Lassen Sie mich auch noch zu den anderen Punkten kommen und mit der Unterstützung der Arbeit des Psychiatrieausschusses beginnen. Das mit der Wertschätzung habe ich gerade schon gesagt. Wenn Sie die Arbeit wirklich vereinfachen wollten, dann sollten Sie endlich dafür sorgen, dass die Geschäftsstelle aufgestockt wird, damit wenigstens die organisatorische Arbeit besser abgewickelt werden kann.
Außerdem haben Sie einen Punkt zum Thema Prävention aufgenommen. Das hört sich ja immer gut an. Mir fällt dazu ein, dass schon im Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen eine solche Formulierung vorhanden war - es ist aber überhaupt nichts in dieser Richtung passiert. Da greifen Sie also etwas auf, bei dem Sie in Wirklichkeit anscheinend gar kein wirkliches Interesse hatten, die Situation zu verbessern.
Insgesamt muss man feststellen: Ein paar Monate vor der Landtagswahl tritt jetzt eine große Geschäftigkeit im Ministerium zutage.
Es gibt eine ganze Flut von Gesetzentwürfen, die jetzt noch schnell durchgepeitscht werden sollen. Das macht vor allem eines deutlich: dass im Ministerium überhaupt kein Zeitmanagement, kein Politikmanagement vorhanden ist,- - -
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Schwarz von der CDUFraktion gemeldet. Sie haben, wie bekannt, 90 Sekunden.
Danke. - Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staudte, dass Sie momentan etwas angesäuert reagieren, ist Ihre Sache. Aber nehmen Sie einfach zur
Kenntnis, dass wir von der CDU-Fraktion im Zusammenhang mit den Änderungsvorschlägen, die wir hier gemacht haben, sehr wohl Institutionen und Verbände angeschrieben haben. Wir haben konstruktive und positive Rückmeldungen bekommen.
Wenn Sie dem Sozialministerium - das ist eigentlich nicht meine Aufgabe; durch die Begleitung der Arbeit bekommt man das aber auch mit - jetzt unterstellen, es würde endlich aus dem Quark kommen, muss ich sagen: Das Ministerium arbeitet kontinuierlich und stetig unter hoher Belastung. Wenn Sie das hier so despektierlich darstellen, halte ich das für nicht hinreichend.
Ich sehe nicht, dass Frau Staudte erwidern möchte. Dann kommen wir zum nächsten Redner. Das ist Herr Kollege Brunotte von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Schwarz, in Ansätzen war das ja fast eine Regierungserklärung. Wir hätten uns von Frau Özkan gewünscht, dass sie dem Thema Psychiatrie in den letzten Jahren einmal diese Aufmerksamkeit zugemessen hätte.
- Wir halten Regierungserklärungen erst ab 2013. Das ist jetzt aus der Opposition heraus noch nicht möglich.
Sie beschreiben in Ihrem Antrag das niedersächsische Psychiatriegesetz aus dem Jahr 1997, das, glaube ich, für seine Zeit durchaus dokumentiert hat, dass sich Psychiatrie ändern muss und gesellschaftliche Veränderungen auch in der Psychiatrie wiederfinden müssen. Strukturen wurden aufgebrochen, Teilhabe wurde gelebt, und man hat ein Tabuthema in dieser Gesellschaft mit angefasst. Ich glaube, das war richtig.
Deswegen ist auch der Hinweis wichtig, dass 1997 ein Gesetz, das sehr weitreichend war, beschlossen wurde - vielleicht auch unter dem Eindruck, dass damals Gesetzgebungen noch Gesetzgebungen waren und man sich etwas mehr Zeit genommen hat, um in diesen Verfahren für Qualität zu sorgen. Das vermissen wir aktuell auch etwas.
(Heidemarie Mundlos [CDU]: Das ist jetzt ein Widerspruch! Herr Schwarz behauptet immer, Sie seien schneller gewesen!)
Wir erleben bei Ihnen in den letzten Jahren eine Schnelligkeit, bei der die Qualität deutlich auf der Strecke bleibt. Das haben wir zuletzt bei der Niedersächsischen Bauordnung gesehen, Frau Mundlos.
(Beifall bei der SPD - Heidemarie Mundlos [CDU]: Haben Sie der Bau- ordnung nicht zugestimmt? Da war doch was!)
Aber ich will zu den drei Punkten Ihres Antrags kommen. Bei diesen drei Bereichen kann man nur sagen: Ja, genau, da besteht Handlungsbedarf.
Es besteht Handlungsbedarf nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2011 und den zwei Beschlüssen des Bundesgerichtshofs vom Juli 2012, die Zwangsbehandlung neu zu regeln. Das sagen alle Fachleute zu Recht. Denn es muss eine Regelung gefunden werden, wie man psychisch Erkrankten - ich glaube, dass das in den Worten von Frau Reichwaldt noch einmal sehr deutlich geworden ist - eine Behandlung zukommen lassen kann. Übrigens reden wir von bundesweit 50 000 Betreuungsfällen, die an dieser Stelle zu regeln sind. Es sind also auch in Niedersachsen einige Tausend. Hier besteht in der Tat Handlungsbedarf.
Der gleiche Handlungsbedarf besteht in der Frage der Besuchskommissionen. Wir teilen die Einschätzung, die die Mehrheitsfraktionen in ihrem Antrag auch definieren.
Die Besuchskommissionen sind im Auftrag des Landtags unterwegs. So wie der Psychiatrieausschuss als beratendes Organ für den Sozialausschuss und somit auch für das Parlament unterwegs ist, gilt das auch für die Besuchskommissionen. Hier ist eine klare Rechtsgrundlage mit einem praktikablen Verfahren sowohl für die Besuchskommissionen als auch für die Einrichtungen erforderlich. Somit sind wir hier bei einer Neudefinition der Aufgaben natürlich mit dabei.
sundheitsschutz gesprochen - darüber, wie sich Arbeitsbedingungen verändert haben und wie Burn-out-Situationen mittlerweile zur Volkskrankheit Nummer eins geworden sind. Wir erleben natürlich auch, wie dezentrale Präventionsketten - ich will hier nur das Bündnis gegen Depression in der Region Hannover nennen - eine wirksame Arbeit leisten. Nur, das Bundesverfassungsgericht hat im März 2011 geurteilt. Das war vor 18 Monaten! Da fragen wir uns natürlich schon zu Recht, was das niedersächsische Sozialministerium in diesen 18 Monaten gemacht hat. Warum ist nicht die Initiative ergriffen worden, frühzeitig mit einer gesetzgeberischen Initiative ins Parlament zu gehen? Denn das jetzt vorliegende Szenario ist klar: Es gibt einen Antrag, der die Regierung bittet, zu überprüfen, was man denn machen könnte. Das, was die Regierung dann vielleicht noch vorlegt, fällt der Diskontinuität zum Opfer. An dieser Stelle handelt es sich also um einen Schaufensterantrag ohne Wirkung.
Ich will noch einmal auf den Psychiatrieausschuss, den 27. Bericht und die vorangegangenen Berichte hinweisen. In diesen Berichten steht viel drin. In diesem Bericht, der auch im Sozialausschuss vorgestellt worden ist, ist auch noch einmal sehr deutlich formuliert, wo die Probleme liegen. Wenn man diesen Bericht zur Grundlage nimmt, im Ministerium liest und vor allen Dingen mit diesem Psychiatrieausschuss einen wertschätzenden Umgang pflegt, dann liegt es eigentlich auf der Hand, wo die Probleme liegen.
Die Probleme, Frau Schwarz - Entschuldigung, ich lese diesen Bericht deutlich anders -, sind: Wir haben massive Probleme bei der Versorgung. Wir haben Wartezeiten im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie der Allgemeinpsychiatrie. Wir haben lange Wegstrecken. Wir haben Probleme in den Sozialpsychiatrischen Diensten in den Landkreisen. Wir haben in der Allgemeinpsychiatrie Belegungen von deutlich mehr als 100 %. Das sind Zustände, die nicht akzeptabel sind!
All das, was Sie geschildert haben, was in den letzten Jahren passiert ist, sehen wir, aber es ist bei Weitem zu wenig. Jedenfalls berichtet das der Psychiatrieausschuss in seinen jährlichen Berichten deutlich an den Landtag.
Schauen wir uns die Privatisierungen an! Wir müssen konstatieren, dass die Zahl der Ausbrüche und Entweichungen in diesem Jahr dramatisch zugenommen hat. Wir haben im Bericht des Psychiatrieausschusses einen deutlichen Hinweis auf man
gelnde und vernachlässigte bauliche Unterhaltung, auf schwierige personelle Situationen, auf eine Fachkraftquote in der Pflege, die zum Teil deutlich unter 90 % liegt, um hier Renditen zu entfalten. Ich glaube, dort sind ganz schön viele Baustellen vorhanden, die an der Stelle bei Weitem nicht abgedeckt sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorgelegte Antrag beschreibt die Probleme, gibt aber keine Lösungen vor, jedenfalls keine Lösung, die der Landtag in dieser Legislaturperiode treffen kann. Er löst somit kein einziges Problem.
Sie hatten zehn Jahre lang Zeit, die Probleme im Bereich der Psychiatrie mit zukunftsgerechten Antworten zu lösen. Das ist Ihnen nicht gelungen. Jetzt wird es eine andere Regierung machen.
Meine Damen und Herren, die Kollegin Schwarz von der CDU-Fraktion hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Herzlichen Dank, dass ich noch einmal die Gelegenheit bekomme. Eigentlich möchte ich die heutige Debatte nicht unnötig in die Länge ziehen, aber es ist teilweise schon abenteuerlich, welche Behauptungen hier aufgestellt werden. Diese bedürfen der Richtigstellung.
Erstens. Herr Brunotte, wenn Sie schon den 27. Bericht des Ausschusses für Angelegenheiten der psychiatrischen Krankenversorgung in Niedersachsen zitieren, dann nehmen Sie zur Kenntnis, dass es darin ebenso heißt, dass die Gesetzgeber zum Thema Sicherungsverwahrung eine Frist bis zum 31. Mai 2013 haben. Von daher ist es zu diesem Zeitpunkt angebracht, Vorüberlegungen auf den Weg zu bringen, damit der nächste Landtag abschließend darüber beraten kann. Es geht also um Vorarbeiten, auf die man dann zurückgreifen kann.
Wenn Sie jetzt sagen, dass das sowieso der Diskontinuität zum Opfer fällt, dann frage ich mich, warum Sie sich überhaupt noch um das Thema kümmern wollen. Wir tun es zumindest.
Zweitens. Wenn Herr Brunotte beklagt, dass in den letzten zehn Jahren bei den Einrichtungen nichts geschehen sei,
dann sollte er einfach nur die Antwort auf die Mündliche Anfrage vom 20. Juli 2012 in der 144. Plenarsitzung zur Kenntnis nehmen. In dem Protokoll über diese Plenarsitzung können Sie nachlesen, was sich alles getan hat. Ich habe das in der Rede mit ausgeführt. Nehmen Sie das einfach zur Kenntnis! Wenn Sie das nicht nachlesen mögen, hoffe ich, dass die AWO Ihnen zumindest mitteilt, welche Einrichtungen sie in den letzten Jahren mit Landesunterstützung auf den Weg gebracht hat.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Schwarz, das ist genau das Problem: Sie bringen hier einen Antrag zum niedersächsischen Psychiatriegesetz ein. Sie fangen an, indem Sie wortreich in bestimmte Bereiche einführen, auf die sich der Antrag gar nicht bezieht, und Ihre Kurzintervention beginnen Sie mit einem Hinweis zur Sicherungsverwahrung und zum Therapieunterbringungsgesetz. Das steht in der nächsten Woche im Sozialausschuss auf der Tagesordnung. Das werden wir dort auch diskutieren. Aber dort liegt, wenn ich das richtig gesehen habe, wenigstens ein Gesetzentwurf vor. Hier aber sagen Sie: Es gibt Handlungsbedarf, und dann schauen wir einmal, wie wir mit diesem Handlungsbedarf umgehen, liebe Landesregierung. - Das sind doch zwei ganz unterschiedliche Dinge!