Protocol of the Session on June 22, 2012

Das Modell Holzminden haben Sie angesprochen. Wir schauen gerade, wie man es auf andere geeignete Standorte übertragen kann. Natürlich bietet sich ein Bereich an, in dem es eine besonders hohe Anzahl betroffener Beschäftigter gibt. Das wird an den runden Tischen abgearbeitet.

Frau Kollegin Staudte möchte jetzt die zweite Zusatzfrage stellen.

Dann stelle ich gleich die zweite Frage. Herr Minister, Sie haben gerade davon gesprochen, dass 290 Personen aus der ersten Kündigungswelle jetzt wieder in Arbeit sind. Wie viele von ihnen

arbeiten in Vollzeit, und wie viele von ihnen werden nach Tarif bezahlt?

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Wie war das vorher? - Olaf Lies [SPD]: Das haben wir geklärt, wie es vorher war! Da hätte man mal zu- hören müssen im Ausschuss!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landesregierung liegt diese Zahl nicht vor. Ich weiß auch nicht, ob sie aus der Statistik der Regionaldirektion ableitbar ist. Aber wir werden sie anfragen. Wenn wir eine Antwort bekommen, werden wir sie an Sie weiterleiten.

Herr Kollege Adler stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich schaue ein bisschen zu Herrn Justizminister Busemann. Der Firmeninhaber Anton Schlecker ließ Logistikdienstleistungen durch die Firma LDG seiner Kinder Lars und Maike Schlecker erledigen und bezahlte hierfür überteuerte Rechnungen, die den Kindern eine Rendite von 36 % des Umsatzes einbrachte. Nach § 283 Abs. 1 des Strafgesetzbuches macht sich strafbar, wer bei Überschuldung in einer den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Wirtschaft widersprechenden Weise unwirtschaftliche Ausgaben verbraucht. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift macht sich auch schon strafbar, wer durch diese Handlungen die Überschuldung erst herbeiführt. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung, wann sie mit den ihr unterstehenden Staatsanwaltschaften diese kriminellen Machenschaften verfolgt und ob nicht insbesondere Osnabrück einen Anhaltspunkt für die örtliche Zuständigkeit gibt, weil das Unternehmen „Ihr Platz“ dort seinen Hauptsitz hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Bode, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits als wir uns das erste Mal mit dem Thema Schlecker, Insolvenz und eventuellen Auffangmöglichkeiten hier im Plenum befasst haben, hat die Landesregierung erklärt, dass natürlich auch der Unternehmenseigentümer und die Familie in der Verantwortung sind - zumindest moralisch -, einen Beitrag zu leisten. Der Niedersächsische Landtag hat das in einem Entschließungsantrag ebenfalls formuliert.

Es hat sich in der weiteren Diskussion gezeigt und die Landesregierung hat dies dann auch öffentlich immer wieder erklärt, dass der Verdacht besteht - erst der Verdacht! -, dass es zu überhöhten Abrechnungen und Vermögensverschiebungen gekommen sein könnte.

In Deutschland gilt das Unschuldsprinzip. Das ist auch gut so. Die Unschuldsvermutung gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Natürlich ist es erforderlich, dass der Insolvenzverwalter diesem Verdacht unmittelbar nachgeht. Zunächst einmal ist es wichtig, dass der Insolvenzverwalter es tut. Denn er hat die Möglichkeit, auch zivilrechtliche Ansprüche der Insolvenzmasse und aller derjenigen geltend zu machen, die nachteilig von dem Ereignis betroffen sind, Verträge wieder aufzuheben, zurückzufordern und Durchgriffe zu erzielen. Für uns ist es wichtig, dass dieser zivilrechtliche Teil mit hoher Priorität geprüft wird und dass dann gegebenenfalls die maßgeblichen Schritte vollzogen werden.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Aber das Strafrechtliche kann man doch parallel machen!)

- Ich bin doch noch gar nicht zu Ende! Bei einem Vorgang müssen zwei wesentliche Komponenten verfolgt werden.

Zum Strafrechtlichen: Ob hierbei ein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt, wird von der Staatsanwaltschaft zu prüfen sein. Wir gehen davon aus, dass der Insolvenzverwalter bei seiner Prüfung, wenn er Anhaltspunkte hierfür hat, das Ergebnis der Staatsanwaltschaft übermitteln wird. Wir wissen auch, dass die Staatsanwaltschaften - insbesondere in Osnabrück - Zeitungen lesen. In Niedersachsen arbeitet die Staatsanwaltschaft weisungsunabhängig - das sollte ich vom Justizminister sagen -, aber Zeitungen lesen sie.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Flauger stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, dass Betriebsräte und Beschäftigte von Schlecker in den zurückliegenden Jahren Fehlentwicklungen bei Schlecker kritisiert und Verbesserungsvorschläge geäußert haben, die aber wegen fehlender Mitbestimmung ohne Wirkung geblieben sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister!

Nein.

(Lachen bei der SPD)

Frau Kollegin Weisser-Roelle stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass seitens des Ministers ausgeführt wurde, wie viele ehemalige SchleckerBeschäftigte wieder in Arbeitsverhältnissen sind, aber nicht, zu welchen Konditionen, frage ich die Landesregierung: Welche Kenntnisse hat sie darüber, dass die Kinder von Anton Schlecker ihr Geld mit der Leiharbeitsfirma Menia erwirtschaftet und die gekündigten Schlecker-Beschäftigten dort zu schlechteren Konditionen wieder eingestellt haben?

(Beifall bei der LINKEN - Olaf Lies [SPD]: Das interessiert die Landesre- gierung nicht!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch die Landesregierung liest Zeitung. Darüber hinaus haben wir hierüber keine Kenntnisse.

(Olaf Lies [SPD]: Das interessiert ein- fach keinen in der Landesregierung! - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Wie soll das denn funktionie- ren? - Christian Dürr [FDP]: Herr Lies, haben Sie noch nie etwas von Daten- schutz gehört? - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Helmhold stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März hat Minister Bode noch erklärt, dass Programme der Bundesagentur für Arbeit und auch Landesprogramme den beschäftigten Mitarbeiterinnen - hier auch oft Schlecker-Frauen genannt; aber speziell für Herrn Dürr möchte ich, um mich an dieser Stelle nicht wieder dem Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen, sagen, dass es wahrscheinlich auch den einen oder anderen Schlecker-Mann gibt -

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP] - Wilhelm Heidemann [CDU]: Sehr gut!)

besser helfen würden als eine Transfergesellschaft. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: Wie passt das eigentlich zu den von den Akteuren vor Ort sehr häufig geäußerten Bedenken, dass nach den Kürzungen, die sowohl die schwarz-gelbe Bundesregierung als auch die Landesregierung bei den Eingliederungsprogrammen vorgenommen haben, mit der Hälfte der Mittel den vielen Menschen nur noch sehr schwer bei der Eingliederung zu helfen ist?

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Olaf Lies [SPD])

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Helmhold, der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, der ja einen wesentlich intensiveren Einblick haben muss, als wir es haben können, hat gesagt, dass die finanziellen Ressourcen der Bundesagentur für Arbeit ausrei

chend sind, um diese Aufgabe für die Betroffenen vernünftig und gut zu bewältigen.

Zu dem Verdacht, den Sie geäußert haben, dass die Mittel aufgrund des anderen Mittelansatzes knapp werden könnten, muss ich sagen: Auf der einen Seite steht im Haushalt ein Budget zur Verfügung, und das wird für bearbeitete Einzelfälle ausgegeben. Beim Budget ist eine Reduzierung eingetreten. Auf der anderen Seite ist es aber wegen der hervorragenden Wirtschaftsentwicklung auch zu einem deutlichen Rückgang der zu betreuenden Fälle gekommen. Sie müssen beide Entwicklungen zusammen sehen. Nach unseren Erkenntnissen steht pro Fall jetzt der gleiche Betrag zur Verfügung wie in der Vergangenheit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Jüttner stellt die nächste Zusatzfrage.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das hat sich erledigt!)

- Das hat sich erledigt. - Dann ist jetzt der Kollege Wenzel mit seiner Frage an der Reihe.

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bode, als die Firma Karmann in Osnabrück in Not geriet, hat sich die Landesregierung von der Möglichkeit einer Transfergesellschaft für die dort betroffenen 1 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begeistert gezeigt. Meine Frage: Warum sind Sie bei der Firma Schlecker und den dort betroffenen 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu einer so diametral anderen Einschätzung bezüglich der Möglichkeiten einer Transfergesellschaft gelangt?

(Ursula Körtner [CDU]: Wieder mal keine Ahnung!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wenzel, zunächst einmal weise ich zurück - Sie haben es aber wahrscheinlich gar nicht so gemeint -, dass sich die Landesregierung damals bei Karmann von einer Transfergesellschaft „begeistert“ gezeigt habe. Wir waren von der Situation von Karmann betroffen. Wir alle gemeinsam waren in großer Sorge, genauso wie bei je

dem anderen Unternehmen, das Probleme bekommt. In solchen Fällen ist die Landesregierung niemals begeistert, meine Damen und Herren. Das nur zur Klarstellung.

Man muss - das habe ich auch hier im Plenum gesagt - immer im Einzelfall betrachten, ob ein Instrumentarium geeignet ist oder nicht. Das hat auch Herr Will in seiner Frage formuliert. Er hat gesagt, dass aus seiner Sicht und aus Sicht der weiteren Abgeordneter, die diese Frage gestellt haben, eine Transfergesellschaft ein geeignetes Instrumentarium ist, um die Rettung eines überlebensfähigen Betriebes oder eines überlebensfähigen Teilbetriebes zu realisieren. Darauf muss man sich Schlecker genau anschauen. Bei Schlecker war das übrigens auch nach der Prognose von PwC so nicht zu sehen. Es gab große Zweifel am Fortführungskonzept, eine prekäre, ja desaströse Lage, was die Umsätze und was die Planungen für das nächste halbe Jahr angeht, und einen Investitionsstau mit großen Risiken für Investoren. Es gab so viele Probleme, dass man dies nicht erklären konnte. Dann wäre es unverantwortlich gewesen, dort auch noch Steuergeld hineinzugeben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Kollege Schminke stellt die nächste Zusatzfrage.