In Sorge um das Gelingen der inklusiven Schule haben wir sofort nach Verabschiedung des Gesetzes unseren Antrag eingebracht - mit einem Konzept, wie die inklusive Schule jetzt unterstützt werden muss. Dazu muss sofort sichergestellt werden, dass ein Kind mit Förderbedarf in einer inklusiven Schule genauso viel fachliche Unterstützung bekommt wie in einer Förderschule. Da muss man die Ressourcen einfach gerechter verteilen.
Darüber hinaus sieht unser Antrag vor, umgehend die Studienplatzkapazitäten für die Sonderpädagogik auszubauen. Wir brauchen diese Fachkräfte. Sie reichen heute schon nicht aus. Dafür muss der Kultusminister einen fundierten Bedarfsplan vorlegen. Er darf nicht einfach damit rechnen, dass schon nicht so viele an inklusive Schulen gehen werden. Herr Althusmann, selbst nach Ihrem Gesetz müssen alle Schulen ab 2018 inklusiv arbeiten können. Woher wollen Sie die Fachkräfte nehmen, wenn Sie nicht anfangen, sie auszubilden?
Weil die grundständige Ausbildung von Sonderpädagogen mehrere Jahre in Anspruch nimmt, fordern wir darüber hinaus, dass an den sonderpädagogischen Instituten unserer Hochschulen umgehend berufsbegleitende Aufbaustudiengänge für Lehrkräfte aus anderen Schulformen eingerichtet werden. Solche Studiengänge sollen ein zertifiziertes, voll anerkanntes Sonderpädagogikstudium mit Förderschwerpunkten und inklusiver Didaktik innerhalb von zwei Jahren als Aufbaustudium gewährleisten. So kämen wir sehr schnell dazu, dass Know-how in die Schulen kommt, weil man es von seiner ersten Veranstaltung an dorthin mitnimmt. Damit könnten wir die Motivation für die inklusive Schule aus den Schulen heraus enorm erhöhen.
Meine Damen und Herren, in der Ausschussberatung wurde deutlich, dass das Kultusministerium unseren Vorschlägen sehr offen gegenübersteht. Um sie rasch umsetzen zu können, bräuchten wir
Allein: CDU und FDP war die eigene Eitelkeit wichtiger. Daher haben Sie, Herr von Danwitz, Herr Klare und Herr Försterling, es leider versäumt, hier im Landtag die große Chance wahrzunehmen, dass der gesamte Landtag - unabhängig davon, wie man zu dem Gesetz und den Details des Gesetzes steht - gemeinsam beschließt, wie wir die inklusive Schule zum Erfolg bringen können. Das tut mir aufrichtig leid. Schade! Damit wurde eine große Chance vertan.
(Beifall bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Nur weil Sie als Fraktion nicht mitmachen wollten! Wie albern ist das eigentlich, was Sie da aufführen? - Widerspruch von Ina Korter [GRÜNE])
Frau Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE ist die nächste Rednerin. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Reichwaldt. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Niedersachsen auf dem Weg zu einer inklusiven Schule erfolgreich sein will, heißt das nicht, Kinder mit besonderen Förderbedarfen in unser bestehendes allgemeines Schulsystem zu integrieren, sondern das allgemeine Schulsystem so zu verändern, dass alle Kinder ohne Einschränkungen an seinen Angeboten teilnehmen können.
Wir haben in unserer Kritik an der Schulgesetzänderung zur inklusiven Schule in Niedersachsen formuliert, dass ein dauerndes Festhalten an einem parallelen Förderschulsystem falsch und vor allem auch nicht finanzierbar ist. Die ersten Probleme, die sich jetzt bei der Umsetzung der Inklusion in Niedersachsen zeigen, beweisen, dass unsere Kritik richtig ist.
Das heißt aber nicht, dass wir nicht alle Anstrengungen unterstützen, die uns der inklusiven Schule in Niedersachsen näherbringen. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit den darin vorgeschlagenen Maßnahmen daher notwendig und richtig.
Viele Dinge sind noch immer offen oder sind unzureichend geregelt. Die Schulen warten händeringend auf verbindliche Vorgaben. Das betrifft z. B.
die Klassengrößen oder die Zuweisung von zusätzlichen Förderschullehrkräften und sozialpädagogischen Fachkräften. Auch die Grundsatzerlasse für die Grundschulen und die weiterführenden Schulen sind nicht an die Aufgabe der Inklusion angepasst.
Es gilt, schnell gleiche und faire Bedingungen für inklusive Schulen und Förderschulen, wenn sie denn bestehen bleiben, zu schaffen. Eine Schlechterstellung der inklusiven Schulen in Bezug auf die Ausstattung mit Förderlehrkräften im Vergleich zu den Förderschulen, wie aus der Anfrage der Kollegin Korter deutlich wurde, darf es nicht geben.
Dann ist die Inklusion in den niedersächsischen Schulen zum Scheitern verurteilt, weil alle Vorbehalte, die jetzt noch bestehen, bestätigt würden.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen auf der rechten Seite des Hauses wirklich glauben, dass Sie es ernst meinen, die inklusive Schule in Niedersachsen einzuführen. Dann allerdings müssen Förderschulen und inklusive Schulen gleich ausgestattet werden.
Das Hauptproblem wird aber der fehlende Nachwuchs an sonderpädagogischen Lehrkräften sein. Wir brauchen dringend eine Bedarfsplanung für Sonderpädagogen und ein schlüssiges Konzept zur Nachwuchsgewinnung. Der Bedarf an zusätzlichen Förderschullehrkräften muss schnell gedeckt werden. Die derzeitigen Ausbildungskapazitäten an den Hochschulen reichen nicht annähernd aus. Wie bei den Ausschussberatungen deutlich wurde, wird dieses Problem auch von den Regierungsfraktionen erkannt.
Die vorgeschlagenen zertifizierten berufsbegleitenden Aufbaustudiengänge zur Lehrkraft für Sonderpädagogik wären ein gangbarer Weg zur Lösung. Die Ausbildungskapazitäten müssen an den Hochschulen erheblich erweitert werden. Wir unterstützen allerdings auch die GEW-Forderung, allgemeine Lehrkräfte auf Landeskosten bei vollen Bezügen nachstudieren zu lassen.
Meine Damen und Herren, bisher wirkt die Umsetzung der Inklusion durch die Landesregierung auf allen Ebenen mehr als dilettantisch.
Minister Althusmann muss endlich begreifen, dass die Umstellung auf inklusive Schulen nicht mit drei Lehrerfortbildungswochenenden getan ist.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geht eindeutig in die richtige Richtung. Wir werden ihn daher unterstützen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir im März 2012 die Änderung des Schulgesetzes beschlossen und damit den Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die freie Schulwahl ermöglicht haben, hatten wir von der SPD-Fraktion den Eindruck, auch die Regierungsfraktionen von CDU und FDP hätten verstanden, dass Inklusion nicht nur bedeutet, den Eltern die freie Schulwahl zu ermöglichen, sondern auch, die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf angemessen zu fördern.
Noch während der Gesetzesberatungen hieß es, die Klassenfrequenzen würden nach und nach auf 20 Kinder pro Klasse begrenzt werden. Ehrlich gesagt, wir von der SPD freuten uns: Endlich ein Schritt in die richtige Richtung!
Doch wie sieht es zurzeit aus? - Zwar werden die Klassenfrequenzen für inklusive Klassen von 28 auf 26 Kinder reduziert,
aber abgesehen davon wird einmal wieder an den Schwächsten gespart. Die Stunden für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden an allgemeinbildenden Schulen reduziert. Sie haben richtig gehört: Reduziert - statt erhöht! Dabei haben natürlich viele Lehrkräfte Angst vor der neuen Aufgabe, Kinder mit und ohne Einschränkungen gemeinsam zu unterrichten. Es ist ja auch wirklich keine leichte Aufgabe, sondern eine große Heraus
Wir von der SPD hatten schon im März befürchtet, dass Sie, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, die Schulen bei der Umsetzung der Inklusion nicht ausreichend unterstützen. Deshalb hatten wir unseren Antrag „Vielfalt ist Bereicherung - für ein sofortiges Aktionsprogramm zur Umsetzung inklusiver Bildung“ gestellt. Wir hatten ein Aktionsprogramm gefordert, welches u. a. die Personalressourcen bedarfsgerecht sicherstellt und darüber hinaus in der Lehrerausbildung aller Schulen sonderpädagogische Förderung obligatorisch verankert.
Liebe Kollegen von CDU und FDP, die SPD hat es in ihrem Antrag gesagt, und ich wiederhole es hier für Sie gerne noch einmal in der Hoffnung, dass Sie es irgendwann kapieren: Inklusion ist auf Sparflamme nicht zu realisieren.
Wenn wir den Menschen mit Behinderungen die uneingeschränkte, barrierefreie gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen wollen - ich gehe davon aus, dass wir das eigentlich alle wollen -, bedarf es dazu einer sehr langfristigen Anstrengung mit allen dazugehörigen nachhaltigen Maßnahmen, und zwar personell wie auch räumlich. Wenn Sie an dieser Stelle sparen, sparen Sie rücksichtslos auf Kosten der Kinder.
An der Einführung der inklusiven Schule in Niedersachsen wird sich das Land messen lassen müssen, wie ernst es ihm mit der Umsetzung des Inklusionsgedankens tatsächlich ist.
Der nun vorliegende Antrag der Grünen „Inklusion zum Erfolg machen - Ausstattung der inklusiven Schulen mit sonderpädagogischer Kompetenz sicherstellen“ nimmt die Umsetzung der Inklusion ernst und stellt wichtige und richtige Forderungen auf. Selbstverständlich müssen für jede Schülerin und für jeden Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarf an einer inklusiven Schule genauso viele Sonderpädagogiklehrerstunden zur Verfügung stehen wie an einer Förderschule.
Der Bedarf an Unterstützung und Förderung wird auch nicht automatisch dadurch kleiner, dass die Kinder eine allgemeinbildende Schule besuchen, im Gegenteil! Wer solche Verordnungen und Erlasse veröffentlicht, muss sich fragen lassen, was er damit eigentlich beabsichtigt. Sollen so etwa
Wir müssen doch dafür sorgen, dass der Besuch allgemeinbildender Schulen von Kindern mit Behinderungen zum Regelfall wird und nicht die Ausnahme bleibt. Dazu bedarf es dann aber einer adäquaten Personalausstattung.
Auch die Lehrkräfte an den Schulen dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass sie mit der neuen Aufgabe allein gelassen werden und dass auf ihre Kosten gespart wird. Neben einer mindestens gleichwertigen und ausreichenden Anzahl von Sonderpädagogiklehrerstunden ist auch noch etwas anderes notwendig: Mit Weitsicht und Entschiedenheit muss sichergestellt sein, dass für den Weg in die Inklusion auch das entsprechend fachpädagogisch ausgebildete Fachpersonal vorhanden ist und darüber hinaus die Aus- und Weiterbildungsoptionen erweitert und reformiert werden.
Die SPD-Fraktion trägt deswegen den Antrag der Grünen voll und ganz mit. Wir glauben, wer Inklusion will, muss auch für die Ausbildung der Lehrkräfte sorgen.