Protocol of the Session on September 16, 2008

- Genau, im letzten Jahr. - Man muss selbstverständlich die natürlichen Gegebenheiten in der Region an der Ems berücksichtigen, wenn man das Ganze wissenschaftlich vernünftig aufbauen will. Auf Flächen Grasschnitte zu beproben, auf denen das Gras nicht vorhanden ist, das man dafür bräuchte, wäre wissenschaftlich schlicht und ergreifend eine Unmöglichkeit. Die weiteren Proben und wissenschaftlichen Maßnahmen, die notwendig waren

(Zuruf von den GRÜNEN)

- ich verstehe die Aufregung nicht -, sind dann in diesem Jahr durchgeführt worden. Das Ganze wurde entsprechend sachlich verifiziert.

Im Ergebnis muss man leider festhalten, dass beiderseits der Ems Belastungen in einem Umfang festgestellt wurden, die ein entsprechendes Handeln notwendig machten. Das ist geschehen. Das Landwirtschaftsministerium hat gemeinsam mit den Behörden des Landes und mit den betroffenen

Landkreisen erstens - dafür will ich mich ausdrücklich bedanken - in sehr intensiver Art und Weise vor Ort Informationsveranstaltungen durchgeführt und zweitens alle Maßnahmen ergriffen - so wie wir das von der Elbe schon kennen -, die notwendig waren, um den Verbraucherschutz sicherzustellen. In dieser Hinsicht ist aus meiner Sicht kein Vorwurf zu machen, den man sachlich begründen kann. Man kann natürlich emotionalisieren. Das halte ich aber nicht für zielführend.

Jetzt stellt sich die Frage, was geschehen muss, um die Ursachen zu erkunden. An dieser Stelle ist es wichtig zu sagen, dass sowohl der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz als auch das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das Landesbergamt, das Wasser- und Schifffahrtsamt sowie der Landkreis Leer und - wovon ich ausgehe - auch die Stadt Emden und der Landkreis Emsland die notwendigen Maßnahmen in den vergangenen Wochen ergriffen haben bzw. jetzt ergreifen, um entsprechende Beprobungen in allen Bereichen, die jeweils in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, vorzunehmen, um auf dieser Basis Ursachenforschung zu betreiben.

Mein lieber Herr Meyer, das muss ich Ihnen schon sagen: Es ist typisch für Ihr Verhalten in den letzten Wochen und Monaten - ich gebe Herrn Oetjen recht: auch für die politische Attitüde der Grünen insgesamt -, dass Sie schon vor der Vorlage von Ergebnissen vorgeben zu wissen, welches die Ursachen sind, die wilde Sau durchs Dorf treiben und die Menschen vor Ort verunsichern, ohne dafür überhaupt eine Grundlage zu haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich finde, Sie haben hier ein sehr durchsichtiges Spiel getrieben, indem Sie versucht haben, eine Verknüpfung zwischen der Überführung von Meyer-Schiffen auf der einen Seite und den Funden von Dioxin und PCB auf der anderen Seite herzustellen, und indem Sie gefordert haben, den Sommerstau so lange zu verschieben, bis die Ursachenforschung beendet ist. Dann reden wir nämlich ganz schnell nicht mehr nur über den Sommerstau, sondern auch über den Winterstau und über Schiffsüberführungen.

Eines sage ich Ihnen, Herr Meyer, und auch den übrigen Kollegen von den Grünen: Das Spiel, dass Sie hier versuchen, 10 000 Arbeitsplätze in der Region, die von den Schiffsüberführungen der Meyer-Werft abhängen, mit dem in Rede stehenden Problem in Verbindung zu bringen, dass Sie

hier versuchen, diese Arbeitsplätze in Gefahr zu bringen, und dass Sie hier versuchen, den Verbraucherschutz vor Ort für sich politisch zu instrumentalisieren, ist eine Riesensauerei. Dieses Spiel werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner ist Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an der Reihe.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Thiele, bei Ihnen muss die Aufregung ja groß sein, wenn Sie hier so drastische Wortkonstruktionen verwenden.

(Ulf Thiele [CDU]: Sonst versteht ihr es ja nicht!)

Ich möchte ein Zitat Ihres Staatssekretärs Ripke vom 19. Juni 2007 vorlesen. Das hat er damals in Lüchow-Dannenberg gesagt. Herr Ripke hat dort ausgeführt: „Sollten dioxinbelastete Lebensmittel auftauchen, bricht es uns das Genick in der Nahrungsmittelproduktion.“ Das ist eine recht drastische Beschreibung. Dieser Fall ist mittlerweile eingetreten, und zwar an der Ems. Wir reden über Futter, wir reden über Lebensmittel, und wir reden inzwischen auch über Trinkwasser, weil die Stadtwerke in Emden jetzt auch ihr Trinkwasser beproben. Wenn solche Stoffe in die Nahrungsmittelkette gelangen - das sind sie ja ganz offensichtlich, wenn sie in den Lebern von Schafen feststellbar sind -, dann ist das ein Vorgang, mit dem man nicht so einfach umgehen kann, wie Sie dies in den vergangenen Wochen und Monaten oder sogar im Verlaufe des ganzen letzten Jahres getan haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass der Landkreis hier nicht unmittelbar informiert worden ist, dass das Veterinäramt nicht schon im letzten Jahr in die Lage versetzt worden ist, Fleischproben zu ziehen, dass sich das LAVES erst noch Monate Zeit gelassen hat, weitere Untersuchungen vorzunehmen, ist schon eine ganz hammerharte Sache, Herr Thiele. Das können Sie hier nicht so einfach vom Tisch wischen. Es geht in dieser Frage - das ist der zentrale Punkt; und ich glaube, dass Sie genau das so unruhig macht - um Vertrauen. Es geht in erster Linie um das Vertrau

en der Bevölkerung in die handelnden Akteure, in die handelnden Institutionen des Landes. Hier muss man eines feststellen, Herr Thiele, Herr Sander: Dieses Vertrauen ist offenbar verloren gegangen. Man traut Ihrem Umweltminister und auch Ihrem Landwirtschaftsminister in dieser Frage nicht mehr viel zu; denn sonst würde doch aus der Bevölkerung heraus nicht der Wunsch nach unabhängigen Kontrollen laut werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zurufe von der CDU)

Herr Thiele, wenn man feststellen muss, dass der Wunsch nach unabhängigen Kontrollen aus der Bevölkerung heraus immer lauter wird, dann muss man sich doch überlegen, wie man dieses Vertrauen wieder herstellen kann. Dazu gehört in erster Linie Transparenz. Dazu gehören auch eine Ursachenforschung und eine umfassende Betroffenheitsanalyse in Bezug auf Landwirte und Verbraucher. Dazu, Herr Thiele, gehört natürlich auch Vorsorge in jeder Hinsicht. Dazu gehört möglicherweise auch die Vermeidung weiterer Überschwemmungen, wenn der Verdacht besteht, dass das Wasser, das durch die Überschwemmungen, den Aufstau oder den Probestau auf die Wiesen gelangt, eine mögliche Quelle, ein möglicher Verursacher ist. Dann muss man diesen Verdacht ausräumen. Wenn es Ihnen und Ihrer Regierung nicht gelingt, hier Vorsorge sicherzustellen und Vertrauen wieder herzustellen, dann beschimpfen Sie hier bitte nicht die Opposition und machen Sie die Opposition nicht für Dinge verantwortlich, die von Ihnen selbst so gehandhabt werden sollten, dass die Menschen sagen: Ja, da sind wir gut aufgehoben. - Das ist hier aber offensichtlich nicht der Fall.

In diesem Sinne fordere ich Sie auf: Stimmen Sie am Donnerstag unserem Antrag zu! Dann können Sie vielleicht ein Minimum an Vertrauen wieder zurückgewinnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt Herr Minister Ehlen. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die festgestellten Belastungen an der Ems sind ein ernstes Sachproblem, das sachlich und nüchtern aufzuarbeiten ist. Diesen Vorgang mit dem Begriff „Giftskandal“ zu belegen und eine ganze Region zu stigmatisieren, hilft dabei absolut nicht weiter.

(Beifall bei der CDU)

Um gleich auch Ihre Frage ganz klar und eindeutig zu beantworten: Die Landesregierung hat hier nicht versagt. Die Landesregierung hat ganz konsequent und systematisch Verbraucherschutz gewährleistet. Meine Damen und Herren, wir haben nicht irgendwelchen wilden Aktionismus provoziert oder an den Tag gelegt, sondern sind nach den rechtlichen Maßgaben vorgegangen. Im Rahmen der Kontrolle von Futtermitteln durch das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - das wurde hier ja angesprochen - wurden im Jahr 2007 Überschreitungen des zulässigen Summenhöchstwertes für Dioxine und dioxinähnliche polychlorierte Biphenyle festgestellt. Das war bei einem landwirtschaftlichen Betrieb der Fall. Zu dem Zeitpunkt, zu dem verwertbare Untersuchungsergebnisse vorlagen, war die Nutzung der betroffenen Flächen für das Jahr schon abgeschlossen. Es bestand kein Verbreitungsrisiko über Futtermittel bzw. die Fütterung. Es bestand auch keine akute Gefahr.

Zur Verifizierung der Ergebnisse aus dem Jahr 2007 wurden die Untersuchungen in den Vordeichsflächen in der Nutzungsperiode 2008 mit weiteren Proben folgerichtig fortgeführt. Diese Beprobungen erfolgten in den Monaten Juni, Juli und August. Dabei sind in fünf Proben Überschreitungen des Summenhöchstgehaltes festgestellt worden. Das lässt darauf schließen, dass dieses Ergebnis, das wir nach den geltenden Regelungen als Einzelfall zu beurteilen hatten, eben keinen Einzelfall darstellt.

Diese auffälligen Ergebnisse wurden dem zuständigen niedersächsischen Ministerium am 22. Juli telefonisch und am 25. Juli schriftlich mitgeteilt. Wir haben dann als Sofortmaßnahme umgehend weitere Beprobungen bei Futtermitteln sowie bei Milch und Fleisch zur Abklärung der allgemeinen Belastungssituation an der Ems angeordnet. Die als belastet erkannten Flächen wurden durch unseren Erlass sowohl über die Landkreise Leer und Emsland als auch über die Stadt Emden für die Bewei

dung und die Futtermittelgewinnung unverzüglich gesperrt. Wegen Überschreitung der Summenhöchstgehalte in den Lebern geschlachteter Schafe wurde vorsorglich ein Anmeldegebot für die Schlachtung von Schafen und Rindern erlassen sowie für das Verwerfen der Lebern gesorgt. Damit ist gesichert, dass keine bedenklichen Lebensmittel in den Verkehr gelangen. Die Verbraucher sind geschützt. Das ist die Botschaft, die die Region braucht und die geeignet ist, mit Bürgerängsten sachlich und objektiv umzugehen.

Meine Damen und Herren, das ML hat zudem in zügiger Abfolge mit allen in das Verfahren einzubindenden Akteuren - den Kommunen, dem LAVES, der Landwirtschaftskammer, dem Umweltministerium und, was hier noch nicht angeführt worden ist, den Kollegen der niederländischen Seite, des Bezirkes Groningen - die erforderlichen Schritte erörtert und einer gemeinsamen Handlungslinie zugestimmt. Die örtlichen Vertreter des Landvolkes und die Landwirte sind schnellstmöglich einbezogen und von uns umfassend über die Sachlage unterrichtet worden. Basis für das weitere Vorgehen werden erstens zusätzliche Futter- und Lebensmittelproben, zweitens die Risikobeurteilung aller landwirtschaftlichen Betriebe und drittens die Bewirtschaftungshinweise der Landwirtschaftskammer sein.

Meine Damen und Herren, ich komme damit zu einem Thema, das uns eigentlich Sicherheit bringt. In der Elbtalaue hatten wir in der Vergangenheit ähnliche Probleme mit der Dioxinbelastung. Um diese Dioxinbelastung weiß man seit 1990; damals haben die SPD und die Grünen regiert. Sowohl Frau Griefahn als auch der ihr folgende Umweltminister Jüttner haben dies ausgesessen. Sie haben überhaupt nichts gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Wie bei der Asse!)

Wir haben im Jahr 2003 Verfahren entwickelt, wie man zusammen mit den Landwirten und den Verantwortungsträgern eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung und eine ordnungsgemäße Lebensmittel- und Futtermittelproduktion hinbekommt. Deshalb empfinde ich es schon als ein bisschen abwegig, dass Sie mit Steinen werfen, obwohl Sie doch im Glashaus sitzen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Karin Stief-Kreihe [SPD])

- Frau Stief-Kreihe, Sie waren damals noch nicht im Parlament. Aber viele andere Kollegen waren dabei. Deshalb muss man schon aufpassen, dass man hier nicht mit dem Finger auf andere zeigt, obwohl man selbst gar nicht reagiert hat.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Modder?

Ja, gerne.

Herr Minister, können Sie mir sagen, seit wann die Höchstwerte für Dioxin festgelegt sind und ab wann man entsprechend handeln musste?

Höchstwerte für Dioxin gibt es schon sehr lange. Das genaue Datum weiß ich nicht.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Seit 1982! Dafür kann ich mich verbürgen!)

- Wenn Sie das wissen, dann wird es wohl so sein; danke schön. Aber ich sage Ihnen Folgendes: Dann hätten Sie 1990 schon reagieren müssen; das haben Sie damals aber nicht gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist aber ein neues System eingeführt worden. Vielleicht wollten Sie darauf abheben, Frau Modder. Den Summenwert von Dioxin und polychlorierten Biphenylen haben wir erst seit 2006. Aufgrund dieser neuen Summenwerte kommen wir jetzt zu neuen Werten und zu neuem Handeln.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Genau!)

Aber die Werte in der Elbtalaue hat es schon 1990 gegeben. Seinerzeit wurde nicht gehandelt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir arbeiten sicherlich gut daran weiter. Aber wir dürfen die Leute vor Ort nicht verängstigen. Vielmehr sollten wir sagen: Sie sind in ein System eingebunden, das garantiert, dass saubere Lebens- und Futtermittel geliefert werden. Die Menschen, ob es nun die Verbraucher auf der einen Seite - ich bin auch Verbraucherschutzminister - oder die

Landwirte auf der anderen Seite sind, können sich darauf verlassen, dass unser System funktioniert.

Danke schön.