Protocol of the Session on July 20, 2012

Jetzt kommt erneut ein Antrag, der insbesondere auf das Projekt der IVG in Friedeburg-Etzel abhebt. Ich habe ein wenig den Verdacht, dass der Antrag um dieses Projekt herum geschrieben und nicht der eigentliche Anlass das Ziel gewesen ist. Es macht mich etwas besorgt, dass es hier offensichtlich nur um die industriepolitische Begleitung eines Projektes eines großen Unternehmens geht. Die eigentliche Herausforderung ist aber, meine ich, endlich die Forschung zu systematisieren und dafür zu sorgen, dass die richtigen Pilotprojekte in die Anwendung kommen und in der Forschung richtig begleitet werden. Das kann dann auch ein Projekt zusammen mit dieser Firma sein, aber eben nicht nur mit dieser Firma. Darauf möchte ich hinweisen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Wenzel. - Als nächster Redner hat der Kollege Dr. Hocker von der FDP-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die erneuerbaren Energien sind auf dem Vormarsch. Die Energiewende ist auf einem guten Weg. Jede vierte Kilowattstunde Strom, die in Deutschland erzeugt wird, stammt mittlerweile zumindest rechnerisch aus Niedersachsen.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz fördert jede Kilowattstunde Strom, die erzeugt und eingespeist wird, und eben nicht zielgenau dann, wenn sie gebraucht wird und wenn sie tatsächlich benötigt wird. Deswegen führt das Erneuerbare-EnergienGesetz dazu, dass die erneuerbaren Energien noch nicht grundlastfähig sind. Das ist, was die Bewältigung der Energiewende anbelangt, mittlerweile zur größten Herausforderung neben dem Ausbau der Netze geworden.

Deswegen brauchen wir gegenwärtig noch konventionelle Kraftwerke - moderne Kohlekraftwerke, aber auch Gaskraftwerke -, die dann einspringen, wenn die Sonne nicht scheint und wenn der Wind nicht weht. Wir alle kennen auch das Problem, dass diese Kraftwerke, weil sie sozusagen nur noch für einen bestimmten Zeitraum im Jahr eingeschaltet werden, betriebswirtschaftlich kaum noch effizient betrieben werden können.

Deshalb führt kein Weg daran vorbei, dass wir die erneuerbaren Energien werden grundlastfähig gestalten müssen. Da kann die Umwandlung von Strom in Wasserstoff und Methan eine große Chance bedeuten.

Ich appelliere ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und insbesondere an Herrn Wenzel, dass Sie bitte nicht wieder das berühmte Haar in der Suppe suchen mögen. Wenn es um Speichertechnologie ging, haben Sie sich in der Vergangenheit oft genug dagegen ausgesprochen, bestimmte vielversprechende Projekte auf den Weg zu bringen,

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

zum Beispiel in Baden-Württemberg. Dort war in Atdorf ein Pumpspeicherkraftwerk geplant. Aber die Parteifreunde der Grünen vor Ort haben argumentiert, es hätte so viele schädliche Auswirkungen auf die Raumschaft.

Es gäbe viele weitere stichhaltige Argumente dafür, dass diese für die Energiewende existenziell wichtigen Projekte auf den Weg kommen. Ich bitte Sie darum und fordere Sie auf, keine Phantomdiskussion darüber zu beginnen, warum das alles nicht geht. Spucken Sie lieber in die Hände und machen Sie konstruktiv bei der Bewältigung der Energiewende mit! Hören Sie bitte auf mit der Technologiefeindlichkeit und damit, solche Anträge, die hier in der ersten Beratung beraten werden, gleich in Bausch und Bogen ablehnen zu wollen!

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt liegt mir noch die Wortmeldung des Herrn Ministers vor. Herr Minister, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Sicherung unserer Stromversorgung muss der Ausbau der erneuerbaren Energien sowohl vom Zubau konventioneller Kraftwerke als auch von neuen Speichertechnologien begleitet werden. Das ist klar. Ob und wann wir über technisch funktionierende, aber auch wirtschaftlich verantwortbare Speichertechnologien verfügen, wird ganz wesentlich darüber mitentscheiden, in welchem Umfang wir in Deutschland diese zusätzlichen Kraftwerke,

über die wir auch im Zusammenhang mit Kapazitätsmärkten diskutieren, noch benötigen.

Niedersachsen setzt deshalb insbesondere auf die Erforschung und Entwicklung neuer Speichertechnologien. Wir brauchen sowohl saisonale Speicher als auch Speicher, mit denen die fluktuierenden Einspeisungen aus Solar- und Windenergie ausgeglichen werden könnten.

Wir haben deshalb bereits im Januar 2012 die Landesinitiative Energiespeicher und Energiesysteme in Niedersachsen unter der Federführung meines Hauses eingerichtet. Dort werden die Themen Brennstoffzellen und Batterietechnologie der bisherigen Landesinitiative fortgeführt und zusätzliche Themen wie Großspeicher, Smart Grids und Wasserstoffanwendungen abgedeckt. Gemeinsam mit unseren Partnern etwa aus der Industrie werden die Arbeitsschwerpunkte erarbeitet, um die Erforschung und Entwicklung ganz konkret am Bedarf der niedersächsischen Unternehmen orientiert voranzutreiben.

Meine Damen und Herren, in Niedersachsen wird ein großer Anteil regenerativen Stroms in der norddeutschen Tiefebene durch Onshorewindkraftanlagen erzeugt. Dort befindet sich auch eine Vielzahl von Gaskavernenspeichern. Soweit es technologisch, aber auch ökonomisch sinnvoll ist, müssen neben dem Netzausbau aussichtsreiche Technologieoptionen zur Stromspeicherung einbezogen werden. Denn wir können nicht ausschließen, dass es Windstrom gibt, den man nicht immer als Überbedarf ableiten kann, wie wir es zum Teil bereits in Schleswig-Holstein erleben.

Wir wollen aber auch eine bezahlbare Energieversorgung sicherstellen und müssen deshalb auch darauf achten, dass diese Technologien nicht zu massiven Energieverlusten bei den Umwandlungsprozessen führen. Die Kombination aus Elektrolyse und Gas- und Dampfturbine stellt derzeit noch keine wirtschaftlich effiziente Technologie dar. Deshalb kommt es in diesem Sektor entscheidend darauf an, durch Forschung voranzukommen.

Die Untersuchung von Chancen und Risiken der Wasserstoffwirtschaft wie auch der Umsetzung der Power-to-Gas-Technologie in Niedersachsen wird ebenfalls ein Thema im Rahmen unserer Landesinitiative sein. Hieran sind verschiedene Unternehmen beteiligt, die auch ein wirtschaftliches Interesse daran haben, die vorhandenen Kavernen in Norddeutschland als Gasspeicher zu nutzen. Eines wurde genannt. Aber, Herr Meyer, warum

das Gegenstand des Antrages ist, müssen Sie nicht mich fragen. Der Antrag kommt aus dem Parlament. Der Landesregierung steht es nicht zu, das zu kommentieren. Diese Unternehmen haben die Bereitschaft signalisiert, sich an der Initiative aktiv zu beteiligen und daran mitzuarbeiten, um diese Speichermöglichkeiten voranzubringen.

Daneben ist natürlich auch das Energieforschungszentrum Niedersachsen mit den Speichertechnologien befasst. Im Harz gibt es ein ganz konkretes Projekt - das ist Ihnen sicherlich bekannt -, in dem es darum geht, ein Bergwerk als Pumpspeicherkraftwerk zu nutzen. Darüber hinaus haben die Wirtschaftsminister im April dieses Jahres eine Absichtserklärung zur industriepolitischen Weiterentwicklung der Region Unterelbe unterzeichnet - der Wirtschaftssenator aus Hamburg und der Kollege aus Schleswig-Holstein waren dabei -, bei der es darum geht, das Thema Windwasserstoff auch in dieser Region voranzubringen.

Sie sehen, allerorten wird intensiv an diesem Zukunftsthema gearbeitet, und die Landesregierung ist vorne dabei.

Danke sehr.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu diesem Tagesordnungspunkt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Zuständig soll der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz sein. Spricht jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann wird so verfahren.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 46 auf:

Erste Beratung: Erneuerbare Energien benötigen moderne Netze! Keine Energiewende ohne Verteilnetze! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4978

Eingebracht wird der Antrag von dem Kollegen Dr. Deneke-Jöhrens für die CDU-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erneuerbare Energien benötigen moderne Netze - keine Energiewende ohne Verteilnetze. Ich glaube, diese Thesen sind unstreitig. Am Anfang unserer Plenarwoche sind sie auch in Kurzvorträgen vom Verband kommunaler Unternehmen erhoben worden.

Ich glaube, wir reden viel zu viel über den Ausbau der Übertragungsstromnetze. Die 3 600 km zusätzlich benötigten Höchstspannungstrassen bringen ja nahezu die halbe Republik in Aufruhr. Sie sind wichtig, stellen aber nur 2 % der gesamten Stromnetze in Deutschland. Das Verteilnetz dagegen macht die restlichen 98 % aus.

In Niedersachsen sind 78 % der ErneuerbareEnergie-Anlagen direkt an das Verteilnetz, also Mittel- und Niederspannungsebenen, angeschlossen. Im Netz der in Oldenburg beheimateten EWE übersteigt die gesamte installierte Leistung der angeschlossenen EEG-Anlagen den höchsten gleichzeitigen Stromverbrauch im Netz um fast 70 %. Meine Damen und Herren, dafür sind unsere Verteilnetze nicht ausgelegt. Laut einer Schätzung des Bundes der Energie- und Wasserwirtschaft müssen bundesweit bis 2020 bis zu 27 Milliarden Euro in die Verteilnetze investiert werden, und zwar nur für den konventionellen Ausbau. Die Kosten für die Umrüstung auf intelligente Netze sind darin noch nicht enthalten. Wir müssen daher dafür Sorge tragen, dass diese Netze ertüchtigt und ausgebaut werden, damit unsere Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energien auch erreicht werden können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

CDU und FDP haben vier Probleme erkannt, für deren Lösung sich die Landesregierung auf Bundesebene einsetzen soll: Erstens wollen wir die Zahlung vermiedener Netznutzungsentgelte für nicht steuerbare Erzeugungsanlagen abschaffen. Bislang wird die Einspeisung dezentral erzeugter Energie mit Zahlung von sogenannten vermiedenen Netzentgelten vergütet. Zugrunde liegt dabei die Annahme, dass dezentrale Erzeugungsanlagen zu einer geringeren Nutzung der vorgelagerten Infrastruktur und somit zu einer Kostenersparnis führen. Tatsächlich wird Netzausbau durch dezentrale Erzeugung nicht immer vermieden, nämlich dann nicht, wenn schwankende erneuerbare Energie, z. B. aus Sonnen- und Windenergie, über vorgelagerte Netze abtransportiert werden muss. Dann kann gegebenenfalls sogar ein Aus

bau des vorgelagerten Netzes ausgelöst werden. Daher sollte der Ansatz vermiedener Netzentgelte bei nicht steuerbaren EEG-Anlagen, also Wind und Photovoltaik, eingestellt werden.

Es ist daher zu begrüßen, dass sich das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesländer in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe dafür ausgesprochen haben, diese Regelung zugunsten der Verteilnetzbetreiber abzuschaffen.

Zweitens müssen wir die Kostenanerkennung beschleunigen. Die Kosten für den Netzaus- und -umbau fließen in die Kalkulation der Netzentgelte ein, wobei es zu einem systembedingten Zeitverzug von bis zu sieben Jahren zwischen getätigter Investition und Berücksichtigung in den Netzentgelten kommt. Das ist deutlich zu lange. Dadurch können die festgelegten Eigenkapitalzinssätze nicht erreicht werden, und selbst für effizient arbeitende Netzbetreiber bestehen keine wirtschaftlichen Anreize, Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen im Netz vorzunehmen. Die Anreizregulierung muss also die Möglichkeit eröffnen, die Kosten für getätigte Investitionen sofort in die Erlösobergrenze aufzunehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens wollen wir Anreize für die Netzbetreiber schaffen, in Forschung und Entwicklung im Bereich der Verteilnetze zu investieren. Ländliche Netze stehen vor der Herausforderung, dass das regionale Angebot an erneuerbaren Energien die regionale Nachfrage übersteigt. Intelligenz im Netz ist hier die bessere Lösung als herkömmlicher Ausbau des Netzes. Aber Ausgaben der Netzbetreiber gelten im regulatorischen Rahmen nur dann als effizient, wenn sie kurzfristig zu relevanten Kosteneinsparungen führen. Dies trifft auf Forschungs- und Entwicklungsausgaben nicht zu. Daher haben Netzbetreiber in der Regel keinen Anreiz, hier zu investieren. Das wollen wir von CDU und FDP ändern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Viertens wollen wir den § 14 a des Energiewirtschaftsgesetzes dahin gehend erweitern, dass Netzbetreiber nicht nur Lasten abschalten, sondern bei Bedarf auch Verbraucher zuschalten können. Das neue Energiewirtschaftsgesetz macht erste Schritte in Richtung Smart Grids. In § 14 a des Gesetzes werden unterbrechbare, also abschaltbare Verbrauchseinrichtungen mit geringeren Netzkosten belohnt, wenn sie ihr Potenzial dem Netzbetreiber zur Verfügung stellen.

In ländlichen Gebieten entstehen Engpässe und kritische Netzsituationen jedoch kaum durch zu hohen Verbrauch, meine Damen und Herren, sondern durch zu hohe gleichzeitige Einspeisung von dezentralen Erneuerbare-Energie-Anlagen. § 14 a muss also dahin gehend erweitert werden, dass Netzbetreiber nicht nur Lasten abschalten, sondern bei Bedarf auch Lasten zuschalten können.

Auf weitere Forderungen in Richtung Smart Grids haben wir zunächst verzichtet, da erste Modellprojekte gescheitert sind. Wir halten es für sinnvoller, zunächst Forschung und Entwicklung voranzutreiben und erst später in den großflächigen Feldversuch einzusteigen.

Wir bitten die Landesregierung, sich für unseren Antrag bei der Bundesregierung einzusetzen, um die Energiewende weiter voranzubringen. Wir wollen Modernisierungshemmnisse und Hindernisse beseitigen.

Niedersachsen ist ein Flächenland. Die Einspeiseleistung erreicht vielfach die Kapazitätsgrenzen der Verteilernetze. Zudem hat Niedersachsen ein ambitioniertes Energiekonzept vorgelegt, in dem das Land massiv auf den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien setzt.

(Richtig! bei der CDU)

Dies wird nur mit einem ebenfalls massiven Ausbau der Verteilernetze zu erreichen sein, was unter den derzeitigen ordnungspolitischen Rahmenbedingungen zu höheren regionalen Netzentgelten und überdurchschnittlich hohen Belastungen der dort ansässigen Verbraucher führt. Und, meine Damen und Herren, wir von CDU und FDP wollen die ehrgeizigen Ziele Niedersachsens mit vertretbaren Belastungen der Bürger erreichen.