Die erneute Beprobung im Jahre 2008 erfolgte in den Monaten Juni, Juli und August. In fünf Proben aus den Monaten Juni und Juli festgestellte Höchstgehaltsüberschreitungen ließen sicher darauf schließen, dass die Befunde aus dem Jahr 2007 keine Einzelfälle darstellten. Zumindest für den bisher beprobten Bereich zwischen Leer und dem Sperrwerk war mit räumlich verteilten Belastungen der Vordeichflächen zu rechnen.
Die betreffenden Ergebnisse wurden dem ML am 22. Juli 2008 vorab fernmündlich und am 25. Juli 2008 mit Erläuterungen des Gesamtsachverhaltes schriftlich berichtet. ML hat als Sofortmaßnahme am 28. Juli 2008 weitere risikoorientierte Probenahmen zur Abklärung der allgemeinen Belastungssituation an der Ems angeordnet. Aufgefallene Flächen wurden für die Beweidung und Futtermittelgewinnung gesperrt. MU wurde von ML am 30. Juli 2008 informiert.
Inzwischen liegen 28 verwertbare Ergebnisse von Futtermittelproben von Überschwemmungsflächen an der Ems vor. In 13 Fällen wurden Höchstgehaltsüberschreitungen festgestellt.
Aufgrund der Erkenntnisse im Futtermittelbereich wurden vom Landkreis Leer Rohmilchproben auf Hofsammelebene entnommen. Die amtlichen Ergebnisse waren durchgehend unbedenklich. Das regelmäßig durchgeführte Monitoring der niedersächsischen Milchwirtschaft deutet ebenfalls nicht auf Belastungen der Milch hin.
Ebenfalls untersucht wurden Fleisch- und Leberproben von fünf Mutterschafen und neun Lämmern, die auf Weideflächen an der Ems gehalten worden waren. Alle Ergebnisse des Fleisches lagen deutlich unterhalb der Höchstgehalte. In 13 der 14 untersuchten Schaflebern wurden hingegen deutliche Höchstgehaltsüberschreitungen festgestellt. Zusätzlich wurden vom Landkreis Leer bis
her Fleisch- und Leberproben von zwei Rindern entnommen, die auf Weideflächen an der Ems gehalten worden waren. Höchstgehaltsüberschreitungen wurden bei der amtlichen Untersuchung nicht festgestellt.
Die vorliegenden Ergebnisse begründen bis auf Weiteres einen hinreichenden Verdacht, dass bei Schafen und Rindern der betreffenden Betriebe Höchstgehaltsüberschreitungen in den Lebern auftreten können. ML hat daher mit Erlass vom 19. August 2008 an den LK Leer, den LK Emsland und die Stadt Emden Folgendes angeordnet:
- Schlachtungen von Schafen und Rindern, die mit Futter (auch in Form von Weidehaltung) aus dem Überschwemmungsbereich der Ems versorgt wurden, sind gesondert anzumelden;
- die Lebern dieser Tiere sind entweder vor dem Inverkehrbringen mit unbedenklichem Ergebnis zu untersuchen oder zu verwerfen;
- die Lebendvermarktung schlachtreifer Rinder ist anzumelden (um zu verhindern, dass auf diesem Wege das Anmeldegebot für Schlachttiere um- gangen wird).
Wegen zu erwartender Absatzprobleme bei den Schlachttieren der betroffenen Landwirte hat ML bei bestimmten Schlachtbetrieben Bereitschaft erzeugt, betreffende Schlachtrinder problemlos aufzunehmen. Die Nichtverwendung der Lebern als Lebensmittel ist in diesen Schlachtbetrieben von vornherein gesichert. Nach Mitteilung betroffener Landwirte läuft deshalb die Vermarktung von Rindern trotz der Einschränkungen problemlos. Im Hinblick auf die Vermarktung von Schlachtschafen wird Gleiches angestrebt. Durch die getroffenen Maßnahmen ist gesichert, dass keine bedenklichen Lebensmittel in den Verkehr gelangen.
Die betreffenden Tierhalter haben zudem einen Fragebogen erhalten, dessen Beantwortung eine Risikobeurteilung der Betriebe ermöglicht. Die Risikobeurteilung wird nach dem jeweiligen Rücklauf des Fragebogens unverzüglich vorgenommen. Wird durch die Risikobeurteilung ermittelt, dass von den Produkten einzelner Betriebe kein Risiko für den Verbraucher ausgeht, werden einschränkenden Maßnahmen eingestellt.
- Am 14. August fanden zwischen dem ML, dem LAVES und den Landkreisen Leer, Emsland sowie der Stadt Emden ein erster Informationsaustausch und die Abstimmung einer koordinierten Vorgehensweise statt.
- Am 19. August fand ein weiteres Abstimmungsgespräch zwischen Vertretern des ML, des MU, des LAVES und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) statt.
- Am 25. August wurden in Leer Vertreter des Landvolks und betroffene Landwirte durch Herrn Staatsekretär Ripke, Mitarbeiter des ML und des LAVES sowie der LWK über den Sachstand informiert.
- Am 29. August fand ein Informationstreffen des ML und des LAVES mit den niederländischen Verbraucherschutzbehörden in Groningen statt. Es wurden der Austausch der jeweils vorliegenden Ergebnisse sowie eine enge Zusammenarbeit bei der Probenahme und der für die Sicherstellung des Verbraucherschutzes notwendigen Verwaltungsmaßnahmen vereinbart.
- Am 4. September wurde eine Informationsveranstaltung für betroffene Landwirte des Landkreises Leer durchgeführt. Dabei wurden die Empfehlungen der LWK zur Vermeidung von Kontaminationen bei der Bewirtschaftung betreffender Flächen vorgestellt. Zudem erfolgte eine Unterrichtung durch ML, LAVES und den Landkreis über das weitere Vorgehen bei der Überwachung von Lebensmitteln und Futtermitteln. Eine Information der betroffenen Landwirte des Landkreises Emsland sowie der Stadt Emden über die Bewirtschaftungsempfehlungen ist ebenfalls erfolgt.
- Am 5. September fand eine Dienstbesprechung des ML mit den Veterinärämtern der Landkreise Leer und Emsland sowie der Stadt Emden und dem LAVES zur Abstimmung der technischen Details der Durchführung der amtlichen Lebensmittelüberwachung statt.
Die Ergebnisse der weiteren Futtermittel- und Lebensmitteluntersuchungen werden zusammen mit der Risikobeurteilung der Betriebe die Basis für das weitere Vorgehen des ML darstellen. Dieses Vorgehen wird sich, wie die bisherigen Schritte auch, wo immer möglich an den guten Erfahrungen aus der Elberegion orientieren.
Zu 1: Im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ergibt sich im Rahmen von Rechtssetzungsvorhaben, Überwachungs- und Untersuchungsplanungen sowie bei der fachlichen und rechtlichen Aufarbeitung von verbraucherschutzrelevanten Einzelsituationen regelmäßig eine verkoppelte Aufgabenwahrnehmung durch das ML und das LAVES. Das LAVES arbeitet dabei als direkt nachgeordnete Behörde dem ML zu.
In diesem Zusammenhang besteht naturgemäß laufender Kontakt in Form von Erlassen und Berichten sowie ein entsprechender bilateraler Informationsfluss unter Nutzung der modernen Kommunikationsmittel. Die Weitergabe von Informationen und Erkenntnissen des LAVES ist zudem speziell geregelt in der „Allgemeinen Geschäftsordnung für das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“, bekannt gemacht durch das ML am 19. November 2003 (s. Nds. MBl. Nr.9/2004 S.199). Danach stellt das LAVES „Informationen und Erkenntnisse für Richtungsentscheidungen der Landesregierung bereit“. Ferner stellt es „im Rahmen seiner Dienstaufgaben Informationen und Erkenntnisse für das strategische Handeln der Landesregierung und des ML…“ bereit.
Ausgehend von Artikel 13 der EU–Verordnung über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (Verordnung [EG] Nr.882/2004), sind zudem in Niedersachsen Notfallpläne etabliert worden, die die Behördenkommunikation und das Management in Notfällen regeln. Ein „Notfall“ liegt vor, wenn festgestellt wird oder der Verdacht besteht, dass von einem Lebensmittel oder einem Futtermittel ein ernstes gesundheitliches Risiko ausgeht. Die Behörde, die zuerst Erkenntnisse zum Vorliegen eines Notfalles hat, ist gehalten, die anderen zu beteiligenden Behörden unverzüglich zu informieren. Das LAVES muss in einem solchen Fall das ML und - soweit kommunale Behörden betroffen sind - auch diese unterrichten.
Zu 2: Das LAVES hat das ML zuerst telefonisch am 22. Juli 2008 sowie nachfolgend schriftlich am 25. Juli 2008 über die bis dahin vorliegenden Futtermittelbefunde aus den Jahren 2007 und 2008 unterrichtet. Dabei hat das LAVES auch dargelegt, warum erst aufgrund der aktuell vorliegenden Ergebnisse zu den Beprobungen aus dem Jahr 2008
sicher darauf zu schließen war, dass für den beprobten Bereich der Ems zwischen Leer und dem Sperrwerk mit räumlich verteilten Belastungen der Vordeichflächen zu rechnen ist.
Der Landkreis Leer ist vom LAVES ebenfalls am 25. Juli 2008 unterrichtet worden. Die von den Probenahmen betroffenen Landwirte sind - wie in solchen Fällen generell üblich - vom Futtermittelkontrolldienst des LAVES jeweils direkt informiert worden.
Im Rahmen des weiteren Vorgehens hat das LAVES den Landkreis Emsland, den Landkreis Leer und die Stadt Emden regelmäßig und umgehend über erfolgte Futtermittelbeprobungen sowie vorliegende Untersuchungsergebnisse unterrichtet.
Generell anzumerken ist, dass Eingriffsmaßnahmen im Bereich des gesundheitlichen Verbraucherschutzes einer vorab gesicherten Befundlage, der Erörterung zwischen den beteiligten Behörden und der daraus resultierenden Festlegung des gemeinsamen Vorgehens bedürfen. Unmittelbar nach Abschluss dieses vorbereitenden Prozesses sind die von den vorgesehenen Maßnahmen Betroffenen sowohl über den Hintergrund als auch über den Zweck der abgestimmten Verfahrensweise zu unterrichten.
Im vorliegenden Fall hat ML nach erforderlichen Sofortmaßnahmen aufgrund der vom LAVES vorgelegten abgesicherten Ergebnisse in zügiger Abfolge mit allen in das weitere Verfahren einzubindenden Akteuren (LAVES, Kommunen, Land- wirtschaftskammer, MU) die erforderlichen Schritte erörtert und die gemeinsame Handlungslinie abgestimmt.
Die örtlichen Vertreter des Landvolks sowie nachfolgend die betroffenen Landwirte wurden vom ML schnellstmöglich mit einbezogen und umfassend über die Sachlage inklusive der Details des weiteren Vorgehens unterrichtet. Auch die zuständigen niederländischen Behörden wurden zeitnah und unter Verabredung erforderlicher gegenseitiger Unterstützung unterrichtet.
Seitens ML, der beteiligten Behörden und der Landwirtschaftskammer ist folglich angemessen, schnell und transparent gehandelt worden.
Das LAVES ist erneut darauf hingewiesen worden, auffällige Untersuchungsbefunde mit möglicherweise weitergehender Relevanz dem ML unverzüglich zur Kenntnis zu geben.
Zu 3: Die Konzepte und die aus ihnen resultierenden Maßnahmen für derartige Fälle entsprechen einander in den Handlungsgrundsätzen. Fallbezogen sind örtliche Gegebenheiten zu beachten.
Zuerst ist jeweils die tatsächliche Situation zu verifizieren. Dies geschieht - wie im vorliegenden Fall und auch an der Elbe praktiziert - durch gezielte Futtermittel- und Lebensmitteluntersuchungen. Schnellstmöglich sind zudem Ad-hoc-Maßnahmen zu treffen, um den Verbraucherschutz zu sichern. Dazu gehören insbesondere die aktuell und auch an der Elbe verhängten Nutzungsverbote auffälliger Flächen. Zudem ist es erforderlich, das Inverkehrbringen verdächtiger Lebensmittel zu verhindern. Im vorliegenden Fall betrifft dies bis auf Weiteres die Lebern geschlachteter Schafe und Rinder.
Zur Sicherung der Durchführung dieser Maßnahme ist das bereits angesprochene Anmeldegebot für die betreffenden Schlachtungen sowie die Veräußerung lebender Schlachttiere erlassen worden.
Um die Vermarktung der betreffenden Schlachttiere weiterhin zu ermöglichen, werden gezielt Schlachtbetriebe empfohlen, die in Kenntnis des Status der Tiere bereit sind, diese problemlos zur Schlachtung anzunehmen. Weiterhin werden Risikobeurteilungen der einzelnen Betriebe vorgenommen. Diese führen - je nach Einstufung der Betriebe - zur Rücknahme der belastenden Verfügungen oder zu gezielten, auf den jeweiligen Betrieb abgestellten Bewirtschaftungsempfehlungen. Die Bewirtschaftungsempfehlungen führen bei strikter Einhaltung zur Minimierung des Kontaminationsrisikos. Dies ist an der Elbe bereits unter Beweis gestellt worden.
Ergänzend wird der Früherkennungsmechanismus des niedersächsischen Milchmonitoring an das aktuelle Geschehen angepasst. An der Elbe ist das Milchmonitoring bereits modifiziert worden, um besondere Belastungen mit Dioxinen und dl-PCB noch schneller erkennen zu können. An der Ems wird eine derartige Anpassung zurzeit seitens der Landesvereinigung der Milchwirtschaft vorbereitet.
Bei der schrittweisen Aufarbeitung des jeweiligen Geschehens werden alle zu beteiligenden Behörden und die Landwirtschaftskammer in einen laufenden Abstimmungsprozess eingebunden. In diesen Prozess fließen neue Erkenntnisse (z. B. aktuelle Untersuchungsergebnisse, Zusatzinforma- tionen anderer beteiligter Behörden wie MU) regelmäßig mit ein. Die informative Einbeziehung der
Die Risikobeurteilung und die mit ihr verbundenen Konsequenzen stellen bereits eine konkrete Unterstützung der Landwirte dar. Gleiches gilt bezüglich der Schaffung von Vermarktungsmöglichkeiten für zur Schlachtung anstehende Tiere. Zudem gewährt das Land in der Regel direkte finanzielle Unterstützung durch Übernahme folgender Kosten:
4. Kosten für erforderlichenfalls notwendige Gefrierlagerung von beprobten Tierkörpern aus Verfolgsuntersuchungen
Die Übernahme dieser Kosten durch das Land wird an der Elbe praktiziert und ist auch an der Ems vorgesehen.