Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie alle wissen, dass sich Bund und Länder auf dem Krippengipfel 2007 darauf verständigt haben, bis 2013 eine 35-prozentige Versorgungsquote für unter Dreijährige anzustreben. Ich gehe auch davon aus, dass Sie alle wissen, dass die Landesregierung und die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände im Anschluss daran, in 2008, eine Gemeinsame Erklärung unterzeichnet
haben, in der einvernehmlich festgelegt wurde, dass das Land und die Kommunen die Betriebskosten für Plätze in Kindertagesstätten und der Kindertagespflege für Kinder unter drei Jahren anteilig finanzieren, und zwar auch über 2013 hinaus.
Einfach ausgedrückt - wem das zu kompliziert ist -: Mit diesem Gesetz, das wir heute verabschieden, erhöhen wir die Finanzhilfe zur Deckung der Betriebskosten für Kita- und Krippenplätze für unter Dreijährige. Mit diesem Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen, geben wir den Kommunen Planungssicherheit.
Was heißt das ganz konkret? - Ganz konkret heißt das, dass wir mit diesem Gesetz den Kommunen zusichern, dass die Finanzhilfe für Plätze in Kindertagesstätten für Kinder unter drei Jahren ab dem 1. Februar kommenden Jahres von derzeit 43 % auf 46 % steigt. Ferner sichern wir ihnen zu, dass das Land die Betriebskostenzuschüsse für Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren ab dem 1. August 2013, also mit Beginn des Rechtsanspruchs, auf 52 % anhebt. - Wenn das keine Leistung ist, meine Damen und Herren! So machen wir das.
Wir erhöhen die Finanzhilfe, und zwar nicht nur für neue Plätze, sondern für alle Plätze für unter Dreijährige.
Das ist eine enorme Leistung. Wir erhöhen das finanzielle Engagement jährlich: um ca. 13,7 Millionen Euro in 2013, um mindestens 24 Millionen Euro in 2014, und zwar abhängig vom weiteren Anstieg der Anzahl der Plätze für unter Dreijährige. Insgesamt, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird das Land für den Betrieb von Kitaplätzen für unter Dreijährige ab 2014, abhängig von der jeweiligen Platzanzahl, jährlich mindestens 138 Millionen Euro verausgaben.
Das ist eine Wahnsinnsleistung, insbesondere in Relation zu den Maßnahmen, die es in der Vergangenheit gab. Ich freue mich, dass wir dieses Gesetz mit hoffentlich großer Mehrheit - ich denke, dass eigentlich niemand dagegen sein kann - verabschieden werden.
Darüber hinaus geht es heute auch um die Erzieherausbildung; das ist das Thema des Antrags der SPD-Fraktion. Auch wenn meine Redezeit nur sehr begrenzt ist, will ich dazu folgende Anmerkung machen:
Wir haben hier schon mindestens fünfmal über das Thema Erzieherausbildung und darüber gesprochen, wie wichtig es ist, die entsprechende Zahl an Plätzen vorzuhalten, insbesondere an den Fachschulen. Wir brauchen diese Anzahl an Fachkräften definitiv, ohne Wenn und Aber, auch wenn wir wissen, dass Jahr für Jahr 2 000 staatlich geprüfte Erzieher ausgebildet werden und 700 Sozialassistenten dazukommen. Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch weiterhin eine qualitativ hochwertige Ausbildung.
Für uns steht fest - eben wurde schon über die Zukunft gesprochen, und ich spreche auch gerne über die Zukunft -, dass wir in der nächsten Legislaturperiode die von uns begonnene qualitative und finanzielle Verbesserung der Rahmenbedingungen stufenweise in einem Rahmenplan weiter fortsetzen. Damit ist allen geholfen. Deshalb: Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wer sich zurzeit mit Vertreterinnen und Vertretern aus den niedersächsischen Kindertagesstätten unterhält, der merkt, dass es in den Einrichtungen brodelt. Es brodelt in der frühkindlichen Bildung, weil diese Landesregierung und mit ihr CDU und FDP in den letzten zehn Jahren dort nicht für nennenswerte Veränderungen gesorgt haben. Es brodelt, weil Sie den notwendigen und wichtigen Anteil der Kommunen beim Krippenausbau nicht ausreichend wertschätzen. Und es brodelt, weil Sie die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in den Einrichtungen nicht ausreichend wertschätzen.
Das wurde uns - Herrn Klare und mir gerade gestern - in verschiedenen Diskussionen deutlich gemacht.
Die Landesregierung hat erst im März 2012 zusätzliche Landesmittel bereitgestellt, obwohl, wie Frau Vockert selbst ausgeführt hat, der Krippengipfel bereits 2007 stattgefunden hat und mit der Umsetzung der Beschlüsse schon 2008 hätte begonnen werden können. Ansonsten hat das Land vier Jahre lang nichts anderes als den 5-%-Anteil übernommen und die Kommunen die Hauptlast beim Krippenausbau tragen lassen.
Viel wichtiger aber ist, dass Sie mit der Vorlage Ihres Entwurfs zur Änderung des KiTaG einen gemeinsamen Nenner verlassen, den wir im Schulbereich mühsam erarbeitet hatten, nämlich die Inklusion, sprich: allen Kindern unter sechs Jahren, die eine Beeinträchtigung oder Behinderung haben, einen entsprechenden Rechtsanspruch zu garantieren.
Deshalb haben SPD, Grüne und auch die Fraktion DIE LINKE einen gemeinsam getragenen Änderungsantrag eingebracht, in dem wir sagen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention auch für Kinder unter sechs Jahren gelten muss. Es kann doch nicht sein, dass Kinder über sechs Jahre, wenn sie eine Behinderung haben, einen Anspruch darauf haben, auf eine Schule ihrer Wahl zu gehen, während im Krippen- und Kindertagesstättenbereich das gemeinsame Erziehen und Großwerden von Kindern mit Behinderungen weiterhin unter einen Ressourcenvorbehalt gestellt wird.
Meine Damen und Herren, es wäre ausreichend Zeit gewesen, diesen Gesetzentwurf auch unter dem Inklusionsgedanken zu beraten. Darauf hätten wir die nächsten vier Wochen noch verwenden können; meine Fraktion war ebenso wie die anderen Oppositionsfraktionen dazu bereit.
Sie hingegen argumentieren technokratisch, es sei nicht ausreichend Zeit dafür, den Gesetzentwurf unter dem Gesichtspunkt der Inklusion zu behandeln, wir müssten uns auf die Regelung der Finanzhilfe beschränken. Dabei vergessen Sie allerdings, dass Sie mehr als fünf Jahre Zeit gehabt haben, um eine Änderung am Kindertagesstätten
gesetz vorzunehmen. Spätestens nach dem Krippengipfel und der entsprechenden Finanzierungszusage des Bundes hätten Sie tätig werden können. Aber das wollten sie einfach nicht, meine Damen und Herren.
Aber die Themen Inklusion und Wertschätzung der Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sind nicht die einzigen Themen, die es in der frühkindlichen Bildung zu diskutieren gilt.
Ein weiteres wichtiges Thema ist und bleibt die Sicherstellung des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz. Und hier, lieber Herr Dr. Althusmann, können Sie noch so viel herumtricksen und sagen, die Statistik, die für März 2012 herausgekommen ist, sei schon wieder überholt: Diese Statistik wurde nun einmal erst gestern veröffentlicht.
Und selbst wenn jetzt nur noch 10 000 Plätze in Niedersachsen fehlen sollten, um die 35prozentige Versorgungsquote für unter Dreijährige zu erreichen: Diese 10 000 Plätze bis zum 1. August 2013 zu schaffen, bleibt eine besondere Aufgabe! Schließlich geht es nicht nur um die Plätze als solche, sondern vor allem darum, das Personal zu bekommen, das sich um die Kinder auf diesen 10 000 Plätzen, die noch geschaffen werden müssen, dann auch kümmert. Der Beruf der Erzieherinnen und Erzieher ist, auch wenn Sie das im Juli dieses Jahres noch verneint haben, Herr Dr. Althusmann, mittlerweile nämlich zu einem, wenn nicht sogar zu dem Mangelberuf geworden.
Aus diesem Grunde wollen wir nun einen Masterplan auf den Weg bringen, um Krippen und Kindertagesstätten ausreichend Personal zur Verfügung stellen zu können.
Einige Vorschläge, Frau Vockert, haben wir in der Tat schon häufig diskutiert. Gleichwohl müssen wir sie immer wieder auf die Tagesordnung bringen, weil die rechte Seite des Hauses ja beständig davon ausgeht - auch jetzt haben Sie die Zahlen wieder genannt -, dass in Niedersachsen eine ausreichende Anzahl von ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern vorhanden ist.
Das, meine Damen und Herren, ist aber mitnichten der Fall. Vielmehr würden gerne noch mehr die Ausbildung zur Erzieherin bzw. zum Erzieher angehen, aber leider reichen die an den berufsbil
denden Schulen vorhanden Plätze nicht aus. Deshalb besteht eine unserer Maßnahmen, die wir vorschlagen, darin, zusätzlich Plätze an den berufsbildenden Schulen zu schaffen, um dort zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher ausbilden zu können.
Eine weitere Maßnahme, meine Damen und Herren, beruht darauf, dass wir auch die Berufsschulpädagogen brauchen, die diese Erzieherinnen und Erzieher ausbilden. Leider gibt es dafür in Niedersachsen nur einen Studiengang. Darin wurden lange Zeit nur 30 Berufsschulpädagogen pro Jahr ausgebildet, wovon 20 sofort in andere Bundesländer verschwunden sind. Lediglich zehn ausgebildete Berufsschulpädagogen für den Bereich Sozialpädagogik sind in Niedersachsen verblieben. Das reicht nicht, um eine solch große Aufgabe wie die Erfüllung des Krippengipfels zu bewältigen. Deshalb haben wir gesagt, wir brauchen einen weiteren Studiengang Sozialpädagogik mit der Fachrichtung Berufsschule an einem anderen Standort in Niedersachsen.
In diesen Zusammenhang gehören auch die Studienseminarplätze. Dazu gehört des Weiteren, dass wir die in Niedersachsen tätigen Sozialassistentinnen und Sozialassistenten weiter ausbilden. Dazu gehört, dass die Arbeitsagentur Geld für die Fortbildungsmaßnahmen dieser Umschülerinnen und Umschüler, die wir eventuell in den Masterplan einbeziehen können, zur Verfügung stellt. Niedersachsen ist eines der wenigen Bundesländer, die das nach wie vor nicht finanzieren.
Meine Damen und Herren, es gäbe eine Fülle von Maßnahmen. Wir haben sie dokumentiert und niedergelegt. Ich hoffe, dass Sie, nachdem Sie erkannt haben, dass wir in Niedersachsen dringend Erzieherinnen und Erzieher brauchen, unserem Entschließungsantrag zustimmen, und beantrage für meine Fraktion direkte Abstimmung.
Als Nächste hat sich Frau Kollegin Reichwaldt für die Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der heute zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf und seine Beratung im Ausschuss und heute im Plenum stellen den Tiefpunkt dessen dar, was ich hier an Gesetzesberatung bislang erlebt habe. Kurz vor Schluss soll noch die notwendige Umsetzung der erhöhten Finanzhilfe für die Kindertagesstätten beschlossen werden, so wie es im Grunde genommen schon seit zwei Jahren im Raum steht. Meine Damen und Herren, so geht es wirklich nicht!
Es ist schon erstaunlich, welch einen Sturm der Kritik und der Entrüstung dieser kleine Gesetzentwurf, in dem eigentlich nichts Falsches steht - auch wir werden heute nicht gegen ihn stimmen -, bei den schriftlich Angehörten hervorgerufen hat. Um es einmal salopp zu sagen: Die haben Ihnen diesen Gesetzentwurf um die Ohren geschlagen, und zwar nicht deswegen, weil darin die Finanzhilfe neu geregelt wird, sondern deswegen, weil darin erhebliche Dinge fehlen, für deren Regelung Sie im Grunde genommen - die Kollegin hat es richtig gesagt - zehn Jahre, mindestens aber fünf Jahren Zeit gehabt haben. Sie sind dieses Problem schlicht und einfach nicht angegangen, und das wurde Ihnen in der Anhörung deutlich auf die Fahnen geschrieben.
Es geht zum einen darum, dass die Personalstandards in den Kindertagesstätten insgesamt erheblich verbessert werden müssen. Das sagen Ihnen alle Beteiligten. - Sie haben es allerdings nicht getan.
Zum anderen fehlt - das ist auch schon gesagt worden - der Gedanke der Inklusion, das Recht auf inklusive Betreuung auch in Kindertagesstätten. Wir haben versucht, diesen Mangel durch einen Änderungsantrag zu heilen, den wir gerne noch in den Sitzungen beraten hätten, die bis zur Sitzung bis zum Dezember möglich gewesen wären. Das aber wollten Sie nicht. Das zocken Sie still und leise durch, damit keiner merkt, was Sie in den letzten Jahren versäumt haben.