Protocol of the Session on September 18, 2008

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen noch eines

(Zurufe von der CDU: Jetzt geht es los!)

- dieser Punkt liegt mir am Herzen -: In der Begründung haben Sie formuliert: „Darüber hinaus profitieren die Menschen von einer intakten und wertvollen Kulturlandschaft.“ Heute stimmt die Aussage nicht mehr: Wenn es den Bauern gut geht, geht es den Leuten auf dem Dorf gut.

(Björn Thümler [CDU]: Doch!)

Das stimmt längst nicht mehr. Ich akzeptiere, dass die Bauern Stellen schaffen. Aber wir müssen auch die Landwirte, die aufgegeben haben, in Arbeit bringen. Sehr wenige Leute aus der Dorfbevölkerung arbeiten noch auf Bauernhöfen. Gehen Sie durch die Dörfer! Sie sind verwaist.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zurufe von der CDU: Was? - David McAllister [CDU]: Wo leben Sie denn? - Unruhe)

- Ja, dort gibt es in der Zwischenzeit leere Häuser.

Frau Kollegin König, einen kleinen Moment bitte!

(Marianne König [LINKE]: Es gibt viele Häuser, die leer stehen! Menschen ziehen weg!)

- Frau Kollegin König, ich habe das Mikrofon ausgeschaltet. Ich möchte erst für etwas Ruhe sorgen. Keine Sorge, die Zeit wird Ihnen nicht abgezogen.

(Anhaltende Unruhe)

Hier ist es etwas unruhig. Ich möchte, dass wir Ihren Ausführungen in Ruhe zuhören können. - Jetzt ist wieder Ruhe eingekehrt. Bitte fahren Sie fort.

Meine Damen und Herren, Sie haben anscheinend die Wahlanalysen nicht gelesen. Wir haben in der dörflichen Struktur zugelegt. Sie haben verloren.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Ich dachte, da gibt es keine Leute mehr!)

Ich bitte Sie, das zu überdenken und sich der dörflichen Armut anzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Geistige Armut! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kennen das ja schon: letzter Tagesordnungspunkt, Thema Landwirtschaft -

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Oder Eu- ropa! Das wird auch immer lustig! - Unruhe)

da wird es häufig etwas unruhig. Ich rufe den nächsten Redner auf, wenn wieder Ruhe eingekehrt ist. - Danke schön.

Für die Landesregierung hat Herr Minister Ehlen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind wieder voll drin, wie Frau Präsidentin gesagt hat. Es liegt in der Natur der Sache, dass wir alle bei Dingen, die den Kern treffen, wieder frisch werden, und am Ende einer langen Plenarwoche tut ein bisschen Erfrischung manchmal ja gut.

Meine Damen und Herren, uns liegt in der Tat der Health Check der Europäischen Union zur Überprüfung der Gemeinsamen Agrarpolitik vor. Ich habe immer deutlich gemacht, dass ich, wenn es notwendig ist, Korrekturen auf der niedersächsischen Ebene begrüße. Es ist wichtig, dass wir zu Vereinfachungen kommen, weil die Europäische Union vielfach sehr kompliziert denkt und wir manchmal große Probleme haben, das in der Praxis vor Ort umzusetzen.

Ich halte es vor allem für wichtig, dass es in allen 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union gleiche Voraussetzungen gibt. Das heißt, dass sich auch andere EU-Staaten an die Standards der EU anpassen müssen. Wir müssen Wettbewerbsverzer

rungen abbauen, d. h. wir müssen zu einer modernen Agrarpolitik kommen. Ich habe festgestellt, dass alle fordern, dass sich die Landwirtschaft künftig mehr am Markt orientiert und vom Markt lebt, anstatt auf Dauer am Tropf der Europäischen Union bzw. der Gesellschaft zu hängen. Deshalb ist es wichtig, dass wir „alte“ Dinge hinter uns lassen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Wel- che denn?)

Die Energiepflanzenprämie muss abgeschafft werden. Die Flächenstilllegung muss aufgehoben werden. Verbliebene, an die Produktion gekoppelte Zahlungen müssen verschwinden. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass Deutschland dadurch, dass wir in 2003 einen sehr konsequenten Anlauf genommen und in fünf Jahren einiges umgesetzt haben, in der Europäischen Union ganz vorne ist.

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass sich auch die übrigen Bundesländer der sehr klaren niedersächsischen Meinung angeschlossen haben, sodass wir nicht alles umzukrempeln brauchen, sondern nur an ganz kleinen Schrauben zu drehen haben.

Die Konferenz Norddeutschland in der vorigen Woche, die Verbraucherschutzministerkonferenz, die zur Stunde in Berchtesgaden stattfindet, und die vorbereitenden Sitzungen haben gezeigt, dass wir mit unseren niedersächsischen Vorlagen genau richtig liegen. Meine Damen und Herren, hier klang ja schon an, dass auch mein Freund - das sage ich ausdrücklich - Till Backhaus aus MecklenburgVorpommern - - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist ein Netter!)

- Das ist mein Freund. Den nenne ich so.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Jüttner, er ist letzte Woche in Niedersachsen zum Aalessen gewesen. Das hat doch was.

(Heiner Bartling [SPD]: Hat er das verkraftet? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Da habt ihr ordentlich einen gebe- chert!)

- Ja, und ich auch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich will damit ganz klar sagen, dass wir zwischen SPD, FDP und CDU parteiübergreifend keine großen Unterschiede sehen. Ich glaube deshalb, dass wir mit unserer Forderung richtig liegen, möglichst wenig aus der ersten Säule durch Modulation in die zweite umzuschaufeln. Denn - meine Damen und Herren, das wissen Sie, das wissen wir alle - wenn Landwirte Geld bekommen, geben sie es sofort wieder in der Region aus und bringen es nicht nach Luxemburg oder sonst wohin. Das Geld wird in die kleinen Geldkreisläufe in der Region eingespeist und führt damit zu höherem Steueraufkommen vor Ort. Es landet somit an der gleichen Stelle, wie wenn wir es zunächst einmal in die zweite Säule geben, also dem Staat oder den Kommunen, die kofinanzieren müssen und hohe Verwaltungskosten produzieren. Ich glaube, meine Damen und Herren, dass am Ende nicht viel mehr dabei herauskommen würde und dass wir mit dem jetzigen Kurs, in dem ich durch diesen Antrag letztendlich ja bestätigt werde, sehr gut fahren. Deshalb sollten wir ihn beibehalten.

Bei einigen Dingen, die Sie angesprochen haben, bekommt man fast den Eindruck, Sie wohnten gar nicht in Niedersachsen oder in Deutschland.

(Oh! bei der SPD)

Wir stellen fest, dass die Förderung, die unser Haus vergeben kann, an einem Tag für zwei Jahre beantragt wurde, nicht für ein Jahr. Meine Damen und Herren, das zeigt, dass unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe hoffnungsvoll und auch herausfordernd nach vorne schauen. Die haben Mut.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir müssen uns einmal die Summen vor Augen führen, die ja umgesetzt werden. Herr Meyer, Sie träumen noch auf einem anderen Stern. Hier geht es um Menschen, die ihre Zukunft fest im Blick haben, um junge Leute, die etwas erreichen wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Die Milch- viehhalter!)

- Ich komme zu den Milchviehhaltern. - Unsere Milchviehhalter, Herr Kollege Meyer, werden, wenn man alles zusammenzählt und auch die anderen Mittel, die sie aufbringen, berücksichtigt - unsere Förderung beträgt ja nur rund 30 % -, im nächsten Jahr rund 400 Millionen Euro in die Zukunft investieren: in Technik, in Stallbauten, in Quoten und

auch in andere Dinge wie Viehbestandsergänzung und Ähnliches. Da ist nirgendwo Weltuntergangsstimmung. Die sehen nach vorne.

Noch einmal zurück zur Milchquote. Der BDM war mir sehr dankbar, als ich einmal sagte: Man kann nicht immer nur dicke Backen machen, man muss auch mal pfeifen. - Ich glaube, dieses Erlebnis eines Lieferboykotts war sehr heilsam. Wir stellen fest, dass die Betriebe in Bayern, die ja sehr große Mengen nach Italien liefern, nach zwei Tagen nicht mehr liefern konnten und Franzosen in die Lieferverträge eingestiegen sind. Die liefern noch heute. Der Markt ist futsch. Wir müssen also aufpassen - wir haben ja gesehen, was dabei herauskommen kann -, damit wir uns hier nicht ins eigene Knie schießen. Ich gehe davon aus, dass unsere niedersächsischen Landwirte und Milchbauern das erkannt haben; denn wenn ich jetzt angesprochen werde, sagt man mir: Heiner Ehlen, mache weiter so!

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, unsere niedersächsischen Landwirte sind in Wirklichkeit viel näher am Markt, und sie sind in der Lage, die Risiken, die da lauern, richtig einzuschätzen. Sie sind aber auch bereit, sie anzunehmen. Deshalb freue ich mich, dass wir hier die Unterstützung des Parlaments bekommen, und ich rate auch den jetzt noch Zögernden, dem Antrag zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Meyer möchte Ihnen eine Zusatzfrage stellen, Herr Minister. - Sie signalisieren, dass Sie die Frage zulassen. Herr Meyer, Sie haben das Wort.