Protocol of the Session on December 5, 2012

Das angebliche Jobwunder beruht nämlich in hohem Maße auf einem Boom von Billigjobs, von denen man nicht leben kann. 20 % der Erwerbstätigen bekommen Armutslöhne, mit denen ein menschenwürdiges Leben nicht möglich ist. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Rund 150 000 Frauen und Männer, die sogenannten Aufstocker, beziehen wegen ihrer Niedriglöhne

in Niedersachsen Einkommen aus dem Arbeitslosengeld II. Das ist ein Zustand, der menschenunwürdig ist, und der muss verändert werden. Das ist der Erfolg Ihrer sogenannten Erfolgsstory für Niedersachsen, und das bedeutet das für die Menschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Zahl der Leiharbeiter ist gestiegen. In den letzten zehn Jahren während Ihrer Regierungszeit hat sie sich verdreifacht. Der Missbrauch von Werkverträgen schreitet voran. Die Dumpinglöhne - auch das sollten Sie sich merken - von heute sind identisch mit Altersarmut von morgen, und davon sind in Niedersachsen ganz viele Menschen betroffen, auch junge Menschen, die keinen festen Job gefunden haben. Auch das ist das Ergebnis Ihrer Regierung in den letzten zehn Jahren.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss, leider. Die Liste ließe sich nämlich beliebig fortführen.

Meine Damen und Herren, es sind zehn verlorene Jahre, die Schwarz-Gelb für die Menschen in Niedersachsen gebracht hat.

(Lachen bei der CDU - Ursula Ernst [CDU]: Wer hat Ihnen denn das auf- geschrieben?)

Sie können sicher sein: Die Linke wird ihren Kampf für die Rettung der Löhne und Renten, für gebührenfreie Bildung, für bessere Arbeitsplätze und für ein klares Nein zu einem Atomendlager Gorleben unbeirrt fortsetzen, meine Damen und Herren, und zwar auch über den 20. Januar hinaus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Das war nicht viel! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Nichts Neues!)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Schostok das Wort.

(Jens Nacke [CDU]: Ist das schon Ihre Abschiedsrede?)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Nacke, siebeneinhalb Jahre Wulff und zweieinhalb Jahre McAllister in fünf Minuten zu bilanzieren, das ist notgedrungen holzschnitzartig. Aber die Wählerinnen und Wähler

haben sich sicherlich schon selbst ein Bild gemacht.

(Zurufe von der CDU: Jawohl! Genau!)

Ich glaube, die Bilanz fällt nicht erfreulich für Sie aus, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der SPD)

2003 waren wir am Ende einer schweren Wirtschaftskrise. Als Sie von Schwarz-Gelb in Niedersachsen die Verantwortung bekamen, haben Sie mit einer Politik der harten Einschnitte reagiert. Ihre massiven Eingriffe und Einschnitte in Staat und Verwaltung haben die Leistungs- und Handlungsfähigkeit des Landes nicht erhöht, sondern sie haben sie dramatisch herabgesenkt. Und das hat sich bis heute nicht verbessert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die Abschaffung der Bezirksregierungen war kopflos. Das Land ist heute weiter denn je von den Kommunen entfernt. Ihre massiven Einschnitte im Haushalt auf dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten sind unvergessen. Den Anfang haben Sie damals mit der Abschaffung des Blindengeldes gemacht.

(Jens Nacke [CDU]: Ist wieder einge- führt!)

Mehrere Nullrunden bei der Eingliederungshilfe für Behinderte folgten. Und wenn, dann durch jahrelangen Druck der Opposition überhaupt

(Lachen bei der CDU)

haben Sie 2012 endlich den Einstieg in die Inklusion geschafft, meine Herren.

(Jens Nacke [CDU]: Man merkt, dass Sie damals nicht dabei waren, Herr Kollege!)

Und jetzt bekommen Sie nicht einmal die untergesetzlichen Regelungen in Gang. Das ist Ihre Sozialbilanz, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ihre Gesamtbilanz in der Haushaltspolitik ist rekordverdächtig schlecht.

(Björn Thümler [CDU]: Hervorragend!)

Die Schulden sind in Ihrer Regierungszeit um fast 50 % gesteigert worden.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Sie haben sie doch verdoppelt!)

Den möglichen Konsens beim Thema Schuldenbremse haben Sie einer egozentrischen FDP in Torschlusspanik geopfert. Ihre Dialog- und Diskussionsbereitschaft war unterirdisch.

In der Wirtschafts- und Finanzmarktkrise 2008 und 2009 konnten Sie und Frau Merkel von Glück sagen, dass mit Steinmeier, Steinbrück, Scholz und Gabriel vier intelligente und politische Kraftpakete die Krise gestemmt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU)

Die Umweltprämie, das Kurzarbeitergeld, die Konjunkturprogramme für die Kommunen - das hat entscheidend geholfen, Beschäftigte und Fachkräfte in den Unternehmen zu halten. So ist die Konjunktur nicht durch Investitionszurückhaltung des Staates ganz eingebrochen. Gerade unserer Automobilindustrie in Niedersachsen hat dies sehr geholfen. Ich finde, da könnten Sie jetzt ruhig auch mal Danke sagen.

(Beifall bei der SPD)

Die Krise war noch nicht einmal ganz ausgestanden, da hat Herr Wulff beim BDI schon gezeigt, dass er die falschen Lehren aus der Krise gezogen hat. Er sprach damals davon, dass nun der Markt wieder das Handeln übernehmen müsse. Er sagte, in der Krise wäre die Handsteuerung hilfreich gewesen, jetzt müsse man wieder auf Autopilot umschalten, der Markt müsse sich selbst regulieren, und der Staat müsse sich zurückziehen. - Dass die Spekulationen an den Finanzmärkten dann noch eine gesamteuropäische Krise ausgelöst haben und dass die südeuropäischen Staaten mit Spekulationswellen überzogen und damit fast in den Ruin getrieben worden sind, hat doch gezeigt, dass politisches Handeln erforderlich ist.

Wenn wir in der Finanzmarktkrise und in der Fiskalpaktdebatte nicht gewesen wären, hätte es keinen Einstieg in die Finanztransaktionssteuer und auch keine Entlastung der Kommunen gegeben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir handeln in der Opposition verantwortlicher als Sie in der Regierung.

(Lachen bei der CDU)

Herr McAllister, Sie haben Ihre Regierungszeit mit dem Motto „Mut zur Verantwortung“ angetreten. Daraus ist mutloses Abwarten und Zuschauen geworden.

(Zustimmung bei der SPD)

Der Wandel unserer Gesellschaft hin zu einer innovationsorientierten Dienstleistungs- und Industriegesellschaft beschleunigt sich immer mehr. Alle erkennen die Herausforderungen in der Fachkräftesicherung und der Fachkräfteentwicklung.

(Glocke des Präsidenten)

Die Kommunen bräuchten jetzt dringend Unterstützung für die Bewältigung des demografischen Wandels und des wirtschaftlichen Strukturwandels. Darauf sind sie dringend angewiesen, aber sie bekommen sie nicht.

Wir erleben - durch die ökologische Katastrophe von Fukushima eingeleitet - auch die Auswirkungen der eingeleiteten Energiewende. Die Probleme verschärfen sich also noch einmal deutlich. Ihre Energiepolitik und vor allem Ihre Volten in der Atompolitik waren aber wahrlich kein Ruhmesblatt für Schwarz-Gelb. Ihnen fehlt schlichtweg der Plan, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)