und Niedersachsen aufgegriffen - Herr Busemann war da ja sehr aktiv - und fordert mit Blick auf die auch für die Länder geltende Schuldenbremse eine deutliche Verbesserung des Kostendeckungsgrades im Bereich der Justiz.
So weit, so gut. Es ist aus unserer Sicht durchaus nachvollziehbar, dass die Länder dafür Sorge tragen, eine bessere Kostendeckung in der Justiz zu erreichen, und ihre eigenen Interessen vertreten. Das halten wir grundsätzlich für richtig.
Wir müssen aber - darauf hat der Kollege Adler gerade zu Recht hingewiesen - nicht nur die Kosten des Landes im Auge haben, sondern auch dafür Sorge tragen, dass Recht auch für Nichtreiche bezahlbar bleibt.
Die Unterdeckung der Justizhaushalte der Länder mit einer Kostenbegrenzung im Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferecht auszugleichen bzw. zu minimieren, ist schäbig und gehört in die politische Abfalltonne, meine Damen und Herren.
Den Ärmsten und sozial Schwächsten darf der Zugang zu rechtsstaatlichen Grundleistungen nicht erschwert und schon gar nicht vorenthalten werden. Zweifelsfrei geht es in Sachen Prozesskostenhilfe und auch Beratungshilfe um sehr hohe Kosten für alle Länder. Vergleicht man diesen Betrag jedoch z. B. mit den Milliardensummen, die der Staat jetzt in die Hand nimmt, oder auch mit den von Ihnen heute Morgen wieder verteidigten Steuergeschenken, die FDP und CDU planen, dann muss man sagen: Diese Begrenzung und Einschränkung erscheint als kleinliche Missgunst.
Unabhängig davon ist es aber durchaus richtig, auch die Prozesskostenhilfe einmal auf den Prüfstand zu stellen, um gegebenenfalls Anpassungen, die gerechtfertigt sind, vorzunehmen. So ist es durchaus fraglich, ob man tatsächlich Prozesskostenhilfe gewähren muss, wenn der Aufwand völlig außerhalb des Verhältnisses zum erstrebten Ziel steht.
Im Gegenzug kann es allerdings auch nicht der Weg sein, Herr Justizminister, die Bewilligung von Ratenzahlungen von einer Gebühr von 50 Euro
abhängig zu machen. Herr Adler hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass solche Konstruktionen, die die Bewilligung von Ratenzahlungen von der Leistungsfähigkeit des Empfängers abhängig machen, mit einem sozialen Rechtsstaat nicht zu vereinbaren sind.
Zu weiteren Einzelpunkten: Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Antrag der Linken die Prozessvermeidung im Wege von außergerichtlicher Streitbeilegung und Mediation weiter ausbauen will. Wir Grüne fordern das schon seit Jahren und unterstützen den Antrag in diesem Punkt.
Wenn Sie allerdings eine gesetzlich verbindliche Eigenbeteiligung der Versicherungsnehmer von Rechtsschutzversicherungen fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, dann greifen Sie aus unserer Sicht damit so tief in die Vertragsfreiheit im Versicherungsrecht ein, dass wir das so auf keinen Fall mittragen können. Da müsste der Antrag aus unserer Sicht nachgebessert werden.
Die letzte Forderung schließlich, die Regelung zur Befreiung der Länder und des Bundes von den Gerichtskosten aufzuheben, würde unter dem Strich für die öffentlichen Haushalte überhaupt nichts bringen. Das wäre nur das Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“. Auch diesen Punkt finden wir sehr zweifelhaft.
Wir haben also Beratungsbedarf, aber sind optimistisch, dass wir in konstruktiven Beratungen zu einer Einigung kommen können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag greift zwei aktuelle rechtspolitische Diskussionen auf: zum einen die Frage der Änderung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes und zum anderen die Frage der Änderung des Prozesskostenhilferechtes.
Fangen wir mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz an: Hier sollen - wie ich betonen möchte: völlig zu Recht - die Gebühren für Anwäl
Das ist auch erforderlich; denn seit 1980 ist in diesem Bereich strukturell nichts passiert. Aber es fehlt natürlich jede innere Logik, wenn diese Gebühren um 19 % angehoben werden sollen, die Erhöhung bei den Gerichtskosten aber nur 3,5 bis 3,8 % betragen soll. Da fehlt jeder logische Zusammenhang, und da fehlt auch jede logische Erklärung.
Ich darf darauf hinweisen, dass sich die Schere hier gleich in doppelter Hinsicht öffnet. Zum einen werden wir im Rahmen der Prozesskostenhilfe mehr Gebühren für beigeordnete Rechtsanwälte zahlen müssen. Unsere Ausgaben steigen also bei der gleichen Anzahl von Fällen aufgrund dieser Steigerung. Aber die Einnahmen aus den Gerichtskosten werden nicht deutlich steigen, weil die Erhöhung dort nicht 19 %, sondern 3,5 bis 3,8 % beträgt. Das ist in sich nicht schlüssig. Das kann so nicht sein. Deshalb sage ich ausdrücklich, dass die CDU-Fraktion den Vorstoß des Justizministers, hier zu einer Nachbesserung des Gesetzentwurfs zu kommen, ausdrücklich unterstützt.
Der zweite Bereich ist die Prozesskostenhilfe. Herr Limburg, Herr Adler, wenn Sie sagen, niemandem darf der Zugang zum Gericht aufgrund fehlender geldlicher Mittel verwehrt werden, dann haben Sie die CDU-Fraktion voll auf Ihrer Seite. Das ist Verfassungsgrundsatz. Darauf ist zu Recht hingewiesen worden. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Es darf also niemand daran gehindert werden, zu Gericht zu gehen. Es darf aber auch niemand besser gestellt sein als jemand, der selbst bezahlen muss.
Ich möchte Ihnen ein paar Fälle aus der Praxis nennen. Wenn Sie einen Prozess führen möchten, aber keine rechten Beweismittel haben, dann sagen Sie: Beweismittel Parteivernehmung. Das bedeutet, dass man nur die gegnerische Partei vernehmen lassen kann. Dann würde ein Anwalt demjenigen, der selbst bezahlt, sagen: Überlegen Sie mal, glauben Sie wirklich, dass Ihr Gegner Ihren Sachvortrag in seiner Aussage unterstützen
wird? - Dann kommt derjenige zum Nachdenken und sagt: Wenn ich selber bezahlen muss, dann lasse ich das lieber.
Wenn jemand Prozesskostenhilfe bekommt, dann bekommt er auch in solch einem Fall Prozesskostenhilfe, weil eine solche vorweggenommene Beweiswürdigung nicht zulässig ist und davon die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht abhängig gemacht werden darf. Ich kann also diesen Prozess führen, weil ich im Grunde genommen ein nur sehr eingeschränktes Kostenrisiko habe.
Ein zweites Beispiel - das greift diese Vorlage auch auf -: Ihr Mandant ist Opfer einer Körperverletzung. Der Täter ist mehrfach vorbestraft, hat die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbracht und bekommt Leistungen des Jobcenters. Natürlich werden Sie den Schmerzensgeldprozess gewinnen. Aber ob Sie das Geld jemals realisieren werden, erscheint höchst zweifelhaft. Also sage ich meinen Mandanten: Du gewinnst, setzt aber möglicherweise noch einmal 1 000 Euro ein, um im Ergebnis nichts zu bekommen. - Dann wird sich der eine oder andere, der selbst bezahlen muss, überlegen, ob er das tut. Derjenige, der Prozesshilfekosten bekommt, muss das nicht überlegen. Er wird diesen Prozess führen. Insofern ist ein Ungleichgewicht zwischen zahlenden Rechtssuchenden und denjenigen Rechtssuchenden zu sehen, die Prozesskostenhilfe bekommen.
Ein drittes Beispiel: 72 % aller Familiensachen werden, wie Sie wissen, zumindest auf der einen Seite mit Verfahrenskostenhilfe geführt. Dann schließen sie schon einmal einen Unterhaltsvergleich und bekommen möglicherweise sogar einen Zugewinnausgleich oder was auch immer, bekommen z. B. eine um 500 oder 1 000 Euro höhere Vergleichssumme und heben die Kosten gegeneinander auf. Bei einer gegenseitigen Kostenaufhebung bei bewilligter Prozesskostenhilfe muss man ja nicht bezahlen. Das würde eine selbst zahlende Partei nicht tun, weil sie, wenn sie den Prozess teilweise gewinnt, Wert darauf legt, teilweise eine Kostenerstattung von der Gegenseite zu bekommen. Hier gibt es also teilweise ein Ungleichgewicht.
Ich finde es deswegen keineswegs verwerflich und keineswegs für die Abfalltonne, wenn man in diesem Bereich einmal prüft, ob man die Prozesskostenhilfe nicht möglicherweise in diesem Punkt teilweise nachbessert, ohne den Zugang zum Gericht zu erschweren oder zu verhindern.
Die von Ihnen gegeißelte Gebühr in Höhe von 50 Euro: Systemwidrig? - Ich darf Sie nur daran erinnern, dass es geltendes Recht ist, dass derjenige, der Beratungshilfe in Anspruch nimmt, 20 Euro bezahlen muss. Das ist Rechtslage. Erklären Sie mir einmal, warum das dort zulässig ist und bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht zulässig sein soll.
Die Vorschläge zur Änderung der Prozesskostenhilfe und der Bewilligungsvorschriften werden wir im Rechtsausschuss auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten prüfen. Wir werden jede einzelne Änderung darauf hin prüfen, ob sie als solche schon nicht zulässig wäre und ob sie den Zugang zum Recht in Summe - man muss es auch einmal addieren - tatsächlich so erschweren würde, wie Sie es glauben. Diese Diskussion werden wir führen. Man kann aber nicht von vornherein sagen, es ist unangemessen, dieses Thema überhaupt anzugreifen. So kann man nicht damit umgehen, wenn man merkt, dass eine Sache etwas aus dem Ruder läuft.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Biester, das erste von Ihnen gebildete Beispiel war nicht richtig. Voraussetzung der Prozesskostenhilfe ist nicht nur, dass man arm und bedürftig ist, sondern Voraussetzung ist auch, dass das Vorbringen Aussichten auf Erfolg hat.
Wenn jemand eine Klage einreicht und als einziges Beweismittel die Parteivernehmung des Gegners vorzubringen hat, dann kann ich Ihnen ziemlich sicher sagen, dass die Gerichte in dem Fall die Aussichten auf Erfolg ablehnen werden. Das heißt, das ist nicht so.
Ich wollte noch etwas anderes sagen, was die Wenigsten wissen. Derjenige, der einen Prozess mit Prozesskostenhilfe führt, führt diesen Prozess selbst dann mit einem erheblichen Risiko, wenn er keine Raten zahlen muss. Die Prozesskostenhilfe befreit nämlich von den eigenen Anwaltsgebühren
und von den Gerichtskosten, aber nie von den gegnerischen Anwaltskosten. Stellen Sie sich einmal vor, jemand führt einen Räumungsprozess. Er hat die Kündigung seiner Wohnung bekommen und muss einen Räumungsprozess führen. Streitwert eines Räumungsprozesses ist die Jahresmiete. Das wird richtig teuer! Wenn es in die zweite Instanz geht, kann es in die Tausende gehen. Das trifft auch denjenigen, der Prozesskostenhilfe hat. Auch für denjenigen ist also durchaus ein Risiko damit verbunden. Das sollte man immer im Auge haben.
Deshalb haben wir überlegt, es gäbe vielleicht Möglichkeiten, völlig unsinnige Prozesse zu vermeiden. Das ist dort, wo die Rechtsschutzversicherungen solche Prozesse ohne jede Eigenbeteiligung führen. Ihnen wird übrigens jeder Richter bestätigen, dass unsere Idee da sehr positiv aufgenommen wird.
Herr Präsident! Es tut mir leid, dass wir jetzt das Vorurteil „Zwei Juristen - zwei Meinungen“ rechtfertigen müssen. Ich will es trotzdem noch einmal sagen.