Energiewende statt Energieende - Neue Ideen für den Netzausbau - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/4764
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Engpass bei der Gestaltung der Energiewende ist schon lange nicht mehr die Erzeugung oder die Einspeisung der Energie. Das EEG hat in diesem Bereich eine gute Arbeit geleistet. Wir haben viel Strom in unseren Netzen. Das Problem und der Engpass bei der Gestaltung der Energiewende ist schon seit einigen Jahren der Transport des Stroms dorthin, wo er benötigt wird, und dorthin, wo Bedarf danach besteht.
Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder die aberwitzige Situation gehabt, dass wir, wenn in Deutschland der Wind geweht hat und die Sonne schien, so viel Strom erzeugt und in unseren Netzen gehabt haben, dass wir Nachbarländern eine Prämie dafür gezahlt haben, dass sie uns den überschüssigen Strom abnehmen, damit
unsere Netze nicht in die Knie gehen. Und wenn wir dann Bedarf an Strom haben, kaufen wir Strom wieder zurück.
Meine Damen und Herren, das ist eine aberwitzige Situation, denn der Stromkunde wird damit gleich mehrfach zur Kasse gebeten. Das zeigt ganz eindeutig, das Problem bei der Energiewende sind nicht die Erzeugung und die Einspeisung des Stroms, sondern das Problem ist der Transport des Stroms, meine Damen und Herren. Darauf müssen wir unser Hauptaugenmerk in den nächsten Monaten und Jahren richten.
Ich glaube, dass es zwei ganz zentrale Herausforderungen gibt, die wir bewältigen müssen, wenn wir die Energiewende erfolgreich gestalten wollen. Das eine ist eine wirtschaftliche und das andere ist eine politische Herausforderung.
Meine Damen und Herren, die dena-Netzstudie II beschreibt, dass wir 3 600 km zusätzlichen Netzausbaubedarf haben, einen großen Teil davon bei uns in Niedersachen. Die Kosten sind bislang noch nicht konkret beziffert. Man spricht von einem zweistelligen Milliardenbetrag, man spricht von bis zu 30 Milliarden Euro.
Ich glaube aber, dass die politische Herausforderung noch schwerer wiegt als diese rein technokratische oder wirtschaftliche Herausforderung. Ich finde, dass es mittlerweile zu einer peinlichen Posse wird, wenn es genau dieselben Politiker sind, die vor einigen Jahren und Jahrzehnten noch für den Ausstieg aus der Kernenergie demonstriert haben, für das Ende der Kernenergie in Deutschland, die jetzt auf den Bäumen sind und dagegen demonstrieren, dass der Netzausbau in Niedersachsen vorankommt. Das ist eine peinliche Posse. Das können wir nicht durchgehen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
die jetzt schon wieder auf den Bäumen sitzen und gegen den Netzausbau demonstrieren, die dagegen demonstrieren, dass wir bei der Energiewende vorankommen, meine Damen und Herren.
Für diese Form von Politik gibt es ein Wort, und dieses Wort heißt „Populismus“, meine Damen und Herren.
Das ist richtig. Der Netzausbau kostet viel Geld, und der Netzausbau wird nicht von denjenigen unterstützt, die ihn eigentlich unterstützen sollten, die ihn eigentlich unterstützen müssten, sondern er wird von ihnen behindert.
Wir haben darüber hinaus ein organisatorisches Problem. Schauen wir uns die Firma TenneT an. Sie gehört zu 100 % dem niederländischen Staat,
sie ist gesetzlich verpflichtet, den Netzausbau zu organisieren und auf den Weg zu bringen. Aber der niederländische Staat überlässt dieser Firma eben nicht die finanziellen Mittel, die sie benötigen würde, um so zu agieren, wie wir uns das wünschen würden.
Wir können TenneT noch nicht einmal juristisch dafür belangen, dass sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommt.
Meine Damen und Herren, das ist für mich ein Stück aus Absurdistan, aber es zeigt, was passiert, wenn man die Energiewende und die Gestaltung des Netzausbaus allein in die Hände des Staates legt. Das ist falsch, und wir sehen, dass das so nicht funktioniert, meinen Damen und Herren.
Wir brauchen weniger planwirtschaftliche Strukturen bei der Energiewende, weniger planwirtschaftliche Strukturen beim Ausbau der Trassen, wir brauchen weniger Staat, wir brauchen mehr Anreize für Private,
Herr Kollege Dr. Hocker, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Alle anderen Fraktionen haben noch Redezeiten und können Ihre Argumente vom Mikrofon hier vorn einbringen. Das muss nicht vom Platz aus durch Zwischenrufe geschehen.
Es muss endlich auch ökonomisch interessant sein, in Netze zu investieren; es muss ökonomisch interessanter sein, in unsere Netze zu investieren, als sich die nächste Photovoltaikanlage aufs Garagendach zu schrauben. Dafür brauchen wir die finanziellen Mittel, die zurzeit an anderer Stelle eingesetzt werden, meine Damen und Herren.
Wenn ich heute in ein Netz investieren würde, dann müsste ich zwei Jahre warten, bis ich die ersten Erlöse aus diesem Investment erhalte. Das wollen wir ändern.
Wer ein Netz baut, der soll demjenigen, der den Strom erzeugt und dieses Netz nutzt, einen Teil der Aufwendungen, die er betreiben muss, in Rechnung stellen können.
Dann funktioniert es auch mit dem Netzausbau, meine Damen und Herren. Wer in Speichertechnologien investiert, der muss wissen, woran er ist.
Er soll nicht nur vom Netzentgelt befreit werden, sondern er braucht auch klare Rahmenbedingungen für sein Investment. Wir werden die letzten Rechtsunsicherheiten in diesem Bereich zügig ausräumen.
Zu viel Staatsvertrauen lässt den Motor der Energiewende stottern. Wir brauchen das Öl des privaten Engagements, des privaten Investments, damit die verschiedenen Zahnräder der Energiewende wieder ineinander greifen können.