Protocol of the Session on May 9, 2012

Ein Satz auf Hochdeutsch: Bilingualer Spracherwerb sollte bei allen Menschen unterstützt werden, auch bei Menschen mit Migrationshintergrund. Deshalb unterstützen wir den geänderten Antrag, der hier vorgelegt worden ist.

Wi sünd up en rechtigen Wegg, up en rechtigen Patt. Moken Se eenfach met!

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön. - Nächster Redner ist Herr Perli für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Leive Lü! Ich will heute ausnahmsweise nicht auf Platt sprechen, weil ich finde, dass dieses wichtige Thema auch von denen verstanden werden muss, die kein Platt sprechen. Wir müssen die Menschen, die kein Platt können, überzeugen, dass das Niederdeutsche und Saterfriesische wichtig für das ganze Land Niedersachsen sind, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Den vorliegenden Antrag haben wir erstmals vor 13 Monaten beraten. In der Debatte dazu habe ich die grundsätzliche Haltung der Linken zur Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen und zur Bedeutung des Niederdeutschen und Saterfriesischen für die kulturelle Vielfalt in Niedersachsen zum Ausdruck gebracht.

Der SPD-Antrag ist zwischenzeitlich leicht geändert worden. Zudem ist der Erlass der Landesregierung „Die Regionen und ihre Sprachen im Unterricht“ erschienen, der einige der Forderungen aus dem ursprünglichen Antrag abbildet.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

In der Kritik der SPD an der Untätigkeit der Landesregierung in manchen Bereichen sind wir uns übrigens weitgehend einig. Meine Kritik am SPDAntrag aus der ersten Lesung aber ist ebenso nach wie vor gültig; denn diese Kritik betraf nicht den schulischen Teil und auch weniger das, was Sie, werte Kolleginnen und Kollegen der SPD, dort aufgeschrieben haben. Es betraf vor allem das, was Sie nicht aufgeschrieben haben.

In Ihrem Antrag fehlen Initiativen und Angebote für die Erwachsenenbildung, die Kultur- und Freizeitförderung. Sie konzentrieren sich einseitig auf die formalen Bildungsinstitutionen Kitas, Schulen und Hochschulen. Eine Förderung dort ist richtig, aber alleine unzureichend. Wenn wir das Interesse, das aktive Sprechen und Auseinandersetzen mit dem Niederdeutschen und Saterfriesischen nachhaltig fördern und verankern wollen, dann müssen wir auch das unterstützen, was sich außerhalb der staatlichen Institutionen entwickelt und entwickeln kann.

Wenn ich in der Schule Platt lerne und dann nach der Schule nicht weiß, wo ich mich mit und in dieser Sprache auseinandersetzen kann, dann verkümmern meine Sprachkenntnisse. Deshalb ist es so wichtig, auch bei Kultur-, Freizeit-, Musik-, Festival- oder Sportangeboten initiativ zu werden, also

überall dort, wo sich Menschen gesellschaftlich betätigen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Des Weiteren möchte ich an die Landesregierung appellieren, jetzt endlich Butter bei die Fische zu geben. Es geht um die Absicherung des Lehrstuhls für Niederdeutsche Sprache an der Uni Oldenburg.

(Beifall bei der LINKEN)

Schon in der Aussprache zur Großen Anfrage „Niedersassen snackt Platt“ hat Minister Busemann verkündet, dass alles das, was Herr Professor Peters, der Lehrstuhlinhaber - - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Perli, ich halte die Redezeit noch einmal an. - Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, dass Sie Ihre Gespräche nach draußen verlegen können, wenn Sie so wichtig sind. Ich bitte, sie jetzt einzustellen.

(Victor Perli [LINKE]: Man könnte fast den Eindruck gewinnen, bei den Mehrheitsfraktionen ist das Thema doch nicht von so großer Bedeutung!)

- Ich hatte Ihnen noch nicht das Wort gegeben. Ich wollte erst einmal Ruhe. Einen kleinen Moment, bitte! - So, Herr Perli, jetzt machen Sie bitte weiter!

Herr Minister Busemann hat verkündet, dass alles, was Herr Professor Peters, der Lehrstuhlinhaber, in unserer Ausschussunterrichtung gefordert hat, jetzt umgesetzt werde. Und Herr Peters hat gefordert, dass sein Lehrstuhl mit der dazugehörigen LfbA-Stelle abgesichert wird. Das ist zwar auf gutem Wege, aber noch immer nicht in trockenen Tüchern. Wir sind schon eine ganze Zeit dabei. Frau Wanka, ich finde, hier wäre jetzt eine Vollzugsmeldung angebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Abschließend fasse ich zusammen: Der Antrag der SPD enthält nichts, was wesentlich falsch wäre. Aber er greift zu kurz und hat Leerstellen. Die Linke geht weiter. Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können, sondern uns enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt kommt die Wortmeldung von der zuständigen Ministerin Frau Professor Wanka. Sie haben das Wort, Frau Ministerin!

Danke schön. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hier wurde mehrfach an die Große Anfrage zum Thema „Niedersachsen spricht Plattdeutsch“ erinnert. Wir alle erinnern uns gut - es wurde mehrfach daran erinnert - an die sehr schöne Diskussionsstunde, als diese Große Anfrage hier im Parlament besprochen wurde und alle - auch die Landesregierung; Herr Busemann war so nett - auf Plattdeutsch gesprochen haben. Ich erinnere mich auch sehr gern - er ist mir in bleibender Erinnerung - an den Redebeitrag von Ralf Briese, der hier damals zu diesem Thema gesprochen hat.

Jetzt liegt ein Antrag der SPD vor. Herr Poppe, es war ehrenwert, dass Sie viele der Dinge aufgezählt haben, die wir machen, und sie entsprechend gelobt haben. Ich finde es auch sehr schön, dass die SPD noch gemerkt hat, dass von ihren Forderungen, insbesondere was den Erlass betrifft, schon etwas umgesetzt ist, und dass sie das in letzter Minute aus dem Forderungskatalog gestrichen hat.

Aber was das Märchen angeht, dass man aus der Richtung des Parlaments sehr viel für Niederdeutsch und Saterfriesisch getan hat, möchte ich an Folgendes erinnern: In der Zeit, als Sie von der SPD an der Regierung waren, ist die Verpflichtung Niedersachsens im Rahmen der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen gezeichnet worden. Das ist zu dem Zeitpunkt gezeichnet worden. Da ist nur das gezeichnet worden, was sich nicht auf den schulischen Bereich bezieht.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben es vermieden, für das, wofür das Land verantwortlich ist, nämlich für den schulischen Bereich, zu zeichnen. Sie haben es nur für den vorschulischen Bereich getan. Das ist bezeichnend. Wenn man sich Ihre aktuellen Forderungen anschaut, dann erkennt man, dass Sie sich in der Mehrheit auf den schulischen Bereich beziehen, bei dem Sie nicht unterschreiben wollten, um keine Verpflichtungen einzugehen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir schon bei der Geschichte sind, so erinnere ich daran, dass es die jetzige Landesregierung war, die Saterfriesisch und Niederdeutsch fest verbindlich in die Kerncurricula des Faches Deutsch aufgenommen hat. Vorher war das nicht so. Und es war diese Landesregierung, die seit Jahren in Bad Baderkesa Fortbildungskurse in Plattdeutsch für Lehrkräfte eingerichtet hat und die im letzten Jahr den zitierten Erlass „Die Regionen und ihre Sprachen im Unterricht“ in Kraft gesetzt hat.

Der Erlass wurde schon gelobt. Ich will einmal zitieren, was der Niedersächsische Heimatbund in seiner Roten Mappe vor Kurzem dazu gesagt hat.

„Der NHB begrüßt, dass nach vielen Jahren der Unsicherheit“

- denken Sie einmal an Ihre Jahre! -

(Claus Peter Poppe [SPD]: Das waren auch Ihre Jahre, Frau Wanka!)

„bezüglich der Stellung des Niederdeutschen an den niedersächsischen Schulen ein neuer Erlass in Kraft getreten ist. Der NHB begrüßt ausdrücklich das neue Konzept dieses Erlasses, das über die Sprachbegegnung hinaus geht und den Spracherwerb in Niederdeutsch und in Saterfriesisch ermöglicht durch Immersionsunterricht.“

- Also durch Unterricht in der Zielsprache. -

„Fazit: Die in den Schulen bei den regulären Lehrkräften vorhandenen sprachlichen Ressourcen für Niederdeutsch und Saterfriesisch können hierdurch optimal genutzt werden.“

Das ist der Stand, den wir im schulischen Bereich haben.

Auch die anderen Forderungen, die erhoben werden, z. B. die Beratung für Niederdeutsch und Saterfriesisch, sind schon seit Jahren erfüllt. Der Erlass baut das noch mehr aus.

Die Landesschulbehörde hat für diesen gesamten Bereich, also für die Koordination von schulischen, vorschulischen und außerschulischen Angeboten 265 Lehrerstunden zur Verfügung gestellt. Rechnet man das in absolute Zahlen um, dann sind das ungefähr 0,5 Millionen Euro. Das sind keine Peanuts. Deshalb danke ich dem Kultusministerium und dem Kultusminister an dieser Stelle für alles

das, was in den letzten Jahren im schulischen Bereich getan wurde.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es wurde gerade gesagt, dass man sehr früh anfangen soll, getreu dem Motto „Was Hänschen nicht lernt...“. Deswegen fordern Sie ja auch, Erzieherinnen und Erziehern auch Kenntnisse im Niederdeutschen zu vermitteln. Damit bin ich völlig einverstanden. Aber das kann die Landesregierung nicht einfach anweisen. Es steht in der Rahmenvereinbarung, und dann sind die Träger in starkem Maße dafür verantwortlich.

Anders ist es in der Lehrerbildung. In der Lehrerbildung, also im Hochschulbereich, haben wir entsprechend der Verpflichtung der Sprachencharta gehandelt. Herr Peters hat diese Professur.

Herr Perli, zumindest Sie müssten das wissen. Wenn Sie eine Denomination haben, die zwei Begriffe enthält, dann kann man daraus nicht schlussfolgern, dass die Professur nur 50 % für Niederdeutsch ist.

(Victor Perli [LINKE]: Sie haben nicht zugehört!)

Nein, diese Professur ist eine komplette, eine volle Professur, und Herr Peters hat die Sache in Oldenburg inhaltlich auch gut aufgestellt. Die Zahl der Studierenden ist von 33 auf über 200 gewachsen. Herr Peters ist bei wichtigen Forschungsvorhaben dabei - ich denke nur an das Wörterbuch - und mittlerweile auch Vorsitzender des Instituts für niederdeutsche Sprache in Bremen.