Meine Damen und Herren, ich erinnere noch einmal an die Ausgangslage, in der wir uns befanden, als wir uns aufgemacht haben, den Pflegepakt zu initiieren. In vielen Bereichen war zwischen den Anbieterverbänden, den Kassen und den Kommunen ein Stillstand in den Verhandlungen eingetreten. Das betraf die Vergütung in der ambulanten Pflege und auch die Diskussion über die Verhandlungskultur bei den Pflegesätzen für Pflegeheime. Das Ziel des Pflegepaktes war und ist nach wie vor, diese Stagnation aufzubrechen. Darüber hin
aus wurden weitere wichtige Handlungsfelder gemeinsam identifiziert und Verabredungen dazu getroffen. Was viele nicht für möglich gehalten hatten, gelang im November letzten Jahres. Ich betone es noch einmal: Trotz vielfach sehr unterschiedlicher Interessenslagen einigten sich die Mitglieder des Landespflegeausschusses einvernehmlich auf insgesamt 21 Einzelbeschlüsse und auf einen Pflegepakt für Niedersachsen.
Seitdem geht es darum, diese Beschlüsse umzusetzen. Insgesamt kann ich nach einem Jahr sagen, dass vieles davon bereits sehr gut gelungen ist. Zum Teil liegt aber auch noch viel Arbeit vor uns. Daran werden wir in den kommenden Monaten gemeinsam weiterarbeiten.
Meine Damen und Herren, gut vorangekommen sind wir gemeinsam bei den Themen Ausbildung und Personal. Die erfreuliche Entwicklung der Schülerzahlen habe ich bereits erwähnt. 35 % Steigerung in nur drei Jahren - das lässt sich sehen.
Auch die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte bleiben ein wichtiges Thema für den Pflegepakt. Dazu ein weiteres konkretes Beispiel: Pflegekräfte sind, wie wir wissen, physisch und psychisch stark gefordert. Nur selten sind sie bis zur Erreichung des Ruhestandsalters im aktiven Pflegedienst tätig. Daher soll die betriebliche Gesundheitsförderung entwickelt und ausgebaut werden. Das ist eine der Forderungen und einer der Beschlüsse auch im Pflegepakt. Die AOK Niedersachsen erprobt daher in einem ersten Schritt seit Sommer dieses Jahres ein Bonusprogramm zur betrieblichen Gesundheitsförderung in landesweit 23 ausgewählten Einrichtungen.
Zentrale Elemente des Pflegepaktes waren aber auch die Vergütung in der ambulanten Pflege und die Pflegesätze in den Pflegeheimen.
Lassen Sie mich jetzt einiges zur ambulanten Pflege sagen: Dort gelang es, Einvernehmen über die Steigerungssätze bei den Vergütungen zu erzielen. Mit Wirkung vom 1. August dieses Jahres an wurden diese um 2,48 % erhöht. Immerhin ein Teilerfolg und ein aus meiner Sicht positives Ergebnis, wenn man sich die schwierigen Entwicklungen in manch anderen Bundesländern anschaut. Mecklenburg-Vorpommern hatte hoch konfliktgeladene Verhandlungen, begleitet von
Demonstrationen der Pflegedienste. Hier konnten wir auch dank des Pflegepaktes und der guten Verhandlungskultur alle Seiten an einen Tisch holen und zu einer einvernehmlichen Einigung bringen.
Jetzt wird es darum gehen, dass sich der Einigungswille aller Parteien auch bei den offenen Punkten zeigt. Im Vordergrund stehen dabei in allen Ländern zurzeit laufende Verhandlungen zur Vereinbarung von Zeitkontingenten nach dem Pflegeneuausrichtungsgesetz. Die Umstellung des Vergütungssystems erfordert bundesweit in allen Ländern intensive Verhandlungen. In Niedersachsen steht die nächste Verhandlungsrunde am 30. Januar 2013 an. Bei einer Lösung wird man einerseits die Interessen der Pflegebedürftigen an erschwinglichen Preisen im Auge behalten müssen. Andererseits werden die Preise auch so liegen müssen, dass Pflegedienste damit wirtschaftlich betrieben werden können.
Meine Damen und Herren, nun zur stationären Pflege und den dortigen Pflegesätzen. Bei den Pflegesätzen in der stationären Pflege sollte der Pflegepakt vor allen Dingen auch Rückenwind für eine neue Verhandlungskultur zwischen den Einrichtungen, Kassen und Sozialhilfeträgern geben. Dies hat vielfach funktioniert. Es gibt viele positive Rückmeldungen darüber, dass Pflegesatzverhandlungen inzwischen besser laufen und Erhöhungen leichter durchgesetzt werden konnten als vor Abschluss des Pflegepakts. Dies gilt besonders für die tarifgebundenen Einrichtungen, die mit ihren Abschlüssen durchweg zufrieden sind.
Die Analyse der Entwicklung der Pflegesätze zeigt, dass im Zeitraum von November 2011 bis heute die Zahl der Verhandlungen im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen hat. Im Jahr 2012 war ein Spitzenjahr, was die Verhandlungsaktivitäten betrifft. 2010 lag die Verhandlungsquote bei 36,8 %, 2011 betrug sie 40,3 %, für 2012 lag die Verhandlungsquote bei 47,4 % und damit deutlich höher als in den Vorjahren. Die durchschnittliche Steigerung der Pflegesätze lag bei 2,6 %. Auch dies ist ein neuer Spitzenwert. Die höchste Steigerungsrate lag sogar bei 9,8 %.
Dies zeigt ganz klar: Wer verhandelt, kann Pflegesatzerhöhungen durchsetzen. Der Pflegepakt hat dafür den Weg bereitet.
Aber deutlich geworden ist auch: Über 50 % der Einrichtungen haben den Rückenwind des Pflegepakts nicht genutzt. Sie haben nicht zu Pflegesatzverhandlungen aufgefordert. Gerade vor dem Hintergrund, dass gleichzeitig der Ruf nach einer Konvergenzphase erhoben wird, ist das aus meiner Sicht unverständlich. Die Daten zeigen sogar, dass 10 % aller Einrichtungsträger mit Pflegesätzen arbeiten, die seit sechs oder mehr Jahren abgelaufen sind.
Noch eine Anmerkung zur Konvergenzphase. Für eine Konvergenzphase ist, wie wir wissen, die Zustimmung der Kassen und der Kommunen erforderlich. Wir haben das beim Pflegepakt intensiv diskutiert. Diese Zustimmung gibt es nicht. Auch Einrichtungsträger stehen nicht zu 100 % dahinter. Wenn also eine Landesregierung verspricht, die Pflegesätze zu erhöhen, so verkennt sie, dass dies weder rechtlich noch tatsächlich möglich ist. Solche Versprechungen sind lediglich Wahlkampf pur.
Zu 2: Die Landesregierung hat ihre Aufwendungen für die Pflege insgesamt nicht gestrichen oder gekürzt. Ich wiederhole es noch einmal: Seit 2003 haben wir den Landesaufwand um 30 % gesteigert.
Zur Beantwortung der Frage werde ich auf drei Aspekte eingehen: auf die Abschaffung der Investitionsförderung in der vollstationären Pflege, auf die Anpassung der Investitionsförderung bei den ambulanten Pflegediensten und auf die Konzentration der Förderung in der Kurzzeitpflege.
Erstens. Die zum 1. Januar 2004 erfolgte Änderung des Niedersächsischen Pflegegesetzes mit der Abschaffung der Investitionsförderung durch den sogenannten bewohnerbezogenen Aufwendungszuschuss war unumgänglich. Die Förderbestimmungen der Vorgängerregierung hatten zu großer Rechtsunsicherheit, zu Ungereimtheiten und zu einem für alle Seiten unzumutbaren bürokratischen Aufwand geführt.
Eine Vereinfachung war dringend erforderlich, um vor allem für die Heimbewohnerinnen und -bewohner klare Verhältnisse darüber zu schaffen, welche Leistungen ihnen zustehen, wenn sie für die Kosten im Heim nicht selbst aufkommen können.
Das Bundessozialgericht hat unmissverständlich klargestellt, dass eine landesrechtliche Förderung von stationären Pflegeeinrichtungen durch bewohnerbezogene, einkommensunabhängige Investitionskostenzuschüsse keine öffentliche Förderung darstellt. Eine Abkehr von der durch die Vorgängerregierung eingeführten Förderpraxis war daher zwingend geboten. Hierbei handelt es sich also nicht um eine Sparmaßnahme des Landes, sondern um eine Entbürokratisierung der bisherigen Regelung.
Dass dies keine Sparmaßnahme war, zeigen auch hier die Zahlen: Im Jahr 2003 wendete das Land 94,8 Millionen Euro in diesem Bereich auf, im laufenden Jahr sind es 109,6 Millionen Euro. Das entspricht einer Steigerung von 14,4 Millionen Euro. Diese Beträge stellen die Ausgleichszahlung des Landes an die Kommunen nach Abschaffung der alten Förderregelung dar. Für die Einrichtungsträger hat sich dadurch substanziell nichts geändert. Nach wie vor werden Pflegeheimkapazitäten neu geschaffen. Es gibt sogar ein enormes Überangebot an Pflegeplätzen.
Zweitens zur Investitionsförderung der ambulanten Pflegedienste. Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2010 haben wir die Investitionsförderpauschale für die ambulanten Pflegedienste um 20 % abgesenkt. Damit folgt das Land einer vom Landesrechnungshof ausgesprochenen Empfehlung. Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass mit der bisherigen Förderung durchschnittlich mehr als 120 % der tatsächlichen Investitionskosten der Pflegedienste gefördert wurden. Die Absenkung stellt also lediglich eine Anpassung an die realen Verhältnisse dar. Diese Reduzierung der Investitionsförderung hat nach allen zur Verfügung stehenden Erkenntnissen zu keinen nennenswerten strukturellen Auswirkungen geführt, weder bei den Pflegediensten selbst, deren Zahl unverändert weiter zunimmt, noch bei den Pflegebedürftigen.
Drittens. Mitte der 90er-Jahre wurde mit der Pflegeversicherung die sogenannte Kurzzeitpflege eingeführt. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, Pflegebedürftige zur Entlastung der häuslichen Pflegesituation vorübergehend, bis zu vier Wochen im Jahr, vollstationär in entsprechenden Einrichtungen zu pflegen.
Die Kurzzeitpflege zielte ursprünglich darauf ab, nur in entsprechend ausgerichteten, ausschließlich dafür zugelassenen Einrichtungen geleistet zu werden. Entgegen den Erwartungen entstanden
Zur Bedarfsdeckung war es daher erforderlich, Kurzzeitpflege auch auf freien Plätzen in Dauerpflegeeinrichtungen anzubieten. Die dadurch entstandene Konkurrenzsituation hatte einen Abbau der ohnehin nur wenigen solitären Angebote zur Folge. Kurzzeitpflege fand zunehmend eingestreut in Dauerpflegeeinrichtungen statt. Gleichzeitig wurden aber vollstationäre Plätze in weitaus größerem Umfang als benötigt neu errichtet.
Immer mehr Betten stehen leer. Im Jahre 1999 hatten wir noch Überkapazitäten von rund 8 500 Plätzen zu verzeichnen. Im Jahr 2009 waren bereits 15 000 Plätze in Pflegeheimen leer. Das bedeutet einen starken Konkurrenzdruck der Träger. Gleichzeitig sehen wir, dass Dauerpflegeeinrichtungen in Niedersachsen durchschnittlich immer weniger ausgelastet sind.
Durch die Möglichkeit, auch eine Investitionsförderung für eingestreute Kurzzeitpflegeplätze zu erhalten, wurden die Investitionen in neue vollstationäre Kapazitäten teilweise indirekt mit Landesmitteln subventioniert. Der Aufbau einer auf wirkliche Kurzzeitpflege spezialisierten Einrichtungsstruktur konnte so nicht gelingen. Hinzu kam, dass die Pflegebedürftigen häufig aus der Kurzzeitpflege unmittelbar in die Dauerpflege wechselten. Dies ist eine Entwicklung, die dem Grundsatz der Pflegepolitik des Landes „Ambulant vor stationär“ widerspricht.
Ab dem 1. Januar 2011 haben wir die Landesförderung nach § 10 des Niedersächsischen Pflegegesetzes auf solitäre Einrichtungen der Kurzzeitpflege beschränkt. Damit sollten die Einrichtungen gestärkt werden, die sich ausschließlich auf das Leistungsangebot der Kurzzeitpflege spezialisierten. Dies bedeutet aber nicht, dass es nicht mehr ausreichend Kurzzeitpflegeplätze für Pflegebedürftige in Niedersachsen gibt. Denn eingestreute Kurzzeitpflege in vollstationären Einrichtungen der Dauerpflege ist auch weiterhin zulässig, auch wenn wir dies nicht mehr fördern.
Viele Einrichtungsträger haben inzwischen freie Kapazitäten in der Dauerpflege in solitäre Einrichtungen der Kurzzeitpflege umgewandelt. Auch dazu einige Zahlen: Waren es zu Beginn des Jahres 2011 noch 299 Plätze in der solitären Kurzzeitpflege, so ist das Platzangebot in diesem Bereich inzwischen auf 737 gestiegen. Aktuell sind weitere rund 100 Plätze in Planung. Dies ist eine Entwicklung, die seitens des Landes begrüßt wird.
Meine Damen und Herren, mit unserer heutigen Investitionsförderung für ambulante Dienste, für Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen sowie für Einrichtungen der Kurzzeitpflege sind wir im bundesweiten Vergleich weit vorn. Ambulante Dienste werden außer in Niedersachsen nur noch in Nordrhein-Westfalen, in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein gefördert. Das sind 4 von 16 Bundesländern. Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen werden nur in 7 Bundesländern gefördert, Kurzzeitpflegeeinrichtungen ebenfalls nur von der Hälfte der Länder. Vollstationäre Einrichtungen fördern nur noch Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es keinerlei Förderung für Investitionen in Pflegeeinrichtungen.
Sie sehen: Wir sind bundesweit an der Spitze, was die Gewährung von Investitionskostenzuschüssen im Bereich der Pflege betrifft.
Zu 3: Ob in anderen Bundesländern die Schulgeldfreiheit für Altenpflegeschülerinnen und Altenpflegeschüler gesetzlich abgesichert ist, haben wir in allen Ländern abgefragt. Danach gibt es eine solche gesetzlich garantierte Schulgeldfreiheit nur in einem Bundesland. Das Bremer Altenpflegeausbildungsgesetz beinhaltet in § 21 Abs. 5 folgende Regelung: „Ein Schulgeld wird durch die Altenpflegeschulen nicht erhoben.“ Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Altenpflegeschulen in Bremen im Unterschied zu Niedersachsen nicht unter das Schulgesetz fallen. Sie sind vielmehr staatlich anerkannte Schulen besonderer Art. Es gibt keine Finanzhilfe aus dem Kultusetat wie für die Altenpflegeschulen in Niedersachsen. Die Schulkosten werden dort aus dem Sozialetat bestritten.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage stellt für die SPD-Fraktion der Kollege Brunotte. Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor mehr als 18 Monaten hat die Niedersächsische Landesregierung angekündigt, eine überarbeitete Heimmindestbauverordnung, eine Heimpersonalverordnung und eine Heimmitwirkungsverordnung vorzulegen. Uns interessiert, wie
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soweit ich weiß, haben wir das nicht angekündigt.
(Zustimmung bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Das war bei der Zu- stimmung zum Heimgesetz! Das ist unglaublich!)
Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass zwar die Zahl der Schülerinnen und Schüler gestiegen ist, wie wir eben gehört haben, aber die Abbrecherquote in den Pflegeberufen immer noch bei ca. 20 % liegt und die durchschnittliche Verweildauer in den Pflegeberufen je nach Bereich nur vier bis acht Jahre beträgt, frage ich die Landesregierung, was sie unternimmt, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten. Gemeint sind substanzielle Veränderungen und nicht nur Imagekampagnen der Landesregierung à la „Mensch Alter“.