Protocol of the Session on September 28, 2012

Meine Damen und Herren, vielleicht sind Sie mit Ihrer Politik zufrieden, wir sind es nicht. Das werden wir ändern.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Clemens Große Ma- cke [CDU]: Dass Sie dabei nicht rot werden!)

Meine Damen und Herren, der Minister möchte noch einmal zu Wort kommen. Bitte schön, Herr Althusmann!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Abgeordnete Heiligenstadt, für den kommenden Dienstag, falls es denn so sein sollte, müssten Sie sich mit Blick auf das Übergangssystem in Niedersachsen noch ein bisschen vorbereiten.

(Johanne Modder [SPD]: Schon so nervös?)

- Frau Modder, das ärgert mich an Ihren Debatten: Sie wirbeln Zahlen durcheinander, die in keiner Weise zu belegen sind.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie reden über 35 000 Jugendliche, die sich angeblich in einer Warteschleife im Übergangssystem befinden.

(Stefan Schostok [SPD]: Das ist so!)

Abgesehen davon ist dieser Begriff auf Bundes- und Landesebene gar nicht mehr gebräuchlich. Wir reden inzwischen von Integration in den Arbeitsmarkt oder in den Berufsausbildungsmarkt.

(Stefan Schostok [SPD]: Sie wollen es nicht wahrhaben!)

Frau Heiligenstadt, Sie unterstellen, dass sich alle 35 000 Jugendlichen in einer Berufsfachschule quasi ungewollt in einer Warteschleife befinden.

Es gibt verschiedenste Formen von Berufsfachschulen. Ich meine, es sind neun verschiedene. In aller Regel sind das - ob es sich um Landwirtschaft oder andere, soziapädagogische Fachschulen handelt - nicht automatisch Warteschleifen. Das ist nicht automatisch die Vorstufe zur Jugendarbeitslosigkeit, sondern die Jugendlichen befinden sich aufgrund ihrer Ausbildung ausdrücklich in einer Berufsfachschule, weil das zu ihrer Ausbildung

gehört. Diese Ausbildung wird im Rahmen der dualen Ausbildung anerkannt. Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen!

Im klassischen Übergangssystem, über das wir uns hier unterhalten, hatten wir im Schuljahr 2009/2010 9 374 Jugendliche. Im Schuljahr 2011/2012 ist die Zahl deutlich auf 8 442 Jugendliche gesunken. An den Berufsfachschulen hatten wir 27 829 Jugendliche.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Nur ein- jährige Berufsfachschulen!)

Im Schuljahr 2011/2012 haben wir 23 735 Jugendliche.

Frau Heiligenstadt, ich habe nur eine Bitte. Ich freue mich ja auf alle Auseinandersetzungen mit Ihnen. Aber bitte: seriöse Zahlen, Daten, Fakten! Dann können wir gern darüber reden, aber nicht immer so pauschal und polemisch!

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Reichwaldt hat sich zu Wort gemeldet und um zusätzliche Redezeit gebeten. Da sie einer kleineren Fraktion angehört, erhält sie eine Minute. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. Das reicht aus. - Ich finde es wirklich unglaublich! Frau Heiligenstadt hat es völlig richtig gesagt: Über 30 000 Jugendliche hängen in Warteschleifen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: In Berufs- fachschulen! - Weitere Zurufe - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

Denn wie viel Prozent von denen finden danach einen Ausbildungsplatz? Es ist eine unglaubliche Dreistigkeit, wie von Ihnen, Herr Minister, aber auch von den anderen das Problem auf diese Jugendlichen geschoben wird.

(Beifall bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist unglaublicher Unsinn!)

Das Problem ist, dass sie zum großen Teil keinen Ausbildungsplatz im dualen System finden. Was wir dringend brauchen, ist ein Recht auf Ausbildung im dualen System!

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Christian Meyer [GRÜNE] - Christian Grascha [FDP]: Wo leben Sie eigentlich! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Besuchen Sie doch einfach einmal eine Berufsfachschule!)

Meine Damen und Herren, ich habe es jetzt nicht gesehen. Hatten Sie sich noch gemeldet, Frau Heiligenstadt? - In Ordnung, Sie erhalten 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fände es gut, Herr Minister Dr. Althusmann, wenn wenigstens der Fachminister wüsste, wovon er redet.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Was Sie machen, ist Realsatire! - Heinz Rolfes [CDU]: Es ist unglaub- lich! Da brauchst du gar nicht zu grin- sen! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD]: Was soll das denn! - Weitere Zurufe)

Meine Damen und Herren! Herr Rolfes! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich wieder zu beruhigen.

Wenn Frau Heiligenstadt redet, regt sich die eine Seite des Hauses auf. Wenn Herr Dr. Althusmann redet, regt sich die andere Seite des Hauses auf. Ich kann das alles nachvollziehen. Es entspricht aber nicht den parlamentarischen Gepflogenheiten, dass die Aufregung so laut wird, dass man die Rednerin oder den Redner nicht mehr verstehen kann. Deswegen bitte ich alle Seiten des Hauses: Lassen Sie die Redner reden! Dann haben Sie die Möglichkeit, Ihren gegensätzlichen Standpunkt zu vertreten.

Gleich redet noch der Kollege Försterling, aber zunächst lassen Sie bitte Frau Heiligenstadt ausreden. - Frau Heiligenstadt, bitte schön!

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist sehr wichtig, als gemeinsame Grundlage für die Beratung zumindest in den Berufsbildungsbericht zu schauen. Dort wird sehr gut definiert, was das Übergangssystem umfasst. Das sind neben den

Berufseinstiegsschulen, die Sie mit dem BVJ und der BEK hier in Niedersachsen haben, auch die einjährigen Berufsfachschulen.

(Stefan Schostok [SPD]: Genau!)

Dabei haben wir die Jugendwerkstätten noch nicht mitgerechnet. Würden wir sie noch mit einrechnen, lägen wir bei 45 000 Jugendlichen, die im Moment nicht mit einem Ausbildungsplatz versorgt sind.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE] - Stefan Schostok [SPD]: Richtig!)

Herr Dr. Althusmann, natürlich wissen auch wir, dass es vollzeitschulische Ausbildungen gibt und dass es Berufsfachschulen gibt, die eine vollzeitschulische Ausbildung ermöglichen.

(Aha! bei der CDU)

Dann reden wir aber von zweijährigen Berufsfachschulen, das wissen auch Sie. Diese Schulen habe ich ausdrücklich nicht zum Übergangssystem gezogen.

Wenn ich die beiden Zahlen, die Sie für 2011 vorgetragen haben - die Landesregierung sah sich nicht in der Lage, uns neuere Daten zu geben, obwohl wir die statistischen Daten nachgefragt hatten -,

(Ralf Borngräber [SPD]: So sieht es aus!)

zusammenrechne, komme ich auf die Zahl von 35 000. Das ergeben die Zahlen, die Sie selber vorgetragen haben. Ich bitte darum, mir doch nicht zu unterstellen, wir würden falsche Daten nutzen, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt hat der Kollege Försterling das Wort. Auch er erhält zusätzliche Redezeit, und zwar eine Minute.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Beratung ist sehr deutlich geworden, was der Unterschied zwischen CDU und FDP in diesem Hause und der versammelten Linken in diesem Hause ist.

(Beifall bei der SPD - Stefan Schostok [SPD]: Das merkt man! - Johanne Modder [SPD]: Jawohl, und das ist auch gut so! - Klaus Schneck [SPD]: Wir kümmern uns um die Menschen!)

Den Unterschied will ich ganz klar benennen: Das, was Sie vorhaben, ist nichts anderes, als junge Menschen in vollzeitschulische Systeme zu packen, dann die Statistik zu schönen und dafür zu sorgen, dass sie keine Fachkräfte werden und im Anschluss keinen Arbeitsplatz finden,

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ist das für eine Projektion?)

während wir gemeinsam mit der Wirtschaft und dem Handwerk in diesem Land aus den jungen Menschen Fachkräfte machen, sodass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können. Es geht nur mit der Wirtschaft und nicht gegen die Wirtschaft. Das müssen Sie endlich verstehen!