2008

Wir haben im Moment zwei Plätze, wo Übungsflüge stattfinden können: einen Platz in Bayern und Nordhorn-Range. Ich bin sehr, sehr dankbar, dass der Bundesverteidigungsminister mit dafür Sorge getragen hat, dass die Flugbelastungen in den letzten Jahren doch erheblich zurückgegangen sind. Es wird nicht möglich sein, ganz darauf zu verzichten, hier in Deutschland solche Flüge zu absolvieren. Das ist aus militärischen Gründen auch nachvollziehbar. Wenn solche Flüge stattfinden, ist es aber sinnvoll, dass man Flugplätze und Übungsplätze einrichtet, auf denen die Flüge noch

besser möglich sind als im Falle von NordhornRange, denn dort sind Belastung und Nähe zur Bevölkerung größer als z. B. in Wittstock. Deshalb gehen unsere Bemühungen dahin, dass weiter an diesem Standort festgehalten wird. Ich habe jetzt schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Bundesverteidigungsminister dies auch tut. Eine Jahreszahl, wann das Ganze umgesetzt wird, kann ich nicht nennen, denn die Entscheidung liegt jetzt erst einmal in den Händen der Gerichte.

(Beifall bei der CDU)

Eine zweite Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Wenzel von den Grünen.

(Unruhe)

- Herr Wenzel, einen Augenblick noch! - Ich bitte darum, die Gespräche an der Regierungsbank einzustellen. - Bitte schön, Herr Wenzel!

Herr Minister, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die damalige Bundesregierung die Sicherheit nach dem 11. September von vier Kriterien abhängig gemacht hat, die von der Großen Koalition im Nachhinein nicht in dieser Form umgesetzt worden sind, frage ich Sie: Halten Sie die Sicherheitsbewertung in Bezug auf diese sehr große räumliche Nähe zwischen einem Atomkraftwerk und einem Bombenabwurfplatz nach wie vor für ausreichend?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Ich habe schon in meiner ersten Antwort darauf hingewiesen, dass all diese Dinge bereits im Genehmigungsverfahren berücksichtigt worden sind und man gerade auch nach dem Jahr 2002 eine Neubewertung vorgenommen hat, in die das mit einbezogen worden ist. Deshalb und weil die Flugroute gerade nicht am AKW vorbeiführt, halte ich meine vorhin gemachten Aussagen für absolut gerechtfertigt und unterstreiche sie hiermit noch einmal.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zur ersten Mündlichen Anfrage liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Deshalb rufe ich jetzt auf

Frage 2: Schutz privater Daten vor gewerbsmäßigem Handel

Dazu hat sich Wort gemeldet Herr Bernd-Carsten Hiebing von der CDU-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die in den letzten Wochen bundesweit bekannt gewordenen Fälle von massenhaftem, unzulässigem Handel mit Kundendaten ohne Wissen und Zustimmung der Kunden hat die Diskussion um den Datenhandel in Deutschland neu entfacht. In Deutschland sind Datenschützern zufolge mittlerweile die Adressen aller Bürgerinnen und Bürger für Marketingzwecke und Verkaufsakquisen im Umlauf. Die gehandelten Datenberge sollen dabei zu einem erheblichen Teil durch die Verbraucher selbst und damit freiwillig in Umlauf gebracht worden sein.

Vor diesem Hintergrund gibt es Überlegungen, das Datenschutzgesetz strenger zu fassen. Die Vorschläge reichen von freiwilligen Selbstverpflichtungen der Wirtschaft bis hin zu einem generellen Verbot für den Handel mit persönlichen Daten.

Aus Anlass der bekannt gewordenen Vorkommnisse beim geschäftsmäßigen Handel mit personenbezogenen Daten ist der Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, am 4. September 2008 mit den für den Datenschutz zuständigen Institutionen aus Bund und Ländern zusammengekommen. Ziel des Gesprächs war es, gemeinsam zu erörtern, wie der Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich wirksamer realisiert werden kann.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wie stellt sie den Schutz privater Daten im öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich sicher?

2. Welche Erkenntnisse hat sie über den geschäftsmäßigen Handel mit personenbezogenen Daten und über daraus resultierende Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften in Niedersachsen?

3. Wie beurteilt sie die Ergebnisse des Datenschutzgesprächs zwischen dem Bund und den Ländern?

Herr Minister Schünemann, ich erteile Ihnen das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - In den letzten Wochen hat der massenhafte und teilweise illegale Handel mit personenbezogenen Daten breiten Raum in der öffentlichen Berichterstattung eingenommen. Der bisherige Höhepunkt illegaler Datenverwendung und -nutzung sind dabei der ungehinderte Umlauf, der offenbar unproblematische Erwerb und der in betrügerischer Absicht erfolgte Missbrauch privater Bankdaten. Besonders sind dabei auch Callcenter in die Kritik geraten. Gegen einzelne Callcenter wird zurzeit strafrechtlich ermittelt.

Rechtsgrundlage für die gewerbliche Datenverarbeitung, also die Erhebung, Weitergabe und Nutzung von personenbezogenen Daten im Bereich der Wirtschaft, ist das seit 1978 geltende Bundesdatenschutzgesetz. Danach ist die Weitergabe von personenbezogenen Daten durch Unternehmen an Dritte nicht grundsätzlich unzulässig. Insbesondere die §§ 28 und 29 lassen unter bestimmten Voraussetzungen die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sowohl für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke als auch zum Zweck der Weitergabe zu.

Vor allem das in § 29 Abs. 1 vorgesehene geschäftsmäßige Erheben, Speichern und Verändern personenbezogener Daten ist zum Zweck der Übermittlung ausdrücklich für die Werbung, die Tätigkeit von Auskunfteien, den Adresshandel und die Markt- und Meinungsforschung erlaubt. Das Bundesdatenschutzgesetz zählt dabei abschließend die Arten der zu übermittelnden Daten, wie die Berufsbezeichnung, den Namen, Titel und akademischen Grad sowie die Anschrift und das Geburtsjahr auf. Zudem ist das berechtigte Interesse der Betroffenen vor jeder beabsichtigten Weitergabe der Daten zu berücksichtigen.

Die Weitergabe von Bankdaten ist ohne ausdrückliches Einverständnis unzulässig und damit rechtswidrig. Die Tatsache, dass offensichtlich mit krimineller Energie durch einzelne Unternehmen oder Personen unter Vortäuschung des Vorhanden

seins von Lastschrifteinzugsermächtigungen bei Geldinstituten Überweisungsaufträge vorgelegt und Geldbeträge von fremden Konten abgebucht worden sind, haben zu Recht öffentlich Empörung hervorgerufen. Die rechtswidrige Abbuchung von Geldbeträgen aufgrund vorgetäuschter Lastschrifteinzugsermächtigungen ist kein datenschutzrechtlicher Verstoß, sondern Betrug oder Computerbetrug nach dem Strafgesetzbuch.

Die Forderung, den Handel mit Daten ganz zu verbieten, hält selbst der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für unangemessen. Zwischen dem Interesse der Wirtschaft an der Verfügbarkeit und Verwertung bestimmter Daten einerseits und der Berücksichtigung des Datenschutzes andererseits ist ein angemessener Ausgleich herbeizuführen.

Viele im Umlauf befindliche Daten haben ihren Ursprung leider in unüberlegter oder leichtfertiger Weitergabe seitens der Bürgerinnen und Bürger. Verbraucher- und Datenschützer warnen deshalb mit Hinweis auf die schnelle technologische Entwicklung und deren rechtswidrige Ausnutzung immer wieder vor einer zu großzügigen und sorglosen Weitergabe sensibler Daten etwa bei Teilnahme an Gewinnspielen oder durch Eingabe von Daten ins Internet.

Der Bundesminister des Innern hat aufgrund der bekannt gewordenen Fälle massenhaften Datenmissbrauchs zu einem sogenannten Datenschutzgipfel am 4. September eingeladen, um Konsequenzen und Verbesserungen durch mögliche Änderungen im Bundesdatenschutzgesetz mit dem Ziel der Stärkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu erörtern. An dieser Besprechung haben die Bundesministerin der Justiz, der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und ein Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Vertreterinnen und Vertreter von Innenministerien der Länder einschließlich eines Vertreters aus Niedersachsen, der Bundesdatenschutzbeauftragte und zahlreiche Landesdatenschutzbeauftragte, darunter auch der Landesdatenschutzbeauftragte Niedersachsens, teilgenommen. Im Ergebnis wurde ein breiter Konsens über notwendige Gesetzesänderungen erzielt. Es wurde dringender Handlungsbedarf festgestellt, der den Vollzug des Datenschutzes in seinen Strukturen verbessern soll, wozu es einer Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes bedarf.

Im Einzelnen wurde Verständigung über folgende notwendige Maßnahmen erzielt:

Erstens. Ein Verbot der gewerblichen Weitergabe von Daten, wenn keine ausdrückliche vorherige Einwilligung der oder des Betroffenen erteilt wurde. Bisher sieht das Bundesdatenschutzgesetz lediglich ein nachträgliches Widerspruchsrecht des Betroffenen gegenüber dem Unternehmen für die Weitergabe seiner Daten vor.

Zweitens. Ein Verbot der Kopplung des Zustandekommens eines Vertrages mit der Erlaubnis zur Datenweitergabe zu vertragsfremden Zwecken für marktbeherrschende Unternehmen.

Drittens. Die Prüfung, ob bei den Straf- und Ordnungswidrigkeitstatbeständen ausfüllungsbedürftige Lücken bestehen.

Viertens. Die Erhöhung des Straf- und Bußgeldrahmens sowie die Schaffung einer Möglichkeit der Gewinnabschöpfung.

Fünftens. Die Prüfung einer Kennzeichnungspflicht für Daten, um deren Herkunft und Ursprung feststellen zu können und die Verfolgung von Verstößen zu erleichtern.

Sechstens. Die Schaffung eines Datenschutzaudits mit dem Ziel, der Privatwirtschaft auf freiwilliger Basis die Möglichkeit der Erlangung eines Datenschutzsiegels für die besonders vorbildliche Umsetzung des Datenschutzes zu geben; dieses Audit kann für den Bürger bei der Wahl seiner Vertragspartner hilfreich sein.

Außerdem sollen die Bundesländer, die für die Datenschutzaufsicht im Bereich der gewerblichen Wirtschaft zuständig sind, mögliche Vollzugsdefizite und Regelungslücken ausfindig machen. Angesichts neuer technologischer Entwicklungen auch in der Zukunft mit umfassenden Möglichkeiten zur Datensammlung müsse - so das Ergebnis der Besprechung - eine weitestgehende Begrenzung des Missbrauchs im Rahmen eines ständigen Prozesses angestrebt werden.

Es wurde ferner festgehalten, dass die Bundesregierung bis Ende November einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes vorlegen möchte. Diese enge zeitliche Zielsetzung verdeutlicht, dass auch hinsichtlich der Notwendigkeit schnellen Handelns Einvernehmen bestand. Zu diesem Gesetzentwurf sind bereits die Vorbereitungen für eine länderübergreifende Arbeitsgruppe unter der Federführung Brandenburgs getroffen. An dieser Arbeitsgruppe wird für Nieder

sachsen der Landesdatenschutzbeauftragte teilnehmen.

Am 19. September 2008 wird im Bundesrat über einen anderen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes beraten werden, der zwar nicht im direkten Zusammenhang mit den in letzter Zeit öffentlich bekannt gewordenen Datenmissbrauchsfällen steht, aber bisher fehlende Vorgaben für die Übermittlung von Daten an Auskunfteien sowie erstmalig ausdrückliche Regelungen zum sogenannten Scoring enthält. Scoring ist ein aus statistischen Erfahrungswerten ermitteltes Ergebnis der Kreditwürdigkeit von Personen. Darüber hinaus sollen die Auskunftsrechte der davon Betroffenen durch die Schaffung von mehr Rechtssicherheit und Transparenz gestärkt werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Schutz der personenbezogenen Daten der Bürgerinnen und Bürger erfolgt im Bereich der öffentlichen Verwaltung durch die Regelungen des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes und im Bereich außerhalb der öffentlichen Verwaltung durch das Bundesdatenschutzgesetz. Beide Gesetze enthalten im jeweiligen § 1 die ausdrückliche Aufgabe und Zielsetzung des Schutzes und der Beachtung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Dem LfD Niedersachsen obliegt gemäß § 22 Abs. 1 und 6 sowohl die präventive Beratung der öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen als auch die Kontrolle der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften. Zudem gilt nach dem Niedersächsischen Datenschutzgesetz für alle öffentlichen Stellen die Verpflichtung, behördliche Datenschutzbeauftragte zu bestellen. Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft haben nach dem Bundesdatenschutzgesetz Unternehmen, in denen mehr als neun Beschäftigte mit der Verarbeitung personenbezogener Daten befasst sind, einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Damit ist bei den staatlichen Stellen und in der gewerblichen Wirtschaft eine datenschutzrechtliche Selbstkontrolle vorgeschrieben. Außerdem besteht in bestimmten Fällen eine Meldepflicht gegenüber dem LfD für automatisierte Verarbeitungsverfahren. Darüber hinaus hat jede Person das Recht, sich bei möglichen Datenschutzverstößen durch öffentliche oder nicht öffentliche Stellen mit einer Eingabe an den LfD zu wenden.

Zu 2: Ein in Niedersachsen geführtes Ermittlungsverfahren zu illegalem Datenhandel wurde zustän

digkeitshalber an die Staatsanwaltschaft Bremen abgegeben. Weitere Fälle rechtswidrigen geschäftsmäßigen Handels sind bisher nicht bekannt. Die beim LfD eingehenden Beschwerden betreffen in der Regel Einzelfälle, in denen Bürgerinnen und Bürger mit Unterstützung des LfD ihr Auskunftsrecht zu Herkunft und Umfang der bei Unternehmen gespeicherten Daten durchsetzen möchten.

Zu 3: Die Übereinstimmung auf dem sogenannten Datenschutzgipfel in inhaltlicher und terminlicher Hinsicht lässt eine rasche und wirksame Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes zum Schutz privater Daten, vor allem im Bereich des Adresshandels, erwarten. Im Übrigen habe ich in meinen Vorbemerkungen darauf verwiesen, dass ich das Ergebnis dieses Gipfels für durchaus positiv halte.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Der erste Fragesteller zur Frage 2 ist Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass halblegales Handeln oder auch Kriminalität durch verstärkte Kontrollen eingedämmt wird und dass es auch eine Forderung der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern war, die Datenschutzbeauftragten besser auszustatten, frage ich die Landesregierung: Will und wird sie den Datenschutzbeauftragten in Niedersachsen zur Eindämmung dieses halblegalen Datenhandels besser ausstatten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Schünemann!

Auf dem Datenschutzgipfel ist auch vereinbart worden, dass man Vollzugsdefizite untersuchen will. Deshalb muss man erst einmal das Ergebnis abwarten. Ansonsten muss man feststellen, dass wir in Niedersachsen zu anderen Flächenländern - ich denke hier gerade an Bayern und BadenWürttemberg - vergleichbar aufgestellt sind. Allerdings hat man in der Vergangenheit immer einen Schwerpunkt beim öffentlichen Bereich gesetzt. Nur Nordrhein-Westfalen hat mehr Personal für